Glaukom - Epidemiologie
zweithäufigste Ursache für Erblindung Erwachsener in Deutschland nach der altersbedingten Makuladegeneration (AMD)
15–20% der Erblindeten haben ein Glaukom
8 Millionen Menschen in Deutschland sind Glaukom-gefährdet, 800.000 erkrankt, bei 80.000 besteht die Gefahr der Erblindung durch das Glaukom
Glaukom - Überblick
grüner Star
eines der wichtigsten Krankheitsbilder der Augenheilkunde
jeder 10. Deutsche gefährdet, im Laufe seines Lebens pathologische und relevante Erhöhung Augeninnendruck zu entwickeln
ca 15-20% der Erblindungen in D darauf zurückzuführen
kann je nach Ursache akut oder chronisch auftr., untersch. Symptomatik
Chronisch
chronisch-progr. Schädigung Sehnerv -> Erhöhung Augeninnendruck -> Gesichtsfeldausfälle -> Erblindung
Therapie d Wahl: Augeninnendrucksenkung
Akut
akut, starke Schmerzen, Einschränkungen Visus, veg. Reaktionen
wichtig: frühz. augenärztl. Vorstellung + sofortige Einelitung medik./operativ. Therapie
Glaukom - Ätiologie
Akutes Glaukom
Voraussetzung: Flache Vorderkammer (z.B. Hyperopie, kurzer Bulbus)
Auslöser: Mydriasis (Verlegung des Kammerwinkels durch die Iris)
Medikamentös: Mydriatika
Schreck-/Angstreaktion
Dunkelheit
Chronisches Glaukom: Unbekannt
Risikofaktoren
Familiäre Belastung
Hohes Lebensalter
Diabetes mellitus
Dunkle Hautfarbe
Hypotonie, Durchblutungsbeschwerden
Glucocorticoidtherapie etc.
Glaukom - physiologische Grundlagen
Normaler Augeninnendruck zwischen 10 und 21 mmHg gewährleistet optimale Funktion des optischen Systems
Bildung des Kammerwassers durch die Ziliarzotten
Fluss des Kammerwassers: von Hinterkammer -> Pupille in die Vorderkammer, dafür pulsatile Verdrängung der Iris von der Linse bei ausreichend hohem Druck (1. physiologischer Widerstand )
Abfluss des Kammerwassers zu ca. 85% durch das Trabekelwerk in den Schlemm-Kanal und dann über ca. 30 Sammelkanäle in die episkleralen Kammerwasservenen (2. physiologischer Widerstand)
Zu 15% uveoskleraler Abfluss in den allgemeinen venösen Kreislauf
Glaukom - pathophysiologische Veränderungen
Erhöhung des 1. physiologischen Widerstands bei
Geringer Achsenlänge des Auges (kurzes Auge)
Großem Linsenvolumen
Starker Miosis
Verklebung der Iris und der Linse (hintere Synechien)
→ Bei mangelndem Abfluss durch Erhöhung des Pupillarwiderstands: Erhöhung des Hinterkammerdrucks (Pupillarblock)
Erhöhung des 2. physiologischen Widerstands
Offenwinkelglaukom (Glaucoma chronicum simplex)
Primär: Abflussstörung im Trabekelwerk (ca. 90% der Glaukome)
Sekundär: Verstopfung des Trabekelwerks durch z.B. Erythrozyten, Leukozyten usw. im Kammerwasser
Winkelblockglaukom
Primär: Verlegung des Kammerwinkels durch die Iris bei flacher Vorderkammer (Verstärkung durch Mydriasis)
Sekundär: Verlegung des Kammerwinkels durch Narbenbildung, Linsenluxation oder Rubeosis iridis (Neovaskularisationsglaukom )
Kongenitales Glaukom
Trabekelwerk nicht vollständig angelegt oder persistierendes embryonales Gewebe behindert Kammerwasserabfluss (Folge: Vergrößerter Hornhautdurchmesser (>10 mm))
Symptome, Klinik : Akutes Glaukom
Starke Augen- und Kopfschmerzen
Ausstrahlung in Trigeminusinnervationsgebiete mit Schmerzen und Sensibilitätsstörungen
Vegetative Symptome durch Vagusreiz (Erbrechen, Übelkeit)
Visuseinschränkung
Halos* kommen als Prodromi vor
Tastbar harter Bulbus
Gerötetes Auge
Mittelweite, entrundete Pupille
*Ringförmige optische Irritationen im Rahmen eines Glaukoms oder einer Migräne-Aura werden "Halos" genannt
Symptome, Klinik: Chronisches Glaukom (Offenwinkelglaukom)
