Was sind industrielle Beziehungen?
Beziehungen zwischen dem Management eines Unternehmens und dessen Arbeitnehmern sowie Beziehungen zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften
Interessenvertretungslandschaft
Gewerkschaften: haben Gefüge unterschiedlicher Berufsgruppen (inkl. Einkommen) im Blick
Berufsverbände: vertreten einzelne Berufsgruppen (z.B. für Piloten, Lockführer oder Ärzte)
Definition nach Müller-Jentsch (geht zurück auf Karl Marx)
Wirtschaftliche Austauschprozesse und soziale Kooperations- und Konfliktbeziehungen zwischen Kapital und Arbeit bzw. zwischen den sie repräsentierenden Akteuren in einem Betrieb (Bsp. Betriebsrat), einem Wirtschaftszweig, einem Land oder einem regulierten, transnationalen Wirtschaftsraum (z.B. EU)
Umfasst die aus diesen Interaktionen (und staatlichen Interventionen) hervorgehenden Normen, Verträge, Institutionen und Organisationen zur Regulierung von Arbeit
Divergierende Interessen
—> Konfliktbeziehungen, da unterschiedliche Interessen
ABER: Kooperationsbeziehung, da gemeinsame Leistungserstellung
System industrieller Beziehungen und divergierende Interessen
Kapital und Arbeit (vgl. Karl Marx) haben Interessengegensätze
—> Gehalt, Arbeitszeiten, Urlaubszeiten etc.
Findet in staatlicher Rahmenbedingung statt, grundsätzliche Vorgaben wie Arbeitsschutz, Sozialversicherung, Arbeitsrecht und Beschäftigungspolitik
Ausgehend von Interessengegensätzen entstehen Verteilungs- und Arbeitskonflikte
Akteure:
Gewerkschaften als Zusammenschluss aus Arbeitnehmern vs. Arbeitsgeberverbände als Zusammenschluss von Arbeitgebern —> Tarifautonomie im Fokus, d.h. Verhandlung der Tarifverträge
Betriebliche Vertretungsorgane, wie Betriebsrat vs. Management —> Regelungen bzgl. der Betriebsverfassung
Arbeitsgruppen vs. Unmittelbare Vorgesetzte —> konkrete Arbeitsfassung mit traditionellen Praktiken, informellen Normen und einseitigen Regelungen
—> Arbeitsnormen und Lohnsätze
Duales System der Interessenvertretung in Deutschland
Überbetriebliche Ebene
Gewerkschaften <——-> Arbeitgebervebändnis
Reguliert werden die Verkaufsbedingungen von Arbeitskraft
Rechtliche Basis: Koalitions- und Streikrecht (GG Art. 9)
Tarifverträge haben Rechtsgeltung
Schutz der Arbeitnehmer vor wirtschaftlicher Macht
Festlegung von Mindeststandards der Arbeit
Genereller Rahmen ist Arbeitsrecht
Arbeitgeberverbände
Freiwilliger Zusammenschluss von Arbeitgebern zur Wahrung ihrer gemeinsamen sozialpolitischen und arbeitsrechtlichen Interessen, die sie gegenüber dem Staat, der Gesellschaft und den Gewerkschaften vertreten
Tarifpartner der Gewerkschaft (auf der Ebene wird verhandelt)
Zusätzlich gibt es noch Fachverbände der einzelnen Branchen (z.B. chemische Industrie, Metallindustrie)
Arten von Tarifverträgen -> Tarifvertragliche und gesetzliche Regelungen
Entgelttarifverträge zur Regelung der Vergütung (kürzere Laufzeit, i.d.R. jährlich)
Entgeltrahmentarifverträge zur Regelung von Entgeltarten und Entgeltgruppen, d.h. Standards für Arbeitsbewertung und Eingruppierung
Manteltarifverträge zur Regelung übriger Arbeitsbedingungen, wie Urlaub, Arbeitszeit, Arbeitsschutz, Mehrarbeitszuschläge etc.; diese tariflichen Arbeitsnormen haben Vorrang vor Betriebsvereinbarungen
Sonstige Tarifverträge, wie Schlichtungsabkommen, Rationalisierungsschutzbedingungen etc.
