Fetaler Kreislauf
Sauerstoffaustausch über Plazenta
• Vena umbilicalis liefert sauerstoffreiches Blut
über den Ductus venosus zum fetalen Herzen
• Verteilung des sauerstoffreichen Blutes in den
Körper über Shunt-Verbindungen
– Foramen ovale
– Ductus arteriosus Botalli
(physiologischer rechts-links-Shunt)
• Reduzierte Lungendurchblutung ( ca. 10% des
Blutflusses)
– Hoher Widerstand durch mit
Fruchtwasser gefüllte Luftwege!
Kreislaufumstellung
Erster Atemzug - Lunge füllt sich mit Luft
– Absenkung des pulmonalen Gefäßwiderstand -
Erhöhung der Lungendurchblutung
• Abnabelung
– Blutfluss in den rechten Vorhof reduziert à
Druckabfall rechter Vorhof, rechte Kammer
und A. pulmonalis
– Wegfall der Plazentadurchblutung – Druck im
Körperkreislauf verdoppelt sich à gesteigerter
Druck linker Vorhof, linke Kammer und Aorta
à Verschluss Foramen ovale
• Erhöhter Sauerstoffpartialdruck im Blut, Wegfall
Prostaglandinsynthese der Plazenta à Verschluss
Ductus arteriosus Botalli
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Adaptation - Gastrointestinaltrakt
• Fetus schluckt und resorbiert Fruchtwasser
• Ernährung erfolgt über Plazenta
• Leberdurchblutung nur sehr gering – Umgehungskreislauf (Ductus
venosus) – verschließt sich in den ersten Lebenstagen
• Mekonium (Kindspech), grünlich-schwarz
• Eingedickte Galle, Lanugohaare und abgeschilfterte Darmschleimhautreste
• 1. Stuhl als Zeichen der beginnenden Darmtätigkeit: 70% innerhalb von 12h;
spätestens bis 48h
• cave: Mekoniumaspiration, Mekoniumileus
• Saug- und Schluckreflex beim reifen Neugeborenen ausreichend
ausgebildet – erstes Anlegen an die Brust noch im Kreissaal
Adaptation - Wärmeregulation
• Fähigkeit zur Temperaturregulation vorhanden aber noch sehr
eingeschränkt
• Chemische Wärmeproduktion durch braunes Fettgewebe, kein
Kältezittern beim Neugeborenen
à Gefahr der Auskühlung! Wärmeverluste vermeiden!
• Daher: Nach Geburt gut abtrocken, Wärmelampe
Käseschmiere (Vernix caeseosa)
weiß-gelbliches Talgdrüsensekret, dient als
„natürliche Hautschutzcreme“
Die Erstversorgung nach Geburt
• Abtrocknen, taktile Stimulation und warm halten – rasches „Bonding“ auch nach
Sectio und bei Frühgeburten!
• Abnabeln 1-2 Minuten nach Geburt
• Absaugen des Rachens und der Nase nur in Ausnahmefällen
• Erheben des Apgar-Scores nach 1, 5 und 10 Minuten
• Untersuchung auf Geburtsverletzungen, Fehlbildungen (durch Hebamme/Arzt)
• Blutgasanalyse aus Nabelarterien- und Nabelvenenblut
• Erheben von Körpermaßen
• Erstes Anlegen an die Brust nach ca. 30 Minuten
• Gabe von 2mg Vitamin K und Augentropfen
Das reife Neugeborene
Reifezeichen (Petrussa Index ab der 30. SSW)
• Brustwarzendurchmesser, Haut rosig und fest, Fußsohlenfältelung
über ganze Fußsohle, Ohrmuschelknorpel fest und elastisch, Hoden
deszendiert bzw. kleine Labien von großen Labien bedeckt,...
