Rolle des EuGH
· EuGH sichert die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge (Art 19 Abs 1 UAbs 1 S 2 EUV)
· „Wahrung des Rechts“ = gesamtes Unionsrecht
· = unabhängiges Organ der Rechtspflege
Rechtsstaatlichkeitsprinzip
kontrolliert Rechtsmäßigkeit (Übereinstimmung eines Rechtsaktes mit geltendem Recht) des Handels der Unionsorgane und der Mitgliedsstaaten, soweit mit Unionsrecht vereinbar
Art 19 Abs 1 und 2 EUV
Gerichtshof der EU umfasst den Gerichtshof, das Gericht und Fachgerichte, sicher die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge. Die Mitgliedstaaten schaffen die erforderlichen Rechtsbehelfe, damit ein wirksamer Rechtsschutz gewährleistet ist
EuGH ist an Prinzip der begrenzten Einzelermächtigungen gebunden
o besagt, dass die EU bzw. die Europäische Atomgemeinschaft nur die Kompetenzen hat, die ihr in den Verträgen, dem sogenannten Primärrecht, übertragen sind. Die EU kann also nicht eigenmächtig Kompetenzen an sich ziehen, sie besitzt keine Kompetenz-Kompetenz
o (Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, 2 EUV)
· Entscheidungen des EuGH sind verbindlich
· Gerichtsstruktur:
o Art 19 Abs 1 U Abs 1 S 1 EUV;
o Art 254 u 256 AEUV
o Art 257 AEUV
EuGH=Gesamtsystem
-Gerichtshof EuGH
-Gericht (EUG) früher Gericht erster Instanz
-Möglichkeit der Einrichtung von Fachgerichten
->Instanzenzug
Befugnis des EuGH zur richterlichen Rechtsfortbildung
o Richterliche Rechtsfortbildung à handelt sich um ein Instrument, angewandte Wissenschaft und Rechtsprechung. Geht über Gesetzesauslegung hinaus und schafft geltendes Recht.
® Wahrung des Unionsrechts durch EuGH nach Art. 19 EUV bisher durch Lücken in Verträgen beschränkt
o z.B. allgemeine Rechtsgrundsätze, fehlende Legaldefinitionen oder fehlende Ausführungs- und Detailregeln à rechtsschöpferische Interpretation des EuGH zur Lückenschließung
Kompetenzüberschreitung (ultra vires)
o Grenze der richterlichen Rechtsfortbildung = Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung
EuGH vielfältig tätig als…
o …Verfassungsgericht
o Verwaltungsgericht
o Strafdisziplinargericht
o Zivilgericht
o Schiedsgericht
o Rechtsmittelgericht
Ergänzungen des EuGH durch nationale Gerichte als funktionelle Unionsgerichte
Mitgliedsstaaten haben erforderliche Rechtsbehelfe zu schaffen, damit wirksamer Rechtsschutz gewährleistet ist
Rechtswahrung erfolgt durch EuGH bei „Auslegung und Anwendung des Unionsrecht“
o Anwendung = Subsumtion (erfüllt Sachverhalt die TB-Merkmale einer Rechtsnorm?), Umsetzung und Durchsetzung des Recht
o Auslegung ->Ermittlung des Inhalts einer Norm (TB + Rechtsfolge)
Autonomie des Unionsrechts
o Anwendung der klassischen völkerrechtliche Interpretationsmethoden nicht ausreichendà Art. 31-33 WVK
o Art. 31 WVK à Ein Vertrag ist nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes auszulegen.
o Art. 32 WVK à
Ergänzende Auslegungsmittel, insbesondere die vorbereitenden Arbeiten und die Umstände des Vertragsabschlusses, können herangezogen werden, um die sich unter Anwendung des Artikels 31 ergebende Bedeutung zu bestätigen oder die Bedeutung zu bestimmen, wenn die Auslegung nach Artikel 31
1. a) die Bedeutung mehrdeutig oder dunkel lässt oder
2. b) zu einem offensichtlich sinnwidrigen oder unvernünftigen Ergebnis führt.
o Art. 33 WVK à Ist ein Vertrag in zwei oder mehr Sprachen als authentisch festgelegt worden, so ist der Text in jeder Sprache in gleicher Weise maßgebend, sofern nicht der Vertrag vorsieht oder die Vertragsparteien vereinbaren, dass bei Abweichungen ein bestimmter Text vorgehen soll.
