Was sind AGB? Wo sind sie geregelt?
Legaldefinition in § 305 I 1 BGB
sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Partei bei Vertragsschluss stellt, d. h. einseitig auferlegt.
Welche Vorteile bringt die Verwendung von AGB für den Verwender?
Rationalisierungseffekt (AGB erleichtern bei Massengeschäften die Vertragsabwichlung, da nicht ständig neu verhandelt werden muss)
dienen der Füllung von Regelungslücken (weil -noch- keine gesetzliche Regelung vorhanden ist oder spezielle Vertragstypen - Leasing - vorliegen)
Risikobegrenzung für den Verwender (Abwälzung von Haftungs- und Insolenzrisiken auf die andere Partei)
Worin besteht die Gefahr von AGB für den Geschäftspartner des Verwenders?
erhöhtes Haftungs- und Insolvenzrisiko
einseitiges Diktat des Verwenders (Einverständnis zur Geltung der AGB quasi aufgezwungen, kein Aushandeln von Vertragsbestimmungen)
Ausnutzung struktureller Unterlegenheit des Vertragspartners (z. B. bei Monopolstellung des Verwenders, ungeschulter/unwissender Vertragspartner)
es besteht die Gefahr für die andere Partei mangels Zeit/Rechtskenntnis, keinen Einfluss auf die für sie benachteiligenden Klauseln der AGB zu nehmen
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um eine Klausel als AGB zu qualifizieren?
Vorlage von Vertragsbedingungen:
sind Regelungen, die einen Vertrag inhaltlich gestalten, d. h. die die Rechte und Pflichten der Parteien festlegen sollen
diese müssen vorformuliert sein:
sind sie, wenn sie vor Abschluss des Vertrages in der Absicht formuliert wurden, in künftigen Fällen Verwendung zu finden
müssen für eine Vielzahl von Verträgen bestimmt sein:
nicht für einen einzigen Vertrag, dies ist ab 3 geplanten Verwengungen der Fall
müssen dem Vertragspartner einseitig auferlegt werden
dürfen nicht aushandelbar sein
für Form und Umfang gibt es keine Regelungen
Was bedeutet “für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert” iSd § 305 I 1 BGB?
dürfen nicht für die Verwendung eines einzelnen Vertrages formuliert worden sein, sondern müssen für die Verwendung in einer unbestimmten Zahl von Verträgen vorgesehen sein
es genügt aber die erstmalige Verwendung in einem einzigen Vertrag, damit es als AGB gilt
ab 3 geplanten Verwendungen kann man von einer Bestimmung für eine Vielzahl von Verträgen ausgehen
fertige Formulierung muss vorher vorliegen
Was bedeutet “Stellen der Vertragsbedinungen” iSd § 305 I 1 BGB?
vom Verwender einseitig auferlegt
kein Aushandeln von Vertragsbedingungen
Wie werden AGB wirksam in den Vertrag einbezogen?
§ 305 II BGB: wirksame Einbeziehung in Vertrag (Bedinungen)
Bestandteil des Vertrages, wenn sie vertraglich vereinbart (einbezogen) wurden, d. h. spätestens bei Vertragsschluss:
ausdrücklicher Hinweis auf AGB durch Verwender, § 305 II Nr. 1 BGB
schriflich oder mündlich
wenn auf Rückseite des Vertrages: vorn deutlicher Hinweis
zumutbare Kenntnisnahme durch andere Vertragspartei, § 305 II Nr. 2 BGB
für Durchschnittskunden mühelos lesbar
Einverständnis der anderen Partei, § 305 II letzter Halbsatz BGB
formfrei
Erläutern Sie den sachlichen und den persönlichen Anwendungsbereich der AGB-Vorschriften!
sachlicher Anwendungsbereich, § 310 IV BGB:
keine Anwendung der §§ 305 ff. BGB bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien-, Gesellschaftsrecht sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen (Kollektivverträge)
keine Anwendung bei Versorgungsverträgen von Energie- und Wasserversorgungsunternehmen, solange die Bedingungen nicht zum Nachteil für die Abnehmer sind
Anwendung grds. bei Individualverträgen (arbeitsrechtliche Besonderheiten müssen berücksichtigt werden, § 310 IV BGB)
persönlicher Anwendungsbereich, § 310 I BGB:
grds. keine Anwendung ggü. Unternehmern iSd § 14 BGB, juristischen Personen des ö. R. und öffentlich-rechtlichem Sondervermögen —> ABER Ausnahme § 310 I 2BGB
In Bezug auf welche Verträge auf dem Gebiet des Arbeitsrechts kann eine Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB stattfinden? Welche sind ausgenommen?
Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff BGB möglich bei Individualarbeitsverträgen (Formulararbeitsverträge zw. AG und AN) —> hier: AGB-typisches Schutzbedürfnis, jedoch stets unter Beachtung des § 310 IV 2 BGB (Besonderheiten im Arbeitsrecht)
ausgenommen: Kollektivverträge (Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen) —> hier: besonderer Schutz zu Gunsten einer Seite nicht erforderlich
Welche Einschränkungen ergeben sich bei der Verwendung von AGB ggü. einem Unternehmen oder ggü. einer juristischen Person des öffentlichen Rechts?
zur Einbeziehung in den Vertrag genügt jede stillschweigend erklärte WE
kein Erfordernis des § 305 II, III BGB (ausdrücklicher Hinweis, zumutbare Kenntnisnahme, Einverständnis)
Inhaltskontrolle: nur § 307 BGB maßgeblich
Grund: benötigen nicht den Schutz des AGB, weil geschäftserfahren
Welche Besonderheiten gelten bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher?
Verbraucher sind auch dann gem. § 310 III BGB durch § 305 ff. BGB geschützt, wenn die in Rede stehende Klausel nicht alle Voraussetzungen der AGB erfüllt
Verzicht auf das Erfordernis des “Stellens” der Vertragsbedingungen durch den Unternehmer
§§ 305 c II (Auslegungszweifel) , 306 (Rechtsfolgen), 307 - 309 BGB (Inhaltskontrolle) nach § 310 III Nr. 2 BGB auf vorfomulierte Vertragsbedingungen auch dann anwendbar, wenn nur zur einmaligen Nutzung bestimmt
unangemessene Benachteiligung auch unter Einbeziehung der konkret-individuellen Umstände (§ 310 III Nr. 3 BGB)
Was ist die Grundvoraussetzung der Inhaltskontrolle von AGB?
dass es sich um ergänzende/abweichende Regelungen zu den bereits bestehenden gesetzlichen Bestimmungen handelt, § 307 III BGB
Wie sind die Regelungen der Inhaltskontrolle systmatisch aufgebaut?
erst ist zu prüfen, ob es sich um ergänzende oder abweichende Regelungen zu bereits bestehenden Rechtsvorschriften handelt, § 307 III BGB
§ 307 BGB = Generalklausel und spielt erst dann eine Rolle (Auffangtatbestand), wenn
eine der in § 309 BGB genannten Klauseln nicht einschlägig ist (immer unwirksam, deshalb ohne Wertungsmöglichkeit).
eine der in § 308 BGB genannten Klauseln nicht einschlägig ist (nicht immer unwirksam, im Einzelfall wirksam, deshalb mit Wertungsmöglichkeit).
In welcher Reihenfolge werden die einzelnen gesetzlichen Regeln der Inhaltskontrolle in Bezug auf eine bestimmte Klausel geprüft? Warum ist diese Prüfungsreihenfolge sinnvoll?
von hinten nach vorne (§§ 307 - 309)
Ist die Klausel nach 309 IMMER unwirksam?
ist dies nicht der Fall —> ist die Klausel nach 308 im Einzelfall unwirksam?
ist dies nicht der Fall —> liegt ein Verstoß gegen den Auffangtatbestand des 307 (erst II, dann I) vor?
sinnvoll, weil Ausschlussprinzip (greift bereits 309, ist die Prüfung beendet)
spezielles vor generellem (lex speciales vor lex generales)
Die in § 309 BGB aufgezählten Verbote werden als “Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit”, die in § 308 BGB aufgezählten Verbote als “Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit bezeichnet. Was bedeutet das?
