1.Heterogenitätsvorstellungen und empirische Wirklichkeit am Beispiel der Kategorie Migrationshintergrund; Heterogenitätsforschung: empirische und theoretische Perspektive
1.1 Von der Ausländerlogik zur Migrationslogik
in der BRD unterscheidet man zwischen Staatsangehörigen (deutschen) und Nichtsstaatsangehörigen (Ausländer)
Ausländerpädagogik: greift Beobachtungen der Benachteiligung ausländischer Kinder auf -> wichtigstes Kriterium: Besitz bzw. Nichtbesitz eines deutschen Passes, um zwischen Zugehörigen und Nicht-Zugehörigen zu unterscheiden.
hier tauchten schon Vorstellungen der Abweichung der “anderen” auf: andere Sprache, andere Kultur, andere Religion…
diese Formen eines “Andersseins” wurden in der Regel als Risiko bewertet: doppelte Halbsprache, bikulturelle Sozialisation, unvereinbare religiöse Vorschriften…
pädagogische Aufgabe: Bearbeitung dieser Risiken, spezifische Förderung, Hilfe -> das heißt Reduzierung der Benachteiligung
diese Form des Umgangs mit Heterogenität unterliegt Legitimationsschwierigkeiten
-> es zeigte sich: sprachliche Schwierigkeiten mit deutsch, ist nicht an den Ausländerstatus gebunden, sondern auch für deutsche Kinder, die im Ausland geboren wurden
Jahr 2000: Kinder die in Deutschland geboren werden, bekommen deutschen Pass auch wenn Eltern keinen deutschen Pass haben
-> statistische Anzahl ausländischer Kinder in Bildungseinrichtungen gehen “auf dem Papier” zurück
neuer Gedanke der Differenzierung: enge persönliche Beziehung zu einer Migrationserfahrung
1.2 Migrationshintergrund, die erste
seit 2005 liegt eine Definition des staatlichen Bundesamtes über den Migrationshintergrund vor
-> neue Wassifizierung mit bzw. ohne Migrationshintergrund
Def. des Migrationshintergrund: Jede in Deutschland lebende Person ohne deutschen Pass wird als Person mit Migrationshintergund gezählt, selbst wenn weder diese Person noch eines ihrer Elternteile eine eigene Migrationserfahrung hat.
Def. nach statistischem Bundesamt: Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde
1.3 Migrationshintergrund! die zweite
für Bildungsstatistik ist in Deutschland die von der Konferenz der Kultusminister der Länder
beim Migrationshintergrund existieren verschiedene Definitionen nebeneinander: SuS haben ein Migrationshintergrund,wenn mind. eins zutrifft:
keine dt. Staatsangehörigkeit
Nichtdeutsches Geburtsland
Nichtdeutsche Verkehrssprache in der Familie bzw. im häuslichen Umfeld
Vergleich der Def. eines Migrationshintergrunds mit der, die der Bevölkerungsstatistik zugrundeliegt, zeigt, dass die Ausländerlogik neben der Migrationslogik enthalten ist.
KMK-Def.: ein Migrationshintergrund liegt dann vor, wenn die Person eine unmittelbare Migrationserfahrung gemacht hat z.B. wenn sie in einem anderen Land geboren wurde -> ererbter Migrationshintergrund und Einbürgerung bleiben unberücksichtigt.
-> zusätzliche Logik der KMK-Definition: Frage nach der Verkehrssprache -> wird eine andere Sprache als Deutsch angegeben, gilt dies ebenfalls als Bestimmungskennzeichen für die Festlegung eines Migrationshintergrunds
alle SuS müssen Kompetenzen in der Unterrichtssprache Deutsch haben
abweichende Def. von Migrationshintergrund in der Bildungsstatistik führt zu mehreren statistischen Problemen
-> in der KMK-Def werden Teilgruppen aufgenommen/ausgeschlossen, erhobene Daten beruhen zum Teil auf Selbstauskünften von Eltern, bezüglich der Verkehrssprache (Bedenken hinsichtlich der Qualität dieser Daten)
die beiden Def. zum Migrationshintergrund weisen quantitative Unterschiede auf
1.4 Migrationshintergrund, die dritte, die vierte
Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) von 2001, 2006, 2011 unterscheidet nach Migrationsgeschichte
-> hier werden mehrere Kriterien miteinbezogen, bei der Auswertung werden Gruppen gebildet.
Familie ohne Migrationsgeschichte: beide Eltern in D geboren
Familien mit partieller Migrationsgeschichte: Ein Elternteil in D, eins im Ausland geboren
Familien mit Migrationsgeschichte: beide Eltern im Ausland geboren
IGLU 2006: Angaben zum heimischen Sprachgebrauch
Operationlisierung von Migrationshintergrund beruht bei IGLU auf den Kennzeichen Migrationsgeschichte, d.h. alle Personen, bei denen mindestens ein Elternteil im Ausland geboren wurde und nach D zugewandert ist, Familiensprache (anders als deutsch)
Pisa: Unterscheidung nach Migrationshintergrund
zweite Generation: beide Elternteile im Ausland geboren, Kind in D
erste Generation: beide Elternteile und Kind im Ausland geboren -> 2 Schritt: Analyse der Familiensprache
wenn nur 1 Elternteil im Ausland geboren wurde -> OECD ordnet diesen SuS ohne Migrationshintergrund ein
vorschulische Erziehung zur Unterstützung der SuS mit Migrationshintergrund -> Kindertagesbetreuung mit Sprachförderung
seit 2006: Kind hat einen Migrationshintergrund, wenn mindestens ein Elternteil ausländischer Herkunft ist; berücksichtigt werden nur Kinder mit eigener Zuwanderungserfahrung aus dem Ausland, 2. Generation zählt nicht
Zur Aussagekraft einer Kategorie “Migrationshintergrund”
Unterschiede der Definition von Migrationshintergrund bzw. Migrationsgeschichte sind fraglich, ob die so gebildeten Kategorien gut geeignet ist, um besondere Merkmale eine Teilgruppe der Person von anderen Teilgruppen abzugrenzen
Ziel einer solchen Definition: Betrag benachteiligter Teilgruppen zu identifizieren und Ansatzpunkte für Abbau zu ermitteln
2.1.1 Probleme der Definition von migrationshintergrund
Fehlende logische Konsistenz der Kriterien
Verschiedene Kriterien:
ein juristisches Kriterium (Staatsangehörigkeit der Person)
ein völkerrechtliches Kriterium (Staatsgrenzen des Landes, indem der Geburtstag/Wohnort liegt)
ein raumbezogenes-Kriterium (räumliche Entfernung zwischen Geburtsort und Wohnort der Person)
ein biographisches Kriterium (Wanderungserfahrungen über Staatsgrenzen hinweg nach Deutschland, auch vermittelte Erfahrungen der Eltern)
ein linguistisches Kriterium (von der Unterrichts- oder der Verkehrssprache des Lebensraums abweichende Familien- oder Umgangssprache der Person)
-> Kriterien basieren auf unterschidelichen Logiken, sodass eine sinnvolle, logische Verknüpfung zwischen ihnen kaum möglich ist.
die Definition von Migrationshintergrund gehen auf unterschiedliche Interessen zurück.
