§ 611 I BGB legt die Verpflichtungen der Vertragsparteien eines Dienstvertrags fest. Diese bestehen für den Dienstverpflichteten in der Leistung der versprochenen Dienste, für den Dienstberechtigten in der Gewährung der vereinbarten Vergütung.
Kennzeichnend für den Dienstvertrag ist also die Leistung von Diensten gegen Entgelt.
§ 611 II BGB bestimmt, das Gegenstand des Diesntvertrags jede Art von Diensten sein kann.
Der Unterschied zwischen Dienst- und Werkvertrag liegt darin begründet, dass beim Werkvertrag die Herbeiführung eines Erfolges vertraglich geschuldet ist, während sich die Pflichten des Dienstverpflichteten auf die Erbringung der Tätigkeit erschöpfen.
Werkverträge sind z.B. Autorenverträge, Beförderungsverträge oder der Auftrag zur Erstellung eines körperlichen Kunstwerks.
Das Vertragsverhältnis zwischen einem Steuerberater oder einem Rechtsanwalt und seinem Auftraggeber ist regelmäßig als Dienstvertrag anzusehen, der eine Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB) zum Gegenstand hat.
Ausnahmsweise kann der Vertrag mit einem Rechtsanwalt aber auch ein Werkvertrag sein, wenn nämlich nicht nur anwaltliche Beratung, sondern auch ein durch anwaltliche Arbeit herbeigeführter Erfolg (z.B. Erstellung eines Vertrages oder Rechtsgutachtens) den Gegenstand der Verpflichtung des Rechtsanwalts bildet.
Im Anwendungsbereich der §§ 611 ff. BGB wird zwischen zwei Grundformen des Dienstvertrages unterschieden,
dem selbstständige Dienste betreffenden “freien Dienstvertrag” und
dem unselbstständige Dienste betreffenden, einen Unterfall des Dienstvertrags darstellenden Arbeitsvertrag.
Der Abgrenzung zwischen Arbeitsverträgen und freien Dienstverträgen kommt eine immense praktische Bedeutung zu, da auf Arbeitsverträge neben den §§ 611 ff. BGB eine Vielzahl von speziellen Normen Anwendung finden und für Rechtsstreitigkeiten aus Arbeitsverträgen nicht die Zivilgerichte, sondern die Arbeitsgerichte zuständig sind.
Mit der Einführung der Legaldefinition des Arbeitsvertrags in § 611a I BGB kann die Abgrenzung nunmehr anhand unmittelbar im BGB festgelegter Kriterien erfolgen, die wiederum - sowei erforderlich - ebenfalls an selber Stelle eine gesetzliche Definition erfahren.
§ 611a I 5, 6 BGB stellt klar, dass es für die Festlegung, ob ein Arbeitsvertrag (und damit kein “freier Dienstvertrag”) vorliegt, nicht auf die Bezeichnung im Vertrag, sondern auf eine Gesamtbetrachtung aller Umstände unter Berücksichtigung der tatsächlichen Vertragsdurchführung ankommt.
Als maßgebliches inhaltliches Merkmal der Arbeitnehmereigenschaft (und damit zugleich als Abgrenzugnskriterium zum freien Dienstvertrag) nennt § 611a I 1 BGB die Verpflichtung zur weisungsgebundenen, fremdbestimmten Arbeit in persönlicher Abhängigkeit.
Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeiten bstimmen kann (§ 611a I 3 BGB).
Typische Beispiele für selbständige Dienstverhältnisse i.S.d. § 611 I BGB sind Verträge mit Freiberuflern wie Rechtsanwälten oder Steuerbratern. Entpsrechendes gilt für sog. “freie Mitarbeiter”, sofern der begriff die tatsächlichen Umstände (fehlende Weisungsgebundenheit) widerspiegelt.
Die Anwendung des § 611 BGB setzt voraus, dass der Dienstberechtigte zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet ist. Falls es an einer Vereinbarung der Parteien über das Bestehen einer Vergütungspflicht oder deren Höhe, statuiert § 612 BGB (vergleichbar mit § 632 BGB für den Werkvertrag) eine entsprechende Auslegungsregel.
