Unterschiedliche Modelle zur Verhaltensbeurteilung
Brunswik’sches Linsenmodell
Realistic Accuracy Model
Realistic Accuracy Model (Funder, 1995)
beschreibt 4-stufigen Prozess, wie genaue Urteile über die Persönlichkeitsmerkmale anderer Menschen gefällt werden
Nützlich, um zu verstehen, wie genaue Urteile entstehen
Relevance (Relevantes Verhalten definieren)
Availability (Relevantes Verhalten wird gezeigt)
Detection (Relevantes Verhalten wird erkannt)
Utilization (Gute Nutzung der gewonnenen Information)
Genauigkeit perfekt, wenn die vier Phasen erfolgreich abgeschlossen sind
Realistic Accuracy Model: Implikationen
Good target: beobachtete Person gut instruieren
Good judge: Urteilende gut schulen
Good trait: Sinnvolle Beobachtungsziele auswählen
Good information: Beobachtungssituation so planen, dass möglichst viele für das Beobachtungsziel relevante Cues entstehen
Arten diagnostischer Interviews
offenes diagnostisches Gespräch
Exploration der Problematik
Individuelle Problemgeschichte
Biografische Anamnese
Strukturiertes diagnostisches Gespräch
Interview performance model (Huffcutt et al, 2011)
Interview performance model (Huffcutt et al., 2011)
= theoretisches Modell der Leistung in Auswahlgesprächen
mehrere Faktoren, die die Leistung des Befragten, die Bewertung durch den Interviewer oder beides beeinflussen
Interviewee trait influence
Person x situation interaction
Interviewer/Rater
Interview design
Interviewer information processing capacity
Interview performance model: Implikationen
Strukturierung des Interviews:
Anforderungsbezogene Gestaltung der Interviewfragen
Standardisierte Auswertung der Antworten
Training der Interviewenden
Testtheoretische Modelle
Auf Itemebene —> Rasch Modell
Auf Testebene —> Reflexives Modell
Reflexives Modell
= zu messendes Konstrukt ist die Ursache für die Merkmalsausprägungen auf den gewählten Indikatoren
jedes Item ist nur beeinflusst von dem zu beobachteten Merkmal
Messfehler beachten!
Items messen alle das gleiche und sind untereinander austauschbar
Items korrelieren hoch miteinander
Rasch Modell
= Grundmodell der Item-Response-Theory (IRT)
Wahrscheinlichkeit ein Item richtig zu beantworten hängt ab vom Personenparameter (PP) und Itemparameter (IP)
PP = wahres Fähigkeitsausmaß einer Person
IP = wahrer Schwierigkeitsgrad der Aufgabe
Lokale stochastische Unabhängigkeit der Leistung
Wichtig bei Tests und Fragebögen (Implikationen)
Prüfung der Modellpassung
Revision des Tests- bzw Fragebogenentwurfs bei Nicht-Passung
Vorteile psychometrische Verfahren (Tests und Fragebögen)
Dimensionale Einschätzung
Kostengünstig und zeitsparend
Hohe Ansprüche an Psychometrie
Screening und Breitband
Störungsspezifische Diagnostik
Einschätzung von Hintergrundvariablen (Persönlichkeit) und von wichtigen weiteren Aspekten möglich (zB. Lebensqualität)
Vorteile von offenen und strukturierten Gesprächen
Vermittlung einer empathischen Grundhaltung
Atmosphäre schaffen, die Nachfragen und Raum zu Widerspruch lässt
Ermutigen, zu widersprechen und selbstständig zu ergänzen bzw. Weitere Aspekte einzubringen
Einschätzung aufgrund eigener Expertise
Modulation aufgrund von Charakteristika der Klient:innen möglich
Diagnostik im Therapieverlauf
Gespräche im Rahmen der Therapie
Beobachtungsmethoden
In-vivo Beobachtung
Strukturierte Beobachtungen
Selbstbeobachtungen (Tagebücher, Verhaltenstest)
Aber:
Unstandardisierte Situation
Unbekannte Reliabilität und Validität
Reaktivität (Umstand, dass man beobachtet wird, verändert Verhalten)
Validität
Validität ist eine integrierte Bewertung, die sich darauf bezieht, in welchem Ausmaß empirische Belege und theoretische Gründe die Angemessenheit von Schlüssen und Handlungen unterstützen, die auf Testwerten und anderen Erfassungsmethoden basieren.