Entwicklung eigener Auslegungsregel durch EuGH:
o Verknüpfung der Methoden des allg. Völkerrechts mit den innerstaatlichen Rechtsordnungen
&
o Erweiterung um spezifisch unionsrechtliche Gesichtspunkte (Art und Weise wie eine Sache beurteilt wird)
Ausgangspunkt = immer Wortlaut, besondere Problematik:
o 24 Sprachfassungen
§ Vergleich von Sprachfassungen
§ Rückgriff auf unterschiedliche Interpretationsregeln, um unionsautonome Begriffe zu bestimmen, die im VR oder NR nicht vorhanden sind oder was anderes bedeuten
Systematische und teleologische Interpretation haben besondere Bedeutung
o Systematisch = Z.B.
§ primärrechtskonforme Auslegung des Sekundärrechts
· besagt, dass bei mehreren möglichen Auslegungen derjenigen der Vorzug zu geben ist, welche mit den Vorgaben des Primärrechts vereinbar ist.
§ rechtsvergleichende Auslegung
· Rechtsnormen mit ähnlich lautenden Gesetzen anderer Staaten werden verglichen
o Teleologisch
§ Vorzug jener Auslegung, welche die Verwirklichung der Vertragsziele am meisten fördern (effet utilie)
o Historisch
§ Selten, eher noch Sekundärrecht
§ Bei Primärrecht im Widerspruch zur dynamischen und evolutiven Stoßrichtung der europäischen Integration
Vertragsverletzung
uniosnrechtliche Normen nicht oder falsch angewendet
Funktion
Möglichkeit für Kommission bzw. MS
-Unionsverletzungen von MS an Kontrolle des EuGH
-Keine Klagemöglichkeit natürlicher/juristische Personen, weder aktiv noch passiv
Verfahren
o Obligatorische gerichtliche Kontrolle zur Durchsetzung vertragsmäßiger Zustände
§ Kommission bzw. MS können andere MS für Vertragsbruch zur Verantwortung ziehen = Vornahme vertraglich gebotener Maßnahmen gg. Deren Willen
® Einseitige Maßnahmen zwischen MS wegen Vertragsverletzungen unzulässig
o Z.B. Vertragssuspension
Keine Rechtfertigung eigener Vertragsverletzung mit Hinweis auf Vertragsverletzung durch andere MS
o Z.B. EuGH, verb Rs 90 & 91/63 Kommission/Luxemburg & Belgien (Milchprodukte)
® Erfüllt ausschließlich objektiv-rechtliche Funktion
o = gleichförmige Durchsetzung und Sicherstellung des Unionsrechts
· Terminologische Unterscheidung:
o Art 258 AEUV: Kommission vs MS = Aufsichtsklage
o Art 259 AEUV: MS vs MS = Staatenklage
Aktive Parteifähigkeit
· ausschließlich die Kommission
o Fähigkeit vor Gericht zu Klagen
Passive Parteifähigkeit
· ausschließlich MS
o Fähigkeit vor Gericht verklagt zu werden
Instrument der Kommission
o Verletzungen des Unionsrecht von MS/deren Organe verfolgen
o Egal, welcher Gewalt sie zugeordnet sind oder welcher Ebene
§ Unionsrechtswidriges Verhalten wird immer MS in toto zugerechnet
· In toto = im Ganzen
· Kenntnis von Verletzung:
o Durch MS-Organe
o Durch eigene Wahrnehmung
o Durch Information von Privaten
Kommission ist nicht zur Verfahrenseinleitung verpflichtet
Hat MS nach KOM gegen Vertragsverpflichtung verstoßen
o Obligatorisches außergerichtliches Vorverfahren (= Zulässigkeitsvoraussetzung der Klage)
zur außergerichtlichen Streitbeteiligung, sowie
o Eingrenzung des Klagegegenstandes
· Vorverfahren
o Rechtlich nicht gebotenes Informelles Vorverfahren sog. „Pilot-Verfahren“:
