Zwei extreme Bindungsmuster zwischen Eltern und Kindern
1. Übermäßige Bindung:
„regressiv“ verwöhnte Kinder - werden klein gehalten
Hinderung eigener Bedürfnisse
übermäßige Loyalität zu Eltern
Kind sucht Selbstvertrauen
2. Ausstoßung:
Kinder werden ausgestoßen, zurückgewiesen, vernachlässigt
Gefühl, nicht wichtig zu sein, nicht erwünscht zu sein für Andere
Kind sucht Geborgenheit, Schutz, Aufmerksamkeit
1. Generationsüberschreitende Koalition
Kind geht eine feste, dauerhafte Koalition mit einem Elternteil gegen den anderen Partner ein („Wer ist mit wem zusammen?“)
Triangulation
eine Person „zwingt“ eine zweite, sich gegen einen Dritten zu wenden
Kind kann sich nicht äußern, ohne gegen einen Elternteil für den Anderen Stellung zu beziehen („Wer mit wem gegen wen?“)
Konfliktumleitung
Beide Eltern sind scheinbar geeint in der Sorge um das „kranke“ Kind oder der Kritik an ihm „Sündenbockfunktion“ (Subsystem vermeidet Konflikt)
Verstrickung (psychosomatische Familie)
Regel: Familienmitglieder haben keine Geheimnisse zu haben
„Einer niest und es beginnt ein großes Flattern von Taschentüchern“ (Minuchin)
⇒ Überfürsorglichkeit
Losgelöstheit, Abgrenzung, Ausstoßung
keiner weiß um den Anderen“
starre Grenzen unter Familienmitgliedern
Dysfunktionale Kommunikationsmuster
Bsp. Paradoxien, „double bind“
Mystifizierung
⇒ Ich kann mich nicht richtig verhalten
Geburtenrangplatz
Ergebnisse einiger Studien:
Erstgeborene: ängstlich, „Enthronungstrauma“, intelligent(er als Geschwister)
Mittlere: delinquent, wenig beachtet durch Eltern
Letztgeborene: verwöhnt, ansprüchlich, unreif
C. Ernst & J. Angst (1983):
Geschwisterposition habe mit gefundenen Ergebnissen wenig bis gar nichts zu tun, es seien die mit der Geschwisterposition mehr oder weniger verbundenen „sozialen, ökologischen, ökonomischen, zwischenmenschlichen und individuellen Verhältnisse“, die Persönlichkeitseigenschaften bestimmen
Geschwisterzahl
Kinder mit vielen Geschwistern:
häufig aus Familien der oberen und unteren sozialen Schichten
spätgeborene häufiger ungünstigen Einflüssen während Schwangerschaft, Geburt und früher Kindheit ausgesetzt
schulische und berufliche Laufbahn sowie normkonformes Verhalten wird durch eine große Geschwisterzahl negativ beeinflusst (aber: weitere Faktoren wie z. B. soziale Schicht)
große Geschwisterreihen schützen scheinbar vor neurotischen und psychotischen Erkrankungen
Einzelkinder:
gelten als verwöhnt und egozentrisch
Ergebnisse nicht nur bedingt durch Einfluss fehlender Geschwister, sondern weitere Faktoren ausschlaggebend (finanzielle Situation, Paarbeziehung Eltern etc.)
Auch hier gilt:
individuelle Erleben des einzelnen Kindes, Teil einer Geschwisterreihe zu sein, als ausschlaggebender Faktor (A. Langenmayr)
subjektiv erfahrene Beziehung zu anderen Geschwistern hat zentrale Bedeutung
Geschlecht der Geschwister
Töchter und Söhne
fortwährende Kommunikation mit Töchtern
gelenkte Kommunikation mit Söhnen
Zwei Brüder werden streng und kontrollierend erzogen
der älteren Schwester wird früh Mitverantwortung für das jüngere Kind übergeben
Die Geschlechterrollen
Das weibliche Rollenbild
weich, anpassungsfähig, empfindsam, gefühlsbetont, nachgiebig, sprachlich begabt
Das männliche Rollenbild
hart, durchsetzungsfähig, unempfindlich, technisch und naturwissenschaftlich interessiert
Die Ausprägung der Geschlechterrollen
Wird durch mehrere Faktoren beeinflusst, unter anderem auch vom Geschwistergeschlecht und der Anzahl der Geschwister.
Feminine Mädchen und maskuline Jungen wachsen meist als Einzelkind auf oder mit mehreren gleichgeschlechtlichen Geschwistern.
Geringe Ausprägung bei Bruder-Schwester-Konstellationen.
