Welche Rechte kann der Käufer bei Mangelhaftigkeit der Kaufsache geltend machen?
Primär:
ohne Vorliegen weiterer Voraussetzungen
—> Anspruch auf Nacherfüllung, § 437 Nr. 1 iVm § 439 BGB
Nachlieferung
Nachbesserung
Sekundär:
mit Vorrang der Nacherfüllung (= vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung)
Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung, 281 I
Rücktritt, 323 I
Minderung, 441
Ersatz vergeblicher Aufwendungen, 284
Woraus ergibt sich das Prinzip des Vorrangs der Nacherfüllung?
Lieferung der mangelfreien Sache ist eine der Hauptleistungspflichten des Verkäufers, 433 I 2
wenn die Sache mangelhaft ist, ist der Vertrag aber in Bezug auf die Mängelfreiheit der Sache noch nicht erfüllt (Schlechtleistung)
—> der Verkäufer soll die Chance haben (2. Chance):
sich durch eine nachgeholte mangelfreie Erfüllung “sein Geld/seine Gegenleistung zu verdienen”
die mit den sekundären Mängelrechten verbundenen großen Haftungsrisiken zu vermeiden
Verkäufer bekommt das “Recht zur zweiten Andienung” eingeräumt
Der ursprüngliche Erfüllungsanspruch des Käufers aus § 433 I BGB besteht beim Nacherfüllungsanspruch als “modifizierter Erfüllungsanspruch” fort. Was bedeutet dies mit Blick auf § 320 I BGB?
Das bedeutet, dass § 320 I BGB auch im Verhältnis von Kaufpreiszahlung und Nacherfüllung anwendbar ist. Soweit der Käufer den Kaufpreis noch nicht gezahlt hat, steht ihm also bis zur Vornahme der Nacherfüllung (=Beseitigung des Mangels) die Einrede des nicht erfüllten Vertrages zu (Mängeleinrede).
Wodurch unterscheidet sich der Nacherfüllungsanspruch vom ursprünglichen Erfüllungsanspruch? Ab welchem Zeitpunkt kommen diese Modifikationen zur Anwendung?
Der Nacherfüllungsanspruch unterscheidet sich vom ursprünglichen Erfüllungsanspruch durch das Wahlrecht des Käufers (439 I) oder die Verjährung (438). Diese Modifikationen kommen zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs (446, 447) zum Tragen.
Welche Arten der Nacherfüllung sieht das Gesetz vor? Wem steht das diesbezügliche Wahlrecht zu?
Gem. 439 I kann der Käufer als Nacherfüllung zwischen Nachbesserung (Beseitigung des Mangels) und Nachlieferung (Lieferung der mangelfreien Sache) wählen.
Muss der Käufer im Falle der Nachlieferung die gezogenen Nutzungen (insb. Gebrauchsvorteile) herausgeben? Wenn ja, woraus ergibt sich dies? Gilt dies auch beim Verbrauchsgüterkauf?
grds. muss der Käufer bei allen Kaufverträgen die mangelhafte Sache gem. 439 V zurück gewähren und Wertersatz (insb. Gebrauchsvorteile) nach 346 II, III iVm 439 VI leisten
ausgenommen sind Verbrauchsgüterkäufe, hier gilt 475 III 1, der besagt, dass 439 V mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass Nutzungen nicht herauszugeben oder durch ihren Wert zu ersetzen sind
Wer trägt die Aus- und Einbaukosten bei der Nacherfüllung in Form von Nachlieferung?
Der Verkäufer trägt gem. § 439 III BGB die Aus- und Einbaukosten bei der Nacherfüllung, soweit die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut wurde, bevor der Mangel offenbar wurde.
Welche Folgen hat die Unmöglichkeit der vom Käufer gewählten Art der Nacherfüllung iSv § 275 I BGB für die Nacherfüllungspflicht des Verkäufers?
Ist die vom Käufer gewählte Form der Nacherfüllung
unmöglich gem. § 275 I BGB
oder
… beschränkt sich das Wahlrecht des Käufers auf die andere Art der Nacherfüllung
vollständig ausgeschlossen ist die Nacherfüllungspflicht des Verkäufers, wenn beide Formen der Nacherfüllung unmöglich sind = unbehebbarer Mangel
Wann ist die Nacherfüllung in Form der Nachbesserung unmöglich? Nennen Sie ein Beispiel!