§ Auskunftsersuchen der KOM zur Klärung des SV
o Rechtlich gebotenes formelles Vorverfahren:
§ Mahnschreiben der KOM, mit Frist
§ Optionale Gegendarstellung des MS
§ Abschließend begründete Stellungnahme der KOM, mit Frist
§ Stellungnahme MS, optional mit Gründen versehenen Stellungnahme der KOM
Führt Vorverfahren zu keiner Einigung à gerichtliches Verfahren vor EuGH
Art 259 AEUV
Staatenklage
· Außer KOM hat auch jeder MS Recht EuGH anzurufen, wenn diese der Auffassung ist, das andere MS gegen Verträge verstoßen haben
· Aktive Parteifähigkeit à ausschließlich MS
· Passive Parteifähigkeit à ausschließlich MS
· Gegenstand: MS habe gegen Verpflichtungen aus den Verträgen verstoßen
· Voraussetzungen dafür:
o zwingende Befassung der KOM als Schiedsstelle Art 259 Abs 2 AEUV
o abschließende Stellungnahme der KOM Art 259 Abs 3 AEUV
gerichtliches Verfahren von EuGH:
o kontradiktorisches (Verfahren bei dem Beteiligten entgegengesetzte Interessen haben) , auch objektives Verfahren à
§ auch zulässig, nach Beseitigung des Verstoßes während beim Verfahren noch objektives Interesse an Feststellung des (nicht) Vorliegens einer Vertragsverletzung gegeben ist
Urteil
= Feststellungsurteil, gegen MS nicht vollstreckbar à deshalb:
o Art 260 AEUV: MS hat bei Feststellung einer Vertragsverletzung unverzüglich „die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem Urteil des GH ergeben“
o Wenn Maßnahmen nicht festgelegt von EuGH à im Ermessen des MS
o Leistet MS Urteil nach Auffassung der KOM nicht Folge…
§ neuerlicher Verstoß gegen das Unionsrecht nach Art 260 AEUV
o KOM gibt MS Gelegenheit zur Äußerung
§ nennt dabei Höhe des vom MS zuzahlenden Pauschalbetrags (anhaltende Vertragsverletzung) oder Zwangsgeld (Verzug bei Urteilsumsetzung)
® EuGH verhängt Zahlung nach dem Urteil
® Gleichzeitige Verhängung von Pauschalbetrag und Zwangsgeld möglich
Sonderverfahren
· Sonderverfahren nach Art 260 Abs 3 AEUV für den Fall der Nichtumsetzung einer RL, die in Gesetzgebungsverfahren erlassen wurde:
o Erhebt KOM, Klage nach Art 258 AEUV, kann sie Höhe des zu zahlenden Pauschalbetrags oder Zwangsgeld gleichsetzen
o Besonderheit: bereits im ersten Vertragsverletzungsverfahren kann über Verhängung der Beträge entschieden werden
§ Gründe: Beschleunigung des Verfahrens, wirkungsvolles Instrument gegen mangelnde RL-Umsetzung
o Urteil nach Art 260 AEUV sind nach Art 280 iVm Art 299 AEUV vollstreckbar
Nichtigkeitsklage (Art 263 AEUV)
· Bringt Charakter der Union als Rechtsgemeinschaft am deutlichsten zum Ausdruck
o Möglichkeit, Rechtsakte oder Teile von Rechtsakten der Unionsorgane, die gegen Primärrecht verstoßen, für nichtig zu erklären
· Recht kurze Frist Art 263 Abs 6 AEUV:
o Einbringung binnen zwei Monaten ab Bekanntgabe der Handlung, ab Mitteilung an Klägerin/Kläger oder ab Kenntnis von der Handlung
· Gegenstand der Nichtigkeitsklage:
o Gesetzgebungsakte sowie jene Handlungen des Rates, der KOM und EZB und Handlungen des EP und ER, die Rechtswirkungen gegenüber Dritten entfalten (Abs 1 S 1