-> Verständnis von Migrationshintergrund (nach Bevölkerungsstatistik def.) geht auf unterschiedliche Quellen zurück -> juristisches Kriterium
Familiensprache wird in der Bevölkerungsstatistik nicht beachtet -> wird als privates Element gesehen
positiver Effekt im Kindergarten: Sprachförderung
2.1.2 Unterschiedliche Erfahrungsebenenen von Migrationshintergrund
Bevölkerungsgruppe “mit Migrationshintergrund” -> Zusammensetzung unterschiedlicher Teilgruppen (1./2./3. Generation)
Migrationslogik als statistisches Kennzeichen = individuelle Migrationserfahrung der einzelnen Person
auch innerhalb der 1. Generation gibt es Unterschiede, z.B. ist hier das Ausreisedatum von großer Bedeutung (kurz nach der Geburt/später)
-> bei einer Ausreise kurz nach der Geburt, hat das Herkunftsland nur wenig Bedeutung, später mehr
-> relevant wird dies, wenn die “sekundäre Sozialisation” begonnen hat, wenn also Sozialkontakte aufgenommen wurden
=> auch innerhalb der ersten Generation existieren soziale Unterschiede, sodass sich keine homogene Gruppe bilden lässt
=> diese großen Unterschiede führen dazu, dass eine Zusammenfassung in einer Gruppe sinnlos ist
2.1.3 Ausweichende Motive und Rechte
Gruppe der Personen “mit Migrationshintergrund” sind weiter zu differenzieren nach unterschiedlicher regionaler Herkunft sowie nach dem individuellen Migrationsmotiv
Personen, die aus einem EU-Mitgliedsstaat nach Deutschland gekommen sind haben mehr Rechte und Möglichkeiten (z.B. Reisefreiheit) als Menschen die aus einem Drittstaat kommen (asiatische Staaten, Russland, afrikanische Staaten)
Personen, die für das Studium in Deutschland sind, haben eine andere gesellschaftliche Position als Menschen mit Asylantrag (auch Leitende Unternehmer)
-> diese verschiedenen Gruppen haben auch unterschiedliche Aufenthaltsdauern in Deutschland
alle Personen mit Migrationshintergrund -> statistisch gleich behandelt
2.1.4 Unterschiedliche Lebenssituationen und Voraussetzungen zur sozialen Teilhabe
Untergruppe durch unterschiedliche Aspekte der sozialen Integration
Möglichkeit zur Teilhabe an Bildung (weitergehende Gleichstellung aller Schulpflichtigen)
Teilhabe an beruflicher Bildung (Deutsche und EU-Bewerber werden bevorzugt)
Stellung auf dem Wohnungsmarkt (offiziell alle gleichstellt; aber in der Realität -> Diskrimminierung aufgrund “ausländischem Aussehen”)
Möglichkeit von sozialen Kontakten (Gruppe mit zahlreichen Anhängen -> leichtere Chancen soziale Kontakte aufzunehmen (z.B. Vereine) kleine Gruppen -> kaum Kontakt, nur Kontakt zur Familie weit weg z.B. über Skype)
Rechte zur politischen Teilhabe (Menschen mit deutschem Pass verfügen über alle politische Rechte der aktiven und passiven Wahl; Menschen ohne deutschen Pass -> kein Wahlrecht; Menschen mit Pass eines EU-Staates -> Recht der Stimmabgabe bei Wahlen zum EU-Parlament
2.1.5 Unterschiedliche Erhebungsform und Datenqualität
Feststellung des Migrationshintergrunds einfließende Daten stammen aus unterschiedlichen Quellen und sind deshalb nur begrenzt vergleichbar
-> einige der Kennzeichen werden aus amtlichen Dokumenten erhoben (z.B. Staatsangehörigkeit, Geburtsort, Meldedaten)
-> andere Kennzeichen beruhen dagegen auf Selbstauskünften von Befragten (Fragen nach dem Wahrheitsgehalt)
in der Bildungsstatistik wird ein Migrationshintergrund vermerkt, wenn die Verkehrssprache in der Familie nicht deutsch sei
-> diese unterliegt jedoch auch Fehlerquellen, weil sie nur durch Selbstauskunft der SuS gwonnen wird -> Problem der Datenqualität
in Schulstatistiken -> Problem der Datenqualität, was die Erhebungstiefe- und breite betrifft
Aussagen der SuS oft nicht wahrheitsgemäß -> bei Befragung unangenehme Situation, wollen adäquate Antwort geben, wenn sie z.B. merken, dass andere Sprachen im häuslichen Umfeld als negativ bewertet werden
es liegt keine über alle Daten vergleichbare Sicherheit für deren Qualität vor -> problematische unterschiedliche Daten über einen Migrationshintergrund miteinander zu vergleichen
2.2 Durch die Definitionen von Migrationshintergrund nicht erhobene Kennzeichen
2.2.1 Sprachkenntnisse
Besitz eines ausländischen Passes geben keine Auskunft über die Sprachkenntnisse einer Person.
Kenntnisse in einer weiteren Sprache können sich auf unterschiedliche Kompetenzen beziehen und vor allem bei jungen Kindern oft nicht alle Bereiche
Sprachkenntnisse in einer Sprache können sich auf folgende Bereiche beziehen: Hör-, Leseverstehen, Sprach-, Schreibfähigkeit, Grundkenntnisse (Grammatik, Wortschatz), vertiefte sprachliche Kenntnisse, dialekte Formen einer Sprache, Umgangssprache, Hochsprache
2.2.2 Sozialkulturelle Lage
Festlegung das ein Migrationshintergrund vorliegt bzw. das keiner vorliegt, gibt keine Aussagen über den Schulabschluss, Beschäftigungsstatus der Person
Ergebnisse der Bildungsforschung zeigen, dass die Vorbildung der Eltern einen großen Einfluss auf die Chancen von Kindern hat, im Beruf erfolgreich zu sein
Migrationsstatus ist aber völlig unabhängig von der Form der Fähigkeit
man kann auch mit Migrationshintergrund guten Posten haben
Art des Einkommens (staatliche Hilfe, Arbeitseinkommen) hängt mit dem Beschäftigungsstand zusammen und nicht ob jemand einen Migrationshintergrund hat.
2.2.3 Persönliche, biografische Bedeutung einer Migrationserfahrung geht auf unterschiedliche Erlebnisse zurück, die die Migranten erlebt haben:
Migration kann freiwillig erfolgt sein, auf einem persönlich gefassten Beschluss (was zu einer positiven Sichtweise für die betroffene Person führen dürfte)
Migration kann unfreiwillig erfolgt sein, aufgrund von Flucht/Vertreibung (negative Sichtweise)
Migration als Befreiung aus einer als problematisch empfundenen Situation in der Herkunftsregion (wegen politischer/religiöser Verfolgung, mangelnde Chancen auf Erwerbsarbeit, deshalb eher positive Sichtweise)
Migration kann als Belastung empfunden werden oder dazu geworden sein, weil z.B. familiäre Bände zerrissen wurden (z.B. durch (zeitweilige) Trennung der Familie, eher negative Sichtweise)
Bewertung der Migration kann sich im Laufe auch ändern -> von negativer zu positiver Sichtweise oder andersrum)
2.2.4 Religion (religiöse Bekenntnis)
Festlegung bzw. Nichtfestlegung eines Migrationshintergrundes gibt keine Auskunft über den Hintergrund einer Person
je nach Herkunft gibt es zwar eine statistische Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Religion anzugehören, jedoch keine automatische Zugehörigkeit -> ein Deutscher auch Jude, Moslem, Christ sein
2.2.5 Kultur (kulturelle Hintergrund)
Festlegung bzw. Nichtfestlegung eines Migrationshintergrunds gibt keine Auskunft über die kluturellen Kenntnisse bzw. Erfahrungen einer Person
ausländischer Geburtsort einer Person sagt nicht darüber aus, ob er in einer ländlichen/städtischen Region lag
alleine durch den ausländischen Geburtsort können keine Schlussfolgerungen auf bestimmte sprachliche, religiöse, kulturelle Verfahrungen gezogen werden
2.3 Relvanz eines Migrationshintergrunds für Bildungserfolg
öffentlich wird der Eindruck vermittelt, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der Zugehörigkeit zur Gruppe mit dem Merkmal “mit Migrationshintergrund” und geringeren statistischen Chancen auf Bildungserfolg
durch den Begriff Migrationshintergrund kommt es zur Differenzierung der Menschen in 2 Gruppen -> Gruppe 1: der dieses Merkmal zugerechnet wird; Gruppe 2: Menschen, die das Merkmal nicht haben
diese Gruppenbildung unterstützt die Differenzwahrnehmung in Form einer Wir-Sie-Sichtweise
=> der durch die vorliegenden Definitionen geschaffene Differenzfaktor Migrationshintergrund ist in dieser Form keine sinnvolle Kategorie, um bezogen auf Fragen der Benachteiligung und der Diskrimminierung im Bildungswesen sinnvoll statistische Gruppen zu bilden
Assimilationspädagogik
in Gesellschaften, die sich durch eine einzige nationale Kultur geprägt sehen, stellen Minderheiten eine Irritation dar
-> eine Form der Irritation ist die Assimilation -> Herabwürdigung der Lebensweise dieser Minderheiten -> deren Kulturen werden als unmodern, roh, bildungsfern beschrieben
-> Menschen die in diesen Kulturen aufwachsen müssten zwangsläufig Defizite aufweisen -> diese Defizite zu kompensieren ist ein Ziel der Assimilationspädagogik
2.1 Assimilationspädagigik in Nationalstaaten
eine von Land zu Land unterschiedliche Form der Reaktion auf die Anwesenheit von Minderheiten
Assimilierung von Minderheiten ist eng mit der Sprachproblematik verbunden
Mehrheitssprache als einzige offizielle Sprache gesehen
Erwartung, dass die Minderheitssprache mit der Zeit aus dem Alltagsgebrauch verschwinden
Schulpflicht zum Mittel der Assimilation und des Linguzids