§ 309 BGB
§ 308 BGB
Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit
Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit
immer unwirksam
ohne Einzelfallprüfung
werden als besonders unausgewogen angesehen
sind nicht immer unwirksam, im Einzelfall wirksam
enthalten unbestimmte Rechtsbegriffe
Prüfung und Auslegung im Einzelfall
erfordern stets wertende Betrachtung
In den AGB eines Möbelgroßhändlers heißt es unter Nr. 3: “Bei Mangelhaftigkeit der Kaufsache steht dem Käufer nur ein Recht auf Nacherfüllung zu.” Ist diese AGB-Klausel der Inhaltskontrolle nach §§ 307 - 309 BGB zugänglich?
Hält die Klausel einer Inhaltsprüfung stand?
zugänglich, weil es sich um AGB gem. § 305 I 1 BGB handelt und gem. § 307 III BGB um ergänzende/abweichende Regelung zu bestehenden Rechtsvorschriften
bei Inhaltsprüfung 1. Punkt, § 309 BGB fällt die Klausel raus wegen § 309 Nr. 8 lit. b) sublit. bb) BGB - Beschränkung auf Nacherfüllung, demnach ist die Klausel unwirksam
Nach welchem Maßstab richtet sich die Inhaltskontrolle nach der Generalklausel in § 307 I 1 BGB?
die Generalklausel des § 307 I BGB erklärt AGB für unwirksam, wenn sie dem Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt
unangemessene Benachteiligung liegt vor, wenn
der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu verschaffen
beim Rechtsverkehr zw. Unternehmen sehr wichtig, da hier die konkreteren Regelungen der §§ 308 und 309 BGB wegen § 310 I 1 BGB keine Anwendung finden und NUR § 307 BGB gilt
Bsp.: Zustimmungsfiktion
Woraus kann sich eine unangemessene Benachteiligung ergeben?
Eine unangemessene kann sich ergeben, wenn
eine Klausel wesentlich vom Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweicht
Rechte und Pflichten aus dem Vertrag wesentlich eingeschränkt werden
Formulierungen unklar sind
wenn der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu verschaffen
Welche Rechtsfolgen ergeben sich, wenn eine AGB-Klausel nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam ist. Benennen Sie die einschlägigen Vorschriften!
§ 306 I BGB = lex speciales zu § 139 BGB —> demnach bleibt der Vertag wirksam, auch wenn AGB nicht Bestandteil des Vertrages werden/unwirksam sind
§ 306 III BGB = Ausnahme (wenn Festhalten am Vertrag ohne wirksame Klausel für eine Partei unzumutbar wäre)
es treten die gesetzlichen Regelungen ein, § 306 II BGB
Was besagt das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion?
unter einer geltungserhaltenden Reduktion versteht man, dass eine der Inhaltskontrolle nicht standhaltende Klausel nicht insgesamt unwirksam ist, sondern nur insoweit, als sie gerade noch mit den §§ 307 ff. BGB vereinbar ist. Der Inhalt einer solchen Klausel wird also auf das gerade noch Erlaubte herunter-"reduziert". Eine solche Vorgehensweise ist jedoch verboten, weil der Verwender anderseits die Grenzen des Systems gefahrlos austesten könnte, indem er der anderen Partei die fiesesten Klauseln aufs Auge drückt und dies mit der Gewissheit, im schlimmsten Falle auf das maximal mögliche zurechtgestutzt zu werden. Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (= die Nichtigkeit der gesamten unangemessenen Klausel) beinhaltet daher auch eine Sanktion für ein solches "Grenzgängertum".
wenn eine Klausel unwirksam ist und nicht der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB standhalten konnte, verliert diese ihre Geltung und die gesetzlichen Regelungen treten für den Vertragsinhalt ein
Handelt es sich bei der VOL/B und der VOB/B um AGB iSd § 305 I 1 BGB?
VOB und VOL enthalten jeweils in Teil B sogenannte “allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen und sonstigen Leistungen”
= vorformulierte Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen iSd § 305 I 1 BGB
Zuletzt geändertvor 2 Jahren