Für wen gelten Tarifverträge?
Tarifverträge werden zwischen Gewerkschaften und Arbeitsgeberverbänden vereinbart und gelten nur für ihre jeweiligen Mitglieder
Nur Gewerkschaftsmitglieder haben einen verbindlichen Rechtsanspruch auf tarifliche Leistungen
Für alle anderen gelten die gesetzlichen Regelungen, d.h. im Konfliktfall haben Nichtmitglieder keinen rechtlichen Anspruch auf diese Leistungen
Trotzdem: Arbeitgeber sprechen i.d.R. die Tarifbedingungen allen Beschäftigten zu
Aktuelle Entwicklungen von gewerkschaftlicher Relevanz
Bedeutungsgewinn atypischer Beschäftigung (schwer zu organisieren, prekäre Verhältnisse)
Dezentralisierungsprozesse, Mitgliederverlust der Gewerkschaften
Neuausrichtung von Branchen- und Multibranchengewerkschaften und deren Konkurrenz zueinander
Berufsverbände als alternative Kollektivierungsmöglichkeiten, die mit Dienstleistungsangeboten der Gewerkschaften konkurrieren oder kooperieren
Ausdifferenzierung von Beschäftigungsformen verschärft die Herausforderung aufseiten der Gewerkschaften und Betriebsräte heterogene Interessen zu aggregieren
Insbesondere bei hochqualifizierten Solo-Selbstständigen wird vermutet, dass Arbeitsbedingungen bevorzugt individuell ausgehandelt werden
Streik
Alles beginnt mit der Kündigung eines bestehenden Tarifvertrages oder der Aufnahme von Verhandlungen.
Die Verhandlungen werden oft von Warnstreiks begleitet, um Druck aufzubauen.
Tarifeinheitsgesetz (TEG)
Betriebliche Ebene
Betriebsrat <–––––> Management
Verhandlungsgegenstand: Gestaltung und Kontrolle der Arbeitsbedingungen und Beschäftigungsverhältnisse im Betrieb
Organ des Interessenausgleichs zwischen Management und Belegschaft
Handlungsspielraum des Betriebsrats bestimmt Betriebsverfassungsgesetz
Betriebsrat vertritt die gesamte Belegschaft (Ausnahme: „Leitende“)
Konflikte werden kooperativ verarbeitet, keine Arbeitsniederlegung (Streik) als Konfliktmittel, Orientierung an der Situation seines Unternehmens („Co-Management“)
Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
§2 (1) Auftrag
Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten unter Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitsgebereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen
§ 74 (1) Zusammenarbeit
Arbeitgeber und Betriebsrat sollen mindestens einmal im Monat zu einer Besprechung zusammenkommen.
Sie haben über strittige Fragen mit dem ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln und Vorschläge für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zu machen
Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) regelt die Rechte des Betriebsrates
Erzwingbare Mitbestimmungsrechte in „sozialen“ Angelegenheiten, z.B.:
Entlohnungsmethoden, Arbeitszeiten
Menschengerechte Arbeitsgestaltung
Personelle Angelegenheiten: Auswahlkriterien für Personalentscheidungen
Sozialplan bei Betriebsschließung
Management muss mit BR verhandeln
Wiederspruchs- bzw. Vetorechte in „personellen“ Angelegenheiten
Einstellungen, Versetzungen, Kündigung
Zustimmung des BR erforderlich
Informationsrechte in „wirtschaftlichen“ Angelegenheiten
Informationspflicht des Managements
BR ist zur „vertrauensvollen Zusammenarbeit“ mit dem Management verpflichtet
Betriebliche Ebene: Arbeitsfelder
Zuletzt geändertvor 2 Jahren