Assimilierung ist oft mit der Positionierung der Assimilierten in den untersten Schichten der Gesellschaft verknüpft
Frankreich
nach der Gründung der Republik: keine Sprache außer Französisch akzeptiert
SuS, die kein Französisch sprechen, wurden bestraft
Warnschilder “Spucken und bretonisch sprechen ist verboten”
sprachliche Assimilation geht mit dem Versuch, (ungerstellte) Verhaltensweisen der Minderheiten zu ändern
USA -> indigene Bevölkerung
vier Maßnahmen der Assimilation der indigenen Bevölkerung
man separierte die indigene Bevölkerung in “gut kontrollierten Communities”
wo man sie in der Sprache der Kolonialisten alphabetisierte
begleitend christliche Missionierung
Versuch, die indigene Bevölkerung so zu steuern, dass sie die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Kolonialherren erfüllten
Internat-System (Boarding School): von Assimilierungsgedanken geprägt
Ureinwohner sollten vollständig in den Wertekanon und das Wirtschaftsleben der Weißen eingegliedert werden, informelle Erziehung der Älteren an Jüngere verlor Funktionalität
Internate zerstörten die traditionellen Rollen der amerikanischen Ureinwohnerinnen -> Mädchen sollten europäisch-amerikanische Techniken der Kinderaufziehens, der Haushaltsführung und der Essenszubereitung lernen
Begrenzung ihrer Fähigkeiten, sodass ihnen nur die Möglichkeit blieb, als Diener in einem europäisch-amerikanischen Haushalt zu arbeiten
Ideologie: “zivilisierte” Weiße und “wilde” Indianer, die zivilisierbar sind (Zivilisations-Primitivitäts-Paradigma)
Kultur der Indianer wurde als nicht anerkennenswert erachtet
Legitimation bzw. Plausibilisierung des Raubs des Indianerlandes
USA -> Mexikaner
Mexikaner nahmen im US-Wirtschaftssystem eine sehr untergeordnete Postion ein -> darin spiegelte sich auch das ungleiche Verhältnis zwischen Mexiko und den USA wieder
Versuch die Mexikaner hinsichtlich ihre Sprache und Kultur anzupassen und deren “unerwünschte Kultur” zu zerstören
Amerikanisierung: Lehre der englischen Sprache, gekoppelt mit der Erziehung in “amerikanischen Werten”
Ziel: Werte, Sprache und Kultur verändern, sodass man die Defizite in den Bildungsleistungen der SuS beheben könne
Australien -> Einwandererkinder
in den 1970er Jahren: Spezialklassen für SuS mit Englisch als 2. Fremdsprache durch aktive Assimilation ersetzt
1980: Übergang zur multikulturellen Pädagogik, die die kulturellen Hintergründe der Migrantenkinder stärker respektiert
Australien -> Aboriginies
agressive Assimilationspädagogik
Kinder der Ureinwohner wurden ihren Eltern entrissen, und in Internaten bzw. in weißen Familien aufgezogen oder sie kamen mit ihren Familien in Großstädten und wurden dort assimiliert
Motive hinter der Politik: Chancengleichheit zwischen weißen und Ureinwohnern; Gruppe der Eingeborenen innerhalb der weißen Mehrheitsbevölkerung auszulösen bzw. untergehen zu lassen
Großbritannien
anfangs: Politik des “Laissez-faire”
spezifische Programme für Kinder aus Minderheiten
Denkweise: es gibt einen “British way of life”, der all jenem, was die Immigranten mitbringen, überlegen ist, und dass sich ihm letztere vollständig anpassen sollten, auch wenn sie aus rassistischen Gründen nicht akzepiert werden
während einerseits kulturelle Assimilation angestrebt wird, hält man die Assimilierenden geographisch und wirtschaftlich auf Distanz
1960: regionale Versuche, die Quote der Immigrantenkinder unter 30% zu halten
interessen britischer Eltern: sahen Karriereaussichten ihrer eigenen Kinder beschädigt
separate Schulklassen für Minderheiten
Ende 1960: Integratin von Minderheiten mit mehr Respekt für deren Kultur verbunden
soziale Probleme wurden bei Minderheiten gesehen
Fragen der rassistischen Diskriminierung blieben außen vor
2.2 Assimilation in Deutschland: Ausländerpädagogik
Wanderungsbewegungen nach dem Krieg (Deutsche aus Osteuropa und der Sowjetischen Besatzungszone nach Westdeutschland)
Erliegen des Zustroms mit dem Mauerfall; florierender Westen -> Arbeitsmigration
Gastarbeiter*innen aus armen Ländern Süd- und Südosteuropas, Italien, Jugoslawien, Greichenland, Spanien, Portugal und Türkei -> “Rotation”
von 1960-1972: jährlich kamen 100.000-270.000 Personen nach Deutschland -> viele gingen auch wieder in ihre Heimat
pädagogische Beschäftigung mit Migranten ab dann, als Migranten ihre Familien, Kinder nachholten
1973: Regierung beschloss die Zuwanderung zu stoppen
Anwerbestopp 1973: Bundesregierung provozierte unter den Gastarbeitern Unsicherheit über ihren zukünftigen Aufenthalt -> Familie wurde nach Deutschland geholt
Die umstrittene Schulpflicht für Gastarbeiterkinder
lange umstritten, ob Kinder von Gastarbeiter*innen überhaupt das Recht und eine Pflicht zum Schulbesuch haben
KMK (1964): ausländische Schüler*innen haben Schulpflicht (nur aus UNESCO- “Übereinkommen gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen” entstanden)
Heterogenität wurde von der Schule als Problem gesehen -> Versuch der Homogenisierung
Einschulungsalter wurde standardisiert und danach nach Alter und Leistung homogene Klassen konzipiert
ab 1960/70: Bemühen geschlechtergetrennte Schulen abzuschaffen
man konnte nicht davon ausgehen, dass ausländische Kinder die deutsche Sprache gut beherrschen
Schulen setzen auf die Doppelstrategie:
Kinder im Einschulungsalter: man vertraute darauf, dass sie deutsch “nebenbei” im Unterricht in den ersten Jahren schnell erlernen
ältere Kinder ab 7 Jahren: Vorbereitungsklassen -> Erwerb von notwendigen Deutschkenntnissen
Anteil ausländischer SuS in einer Klasse unter 20% (Sorge einheimischer Eltern)
wenn der Anteil ausländischer Kinder in manchen Gebieten über 20% stieg -> Einführung von National-/Ausländerklassen
Nationalklassen: Beschulung von kindern eines Herkunftslandes, neben der deutschen Sprache auch in nationalsprache unterrichtet
Ausländerklassen: Kinder aus unterschiedlichen Herkunftsländern; nur deutsch als Unterrichtssprache
Doppelstrategie: Anpassung und Förderung der Rückkehrfähigkeit
Beschulung der ausländischen Kinder
-> anpassen an den (sprachlichen) Standard in den deutschen Klassen
-> Förderung der Rückkehrfähigkeit
Unterricht in Nationalklassen
Ergänzungsunterricht am Nachmittag in der Nationalsprache des Herkunftslandes (-> nicht immer Muttersprache (sprachliche Minderheit) -> erlernen einer zweiten Fremdsprache)
Ziel: ausländische Kinder an deutschen Bildungsstandard anpassen
Zwei Alternativen: Bildungserfolg oder sozialer Sprengstoff
entweder erhalten ausländische Kinder “gute Entwicklungschancen” oder sie werden zum “sozialen Zündstoff”
soziale Prozesse, die von der Politik so nicht vorgesehen sind und nicht in ihr Gefüge an Normalitätserwartungen hineinpassen, werden als gefährlich gesehen
keine Anpassung = Zerrüttung der Gesellschaft
Defizitannahme und kompensatorische Pädagogik
Ausländerpädagogen machen sich Gedanken darüber, wie Migrantenkinder pädagogisch zu behandeln seien
gemeint ist: Defizite auf Seiten der Migratenkinder zu identifizieren, die im Rahmen einer kompensatorischen Pädagogik zu beheben seien
Defizitannahme der Ausländerpädagogik erstreckt sich auf 3 Bereiche
Sprachdefizite (fehlen von Deutschkenntnisse)
Sprachgebrauch/Sprachcode
Primärsozialisation
Defizitäre Primärsozialisation
kultureller Widerspruch zwischen der Primärsozialisation in der Familie und Sekundärsozialisation in der Schule
Gegensatz zur Kultur der BRD drückt sich in den Dichotomien agraisch-hochindustrialisiert, rural-urban, religiös-säkularisiert aus
Bsp. Ausländerpädagogik in der Primärsozialisation
Türken kennen kaum Kinderspielzeug -> es fehlt der Sinn Spielzeug zu kaufen
Italiener: viele Mädchen bleiben. nach der 5. Klasse zu Hause um im Haushalt, Kindern zu helfen
-> Hausaufgaben werden vernachlässigt -> Beweis der Eltern der Überforderung in der fremdsprachigen Schule und deren Versagen
kulturkonflikt -> Gefahr sozialer Desorientierung, Flucht in Agression, Resignation und soziale Regellosigkeit
Defizitärer Sprachgebrauch
Ausländerpädagogik bezieht sich auch auf die Schichtzugehörigkeit und wird im Sprachgebrauch deutlich
Gastarbeiterkinder erlernen den “restringierten” Sprachcode der Unterschicht im Gegensatz zur elaborierten differenzierten Sprachform der Mittelschicht
schichtenspezifische Bildungsbarriere
Annahme 1: Zusammenhang zwischen sprachlicher und kognitiver Entwicklung (=> wer sich nicht sprachlich ausdrücken kann, kann auch nicht denken)
Annahme 2: einem spezifischen Maß an kognitiver Entwicklung entspricht nur ein bestimmter Sprachcode (d.h. dass ein und dieselbe kognitive Struktur nicht durch mehrere unterschiedliche Sprachcodes ausgedrückt werden könne)
Defizite in der deutschen Sprache
Mangel an deutschen Sprachkenntnissen bei ausländischen Kindern -> wie sollen die Kinder deutsch lernen?