Normwerte: 50. Perzentile (10.- 90. Perzentile)
Gewicht 3500g (3000-4300g)
Länge 50 cm (46-58cm)
Kopfumfang 34 cm (32,5-36,5cm)
Neugeborenenreflexe
Reproduzierbare Bewegungsautomatismen – dienen dem Selbstschutz und
der Nahrungssuche bzw. –aufnahme; verschwinden mit Ausreifung des
Nervensystems
Fehlen, Seitenasymmetrien und verlängerter Persistenz weisen auf zerebrale
Schädigung hin!
• Suchreflex
• Saugreflex
• Greifreflex (palmar und plantar)
• Moro-Reflex
• Galant-Reflex
• Schreitreflex
Mögliche Auffälligkeiten bzw. Fehlbildungen
• Kopf – z.B. Kephalhämatom, Caput succedaneum (Geburtsgeschwulst)
• Thorax – z.B. Claviculafraktur, Plexusparese
Clavikulafraktur
• Hauptrisiko: großes bzw. schweres Kind (LGA)
• Klinik: Schonhaltung des Armes, einseitiger Moro-Reflex, Krepitation
• Schonung, keine Therapie erforderlich.
Plexusparese (Plexus brachialis)
• Risiko: großes Kind, breite Schultern, Einstellungsanomalien
• Bei Durchtritt durch das Becken kommt es zur Dehnung der Nerven, in
extremen Fällen kommt es zum Wurzelausriss.
• 2 Formen
• Obere Plexusparese (häufiger!)
• Schultergürtel und Oberarm betroffen
• Untere Plexusparese
• Unterarm und Hand betroffen
• Therapie: Physiotherapie, ggf. bei bleibender Parese OP
• Prognose: 4-6 Wochen nach Geburt bei 90% deutliche Rückbildung
Neugeborenenscreening
• Früherkennung von Erkrankungen, welche durch präventive
Maßnahmen (z.B. Diät) beeinflusst werden können
• Störungen des Stoffwechsels, der Hormone oder von
Organfunktionen (z.B. Phenylketonurie - PKU, Hypothyreose,
Zystische Fibrose)
• Kapilläre Blutabnahme aus der Ferse – wird auf spezielles
Filterpapier aufgetragen (36-72h nach Geburt)
• Kontaktaufnahme erfolgt nur, wenn Befund auffällig ist
• Sonderfall Frühgeborene
Hörscreening
• Hörstörungen bei Neugeborenen sind häufig (1:1000)
• Meist Innenohrschädigungen (genetisch, durch Infektionen)
• Akustische Reize wichtig für Hörbahnreifung
• Früherkennung wichtig für Sprach- und Persönlichkeitsentwicklung
• Hörstörung soll bis zum 3. Lebensmonat erkannt werden
• Hörtest
• Durchführung in der ersten Lebenswoche – meist vor Entlassung
aus dem Krankenhaus
• Bei Auffälligkeit Kontrolle – ggf. beim HNO oder auch in Narkose
Hüftscreening
• Hüftsonographie nach Graf
• in der 1. LW und in der 6.-8. LW
• Hüftgelenksdysplasie ist die
häufigste angeborene
Skelettfehlbildung!
• 3% d. Neugeborenen
• Mädchen : Buben = 5:1
Ziel – Vermeidung einer Hüftdysplasie
• Instabilität des Hüftgelenks führt zu Druck auf
knorpelige Randbereiche der Hüftpfanne
• Fehlende Ausbildung des Pfannendachs
• cave: Hüftgelenksluxation
• Klinische Untersuchung der Hüfte korreliert
nicht mit Diagnose!! Ultraschall erforderlich!