o Handlungen der Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union mit Rechtswirkung gegenüber Dritten Abs 1 S 2
Somit passiv Klagelegitimiert: Rat, KOM, EZB, EP, ER, Einrichtungen und sonstige Stellen
Nichtigkeitsgründe Abs 2
o Unzuständigkeit des handelnden Organs
§ Z.B. Überschreitung der Organ- oder Verbandskompetenz
o Verletzung wesentlicher Formvorschriften
§ Wesentlich = wenn Verletzung potenziell Inhalt der Entscheidung beeinflusst haben könnte
§ Z.B. Nichtbeachtung institutioneller Beteiligungs- und Anhörungsrechte
o Verletzung der Verträge oder anzuwendende Rechtsnorm
§ Z.B. Verstoß von Sekundärrecht gegen Primärrecht
o Ermessensmissbrauch
§ mit Maßnahme bewusst rechtwidriges Ziel verfolgt oder aus Mangel an Voraus- oder Umsicht andere Ziele verfolgt wurden
aktive Klagebefugnis
o privilegierte Klagebefugte Abs 2:
§ MS, EP, Rat, KOM - Privileg
§ Müssen kein subjektives Rechtsschutzsinteresse nachweisen, um Klage zu erheben
§ Objektive Unionsrechtsverletzung genügt, auch wenn Kläger nicht unmittelbar betrifft
o Teilprivilegierte Klagebefugte Abs 3
§ RH, EZB, AdR – Teilprivileg
§ Gleiche Voraussetzungen wie oben
§ Klage muss jedoch auf Wahrung der Rechte dieser Organe abzielen
o Nichtprivilegierte Klagebefugte Abs 4
§ Natürliche/juristische Personen – fehlende Privilegierung
§ Müssen subjektives Rechtsschutzinteresse nachweisen für Klage
§ Drei Varianten/Szenarien der Individualnichtigkeitsklage:
· 1. Gegen an sie gerichtete Handlungen
o Regelmäßig Beschlüsse, nicht Gesetzgebungsakte
· 2. Gegen Handlungen, die Kläger unmittelbar (=kein Durchführungsrechtsakt) und individuell betreffen (=klare Individualisierung)
· 3. Gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen
Urteilswirkung
o Urteil= Rechtsgestaltend Art 264 Abs 1 AEUV
o Wirkt ex tunc und erga omes (bindet Behörden/Gerichte der MS)
§ Ebenso Bindung, wenn Nichtigkeitsklage abgewiesen wird
o Nichtigerklärung eines Rechtsakts kann EuGH, wenn nötig, diejenigen die als fortgeltend betrachtet sind, derart bezeichnen (rt 264 Abs 4 AEUV
§ Z.B. notwendig, wenn Rechtsakt dringende materiell-rechtliche Regelungen enthält
Urteilsklage Art 265 AEUV
· Passivlegitimation
o EP, ER, Rat, KOM, EZB / auch Einrichtungen und sonstige Stellen
· Klagegegenstand
o Unterlassen Organe unter Verletzung der Verträge Beschluss zu fassen = rechts-/pflichtwidrige Säumnis
Beschluss = Rechtsakte nach Art 288 AEUV, auch alle anderen Handlungsformen
· Aktivlegitimation:
o MS und andere Unionsorgane, ebenso natürliche/juristische Personen
· Urteilswirkung:
o Feststellungsurteil
o Verurteiltes Organ muss unterlassene Handlung nachholen
· Obligatorisches Vorverfahren:
o Erfolglose Handlungsaufforderung an betreffendes Organ
§ Nur wenn innerhalb zwei Monaten keine Stellung genommen wurde, ist Klage zulässig Abs 2
· Klagebefugnis
o Dieselben Kategorien wie bei Art 263 AEUV
Vorabentscheidungsvefahren Art 267 AEUV Allgemeines
· Konsequenz dualistische Struktur des Unionsrechtsschutzes
o Aufgabenverteilung und Zusammenarbeit zw. Institutionellen und funktionellen Unionsgerichten