dominierend in den 1970er Jahren: kontrastiv-Hypothese: identische Elemente in Erst- und Zweitsprache seien leicht zu lernen, unterschiedliche Elemente würden Lernschwierigkeiten hervorrufen und zu Fehlern führen
=> Folge: Interferenzen, d.h. der Sprachlerner würde die Elemente und Regeln der Grundsprache auf die zu erlernende Zweitsprache übertragen und mithin typische Fehler produzieren
-> das Spracherwerbs-Problem war damit auf eine technische Dimension reduzierbar
Beispiel für eine ausländerpädagogische Maßnahme
koordinierter deutsch-türkischer Leselehrgang
begründet durch kontrastiv-Hypothese
im türkischen gibt es keine Präpositionen, weshalb türkische Kinder oft sagen: Ich Toilette gehen
türkische Kinder sehr zurückgezogen, nicht befähigt Formen zu erfassen und wiederzugeben
Leselehrgang beginnt nicht mit dem lesen, sondern der Lautbildung, Satzstellung im deutschen, um die Unterschiede zwischen der deutschen und türkischen Sprache aufzuzeugen
2.3 Das Gesellschaftsmodell der Assimilationspädagogik: Soziale Stabilität durch gemeinsame Werte und Normen
Das assimilationspädagogische Gesellschaftsmodell im Spiegel einer Studie zur zweiten Generation
Problem der Sozialisation liegt auf Seiten der ausländischen Kinder, während die deutsche Kultur als feststehende, unhinterfragbare, einheitliche Größe erscheint
verknüpft Theorien der Akkulturation mit der Sozialisationstheorie -> Aussagen über Einwandererkinder
Intergrationsbegriff von Talcott Parsons
Integration = Einheit des Sozialsystems durch Festlegung der Position der Elemente und ihrer funktionalen Beiträge für dieses System
Gesellschaft ist ein einheitliches System, das von einem Kern aus alle Elemente an sich bindet
Kern = gemeinsame Werte und Normen
Integration: Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen (Übernahme von gesellschaftlihcen Werten noch nicht beinhaltet) -> notwendige Voraussetzung von Assimilierungsvorgängen
Assimilation: Übernahme gesellschaftlicher Werte und Normen
Prozesse der Integration und Assimilation sind eng miteinander verbunden
Sozialisationstheorie von Dieter Claessens
Gesellschaft = um einen Kernbestand an Werten zentriert
Familie= Medium par excellence für die Weitergabe von Werten (einfaches Sozialsystem)
Eltern treten nicht nur in der Familienrolle auf, sondern sind auch beteiligt an anderen Strukturen der Gesellschaft
-> wirken dem Kind erst als “socializing agents” gegenüber
indem die Kinder in die Familie hineinwachsen, werden sie zugleich in die Gesellschaft einsozialisiert -> Voraussetzung: Familie als kleinste soziale Einheit
Sozialisierung: Entstehen eines Urvertrauen in den anderen Menschen (meist Mutter) im Sinne eines “sozialen Optimums”
Enkulturation: Sozialisationsabschnitt, in dem sich das Kind der “spezifisch kulturell geprägten Familie” zuwendet und in deren Milieu einsozialisiert wird -> Erwerb der Basispersönlichkeit
familiäres Milieu ist zugleich der Ort, an dem das Kind die Übernahme sozialer Rollen außerhalb der Familie einübt
-> sekundäre soziale Fixierung
Familie übt das Kind in jene Werte und Normen ein, deren Einhaltung in der Gesellschaft erwartet wird
familial erworbene kulturelle Rolle passt zu der Gesellschaft und deren Werten -> soziales System der Gesellschaft wird stabilisiert
wenn das Kind in eine kulturelle Rolle eines Türken eingeübt wird, dann aber als Migrant in die deutsche Gesellschaft einsozialisiert wird, wird die Lage kompliziert
Akkulturation und Kulturkonflikt nach Schrader, Nikles und Griese
Unterscheidung von idealtypisch 3 unterschiedlich verlaufenden Enkulturationsprozessen bei ausländischen Kindern
Kinder, die im Herkunftsland durch Familie und Schule sozialisiert wurden
abgeschlossene monokulturelle Enkulturation
eindeutig determinierte monokulturelle Basispersönlichkeit
Veränderung der Werteorientierungen und Kultur nicht mehr möglich
Akkulturation im Aufnahmeland beschränkt sich auf instrumentelle Fähigkeiten (z.B. Übernahme sozialer Rollen)
Kinder, die im Vorschulalter in die Bundesrepublik Deutschland einreisen
werden aus vertrauter familiärer Umgebung und deren Milieu herausgerissen und kommen in die Minderheitensubkultur in der Bundesrepublik
unterbrochene Enkulturation
Enkulturationsdefizit bezüglich der Heimat-, Minderheitensub- und Fremdkultur
kulturelle diffuse Basispersönlichkeit
Kinder bleiben “Fremde”
identifizieren sich je nach Situation mit der Heimat- oder Fremdkultur
Kleinstkinder
wachsen in der Minderheitensub- und Fremdkultur hinein (letzter weniger prägend)
übernehmen vorläufige Mischrolle und vorläufige Basispersönlichkeit, die für eine weitere Strukturierung offen ist
weiterer Sozialisationsprozess kann zur Assimilation führen (Übernahme der Fremdkultur)
-> nur die/der kann sich assimilieren, die/der bereits unter dem Einfluss einer Mischkultur enkulturiert ist
Soziale Stabilität durch gemeinsame Werte und Normen
Auffallen mehrerer charakteristischer Merkmale:
die Gesellschaft mag noch so ausdifferenziert sein, d.h. in unterschiedliche Bereiche der Wirtschaft, Politik, Religion, Bildung usw. gegliedert sein, sie hat ein Zentrum, dass ihr Stabilität verleiht
dieses Zentrum konstruiert sich durch gemeinsame, für alle verbindliche Werte und Normen, die letztlich von einer gemeinsamen, der Mehrheitskultur überwölbt werden
die Familie ist eine wichtige Sozialisationsinstanz, weil sie die zentralen Normen und Werte der Gesellschaft an die nachwachsende Generation auf ganz praktischem Wege weitergibt und handhabbar macht. Dies gilt allerdings nur für einheimische Familien der Mehrheitsgesellschaft
bei einheimischen Mehrheitsangehörigen wird insofern schon immer die Integration erleichtert, da sie über die Familie in die Gesellschaft hineingeführt werden. Gleichwohl kann es auch hier, wo entweder die Familie oder die Individuen selbst sich zu sehr von dem verbindlichen Korpus gesellschaftlicher Normen und Werte entfernen, zur Desintegration kommen
bei Migrant*innen ist die Integration insofern erschwert, weil ihnen die Einsozialisierung in die Gesellschaft durch das Medium einer einheimischen Familie fehle. Je stärker die Migrantenkinder in der Herkunftskultur einsozialisiert seien, desto schwerer falle ihnen eine affektive Identifizierung mit den Normen und Werten der Aufnahmegesellschaft
hier wird dann eine reine instrumentelle Integration, die sich nur auf Fähigkeiten und Fertigkeiten des Migranten bezieht und die sozusagen eine usurpatorisches (ausnutzendes) Verhältnis zur Aufnahmegesellschaft impliziert, von einer kulturellen Assimilation unterschieden
die Stabilität der Gesellschaft hängt in dieser Sichtweise davon ab, dass alle Gesellschaftsmitglieder einen gemeinsamen Korpus von Normen und Werten verinnerlicht haben
nichtassimilierte “Ausländer” und Angehörige von Minderheiten bedrohen mithin die Stabilität der Gesellschaft
=> in einer Gesellschaft, die sich auf eine Kultur und einen gemeinsamen Korpus an Normen und Werte gründet, können Neuankömmlinge auf 2 Weisen behandelt werden
1. per Geburt neu ankommenden eigenen Kinder, werden durch die Familie in die Gesellschaft einsozialisieren