Intelligenz und Kreativität
Kreativität nicht gleichgeschlechtliche Geschwister
nicht so stark ausgeprägtes Rollenbild
Intelligenz gleichgeschlechtliche Geschwister
stark ausgeprägtes Rollenbild
Altersabstand zwischen Geschwistern
Der kleine Altersabstand
hohes Aggressivitätspotential, insbesondere in den ersten Jahren
physische Gewalt tritt zwischen Brüdern häufiger auf als zwischen Schwestern
sehr enge Bindung zueinander
Aggressives Verhalten
symbiotische Beziehung zur Mutter
bei nicht ausreichender Befriedigung, tritt das Geschwisterkind an die Stelle der Mutter -> Frustration -> Aggression
Weitere Einflüsse des Altersabstandes
2 - 3 Jahre: direkte Einflussnahme auf das jüngere Geschwister, gegenseitiger Kontakt zum Freundeskreis
3 - 6 Jahre: Älteres Kind ist Vorbild und Lehrer
Aggressivität nimmt mit zunehmendem Altersabstand ab
kooperatives Handel ist unabhängig vom Altersabstand
Das Dre-Phasen-Model
1.Phase (Geburt bis 8. Monat): erster Kontakt zwischen den Geschwistern, stark elternbeeinflusst
2.Phase (8.-16. Monat): erste Konflikte
3.Phase (16.-24. Monat): Bindung zwischen den Geschwistern, weniger Rivalität, Einfluss der Eltern sinkt
Kinder psychisch Kranker Eltern
Allgemein
Kinder psychisch kranker Eltern wachsen unter erschwerten Bedingungen auf.
Sie sind in ihrer Entwicklung gefährdet.
Wie groß diese Gefährdung ist und mit welchen anderen erschwerenden Bedingungen (z. B. Konflikte im Elternhaus, Armut, Stigmatisierung, Kriegserfahrung) sie einhergeht oder zu vergleichen ist, lässt sich bisher nur aus Einzelfallstudien sagen.
Kinder psychisch kranker Eltern
Erklärung der Gefährdung
Erstens erschwert eine elterliche psychische Erkrankung das Bindungsverhalten zwischen Eltern und Kind.
Zweitens schränkt eine psychische Erkrankung die elterliche und familiäre Funktionsfähigkeit ein.
Psychisch kranke Eltern können unter gewissen Voraussetzungen ihre Elternrolle nicht genügend wahrnehmen, das Kind leidet z. B. unter der emotionalen Abwesenheit der depressiven Mutter oder unter der belastenden Familienatmosphäre.
Drittens haben betroffene Kinder eine höhere Wahrscheinlichkeit, im Verlauf ihres Lebens von weiteren (generellen) Risiken betroffen zu sein:
Von sozialem Ausschluss,
schweren und kritischen Lebensereignissen. z. B. Trennungen, Todesfälle oder Arbeitslosigkeit der Eltern.
Säuglings- und Kleinkindalter
Im Säuglings- und Kleinkindalter treten folgende Einschränkungen auf:
Empathie und emotionale Verfügbarkeit der Mütter sind durch die Depression reduziert.
Die mütterliche Feinfühligkeit, die kindlichen Signale wahrzunehmen, sie richtig zu interpretieren sowie prompt und angemessen darauf zu reagieren, ist eingeschränkt.
Reduziert sind beispielsweise Blickkontakt, Lächeln, Sprechen, Imitieren, Streicheln, Interaktionsspiele.
Kindergarten- und Grundschulalter
Die Mütter nehmen die Kinder als besonders schwierig wahr.
Der sprachliche Austausch ist reduziert.
Im Zusammenhang mit neuen Entwicklungsaufgaben haben die Mütter Schwierigkeiten, sich gegenüber dem Kind durchzusetzen und Grenzen zu setzen.
Teilweise reagieren die Mütter auch überängstlich und erlauben expansive Tendenzen des Kindes zu wenig (Schwanken zwischen permissivem und kontrollierendem Erziehungsstil).
Positive Kommentare, die das kindliche Selbstwertgefühl stärken, kommen weniger vor.
Mittlere Kindheit und Jugendalter
Das Kind wird in die elterlichen Probleme/Konflikte einbezogen (diffuse generationale Abgrenzung).
Wegen der krankheitstypischen Begrenzungen ist die Identifikation des Kindes mit den Eltern beeinträchtigt (eingeschränkte Vorbildfunktion der Eltern).
Die Eltern sind mit der Aufgabe überfordert, ihr Kind bei der Bewältigung der altersspezifischen Entwicklungsaufgaben zu unterstützen (insbesondere Kompetenzerwerb, Selbstständigkeit, Autonomieentwicklung).