Lebensmittel
Wein
Tiere
Pflanzen
Ist beim Stückkauf die Nacherfüllung in Form von Nachlieferung möglich? Welche Meinungen werden zu dieser Streitfrage vertreten? Nehmen Sie Stellung!
eigentlich nicht, da der Leistungsgegenstand bei der Stückschuld durch individuelle Merkmale bestimmt ist und somit eine Lieferung einer anderen als der vereinbarten Sache stets nach 275 I ausgeschlossen ist
ABER: nach h. M. ist beim Stückkauf ausnahmsweise Nachlieferung möglich, wenn nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Willen der Vertragsparteien bei Vertragsschluss die Kaufsache im Falle einer Mangelhaftigkeit durch eine gleichartige und gleichwertige ersetzt werden kann (aus der Gattung, vertretbare Sachen)
Nach welcher Vorschrift und anhand welcher Kriterien kann der Verkäufer die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern?
gem. 439 IV 1 BGB kann der Verkäufer die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist
ob die Kosten unverhältnismäßig sind, beurteilt sich nach § 439 IV 2 BGB - demnach ist der Wert (nicht der Kaufpreis) der Sache im mangelfreien Zustand, die Bedeutung des Mangels, das Maß des Verschuldens und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden kann
Wann liegt relative Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung vor? Wann spricht man von absoluter Unverhältnismäßigkeit?
relative Unverhältnismäßigkeit
absolute Unverhältnismäßigkeit
wenn noch eine andere Form der Nacherfüllung möglich wäre, diese sich jedoch im Vergleich unverhältnismäßig erweist (439 IV 2), kann der Verkäufer die Nacherfüllung verweigern
wenn keine alternative Form der Nacherfüllung mehr verbleibt, kann der Verkäufer die Nacherfüllung auch insgesamt verweigern, wenn die Voraussetzungen des § 439 IV 3 Hs. 2 iVm 439 IV 1 BGB vorliegen (unverhältnismäßige Kosten)
dann beschränkt sich das Wahlrecht des Käufers auf die andere Form der Nacherfüllung
Wie wirkt sich die rechtmäßige Verweigerung der vom Käufer gewählten Art der Nacherfüllung durch den Verkäufer auf den Nacherfüllungsanspruch des Käufers aus?
bei einer relativen Unverhältnismäßigkeit, also wenn der Verkäufer die eine Form der Nacherfüllung verweigert, beschränkt sich die Wahl des Käufers auf die andere Form
bei einer absoluten Unverhältnismäßigkeit, also wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder unzumutbar ist, wird der Käufer auf die sekundären Rechtsbehelfe Minderung, Rücktritt, Schadensersatz verwiesen
Wie wird der Erfüllungsort bei der Nacherfüllung bestimmt?
richtet sich grds. nach den allgemeinen Vorschriften des § 269 BGB —> Parteivereinbarung
liegt keine Parteivereinbarung vor (in den meisten Fällen), wird auf die jeweiligen Umstände, insbesondere die Natur des Schuldverhältnisses, abgestellt
wenn es hier keine eindeutige Lösung gibt, kann auf den Wohnsitz/Geschäft des Verkäufers abgestellt werden
Wer hat die Kosten der Nacherfüllung zu tragen und wo ist dies geregelt?
nach § 439 II BGB hat der Verkäufer die zum Zweck der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen zu tragen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten
dies entspricht den Vorgaben des Art. 14 I a Warenkauf-RL
Nach welcher Vorschrift und unter welchen Voraussetzungen kann der Käufer Erstattung von bei ihm angefallenen Nacherfüllungskosten verlangen?
439 II BGB dient ebenfalls als Anspruchsgrundlage für den Käufer, Aufwendungen geltend zu machen, die ihm für den Zweck der Nacherfüllung entstanden sind
Kosten, die der Käufer außer den zur Nacherfüllung umfassten Arbeiten aufwenden musste
Transportkosten, wenn die mangelhafte Sache woanders als beim Käufer nachgebessert werden muss
Kosten, die der Käufer aufwenden muss, um die Ursache der Mangelerscheinung der Kaufsache zur ergründen (Gutachter)
NICHT: Rechsverfolgungskosten, Nutzungsausfall, Schäden an anderen Rechtsgütern
Voraussetzung: Kosten, die dem Käufer entstanden sind in Zusammenhang mit der Nacherfüllung
Zuletzt geändertvor 2 Jahren