2. neu ankommende Migranten müssen als nicht dazugehörig, d.h. als Ausländer behandelt werden
2.4 Zur Aktualität der Assimilationspädagogik
Assimilationspädagogik und ihr Gesellschaftsmodell sind auch heute noch aktuell
z.B. sogenannte Leitkulturdebatte
z.B. deutsche Integrationskurse (§ 44a Aufenthaltsgesetz)
-> Großteil des Kurses ist für das Erlernen der deutschen Sprache vorgesehen
-> vom Besuch des Integrationskurses hängt die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis wie auch die Höhe von Hilfen zum Lebensunterhalt ab
Ausländerpädagogik 50er-70er Jahre
Assimilation/Anpassung
Defizitdiskurs
Zielgruppe “Ausländer”
Assimilation oder Rückkehr
Kompensationspädagogik
kulturell homogene Gesellschaft
Nationalklassen
Interkulturelle Pädagogik 80er-2000er Jahre
Differenzdiskurs
gesamte Gesellschaft
Integration, Anerkennung, kulturelle Vielfalt
Begegnungspädagogik, Toleranz
multi-kulti
Migrationshintergrund
Interkulturelle Pädagogik
3.1. Interkulturelle Pädagogik - zur Entwicklung des Gegenstandsfeldes
IKP ist eine erziehungswissenschaftliche Reaktion auf die Veränderung mit spezieller Aufmerksamkeit für die Folge der Zuwanderung für Bildung und Erziehung -> Folgen nach 1973 (Anwerberstopp)
Geschichte der IKP = Teildisziplin der Erziehungswissenschaft
die Frage nach dem “richtigen Umgang” mit nationaler, sprachlicher und kultureller Heterogenität begann im 17./18. Jahrhundert durch die Errichtung erster Schulen -> damit wurde nämlich explizit festgelegt, wer sie besuchen muss (Unterrichtspflicht) und wer zu welchem Ziel lernen soll (Lehrpläne)
-> dadurch wurde sichtlich, wer nicht Gegenstand des Lehrens/Lernen sein sollte
öffentliche Schule war für alle “landeseigenen” Kinder -> Kinder fremder Staatsangehörigkeit unterlagen nicht der Schulpflicht
deutsche Sprache als einzige Unterrichtssprache durchsetzen
-> in den 1870er Jahren -> Verbot des Lese- Schreibe- und Religionsunterrichts in der Minderheitssprache und Strafe wer dagegen verstößt
Zeit des WK1: “es sei kolonialer Gedanke die heranwachsende Jugend weiter zu pflegen und das Verständnis des überseeischen Besitzes bei der Jugend zu wecken und zu vertiefen”
Schulpolitik der BRD:
nach WK2: die dänischen Minderheiten erhielt in Südschleswig das Recht auf Unterricht und Schule in Dänisch
ausländische Kinder wurden erstmals und bundesweit in den 50/60er in die allgemeine Schulpflicht einbezogen, sofern sie sich rechtmäßig in der BRD aufhielten -> wurde so konzipiert, dass der Normalbetrieb der deutschen Schulen nicht beeinträchtigt wurde
Regelung für spezielle Gruppen, wie z.B. Kinder der Alliierten, NATO-Gruppen
Schulpolitik in der DDR:
hier lebte die ethnische Minderheit der Serben -> erhielten auf ihrem “angestammten Gebiet” das Recht auf Unterricht in serbischer Sprache
ausländische Kinder waren Schulpflichtig, da sie in den gesetzlichen Regelungen nicht explizit von der Schulpflicht ausgenommen waren
die Zahl der ausländischen SuS, die mit ihren familien in der DDR lebten und eine Regelschule besuchten, war aufgrund der restriktiven Ausländerpolitik sehr gering
große Gruppen: Kinder der sowjetischen Streitkraft, Kinder aus Vietnam wurden gesondert beschult
-> es gab eine Beschulung von Kindern einer innerstaatlichen Minderheit und von ausländischen Kindern
3.2 Interkulturelle Pädagogik - Entwicklung als (inter)disziplinäres Fachgebiet ab den 1990er Jahren
Einbezug ausländischer Kinder in die allgemeine Schulpflicht stellt auch disziplinär eine Zäsur dar
erstmals haben sich einzelne Vertreter aus der Allgemeinen und der Vergleichenden Erziehungswissenschaft mit der Frage sprachlicher, kultureller, nationaler Heterogenität als Ausgangslage für Bildungsprozesse in Deutschland befasst, in kooperation mit Wissenschaftlern, Schuladministration
Rückbildend wirkt die Herausbildung der IKP wie eine Arbeitsteilung in Fragen des Umgangs mit Heterogenität
-> 1. die Erziehungswissenschaft thematisiert weiterhin die einheimische Heterogenität entlang der Differenzlinien Sozialstatus, Geschlecht, regionale Herkunft und Konfession
-> 2. die IKP befasst sich mit der migrations-fremdheitsbedingten Heterogenität
Ende der 1980er Jahre: Perspektivwechsel: die migrationsbedingte, kulturelle, ethnische Pluralisierung der Gesellschaften soll als Element von Globalisierung und nachhaltige Veränderung der nationalen Gesellschaften und ihrer Bildungssysteme gesehen werden
diese Veränderungen erfordern eine “Pädagogik für alle Heranwachsenden”
-> ab 1990: verstärkte Forschung -> Blick stärker auf das Bildungssystem, Strukturen, institutionelle Routinen
Aufforderung: Diversität als Ressource, nicht als Störfaktor
3.3 Interkulturelle Pädagogik: Institutionalisierung, Sichtwechsel und Beziehungen
äußere Anzeichen für eine Etablierung der IKP = steigende Zahl wissenschaftlicher Publikationen, Tagungen, Gründung der Forschungsgruppe wie ALFA
Entwicklungen als disziplinäre Entwicklungslinie, in der die Frage, was unter Interkultureller Pädagogik zu verstehen sei diskutiert wurde
damalige Sichtweise: Blick auf die zugewanderten Personen, auf deren “Ausländerstatus” und den als zeitlich begrenzt angesehenen Aufenthalt in der Bundesrepublik gerichtet
Emde 1970er Jahre: Kritik an dem Begriff Ausländerpädagogik, weil Ausländer keine pädagogische Kategorie und Ausländerpädagogik keine Pädagogik sei, da sie sich an Nationalitäten und nicht an Menschen orientiere
-> angemessener Begriff: Interkulturelle Pädagogik = interkulturelle Erziehung für Angehörige der ethnischen und kulturellen Majorität wie der der Minorität impliziert
3.4 Interkulturelle Pädagogik - Fachgebiet und Querschnittsaufgabe in der aktuellen Diskussion
Vermeidung des Begriffs “Kultur” -> Versuch eine Beziehung zu finden, die auch der Diskussion über Diversity, Heterogenität, Inklusion gerecht wird
-> entweder Aufgabenstellungen und damit das Fachgebiet enger fassen
-> unter einem neuen “Begriffs-Dach” verschiedene Differenz-Pädagogiken zusammenführen
Beispiele:
Paul Mecheril: Migrationspädagogik als Alternative zur Bezeichnung IKP -> Konzentration auf Migration
Arnd Nohl: Pädagogik kollektiver Zugehörigkeit
Annedore Prengels: Pädagogik der Vielfalt
Wolgang Niecke
Institutionelle Diskriminierung im Bildungs- und Erziehungssystem
diskriminieren (lat.) = unterscheiden, trennen, absondern
Bsp. der Diskriminierung: nach Geschlecht, sozialer Herkunft, Nationalität, Sprache, Religion, Alter, sexuelle Orientierung
Diskriminierung findet in vielen Alltagsbereichen statt: Wohnen, Bildung, Polizei, Rechtsanspruch
Diskriminierung tritt in subtilen und offenen Erscheinungsformen auf, von kränkenden Äußerungen über Ignorieren bis hin zu manifester Gewalt
mit den Antidiskriminierungsrichtlinien der EU und dem 2006 erlassenen “Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz” hat die strukturelle und istituionelle Diskriminierung in Deutschland rechtlich und politisch Bedeutung erlangt
Geschichte des Begriffs
institutionelle Diskriminierung = Rassismus oder Sexismus als Ergebnis sozialer Prozesse
institutionell = lokalisiert die Ursache auf zentrale gesellschaftliche Institutionen