Häufung von Psychsozialen Belastungen
psychische Erkrankung eines Elternteils“ korreliert positiv mit vielen anderen psychosozialen Belastungsfaktoren:
sozioökonomische und soziokulturelle Aspekte wie Armut, unzureichende Wohnverhältnisse, soziale Randständigkeit, oder kulturelle Diskriminierung der Familie
niedriger Ausbildungsstand beziehungsweise Berufsstatus der Eltern und Arbeitslosigkeit
der Verlust von wichtigen Bezugspersonen, insbesondere eines Elternteils
zwei bis fünffach erhöhte Wahrscheinlichkeit für Vernachlässigung, Misshandlung und sexuellen Missbrauch.
Präventionsansätze (Psyche)
Für das Säuglings- und Kleinkindalter:
interaktionszentrierte Mutter-Kind-Therapien
In Bezug auf Verhaltensregulationsstörungen
Grundlage aller Prävention ist eine qualifizierte und effektive Behandlung der elterlichen Erkrankung.
Die psychischen Auffälligkeiten der Kinder können reduziert werden, wenn die elterliche Erkrankung erfolgreich behandelt wird.
Psychoedukative Interventionen, (Information, Anwendung der Information auf den individuellen Fall, Ermutigung zur offenen Kommunikation über die Erkrankung in der Familie).
spezielle Hilfen, die an die jeweilige Situation der Familie angepasst sein und nach genauer Indikationsstellung erfolgen sollten.
Hierzu zählen psychiatrische und psychotherapeutische Hilfestellungen ebenso wie sozialpädagogische Hilfen
Grundkonzeption der Bindungstheorie
Bindung
„die besondere Beziehung des Kindes zu seinen Eltern oder Personen, die es ständig betreuen“ (Grossmann et al., 1997, S. 51)
„inneres Arbeitsmodell“
Menge (un)bewusster Regeln, die unsere sozialen Beziehungen regeln. Diese Bindungsrepräsentation entsteht aus der Vielzahl von Interaktionserlebnissen zwischen Mutter und Säugling.
Bildungssystem
primäres, genetisch verankertes motivationales System, das zwischen der primären Bezugsperson und dem Säugling in gewisser biologischer Präformiertheit nach der Geburt aktiviert wird und überlebenssichernde Funktion hat“ (Bowlby, 1975)
Explorationssystem
„Angeborene Neugiermotivation bewegt das Kind immer wieder dazu, sich von seiner Mutter zu entfernen, um etwas über seine Umwelt zu erfahren und seine Fähigkeiten auszuprobieren.“ (nach Ainsworth, 1978)
Fremdeln
Fremdeln: tritt um den 8./9. Lebensmonat auf – daher auch „Acht- Monats-Angst“; typische Reaktion auf Annäherung einer fremden Person: Blick abwenden, Festklammern an der Bezugsperson
Sichere Bindung
Kind: aktiv, explorationsfreudig, bewältigt Anforderungen, vermisst die Mutter, freut sich beim Wiedersehen
Eltern: verfügbar, reagieren feinfühlig, gehen liebevoll und bereitwillig auf das Kind ein.
Unsichere-ambivalente Bindung
Kind: unsicher, ob Eltern verfügbar sind, neigt zu heftiger Trennungsangst, ängstlich in der Erkundung
Eltern: unberechenbar, teilweise zugänglich und hilfsbereit, teilweise aber nicht, drohen mit dem Verlassen des Kindes.
Unsicher-vermeidende Bindung
Kind: kein Vertrauen auf Unterstützung, erwartet immer Zurückweisung
Eltern: ständige Zurückweisung, bis hin zu Misshandlung
Unsicher- desorganisierte Bindung
Kind: „Einfrieren“ von Bewegung, stereotype Verhaltens- und Bewegungsmuster, Klinische Risikogruppe
Eltern: traumatische Erlebnisse von Verlust und Trennung, Misshandlung, Missbrauch
Dimensionen der Mütterlichen Feinfühligkeit
Wahrnehmung der Befindlichkeit
Richtige Interpretation der Äußerungen
Prompte Reaktion
Angemessenheit der Reaktion
Elemente des Intuitiven Elternverhaltens
Prüfen und Regulieren des Wachheits- und Erregungszustandes des Kindes
Herstellen des visuellen Kontaktes
Herstellen der Kommunikationssituation
Angemessene Stimulation
Unterstützung integrativer Prozesse
Zuletzt geändertvor 2 Jahren