Symptomarm, eher unspezifische Beschwerden wie Kopfschmerzen, Brennen des Auges und Rötung möglich
Symptome werden meist übersehen
Progrediente Gesichtsfeldausfälle
Halos auch hier möglich
Buphthalmus*
Vergrößerter Hornhautdurchmesser
Hornhauttrübung
Lichtempfindlichkeit
Vermehrte Tränensekretion
*Buphthalmus (Kuh-/Ochsenauge) beschreibt eine Vergrößerung des Bulbus und der Hornhaut. Die kleinen Patienten zeichnen sich durch vermeintlich schöne große Augen aus, wobei jedoch die Vergrößerung des Auges glaukom- bzw. druckbedingt ist.
Einteilung Glaukom
Primäre Glaukome
Offenwinkelglaukome (PCOWG / NDG / OHT)
Engwinkelglaukome (Winkelblockglaukome)
dysgenetische (kindliche) Glaukome
Sekundäre Glaukome. z.B.
Steroidglaukom
Glaukom durch Iritis
Neovaskularisationsglaukom
PEX-Glaukom
Pigmentglaukom
Primär chronisches Offenwinkelglaukom (PCOWG)
Vererbung multifaktoriell
Widerstandserhöhung im TW
zunächst keine Symptome, Zufallsbefund -> Screening!
Kammerwinkel offen
IOD > 21mmHg
glaukomatöse Papillenexkavation/ GF-Verlust
Normaldruckglaukom (NDG)
zunächst keine Symptome (Migräne, kalte Hände/Füße, art. Hypotonie)
IOD < 21mmHG
glaukomatöse Papillenexkavation / GF-Verlust
Okuläre Hypertonie (OHT)
keine Symptome
IOD > 21 mmHg
keine glaukomatöse Papillenexkavation / GF - Verluste
Engwinkelglaukom
anatom. Disposition (Linse, Hyperopie)
Aetas
Mydriasis
Symptomatik:
Schmerzen, Übelkeit
Visusabfall
weite Pupille
Epithelödem
flache Vorderkammer
Dysgenetische Glaukome
Entwicklungsstörung des Kammerwinkels
Persistenz einer embryonalen Membran
-> Behinderung Kammerwasser-Abfluss
-> IOD-Anstieg
-> Bupthalmus (Ochsenauge)
Verlaufs- und Sonderformen
Normaldruckglaukom
Trotz normalen intraokulären Drucks typische okuläre Glaukom-Veränderungen
Schwierige Therapierbarkeit
Pigmentdispersionsglaukom: Verlegung des Trabekelwerks durch Irispigment
Krukenberg-Spindel: Pigmentablagerungen an der Hornhautrückfläche
Kirchenfensterphänomen: Pigmentblattdefekte der Iris
Pseudoexfoliationsglaukom: Verlegung des Kammerwinkels durch feinfibrilläres („Pseudoexfoliations-“)Material
Ablagerung von weißlich-flockenartigem Material auf Linse und im Kammerwinkel
Diagnostik - Akutes Glaukom
Palpation der Augäpfel im Seitenvergleich: Steinharter Bulbus
Spaltlampenuntersuchung: Flache Vorderkammer, ziliare Injektion (rotes Auge) , mittelweite, entrundete, lichtstarre Pupille, trübe Hornhaut
Ophthalmoskopie: Einblick auf den Augenhintergrund erschwert
Visus: Massiv eingeschränkt
Diagnostik - Chronisches Glaukom
Augeninnendruckmessung
Berücksichtigung der Hornhautdicke (mithilfe der Pachymetrie)
Technik: Meist mittels Applanationstonometrie nach Goldmann → Unter Lokalanästhesie wird ein definiertes Hornhautareal mit einem Druckstempel abgeflacht und die hierfür benötigte Kraft gemessen
Beurteilung: Normwert liegt zwischen 10 und 21 mmHg, bei Glaukom häufig erhöhte Werte (jedoch nicht obligat)
Tagesdruckprofil: Erfassung von Druckschwankungen
Ophthalmoskopie: Bei Glaukom Vergrößerung der zentralen Exkavation der Papille und Verschmälerung des neuroretinalen Randsaumes
Gonioskopie: Optische Beurteilung des Kammerwinkels mittels Kontaktglas
Perimetrie: Nachweis von Skotomen im Gesichtsfeld (zu Beginn typischer bogenförmiger, parazentraler Gesichtsfeldausfall(Bjerrum-Skotom))
Heidelberg Retina Tomograf (HRT): Bildgebende Papillendokumentation
Behandlung des Glaukoms - Prinzipien
derzeitig nur IOD beeinflussbar
-> Sekung der Kammerwasserproduktion
-> Verbesserung der Abflussleichtigkeit
konservativ lokal/ system.