Ursachen: alle relevanten Formen der Ungleichheit -> Alter, Geschlecht, soziale Schicht, Behinderung
Feagin und Claire Feagin unterscheiden die direkte und indirekte institutionelle Diskriminierung
direkte institutionelle Diskriminierung = regelmäßige, intentionale Handlungen in Organisationen, sowohl hochformalisierte Regelungen als auch informelle Praktiken, die in der Organisationskultur als Routine abgesichert sind
indirekte institutionelle Diskriminierung = gesamte Bandbreite institutioneller Vorkehrungen, die Angehörige bestimmter Gruppen überproportional negativ treffen
ein Ergebnis in der jüngeren Britischen Geschichte, der Abschlussbericht der Macpherson-Kommission, ist ein Beispiel für institutioneller Rassismus
institutioneller Rassismus = kollektives Versagen einer Organisation aufgrund der Hautfarbe, Kultur
-> kann in Prozessen aufgedeckt werden, die durch Vorurteile, Ignoranz zu Diskriminierung führen und durch rassistische Stereotypisierungen Angehörige ethnischer Minderheiten benachteiligen
Die Untersuchung von Diskriminierung in der Schule
Schulleistungsvergleiche haben die Trennlinie sozialer Herkunft, Migrationshintergrund ins öffentliche Bewusstsein gerückt
auf der Suche nach der Erklärung der Ungleichheiten machen vor allem qualitative Untersuchungen sichtbar, dass Kitas und Schulen im Umgang mit sozialen Unterschieden alles andere als passive Instanzen sind
-> durch ihre Organisationsstrukturen, Programme und offene und unausgesprochene Regeln sind sie an der Veränderung sozialer Unterschiede in den Bildungskarrieren höchst aktiv beteiligt
institutionelle Diskriminierung ist nicht direkt zu beobachten
geeignete statistische Indikatoren entwickeln, die zeigen, dass bestimmte soziale Gruppen weniger Belohnungen bekommen
Gelegenheit für Organisationen zu diskriminieren ist nicht zufällig verteilt
um mit dem Begriff institutionelle Diskriminierung arbeiten zu können, sind bestimmte Zusammenhänge zwischen polit. Strategien, institutionalisiertem Wissen und öffentlichen Diskursen sowie der Praxis in Organisationen sichtbar zu machen
um die konkret beteiligten organisatorischen und institutionellen Strukturen zu erfassen, wird vorgeschlagen, ausschließlich mit Organisationsvariablen zu beschreiben um auf den Prozess der Belohnungsverteilung zu fokussieren
es soll sichtbar gemacht werden, dass neben den eigentlichen Leistungskriterien, systematisch von eskriptiven Merkmalen der ethnischen und sozialen Herkunft Gebrauch gemacht wird
Institutionelle Diskriminierung und schulische Selektion
für Kinder mit Migrationshintergrund und/oder aus unteren sozialen Schichten, ergeben sich weniger Chancen
Abweichung von Normalitätserwartungen ziehen sich durch die gesamte Schullaufbahn
Ziel: homogene Lerngruppen bilden
Bsp.: negative Bildungskarriere eines Migrantenkindes beginnt beim Eintritt in die Schule, in die sie meist nicht regulär eingschult weerden
-> Förderklassen wegen fehlender Deutschkenntnisse oder Zurückstellung in den Kindergarten -> diese zusätzliche Vorbereitung auf die Schule wird oft mit mangelden praktischen Fähigkeiten, fehlender Angepasstheit im Sozialverhalten begründet, die mit der Herkunftskultur der Kinder in Beziehung gesetzt wird
-> beim Übergang in die Sekundarstufe wird selbst bei guten Noten vermehrt der Besuch der Real- und Hauptschule empfohlen, mit der Begründung, ohne perfekte Deutschkenntnisse sei kein Erfolg auf dem Gymnasium möglich -> eventuell keine Unterstützung der Eltern
Verschärfung und Wandel der Selektion im gegenwärtigen Reformkontext
bei SuS mit Migrationshintergrund und aus unteren sozialen Schichten werden markante Verschlechterungen und Benachteiligungen festgestellt
Entstehung neuer Ungleichheiten resultiert nicht allein aus der Kopplung von Autonomie und freier Schulwahl
auch ausschlaggebend: tiefgreifender Wandel der Unterrichtsinhalte und -methoden und der schulischen Lernkulturen in allen Bereichen
Schulen wählen gezielt SuS aus, die ihnen den größten Nutzen versprechen
-> Kinder mit Defiziten in der Unterrichtssprache oder Lernbeeinträchtigungen werden als kostenträchtig und somit als unattraktive Gruppe wahrgenommen
Schulen greifen vermehrt auf offene Ausleseverfahren und versteckte Selektionsstrategien zurück um ihr Image der erstklassigen Schule sicherzustellen
Abhängigkeit von finanziellen Mitteln führt dazu, dass Schulen sich auch noch später von Kindern trennen, die den glatten Ablauf stören, Leistungen anderer beeinträchtigen oder Eltern abschrecken könnten
Zunahme und Vervielfältigung der Formen des Ausschlusses zeigt sich auch in der Kooperation zwischen Schulen und Eltern
-> in Schulelternbeiräten sind ethnische Minderheiten und ihre Interessen kaum repräsentiert
Interventionspunkte zum Ausbau institutioneller Diskriminierung
erforderlich wäre ein neuer Ansatz, der die Einrichtungen als Ganzes einbezieht und Individuen und Organisationen unterstützt, eigene Handlungsorientierungen und -kontexte zu untersuchen
um eine Bildungs- und Erziehungskultur zu schaffen, die die Auseinandersetzung mit institutioneller Diskriminierung ermutigt, müssen die entsprechenden politischen Instanzen eine führende Rolle übernehmen. Maßnahmen in anti-diskriminierender Absicht müssen relevant sein. Themen der sozialen Ungelichheit müssen im Bildungssystem verankert sein und zum Prüfungskriterium für die Qualität anderer Reformelemente werden
Handlungsansätze um institutionelle Diskriminierung zu identifizieren müssen abgestellt und vermieden werden und Adaptivität der schulischen Einrichtungen im Umgang mit der Mehrsprachigkeit und sozio-kultureller Heterogenität erhöhen
-> sollen in allen Prozessen im Unterricht und Schulleben systematisch berücksichtigt werden
-> Unterrichtsthemen wie Identität und Pluralität als Unterrichtsgegenstand
schulische Einrichtungen müssen sich als “lernende Systeme” begreifen
qualifizierende externe Beratungs- und Feedbacksysteme, die den Lehrern ermöglichen, ihre eigene Arbeitskultur aus neuen Perspektiven zu betrachten
Lehrkräfte und Interkulturelle Kompetenz
Lehrkräfte: zentrale Rolle für die Erfüllung des schulischen Bildungsauftrags
Innovationen in Schulen und Unterricht von Lehrkraft abhängig
outputorientierte Standards und Kompetenzmodelle werden wichtiger à Leistung von SuS verbessern, Unterrichtspraxis verändern, Lehrkräfte unterstützen
Leistungsrückstände werden zu einem Merkmal bestimmter Schüler/innengruppen
Bedeutungsverlust von Lehrkräften für Schüler/innen im Erwerb von akademisch fundiertem Wissen über die Welt
5.1. Befunde zu Sicht- und Handlungsweisen von Lehrkräften im Hinblick auf migrationsbedingte Heterogenität in der Schule
Seit Mitte 1990er Jahren durchgeführt
Ergebnisse verschiedener Studien, Auernheimer fasst zusammen:
Fixierung auf fremde Mentalitäten oder Sitten,
Differenzblindheit,
generalisierende Erklärungen für fremdartiges Verhalten,
pauschaler Fundamentalismus-Verdacht,
Infantilisierung von Migranteneltern,
die barsche Forderung nach Assimilation,
folgenlose bzw. ausgrenzende Toleranz,
die Tendenz zu zivilisatorischer Mission,
kein Infragestellen eigener Wahrnehmungs-und Bewertungsmuster,