• Therapie: Pavlik-Bandage, (Spreizhose), Gips
• Frühzeitiger Therapiebeginn!– bei Beginn
nach dem 3. Lebensmonat kommt es nur
mehr in 60% zur Heilung
Hüftluxation
• Hüftkopf befindet sich nicht in der
Pfanne – er ist luxiert
• 0,2% der Neugeborenen
• Therapie: OP
Hypoglykämie
• Ursachen:
1. Zu wenig Glykogen-Speicher
2. Zu viel Insulin
• Risikogruppe: Kinder von diabetischen Müttern, sehr kleine und sehr
große Kinder, Frühgeborene
• Symptome: Apathie, Krampfanfälle, Zittern, zerebrale Anfälle
• Procedere: Bei Risikokindern regelmäßige Blutzuckerkontrollen über
72h – Beendigung wenn Werte stabil.
• Glukose-Grenzwert bei reifen NG: 45mg/dl
• Bei niedrigen Blutzucker: Füttern bzw. Zufüttern, Glukoseinfusion
Perinatale Asphyxie/ Hypoxisch-ischämische
Enzephalopathie
• Unterbrechung der Sauerstoffversorgung perinatal führt zu hypoxischischämischen
• z.B. bei Nabelschnurumschling
• Klinik: Atemstörungen, Bradykardie, Zyanose oder Blässe, muskuläre
Hypotonie durch Sauerstoffmangel, Störung von Organfunktionen
• Therapie: Überwachung und Erhaltung der Vitalfunktionen, ggf.
Kühlung des gesamten Körpers (nicht bei Frühgeborenen)
• Prognose: EEG hilfreich
Respiratorische Anpassungsstörung
• Atemstörung bei reifen Neugeborenen durch verzögerte Resorption
des Fruchtwassers in der Lunge
• Klinik: stöhnende Atmung, Tachypnoe, „Nasenflügeln“, Einziehungen
• Therapie: minimal handling! intensivierte Beatmung (CPAP), O2-
Gabe und im Einzelfall ggf. Surfactantgabe
Hyperbilirubinämie – „Gelbsucht“
• Bilirubin – „Gelbfarbstoff“
• Abbauprodukt des Hämoglobins
• Neugeborenes hat hohe Hämoglobinkonzentration (Hb 15-22g/dl, Hkt 45-65%) und
höhere Erythrozytenzahl
• Verkürzte Überlebenszeit der fetalen Erythrozyten
• Abbau in der Leber: durch chemischen Prozess wird aus indirektem,
nicht wasserlösliches Bilirubin direktes, ausscheidungsfähiges
Bilirubin
• Ausscheidung des wasserlöslichen Bilirubins über Galle/Stuhl bzw.
über Urin
• Physiologischer Neugeborenenikterus (bei ca. 50%)
• Erreicht Höhepunkt nach 4-5d, klingt nach 14d ab
Pathologischer Ikterus
Klinik
Diagnostik
Therapie
Anstieg des indirekten Bilirubins über definierte Grenzwerte
Problem: Nicht gebundenes Bilirubin kann die Blut-Hirn-
Schranke passieren! Lagert sich ab und führt zur irreversiblen
Hirnschädigung (Kernikterus
Klinik: Trinkschwäche, Apathie, reduzierte Reflexe
Diagnostik:
• Bestimmung indirektes (und direktes) Bilirubin im Serum
• (Transkutaner Bili-Check)
Therapie:
• Phototherapie: sichtbares, blaues Licht (460nm Wellenlänge)
wandelt Bilirubin in Lumirubin um, welches im Harn ausgeschieden
werden kann
• Ausreichende Trinkmenge / Stillmanagement
• Evtl. Flüssigkeitszufuhr
• Austauschtransfusion bei sehr hohen Werten
Morbus haemorrhagicus neonatorum
• Problem: lebensbedrohliche Blutungen
(Vitamin K wird zur Aktivierung der Gerinnungsfaktoren benötigt)
• Vitamin K-Mangel beim Neugeborenen ist physiologisch
• Prophylaktische Gabe von Vitamin K am 1. und 3. LT, sowie
mit 4-6 Wochen senkt das Risiko für Blutungen deutlich!