= GEMEINSAMES ZIEL
Gefährdung der Validität
durch jedwede individuelle Reaktion der Zielperson auf Charakteristika im diagnostischen Prozess, die nicht intendiert ist und den Antwortprozess substanziell gefährdet
Was tun?
Prüfung der Angemessenheit/Vergleichbarkeit
der diagnostischen Situation
Des Verhaltens der diagnostizierenden Person
Der Bausteine der diagnostischen Instrumente
Modulare Perspektive
Modulare Perspektive auf diagnostische Instrumente. Passen Module zu den Patient:innen?
Stimulusformate
Informationsquelle
Antwortformate
= Ebene der Beurteilung
Texthaft
Bildhaft
Auditiv
Audio-Visuell
Direkte Interaktion
Gezeigtes Verhalten in der Test- bzw Begutachtungssituation
Selbstbericht über Gegebenheiten über die Test-/Begutachtungssituation hinaus
Fremdbericht
Schriftlich geschlossene Antworten
Multiple Choice
Ratingskalen
Visuelle Analogskalen
Schriftliche offene Antworten
Bildliche offene Antworten
Bildliche geschlossene Antworten
Auditiv offene Antworten
Auditiv geschlossene Antworten
Audio-visuelle offene Antworten
Worauf achten bei Auswahl der Antwortformate?
Wem sind welche Antwortformate möglich?
Einschränkung
der Sehfähigkeit
Der Motorik
der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit
In der Verfügbarkeit von Technik
Antwortformat: Offen (vs. geschlossen) Pro und Con
OFFEN
Pro:
Freie Wiedergabe
Schilderung komplexer Gegebenheiten
Mehr Information
Vermeiden von bloßem Wiedererkennen
Ggf bessere Akzeptanz
Ggf Vermeidung von Antwortstilen
Con:
Aufwändige Auswertung
Auswertungsobjektivität muss sichergestellt werden
Abhängig von Motivation
Abhängig von mündlicher/schriftlicher Ausdrucksfähigkeit
4 Antwortstile
Aquieszenz (Ja-Sage-Tendenz)
Disaquieszenz (Nein-Sage-Tendenz)
Extremkreuzen
Mittekreuzen
Antwortformat: Direkte (vs. Nicht direkte) Interaktion (Pro und Con)
DIREKT
Natürliche Situation
Klärung und Nachfragen möglich (siehe Media Synchronicity Theory)
Anpassbarkeit an das Gegenüber
Weniger standardisierte diagnostische Situation
Reaktivität
Beeinflussbarkeit durch Auftreten und Impression Management Taktiken
Worauf achten bei der Auswahl der Stimulusformate?
Wem sind welche Stimulusformate zugänglich (wahrnehmbar, verstehbar)?
Sehfähigkeit
Hörfähigkeit
Sprachverständnis
Altersangemessenheit der Texte
Bildungsangemessenheit
Stimulusformate: Texthaft (vs. Reichhaltigere Formate) Pro und Con
TEXTHAFT
Einfache Darstellung
Kaum Voraussetzungen für die Präsentation
Besser für einfachere Fakten (lt Media Richness Theory)
Weniger geeignet für komplexe, mehrdeutige Inhalte
Hohe Anforderung an sprachliches Verständnis
Hoher kognitiver Load
Informationsquelle: Selbstbericht vs. Fremdbericht
andere sollten besseren Zugang haben zu gut beobachtbaren Merkmalen (Verhalten)
Man selbst hat besseren Zugang zu wenig beobachtbaren Merkmalen (Gedanken, Gefühle)
Andere sollten evaluative Merkmale besser beurteilen können als man selbst
—> siehe Self-Other-Knowledge Asymmetry Model
Differential Item Functioning
= Wenn Personen, die eigentlich die gleiche (wahre) Merkmalsausprägung haben, auf einem Item unterschiedlich abschneiden.