kein Eingeständnis eigenen Befremdens
Steinbach: Schüler/innen mit Migrationshintergrund aus Sicht der Lehrer „Nicht-Passung“
Lehrkräfte haben spezifische Vorbehalte -> zeigen sich negativ auf Handeln im Unterricht, Übergangsempfehlungen und Umgang mit Eltern, Bildungslaufbahn der SuS aus
Schofield: Stereotype Einfluss auf Selbstwertgefühl und Leistungsfähigkeit der SuS
-> “Stereotype Threat”
Gomolla und Radtke: Nachweis DE institutionelle Diskriminierung führt dazu, dass Bildungschancen vermindert werden
Dirim “(Neo-)Linguizismus”: unterschiedliche sprachliche Voraussetzungen und auf Mehrsprachigkeit bezogene Adressierungs- und Kategorisierungspraxis ignorieren
häufige Gleichsetzung von Migrant und Moslem -> negative Adressierungspraxis in Schule
generalisierende und pauschalisierende Zuschreibungspraxen mit negativen Attribuierungen für “Migrant” werden in den Schulalltag eingeschrieben
Lehrkäfte unsicher mit Umgang hinischtlich der Unterrichtssprache also der heterogenen Sprachvorraussetzungen
kaum Reflexionsraum (für Unsicherheit)
5.2. Der Diskurs um Lehrkräfte mit Migrationshintergrund
Einstellen von Personal mit Migrationshintergrund kann zur Minderung von Diskriminierung führen
Eher nötig: Schulen und die in ihr verantwortlich Handelnden sich ihrer Diskriminierung begünstigenden Strukturen und Routinen bewusst werden
Druck, Herausforderungen mit migrationsbedingter Heterogenität in Schule zu bewältigen und in sogenannten interkulturellen Konfliktsituationen und Erfahrungen mit persönlicher Betroffenheit einbringen und damit helfen -> neutral sein
Studie von Hachfeld: sprachlich-kulturelle Heterogenität in Klassen von Lehrern ohne Migrationshintergrund wird positiv bewertet, Lehrkräfte trauen sich Klasse mit hohem Anteil an Migranten nicht zu, in Lehrerbildung muss mehr Kompetenz zur interkulturellen Kompetenz gefördert werden
Schweizer Studie: sechs Typen von Leher*innenprofilen, Zusammenarbeit Kollegium
zeigt: für SuS ist es bedeutsam von welcher Lehrkraft sie unterrichtet werden
zeigt: spezifische pädagogische Zusammenarbeit im Kollegium ist bedeutsam für den gesamtschulischen Umgang mit der Kulturellen Heterogenität der SuS
Studie von Edelmann: Differenzierung von Lehrkräften mit und ohne Migrationshintergrund, mit Migrationshintergrund größere Auseinandersetzung mit Heterogenität, sie sieht sich als Vorbild, im Kollegium und bei Interaktion mit den SuS Interkulturalität thematisieren und professionellen Umgang finden; Lehrkräfte mit Migrationshintergrund wollen keinen Sonderstatus an ihrer Schule einnehmen und weder als Vertreter*in einer bestimmten Kultur verstanden werden, noch für alle SuS mit Migrationshintergrund die Verantwortung übernehmen
5.3. Interkulturelle Kompetenzen als professionelle Haltungs- und Handlungskompetenz von Lehrkräften in der Migrationsgesellschaft?
Relevanz der Professionalisierungsbedürftigkeit von Schulen und Lehrkräften im Umgang mit migrationsbedingter Heterogenität ist nicht selbstläufig
Interkulturelle Kompetenz = Vorstellung eines angemessenen, professionellen Umgangs mit kultureller, ethnischer, sprachlicher oder religiöser Vielfalt
KMK 1996: Interkulturelle Kompetenz als Kernkompetenz von Lehrenden
es besteht Forschungsbedarf bezüglich effektiver Strategien zum Umgang von Lehrenden mit Diversität und hinsichtlich der Professionalität der Lehrenden -> Unterrichtsplanung, Fachkompetenz, Fähigkeit mit Heterogenität umgehen zu können
KMK 2013: Notwendigkeit des Erwerbs Interkultureller Kompetenz bei Lehrenden und Lernenden “nicht nur die Auseinandersetzung mit anderen Sprachen und Kulturen (bedeute), sondern vor allem die Fähigkeit, sich selbstreflexiv mit den eigenen Bildern von anderen auseinander und dazu in Bezug zu setzen, sowie gesellschaftliche Rahmenbedingungen für die Entstehung solcher Bilder zu kennen und zu reflektieren”
Kritik Interkulturelle Kompetenz: löst differenzsensible und diskriminierungskritische Haltung aus
alternative Begriff Diversität: mehr als migrationsbedingte Heterogenität (auch Geschlecht, Alter, sexuelle Orientierung, Behinderun), aber keine Wertschätzung
Intersektionalität: Diversitätsdimension, schwer vermittelbar für Praxis
neu vorhanden sind im Studium: Pflicht- und Wahlpflichtanteile zur Befassung mit Heterogenität in der Schule, Vertiefungsseminare migrationsbedingter Heterogenität
aber Inhalte immernoch begrenzt auf die Betrachtung der Lebens- und Bildungssituation von Migranten
Wunsch: professionelle Reflexion von Vorannahmen über Handeln in migrationsgesellschaftlich geprägten Schulsituationen
Schulbuchforschung; Handbuch interkultureller Pädagogik
Einleitung:
moderne Schulbuchforschung in DE beginnt nach WWII
Ziel: Verständigung zwischen den ehemals verfeindeten Nationen im Kontext der sich herausbildenden Nachkriegsordnung (gekennzeichnet durch nationale Stereotypen und Blockspaltung)
politsches Projekt der Völkerverständigung; Umsetzung mittels wissenschaftlicher Forschung
zu Beginn: Einrichtung bilateraler Schulbuchkommissionen
1975: Gründung des Georg Eckert Instituts für Schulbuchforschung (GEI)
6.1. Schulbuchforschung
Schulbücher repräsentieren institutionell geprüftes und politisch legitimiertes Wissen und vermitteln Normen und Werte auf pädagogische Weise
Akteure aus verschiedenen Bereichen (Wissenschaft, Politik, Wirtschaftund Bildung) mit unterschiedlichen Interessen und Vorstellungen hinsichtlich der zu vermittelnden Inhalte sind daran beteiligt
neue Trends (seit 2000): Digitalisierung und curriculare Reformen
seit 1970er: immer auch eine Debatte über Methoden (Folge der Kritik des lange währenden inhaltsanalytischen Methodenhedonismus) -> Plädoyer für interdisziplinäre Erforschung von Schulbüchern
Öffnung seit 2000 für neue Methoden/Ansätze: Bildtheorie, Diskursanalyse, Ansätze der Ethnographie und Textlinguistik
Kritik:
normativ gehaltene Wirkungsvorstellungen in der Schulbuchforschung, statt dass diese systematisch überprüft werden
Fehlen einer (Gegenstands-) Theorie des Schulbuches (es liegen jedoch erste Ansätze vor)
6.2. Migrant*innen als Gegenstand der Schulbuchforschung in Deutschland
Schulbücher 1970 – 1997
Migration, Arbeitsmigrant*innen, Geflüchtete, Asylsuchende usw. lange Zeit kaum präsent bzw. maximal als „Störfaktor in einem immer noch als ethnisch homogenen Nationalstaat“ dargestellt
Türk*innen als Gruppe ausländischer Arbeitsmigrant*innen, denen Deutsch am fremdesten erscheint → Gleichsetzung von Zugewanderten und Türk*innen
Betonung der „Andersartigkeit“ (Hinweise auf andere Sitten und Bräuche), Verhaftet-sein in ihrer vormodern-religiösen, vormodernen Herkunft (Dorf, Schafe, Subsistenzwirtschaft) agrarisch geprägten „Kultur“, religiösen Differenz (christlich-europäisch vs. islamisch) → Ableitung eines Kulturkonflikts
Eingewanderte primär in der Opferrolle (soziale Probleme, Kulturdifferenz) dargestellt
bedeutende Übereinstimmung von Bildern, Graphiken, Texten und inhaltlichen Aussagen zu Migrant*innen in Massenmedien und Schulbüchern
Dominanz der national-kulturellen wir/sie-Differenz (räumlich „hier/dort“ und zeitlich-kulturell „vormodern/modern“ verstärkt)