Für die Vereinbarung einer Vergütung genügt nach der Auslegungsregel, dass die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen Vergütung zu erwarten ist (vgl. § 612 I BGB).
Fehlt es allein an einer (einzel- oder kollektivvertraglichen) Vereinbarung über die Vergütungshöhe, ist nach § 612 II BGB
die taxmäßige Vergütung,
beim Fehlen einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart
anzusehen.
Der Abschluss von Dienstverträgen ist grundsätzlich an kein Formerfordernis gebunden.
Im Arbeitsrecht spielen Formprobleme insbesondere auf Grund von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen hingegen eine wichtige Rolle. Dort wird häufig bestimmt, dass Arbeitsverträge der Schriftform bedürfen.
Darüber hinaus ergeben sich aus dem Nachweisgesetz (NachwG), dass die wesentlichen Vertragsbedigungen bei Arbeitsverträgen spätestens einen Monat nach Vertragsbeginn schriftlich niedergelegt werden sollen.
In beiden Fällen hat das Schriftformerfordernis aber nur deklaratorische Bedeutung, d.h. ein Formfehler führt nicht nach § 125 BGB zur Nichtigkeit des Vertrages.
Die Hauptleistungspflichten der Parteien sind in § 611 I BGB geregelt. Danach ist der Dienstverpflichtete zur Leistung der versprochenen Dienste und der Dienstberechtigte zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
Diese beiden Pflichten stehen im Gegenseitigkeitsverhältnis i.S.d. §§ 320-326 BGB.
Nach § 613 S. 1 BGB muss der Dienstverpflichtete die Dienste im Zweifel persönlich erbringen (anders als beim Werkertrag).
Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, darf der Dienstverpflichtete also nicht die geschultete Tätigkeit gegen den Willen des Dienstberechtigten vollständig durch einen anderen aufsführen lassen.
Der Einsatz von Hilfspersonal ist nicht durch § 613 S. 1 BGB ausgeschlossen. Denn nach der Verkehrsauffassung kann regelmäßig nicht erwartet werden, dass der Verpflichtete alle Tätigkeiten persönlich ausführt.
Aus dem höchstpersönlichen Charakter der Dienstleistungspflicht folgt außerdem, dass der Anspruch auf die Dienstleistung im Zweifel nicht übertragbar und damit nicht abtretbar ist (§ 613 BGB).
Das folgt zusätzlcih aus § 399 Var. 1 BGB, weil die Dienstleistung an einen anderen Dienstberechtigten (= Gläubiger) nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erbracht werden kann.
Den Dienstverpflichteten treffen verschiedene Nebenpflichten zum Schutz des Dienstberechtigten. Diese können sich aus § 241 II BGB, aus Spezialgesetzen für bestimmte Berufe oder aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergeben.
Klage auf Erfüllung
Die Erfüllung des Primäranspruchs auf Leistung der vertraglich versprochenen Dienste kann vom Dienstberechtigten eingeklagt werden.
Der Erfüllungsanspruch kann gem. § 275 I BGB ausgeschlossen sein, wenn dem Dienstverpflichteten die Erbringung seiner Leistung unmöglich (geworden) ist.
Verweigerung der Vergütung
Der Dienstberechtigte kann nach § 320 I BGB die Vergütung zurückbehalten, bis der Dienstverpflichtete seine Leistung erbringt (Grundsatz: “Ohne Arbeit kein Lohn”).
Schadenersatzansprüche
a) Nichtleistung
Wird die nachholbare Denstleistung vom Dienstverpflichteten überhaupt nicht erbracht, kann der Berechtige neben dem fortbestehenden Erfüllungsanspruch zunächst unter den Voraussetzungen des Schuldnerverzugs Ersatz des Verzögerungsschadens gem. §§ 280 I, II, 286 BGB verlangen.
b) Schlechtleistung
Im Falle der Schlechtleistung durch den Verpflichteten steht dem Berechtigten ein Anspruch auf Schadenersatz neben der Leistung gem. § 280 I BGB zu.
c) Verletzung von Nebenpflichten
Einfachen Schadenersatz neben der Leistung (§ 280 I BGB) schuldet der Dienstverpflichtete im Falle der Verletzung von Nebenpflichten, insbesondere der Pflicht, die Rechtsgüter und Interessen der andern Partei nicht zu verletzen (§ 241 II BGB).