Frühgeburtlichkeit
23+0 bis 23+6 SSW
• Überlebensrate 30-66%
• Risiko geistige u/o körperliche Behinderung 33%
Ab 25. SSW (=24+0 SSW)
• Generelles Lebensrecht!
• Überlebensrate 90%
• Risiko geistige u/o körperliche Behinderung 15%
Häufige Probleme bei Frühgeborenen
Temperaturregulationsstörung
• Unzureichend Körperfett, im Verhältnis größere Körperfläche
• Therapie - Inkubator!
Apnoe-Bradykardie-Syndrom
• Unreife des Atemzentrums – auch bei Reflux, Infektion,...
• Monitoring!
• Therapie: taktile Stimulation, Coffeincitrat
Atemnotsyndrom des Frühgeborenen
• Surfactantmangel (Reifung der Lunge erst nach der 34.SSW abgeschlossen)
• „Lungenreifung“ durch Gabe von Steroide 2x in Abstand von 24h
Nekrotisierende Enterocolitis (NEC)
Hirnblutungen
Ernährung Säugling
Stillen für die ersten 6 Monate empfohlen (Empfehlung WHO)
• Stillen solange, wie es Mutter und Kind wollen!
• Kolostrum („Vormilch“) – besonders reich an immunologischen
Faktoren
• Milcheinschuss am 2. - 3. Tag
• Alternativ Säuglingsnahrung – Formulanahrung (Pre-Nahrung!)
Beikostbeginn mit Beginn des 5. bis 6. Lebensmonat
• Beikostbeginn unter Fortführung des Stillens empfohlen
• Eisenzufuhr und Kalorienzufuhr durch Muttermilch allein ist nicht
mehr ausreichend
Vitamin D Substitution im 1. Lebensjahr – Rachitisprophylaxe
Rachitis: ungenügende Mineralisation bzw. Demineralisation des
Knochens
Gewichtsentwicklung
• Gewichtszunahme soll entlang der Perzentilenkurve erfolgen!
• Gewichtszunahme 200-250g/Woche in den ersten Wochen
• Ein Neugeborenes wiegt ca. 3,5kg
• Nach 5-6 Monaten hat sich das Gewicht verdoppelt (ca. 7kg)
• Nach 12 Monaten hat sich das Gewicht verdreifacht (ca. 10kg)
• Danach gilt zur groben Gewichtsschätzung: kg = (Alter + 4) x 2
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Perzentilenknick - Gedeihstörung
Ursachen:
• Mangelnde Energiezufuhr
• Malabsorption (unzureichende
Verdauung und Resorption)
• Gesteigerter Energieverbrauch
Beurteilung der Entwicklung
• Grobmotorik
• Feinmotorik
• Sprache
• Sozialverhalten
.berprüfung der Entwicklungsschritte im Rahmen der MKP-Untersuchungen!
Wichtige Grenzsteine
• Soziales Lächeln – 3 Monate (Spontanes Lächeln ab Geburt!)
• Gezieltes Greifen – 6 Monate
• Pinzettengriff – 12 Monate
• Freies, sicheres Sitzen - 9 Monate
• Freies Stehen – 12 Monate
• Freies Gehen – 18 Monate
• Erste Worte - 12 Monate
• Zwei-Wort Sätze – 24 Monate (50-200 Wörter)
Mutter Kind Pass (MKP)
• MKP wurde 1974 in Österreich eingeführt
• Beinhaltet Untersuchungen in der Schwangerschaft und in den ersten 5
Lebensjahren
• Ziel bei Einführung war Verringerung der Säuglingssterblichkeit
• Ziel heute - Früherkennung von Erkrankungen und von
Entwicklungsrückst.nden
• Untersuchungen bis zum 14. Lebensmonat sind verpflichtend, ansonsten
droht die Kürzung des Kinderbetreuungsgeldes!
Zuletzt geändertvor 2 Jahren