Gleichsetzung von Migrant*in und Türk*in und von „türkisch“ und „islamisch“
6.3. neuere Schulbücher
Zugewanderte als Expert*innen ihrer eigenen Kultur → Kulturdifferenz nicht mehr nur als fremd, sondern auch als Bereicherung thematisiert
Leitdifferenz modern/vormodern als Differenzmarkierung von muslimisch-außereuropäisch vs. christlich-europäisch weiterhin präsent
Schulbuchdarstellungen werden nicht aktuellen Ansprüchen interkultureller Bildung gerecht
pauschalisierende oder polarisierende Darstellungen von Islam und Muslimen werden transportiert
stereotype und negative Repräsentationen werden zu einem Bedrohungsszenario verdichtet
Migration inzwischen als globales Phänomen dargestellt, ABER die Vielfalt der Motive und Verläufe ist für die SuS nicht erkennbar
Integration als notwendig, aber real als primär schwierig umsetzbar und problembehaftet
6.4. Spezink der Migrant*innendarstellung
verschiedene Differenzlinien: Kultur bzw. Ethnizität, soziale Herkunft, Geschlecht, Religion, Alter usw. führen zu:
unterschiedliche, individuelle und kollektive Positionierungen; Legitimierung von Ein- und Ausschlüssen und Hierarchisierungen
Erweiterung des dichotom gefassten Verhältnisses von „Einheimischen“ und „Zugewanderten“
4 Hauptlinien:
national-kulturelle und ethnische Unterscheidungen
religiöse Differenzierungen
Geschlechterdifferenz*
vormodern/modern*
*oft kombiniert (Großfamilien, Frau = Hausfrau vs. Kleinfamilien, beide Elternteile berufstätig)
Bildungssprache und durchgängige Sprachbildung
Deutungen des Begriffs Bildungssprache
alltagssprachlich: „hohe“ oder „reine“ Sprache; Aussprache der Gebildeten
Gegensatz zur Mundart
Mundart: Sprache der gesellschaftlichen Unterschichten
Vorstellung von einer „besseren“ und einer „schlechteren Sprache“
Geringschätzung der Menschen, die die „schlechtere Sprache“ benutzen
Spektrum von Auffassungen
„Sprache, in der Bildung in Institutionen vermittelt wird“
„dasjenige Sprachregister, mit dessen Hilfe man sich mit den Mitteln der Schulbildung ein Orientierungswissen verschaffen kann“
6.1. Bildungssprache im Kontext der Schulleistungsforschung
unzureichende Beherrschung der Schul- und Unterrichtssprache gehört zu den Ursachen für Leistungsunterschiede (PISA, IGLU/PIRLS, TIMSS)
unzureichende Lesekompetenz (Deutsch) wirkt sich negativ auf die Leistungschancen in Mathematik und naturwissenschaftlichen Fächern aus
schlechte Leistungsergebnisse hängen sowohl mit dem Gebrauch einer anderen Familiensprache als Deutsch als auch mit einem geringen formalen Bildungsstand der Familie zusammen
auch der Unterricht spielt eine Rolle dabei, welche für die schulische Leistungsfähigkeit relevanten sprachlichen Fähigkeiten Kinder und Jugendliche erwerben
6.2. Grundlagen für ein neues Verständnis von Bildungssprache
nicht das Verfügen über eine für alltägliche Kommunikation taugliche Sprachkompetenz (Alltagssprache) ist für den schulischen Erfolg entscheidend, sondern der Besitz spezifischer sprachlicher Fähigkeiten (Bildungssprache)
Bildungssprache
bestimmter Ausschnitt sprachlicher Kompetenz
formelles Register
Art und Weise Sprache zu verwenden, die bestimmte formale Anforderungen beachtet
an Regeln der Schriftsprache orientiert
Verwendung: Lernaufgaben, Lehrwerken, Unterrichtsmaterial, Prüfungen, Unterrichtsgespräche
Register, dessen Beherrschung von „erfolgreichen Schüler*innen“ erwartet wird → schwingt nur implizit (!) mit, für Kinder mit DaZ/DaF schwer zu erfüllen
alltagssprachliche Situationen: Bezug auf einen gemeinsamen Kontext (Hier und Jetzt) → Verwendung
bspw. deiktischer Mittel
bildungssprachlicher Kontext: Bezug auf Inhalte, die sich nicht im unmittelbaren, gemeinsamen Erlebniskontext befinden → sprachliche Mittel müssen präzise gewählt werden
6.3. Deutsch als Bildungssprache – erste empirische Befunde
Register Bildungssprache unterscheidet sich auf lexikalischer, morphosyntaktischer und textlicher Ebene von anderen Sprachregistern, wie z.B. Alltagssprache
Ansatz zur Systematisierung von Bildungssprache
Diskursive Merkmale: betreffen den Rahmen und die Formen, die kennzeichnend für Bildungssprache sind
Festlegung von Sprecher*innenrollen und -wechsel
hoher Anteil monologischer Formen (Vortrag, Referat, Aufsatz)
fachgruppenspezifische Textsorten (Protokoll, Bericht, Erörterung)
stilistische Konventionen (Sachlichkeit etc.)
lexikalisch-semantische Merkmale: beziehen sich auf Eigenarten des Wortschatzes und einzelne Bedeutungen
differenzierende und abstrahierende Ausdrücke (nachoben transportieren statt raufbringen)
Präfixverben (erhitzen, sich entfalten)
nominale Zusammensetzungen (Winkelmesser)
normierte Fachbegriffe (rechtwinklig, Dreisatz)
syntaktische Merkmale: beziehen sich auf Besonderheiten im Satzbau
explizite Markierungen der Kohäsion
Satzgefüge (Konjunktionalsätze, Relativsätze)
unpersönliche Konstruktionen
Funktionsverbgefüge (zur Explosion bringen,in Betrieb nehmen)
umfängliche Attribute
lernförderliche Auswirkung des Zugangs zur Schrift in Herkunfts- und Zweitsprache (positive Übertragungseffekte)
Bildungssprachlich kompetente Schüler*innen können sich auf spezifische sprachliche Anforderungen einstellen
6.4. Sprachliche Bildung als Querschnittsaufgabe von Schule und Unterricht
Durchgängige Sprachbildung: Kooperationen und Brückenschlägen zwischen verschiedenen Beteiligten
vertikale Verbindungsstellen: bildungsbiographische Übergänge (Elemantar- → Primar- → Sekundarbereich → Beruf); im Laufe der Bildungsbiographie steigen die sprachlichen Anforderungen
horizontale Verbindungsstellen: Beziehungen zwischen
den Sprachen unterschiedlicher Fächer und Lernbereiche
den Sprachen schulischer, schulbegleitender und außerschulischer Lehr-Lern-Situationen
unterschiedlichen Sprachen
Gesamtkonzepte sprachlicher Bildung, die eine Zusammenarbeit und ein Zusammenwirken der Beteiligten und Verantwortlichen über die Verbindungsstellen hinweg einschließen
Herausforderungen an alle Fächer
Explizitheit: Register der Bildungssprache wird thematisiert; Unterschiede; Verwendungsgründe
Berücksichtigen von Mehrsprachigkeit: Bildungsvoraussetzungen beachten (Faktor Zeit; Erstsprachen einbeziehen)
Bezug auf Bildungsstand und Schriftorientierung des Elternhauses: Schriftnähe der Familien stärken → höhere Chancen, dass die Kinder auch eigenaktiv der bildungssprachlichen Kompetenz näherkommen
Sprachliche Sensibilität und Vorbildfunktion der Lehrkräfte: Gesprächsverhalten am Können der Kinder ausrichten, hohe Redeanteile der Schüler*innen, Respekt und Wertschätzung, Fehler werden konstruktiv aufgegriffen
6.5. Zusammenfassung
Doppelaufgabe für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund
eine Sache lernen
UND die Sprache zur Sache, i.d.R. die Zweitsprache, lernen
Zweisprachigkeit nicht per se Lernerschwernis, bedarf aber spezifischer Bedingungen (z.B. (Lern-) Zeit)
konsequente Vermittlung bildungssprachlicher Fähigkeiten erfordert eine Durchgängige Sprachbildung
setzt systematische und kooperative Anlage eines Gesamtkonzeptes voraus, das neben Lehrer*innen auch weitere Partner*innen miteinbezieht, z.B. die Eltern
Zuletzt geändertvor einem Jahr