Für einen an die Stelle des Erfüllungsanspruchs tretenden Anspruch auf Schadenersatz statt der Leistung bedarf es grundsätzlich des Ablaufs einer angemessenen Frist (§§ 280, 281 I BGB).
Das Fristsetzungserfordernis entfällt allerdings, wenn dem Dienstverpflichteten die von ihm zu erbringende Leistung unmöglich (geworden) ist (§§ 280 I, III, 283 BGB).
Das Dienstvertragsrecht sieht keinen Nacherfüllungsanspruch vor, an dessen Stelle ein Schadenersatzanspruch treten könnte, so dass auch eine von § 281 BGB geforderte Fristsetzung zur Nacherfüllung vor diesem Hintergrund regelmäßig sinnlos wäre.
Ein Anspruch auf Schadenersatz statt der Leistung nach §§ 280 I, III, 281 BGB kommt bei der Schlechterfüllung (anders als bei der vollständigen Nichterfüllung) hingegen grundsätzlich nicht in Betracht.
Zum einen ist die Regelung des § 281 BGB hinsichtlich der Schlechterfüllung (“nicht wie geschuldet”) ersichtlich auf das kauf- und werkvertragliche Gewärhleistungsrecht zugeschnitten.
Zum anderen schuldet der Dienstverpflichtete gerade keinen Erfolg und damit - anders als der Verkäufer oder der Werkunternehmer auch keinen qualitativen Erfolg im Sinne von Mängelfreiheit.
Hauptleistungspflicht des Dienstberechtigten aus dem Dienstverhältnis ist die Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Vergütung.
Nach § 612 I BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, soweit die Dienstleistung den Umständen nach nur entgeltlich zu erwarten war.
Die Höhe der Vergütung richtet sich nach der vertraglichen Vereinbarung der Parteien des Dienstvertrages.
Fehlt eine Vereinbarung über die Höhe der Vergütung, hilft § 612 II BGB durch Verweise auf Taxen und Üblichkeiten.
Die Fälligkeit der Vergütung ist in § 614 BGB geregelt.
Nach Satz 1 nuss der Dienstberechtigte die Vergütung grundsätzlich erst nach der Leistung der Dienste entrichten. Daraus folgt die Vorleistungspflicht des Dienstverpflichteten.
Nach allgemeinen Grundsätzen braucht bei einem gegenseitigen Vertrag der eine Vertragspartner seine Leistung nicht zu erbringen, wenn der andere nicht leistet oder nicht leisten kann (§ 320 I 1 BGB bei Nachholbarkeit der Dienstleistung bzw. § 326 I 1 BGB bei Unmöglichkeit der Dienstleistung).
Bei Dienstverträgen gilt der Grundsatz “Ohne Arbeit kein Lohn”.
Der Vergütungsanspruch des Dienstverpflichteten setzt daher voraus, dass dieser seinerseits die vertragsgemäße Leistung erbracht hat.
Das Dienstvertragsrecht kennt hiervon drei wichtige Ausnahmen, von denen zwei auch für den freien Deinstvertrag relevant sind:
Annahmeverzug des Dienstberechtigten
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kan der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein, § 615 S. 1 BGB.
Persönliche Verhinderung
Nach § 616 S. 1 BGB verliert der Dienstschuldner seinen Vergütungsanspruch entgegen § 326 I BGB nicht dadurch, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert ist.
Damit muss der Dienstberechtigte den Dienstverpflichteten vor allem im Krankheitsfall versorgen!
Außer der Vergütungspflicht treffen den Dienstberechtigen weitere Nebenleistungs- und Schutzpflichten gem. § 241 II BGB.
Bei dauernden freien Dienstverhältnissen und Arbeitsverträgen sind insbesondere die Regelungen des § 617 BGB (Pflicht zur Krankenfürsorge), § 618 BGB (Pflicht zu Schutzmaßnahmen), § 629 BGB (Freizeit zur Stellensuche) und § 630 BGB (Pflicht zur Zeugniserteilung) zu beachten.
§ 620 I BGB stellt zunächst klar, dass ein Dienstverhältnis befristet abgeschlossen werden kann. In diesem Fall endet das Dienstverhältnis ohne besondere Erklärung mit Ablauf der vorgesehenen Zeit.
