Buffl

Ingenierpsychologie

KB
von Karl B.

Einschränkungen des SSTS-Modells Sonderfälle

(A) Bottom Up

(1) Erschöpfende suche bei unbekannter Anzahl an Zielreizen (jedes Item wird gescannt)

(2) Parallele suche bei Klassifikation des Zielreizes anhand einer einzelnen salienten Dimension (z.B. Farbe) - auch genannt target popout - hier wird der Vorteil von z.B. grellen Farben deutlich

(3) Conjunction Search: Kombination aus verschiedenen Merkmalen im Zielreiz erschwert die parallele Suche (z.B. Farbe und Form) - ein rotes L finden zwischen roten und schwarzen L’s und T’s

(4) Serielle Suche ist umso schwerer, je ähnlicher sich Zielreiz und Distraktoren sind (z.B. abgeschnittenes T)

(5) Suche ist leichter, wenn die Distraktoren homogen sind (L zwischen T’s finden vs. zwischen vielen versch. Symbolen & Buchstaben)

(6) Suche ist leichter, wenn Zielreiz durch Präsenz, und nicht Absenz eines kritischen Merkmales definiert ist (Q zwischen O finden vs. O zwischen Q finden)

(7) Abstand zwischen Stimuli relativ unerheblich (in gewissen Grenzen)

  • bei größeren Abständen mehr Zeit für Blickbewegungen bzw. UFOV-Verschiebungen erforderlich

  • bei geringeren Abständen Interferenzen zwischen verschiedenen Stimuli, die wiederum in längeren Inspektionszeiten resultieren

(8) Suche nach mehreren verschiedenen Zielreizen (z.B. „T oder O“) ist schwieriger als Suche nach nur einem Typ von Zielreiz

  • Ausnahme: Zielreize weisen beide das gleiche kritische Merkmal auf, dass sie von den Distraktoren unterscheidet (z.B. „T oder L unter Distraktoren O, U und S“)

(9) Intensives Training – funktioniert speziell wenn Zielreiz(e) immer identisch sind, und nie als Distraktoren auftreten („consistent mapping“)

Einflussgrößen auf Wechsel 1 & 2

Nennen Sie die Einflussgrößen auf Wechsel 1 (Wechsel von Primär- auf Sekundär) - ERMTTBS


Nennen Sie die Einflussgrößen auf Wechsel 2: (Wechsel zurück auf Primäraufgabe) - BLUÄ



Einflussgrößen auf Wechsel-1 (kontinuierliche Primäraufgabe zu Nebenaufgabe)


(1) „Engagement“ in Primäraufgabe

  • Je gebundener man in Primäraufgabe ist, desto schwerer/unwahrscheinlicher wird Wechsel zur Nebenaufgabe (z.B. „cognitive tunneling“)

  • Eigenschaften/Faktoren von Engagement?

    • Inhärentes Interesse an Aufgabe (bzw. interessante Details/Merkmale - Immersion)

    • +Workload (und Stress) in Primäraufgabe


(2) Relevanz der Primäraufgabe

  • Je bedeutsamer die Primäraufgabe (bzw. deren korrekte Ausführung), desto

    später bzw. unwahrscheinlicher der Aufgabenwechsel

(3) Modalität der Aufgabe

  • Auditive Aufgaben (mit flüchtiger Information) werden länger aufrechterhalten bzw. werden eher gestartet als Aufgaben, deren Informationen nicht leicht verloren gehen

(4) Teilziele

  • Aufgaben werden tendenziell eher dann unterbrochen, wenn bestimmte Teilaufgaben abgeschlossen sind (z.B. Unterbrechung nach Absatz besser)

  • Designimplikation: z.B. Hinweise/Unterbrechungen wie „neue Nachricht“ besser nach Erreichen von Teilzielen darbieten

(5) Temporäre Instabilität des Systems (kritische Dynamik)

  • Dynamik der Primäraufgabe (d.h. Veränderlichkeit der Bedingungen) kann dazu führen, dass in bestimmten Situation ein Aufgabenwechsel eher oder eher nicht erfolgt (z.B. wenn Querbeschleunigung od. laterale Geschwindigkeit gerade hoch bei Fahrzeugsteuerung)

(6) Bewusste Verzögerung

  • Um letzten aktuellen Arbeitsschritt in der Primäraufgabe a) zu memorieren oder b)

    zu markieren

(7) Salienz der Nebenaufgabe

  • Je auffälliger, desto wahrscheinlicher die Aufmerksamkeitszuwendung

  • Z.B.: taktile & auditive Unterbrechungen typischerweise salienter als visuelle

    • Designimplikation: z.B. Unterbrechungswirkung auditiver/taktiler Signale beachten

Einflussgrößen auf Wechsel-2 (zurück zu Primäraufgabe) – resumption lag & Fehlerfreiheit des Rückwechsels

(1) Bewusste Verzögerung vor Wechsel 1, um Aufgabe am richtigen Arbeitsschritt fortzusetzen = flüssigerer Rückwechsel

(2) Lange/komplexe Nebenaufgaben erschweren die Rückkehr ̶ Z.B. Zerfall von Zielrepräsentationen bzgl. Primäraufgabe durch Länge & Schwierigkeit des Rehearsals (freie Ressourcen trotz Nebenaufgabe)

(3) Unterbrechung der Sichtbarkeit der Primäraufgabe erschwert Rückkehr

  • Z.B. räumliche Entfernung (des Blicks) von Primäraufgabe während Nebenaufg.