· = Zwischenverfahren
o Des nationalen Rechtsstreits unter EuGH
· = Schlüsselelement des unionalen Gerichtssystems
o Kooperationsverhältnis zw. EuGH und MS-Gerichten
Funktionen und Bedeutung
· Wahrung der Rechtseinheit
o Bei direkten Klagen
o Die vor nationalen Gerichten eingeleiteten Verfahren müssen beim EuGH zusammenlaufen und gebündelt werden
§ Dadurch Gewährung individuellen Rechtsschutzes vor nationalen Gerichten
§ EuGH als Ausgleich für beschränkten Zugang zu Nichtigkeitsklage
· Funktion eines verschleierten Vertragsverletzungsverfahrens
· 66 – 75 % der beim EuGH anhängig gemachten Rechtssachen =
o Vorlagen zur Vorabentscheidung
Vorlagegegenstand Abs 1
o 1. Auslegung der Verträge
§ Gesamtheit des Primärrechts
o 2. Gültigkeit und Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union
= Sekundärrecht
o EuGH darf weder Zulässigkeit der Ausgangslage, Gültigkeit des nationalen Rechts noch Zuständigkeit des Gerichts überprüfen
o Fragestellung des Vorabentscheidungsersuchens:
§ Prüfung durch EuGH, ob Beantwortung der Fragen objektiv erforderlich ist
Auslegungsfrage Abs 1 lit a und b
o Können egal welches Unionsrecht betreffen
o Zielen auf Ermittlung des Inhaltes/der Tragweite einer Rechtsnorm oder Rechtsgrundsatzes
Gültigkeitsfragen Abs 1 lit b
o Gültigkeitsprüfungen materiell anhand aller Rechtsmängel in Art 263 Abs 2 AEUV
o Prüfungsmaßstab für Sekundärrecht:
§ Höherrangige Unionsrechtsnormen nach Normenhierarchie:
· Verträge
· ARG
· Völkerrechtliche Abkommen
· Sonstige Rechtsakte des Sekundärrechts
o Anwendung des Unionsrechts
§ Subsumtion des Sachverhalts unter anzuwendendes Recht
§ Liegt beim nationalen Gericht
o Wird vor nationalem Gericht Ungültigkeit einer Organhandlung geltend gemacht à zwei Möglichkeiten:
1.
§ Nationales Gericht prüft Ungültigkeitsgründe
§ Befindet sie für ungerechtfertigt
§ Weist sie zurück und Klage ab
2.
§ Wenn Gültigkeit in Frage stellt
· Nationales Gericht muss EuGH vorlegen, auch wenn Rechtmittel zV stünden
· Ausnahmsweise vorläufige Aussetzung der Anwendung des Unionsrechtsaktes bzw. einstweiligen Maßnahmen
o Verpflichtung zur sofortigen Vorlage an EuGH
o Vorlage zur Gültigkeitsprüfung nicht mehr möglich, wenn Frist für Nichtigkeitsklage verstrichen ist
Vorlageberechtigung/Gerichtsbegriff Abs 2
o Groß-Senate -> nur Gerichte der MS
o Nicht Vorlageberechtigt ->
§ Parteien des Ausgangsverfahrens
§ Unionsorgane
§ Grs VwBehörden
§ Gerichte dritter Staaten
§ Internationale Gerichtshöfe
Gerichtsbegriff des AEUV
o = autonomer unionsrechtlicher Begriff
§ Zur Anerkennung als vorlageberechtigtes Gericht folgendes zu erfüllen:
· Gesetzliche Grundlage
· Als Teil des staatlichen Gerichtssystems errichtet
· Ständige Einrichtungen
· Obligatorische Zuständigkeit
· Befugnis zur Entscheidung über einen Rechtsstreit
· Wendet dabei Rechtsnormen an
· Ist personell und sachlich unabhängig
o In AT sind alle ordentlichen Gerichte und die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts Gerichte, ebenso Landesverwaltungsgerichte
Vorlageberechtigung Abs 2