chirurgisch/ lasertechnisch
Engwinkelglaukom/ Glaukomanfall - akuter IOD-Anstieg
Primärer Winkelblock
Therapieziel: Schnelle Drucksenkung und Schmerzreduktion
Medikamentös
Osmotische Augeninnendrucksenkung: Mannit i.v.
Senkung der Kammerwasserproduktion
Carboanhydrasehemmer i.v. (z.B. Acetazolamid)
Sympatholytika (z.B. Betablocker wie Timolol) als Augentropfen
Freilegung des Kammerwinkels: Lokale Miotika (z.B. Pilocarpin 1% viertelstündig)
Evtl. Analgetika und Sedativa
Operativ
Verbesserung des Kammerwasserabflusses: Herstellung eines Shunts zwischen Hinter- und Vorderkammer
Offen-operative Methoden (periphere Iridektomie)
Neodymium-YAG-Laseriridotomie
Manipulation: Durch ca. 30-sekündige, zentrale Komprimierung der Hornhaut kann evtl. eine passagere Abflussverbesserung erreicht werden
Sekundärer Winkelblock (Neovaskularisationsglaukom)
Therapieziel: Schnelle Drucksenkung, Schmerzreduktion und Beseitigung der Ursache
Sympatholytika (z.B. Betablocker wie Timolol)
Ab Augeninnendruck >50 mmHg: Carboanhydrasehemmer i.v. (z.B. Acetazolamid)
Freilegung des Kammerwinkels: Angiogenesehemmer, z.B. Anti-VEGF (Verwendung noch Off-Label Use!)
Kontraindiziert: Lokale Miotika (z.B. Pilocarpin) → Verstärkung des Reizzustandes, Förderung der Bildung von Synechien und Miose
Panretinale Laserkoagulation: Goldstandard zur Reduktion der vaskulären Wachstumsreize
Indikation: Medikamentös nicht einstellbarer, erhöhter Augeninnendruck
Verfahren: Zyklodestruktive Eingriffe zur Verminderung der Kammerwasserproduktion
Laseridiotiomie
in Miosis
Oberflächenanästhesie
Nd:YAG-Laser
obere Zirkumferenz
Nd: YAG Frequenz verdoppelt
Wellenlänge: 532 nm
Energie: 0,1 mJ bis 2,0mJ single pulse
Einstellung in 10 Schritten möglich
Spotgröße 400 mikrometer
Dauer: 3 ns
Implantatchirurgie
leiten Kammerwasser aus der VK durch einen Schlauch unter die Bindehaut ab
Tiefe Sklerektomie
Goniotomie
Zyklodestruierende Operationen
SLT - Selektive Laser Trabekuloplastik
Durchführung
Miosis mit Pilocarpin
Aufsetzen eines speziellen Kontaktglases
Zielstrahl auf das komplette Trabekelmaschenwerk einstellen
Zuletzt geändertvor 2 Jahren