Da die Dienstleistung persönlich zu erbringen ist (§ 613 1 BGB), endet das Dienstverhältnis ferner mit dem Tod des Dienstverpflichteten.
Der wichtigste Beendigungsgrund für Dienstverhältnisse ist allerdings die Kündigung.
Die Kündigung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die darauf gerichtet ist, das Dienstverhältnis in Ausübung eines ensptrechenden Gestaltungsrechts sofort oder nach Ablauf einer bestimmten Frist zu beenden.
Anders als bei der auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurückwirkende Anfechtung (ex tunc-Wirkung, vgl. § 142 BGB) entfaltet die Kündigung ihre Wirkung erst frühestens ab dem Zeitpunkt ihrer Erklärung (ex-nunc-Wirkung).
Das Gesetz kennt zwei Arten der Kündigung
die ordentliche und
die außerordentliche.
Dienstverhältnisse, die keine Arbeitsverhältnisse sind, können ohne Vorliegen eines rechtfertigenden Grundes ordentlich gekündigt werden (§ 620 II BGB).
Eine außerordentliche Kündigung kann nach § 626 BGB aus wichtigem Grund oder nach § 627 BGB bei einer besonderen Vertrauensstellung des Dienstverpflichteten erfolgen.
Die Kündigung von Arbeitsverhältnissen durch den Arbeitgeber wird hingegen durch zahlreiche Regelungen, insbesondere das Kündigungsschutzgesetz erheblich eingeschränkt.
Be der ordentlichen Kündigung von Dienstverträgen sind die Kündigungsfristen des § 621 BGB zu beachten, die sich nach der Bemessung der Vergütung richten, von den Parteien aber abbeungen werden können.
Wenn der letzte Tag, an dem eine zu einem bestimmten Zeitpunkt gewollte Kündigung fristwahrend erklärt werden kann, ein Sonntag, einen staatlichen anerkannten allgemeinen Feiertag oder ein Sonnabend ist, führt das somit nicht dazu, dass die Kündigung auch noch am folgenden Werktag wirksam erklärt werden kann.
eine außerordentliche Kündigung kann nach § 626 BGB aus wichtigem Grund oder nach § 627 BGB bei einer besonderen Vertrauensstellung des Dienstverpflichteten erfolgen.
Als Spezialregelungen gehen diese Vorschriften der allgemeinen Regelung des § 314 BGB für die außerordentliche Kündigung von Dauerschuldverhältnissen vor.
Besteht der wichtige Grund in einer Pflichtverletzung der anderen Partei, tritt das Recht zur außerordentlichen Kündigung an die Stelle des in § 323 BGB vorgesehenen Rücktrittsrechts.
Nach dem Wortlaut des § 626 I BGB kann das (befristete oder unbefristete) Dinstverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortstetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Bei dem Merkmal des wichtigen Grundes handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der durch eine Interessensabwägung im Einzelfall konkretisiert werden muss.
Bei der Kündigung muss es sich aus der Sicht der kündigenden Partei um das äußerste Mittel (ultima ratio) handeln, d.h. es muss dieser unzumutbar sein, das Dienstverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist oder bis zum vereinbarten Ende fortzusetzen.
Im Allgemeinen wird daher eine vorherige Abmahnung erforderlich sein (vgl. § 314 II BGB).
Die Kündigung muss nach § 626 II 1, 2 BGB innerhalb von zwei Wochen ab Kenntniserlangung von den zur Kündigung berechtigten Tatsachen erfolgen (sog. Kündigungserklärungsfrist).
Innerhalb dieser Frist muss dem Dienstverpflichteten bzw. dem Arbeitnehmer die Kündigung zugegangen sein.
Nach Ablauf der Frist kann eine außerordentliche Kündigung nicht mehr auf diesen Tatsachen gestützt werden.
Dienste höherer Art (“artes liberales”) sind Dienstverträge, für die ein Honorar geschuldet wird.
Hierunter fallen etwa Behandlungsverträge mit Ärzten, Verträge mit Rechtsanwälten, Steuerberatern, Architekten.
Zuletzt geändertvor 2 Jahren