o Frage nur dann Vorlagefähig, wenn Gericht eine Entscheidung des EuGH für Erlass eines Urteils für erforderlich hält
§ Subjektiv Sicht des nationalen Gerichts entscheidend
o Verfahrensstadium, in dem Fragen gestellt werden, ist irrelevant
o Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit liegt bei nationalem Gericht
§ EuGH prüft nur ausnahmsweise, ob Frage in echten Rechtsstreit gestellt wird
o Ablehnung des Ersuchens bei
§ irrtümlichen Heranziehens des Unionsrechts
§ wahre Anliegen des Gerichts wurden nicht erkennbar gemacht
o Vorlageberechtigung kann nicht durch nationales Recht begrenzt werden
Vorlageberechtigung Abs 3
o Nationale Gerichte à
§ zur Vorlage verpflichtet
® wenn betreffende Frage im Verfahren gestellt wird, dessen Entscheidung nicht mehr mit Rechtsmittel angefochten werden können
® immer dann, wenn EU-Sekundärrechtsakt als ungültig betrachtet wird und beabsichtigt diesen nicht anzuwenden
o Missachtung der Vorlagepflicht
§ Vertragsverletzung!
® Kann Staatshaftung für judikatives Unrecht begründen
o Ausnahmen von der Vorlagepflicht
§ Nach den sog. CILFIT-Kriterien bei Auslegungsfragen:
® Wenn Frage nicht entscheidungserheblich ist
® Wenn es bereits eine Antwort in d. Rechtsprechung des EuGH gibt (acte eclaire)
® Wenn Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass kein Raum für Zweifel an Entscheidung bleibt (acte clair)
o CLIFIT-Kriterien vom EuGH sehr strikt ausgelegt
o Gültigkeitsfragen müssen immer vorgelegt werden! – keine Ausnahmen
Form des Vorlageverfahrens
· Richtet sich nach Verfahrensregeln des innerstaatlichen Rechts
· Gericht unterbricht Verfahren, legt EuGH abstrakt formulierte Rechtsfrage vor
§ Vorlage sollte klar, genau und knapp, aber umfassend begründet sein
· Auslegungsfragen sind abstrakt (ist Norm X dahingehend auszulegen, dass...) Gültigkeitsfragen so konkret wie möglich zu formulieren (ist Norm Y rechtsgültig?)
· Vorlage von nötigen Akten +. Einschlägige nationale Rechtsvorschriften im Wortlaut
Wirkungen des Vorbaentscheidungsurteils
· Bindende Wirkung für vorlegendes Gericht und alle weiteren Gerichte im Verfahren
· Neuerliche Vorlage bei Verständnisschwierigkeiten, Auftauchen neuer Rechtsfragen oder neue Aspekte zulässig
· Über Bindungswirkung inter partes hinaus aus erga omnes-Präzendenzwirkung gegenüber allen Rechtsunterworfenen
· Z.B. bei Feststellung der Ungültigkeit einer Unionsrechtsnorm
· In Auslegungsfällen rechtbildende Kraft der Vorabentscheidung
o Verwaltungsbehörde eines MS verpflichtet, bestandskräftige Verwaltungsentscheidung zu überprüfen, um von EuGH vorgenommene Auslegung des Unionsrecht zu berücksichtigen
Eilvorlageverfahren
· Art 267 Abs 4 AEUV
o Pflicht des EuGH zu Entscheidung innerhalb Kürzester Zeit, wenn Vorlagefrage inhaftierte Person betrifft
o Auf Antrag des nationalen Gerichts oder von Amts wegen
o Vgl. Art 104 b VfO/GH
beschleunigtes Verfahren
· Durch Art 104 a VfO/GH eingeführt
· Entscheidung ist ausnahmsweise von außerordentlicher Dringlichkeit
· Antrag durch nationales Gericht
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