Trennschärfe des Items in verschiedenen Populationen unterschiedlich
Will man nicht für seine Zielpopulation
Nicht mehr vergleichbar mit den Normen, die für andere Population erstellt worden sind
Differential Item Functioning: Wie entdecken?
Mixed Rasch Modelle
Identifikation der Subgruppen
Nimmt an, dass man Subpopulationen aus der Stichprobe rausnehmen kann, wo Items unterschiedlich funktionieren
Richtige Auswahl von Modulen: Wie gelingt das?
(Interview)
INTERVIEW
Fragen bezogen auf die diagnostischen Kriterien formulieren
Fragen bezogen auf den Erfahrungshintergrund des Befragten anpassen
Formulierungen an das Sprachniveau des Befragten anpassen
Festgelegte Abfolge der Fragen und Themenbereiche (Leitfaden)
Günstige Frageformen und Techniken anwenden
Antwortprotokollierung
Regelgeleitete Auswertung
Schulung der Auswertenden
Evaluation
Günstige Fragen
offene Fragen als Einstieg in einen Abschnitt
Formulierung möglichst kurzer, verständlicher Sätze
Erfragen von konkretem Verhalten
Einbeziehen des Kontextes als gedankliche Stütze
Vermeidung von Fachbegriffen und Fremdwörtern
Keine Suggestivfragen
Keine Fragen, die das erfragte Verhalten bewerten
Konstruktive W-Fragen
Was?
Wann?
Wie?
Wie oft?
NICHT:
Warum?
Gute Fragen in Eignungsinterviews
situative Fragen: mentale Tätigkeitssimulation, Schilderung Situation, wie würde man reagieren?, DILEMMA!
Biografische Fragen: Fragen nach konkretem Verhalten in der Vergangenheit
Kombination aus beidem
Leitfaden Eignungsinterview
Grobaufbau:
Einleitung
Abschnitt zu jeder relevanten Variable
Schlussteil
Feinaufbau:
Ausdruck:
Klare, einfache, genaue Sprache
Keine Fremdwörter/Fachbegriffe
Kurze, zutreffende, verständliche Formulierungen
Gliederung:
Notwendige längere Erklärungen im Dialog und nicht als Vortrag
Fragen in sachnotwendiger Reihenfolge (von global zu spezifisch, offen zu geschlossen)
Fragen:
Nach konkretem individuellen Verhalten
“Günstige” statt “ungünstige” Fragen
Angemessene offene Fragen
angemessene direkte Fragen
Eignungsinterview: Günstige Rahmenbedingungen
Gesprächsbereitschaft vorhanden oder hergestellt
Erwartungen an das GEspräch sind geklärt und zutreffend
Angemessene Vorbereitung
Eigene Einstellung gegenüber Klient:in hinterfragen
Eignungsinterview: Durchführung
Zeitliche Aspekte angemessen berücksichtigen
Günstige Umgebung
Einstellen auf (emotionale/motivational) Situation des Gegenüber
Techniken der Gesprächsführung beachten
—> wenn Gespräch nicht gelingt (ich kann die Frage nicht hinreichend beantworten), im Extremfall Gutachtenauftrag zurückgeben
Auswertung entscheidungsorientierter Gespräche
bei jeder Aussage checken ob sie relevant für Fragestellung ist
Falls ja, Aussae weiter verfolgen
Aussage wird zu jeder psychologischen Frage geschrieben, die sie berührt
Darstellung im Konjunktiv I oder II
Konjunktiv II für Nicht-Gegebenes oder Realistisches (zB Wahnvorstellungen)
Indikativ vermeiden
Nicht zu viel wörtlich zitieren
Deutlich machen von welcher Informationsquelle die aussage stammt
Trennung von Aussagen von Klient:in vs. gutachtende Person
Zunächst wenig wertende Darstellung
state of the art: verhaltensverankerte Beurteilungsskala
Zeitformen mit Beispielen
Indikativ: Frau X sagt, sie findet eine Arbeitsstelle.
Konjunktiv I: Frau X sagt, sie finde eine Arbeitsstelle.
Konjunktiv II: Frau X sagt, sie fände eine Arbeitsstelle.
Zuletzt geändertvor 2 Jahren