(4) Ähnlichkeit zwischen Aufgaben erschwert Rückkehr

  • Verwechslung von Material / Überlagerungen im Arbeitsgedächtnis


Belastungsfaktoren – 4 Oberkategorien & Beispiele


A (1,2,3,4,5)

B(1,2,3,4,5)

C(1,2,3,4,5,6)

D(1,2,3)



(A) Anforderungen der Aufgabe

(1) Daueraufmerksamkeit

  • längere Beobachtung Radarschirm

(2) Informationsverarbeitung

  • Anzahl/Art der zu entdeckenden/identifizierenden/verarbeitenden Signale, Schlüsse ziehen aus unvollständigen Informationen, Entscheidung zw. alternativen Handlungsweisen

(3) Verantwortlichkeit

  • Für Gesundheit und Sicherheit von Mitarbeitern, für Produktionsverluste

(4) Dauer, zeitliches Muster, zeitliche Lage der Tätigkeit

  • Arbeitszeit, Ruhepausen, Schichtarbeit

(5) Gefahren

  • Untertagearbeit, Verkehr, Umgang mit Explosivstoffen


(B) Physikalische Bedingungen

(1) Beleuchtung

  • Leuchtdichte, Kontrast, Blendung

(2) Klimabedingungen

  • Temperatur, Feuchte, Luftbewegung

(3) Lärm & Vibrationen

  • Schalldruck, Frequenz, zeitliche Verteilung (Lärm) & Frequenz, Amplitude (Vibrationen)

(4) Wetter

  • Regen, Sturm

(5) Gerüche

  • Stechend, ekelerregend, blumig


(C) Soziale & organisatorische Faktoren

(1) Organisationstyp

  • Führungsstruktur, Kommunikationsstruktur

(2) Betriebsklima

  • Persönliche Akzeptanz, zwischenmenschliche Beziehungen

(3) Gruppenmerkmale

  • Gruppenstruktur, Zusammenhalt

(4) Führung

  • Kontrollspanne

(5) Konflikte

  • Zwischen Gruppen/Einzelpersonen

(6) Soziale Kontakte

  • Isolierter Arbeitsplatz, Interaktion mit Kunden und Patienten


(D) Gesellschaftliche Faktoren (außerhalb Organisation)

(1) Gesellschaftliche Anforderungen

  • Verantwortlichkeit für die öffentliche Gesundheit oder das Gemeinwohl

(2) Kulturelle Normen

  • Akzeptable Arbeitsbedingungen, Werte, Normen

(3) Wirtschaftliche Lage

  • Arbeitsmarkt


Beanspruchungsfolgen – Kategorien & Kernkonzepte (bes. Begriffe Ermüdung, Monotonie, Sättigung)

(A) Förderliche kurzfristige Effekte

(B) Förderliche langfristige Effekte

(C) Beeinträchtigende kurzfristige Effekte

(D) Beeinträchtigende langfristige Effekte

(A) Förderliche kurzfristige Effekte

Aufwärmeffekt – bald nach Beginn einer Tätigkeit wird diese Tätigkeit mit weniger Anstrengung als am Anfang ausgeführt

Aktivierung – „innerer Zustand mit erhöhter psychischer und körperlicher Funktionstüchtigkeit“ (es gibt ein optimales Level der Aktivierung)

Lernen & Übungseffekt – kurzfristige Folge – aber dauerhafte Änderung im Verhalten


(B) Förderliche langfristige Effekte

̶ Kompetenzentwicklung – „ Neuerwerb, Festigung, Verbesserung und/oder Ausdifferenzierung psychischer, emotionaler und motorischer Fähigkeiten und Fertigkeiten“


(C) Beeinträchtigende kurzfristige Effekte

Psychische Ermüdung – „vorübergehende Beeinträchtigung der psychischen und körperlichen Funktionstüchtigkeit“

  • Verlust Leistungsfähigkeit nur durch Erholung (Pause) kompensierbar

Monotonie – „langsam entstehender Zustand herabgesetzter Aktivierung, der hauptsächlich mit Schläfrigkeit, Müdigkeit, Leistungsabnahme und - schwankungen, Verminderung der Umstellungs- und Reaktionsfähigkeit sowie einer Zunahme der Schwankungen der Herzschlagfrequenz einhergeht“

  • Z.B. bei Radarüberwachung

  • Unterschied Ermüdung: Effekt verschwindet bei Wechsel Tätigkeit/Anforderung

Sättigung – „Zustand der nervös-unruhevollen, stark affektbetonten Ablehnung einer sich wiederholenden Tätigkeit oder Situation, bei der das Erleben des Auf- der-Stelle-Tretens oder des Nicht-weiter-Kommens besteht“

• Symptome wie Ärger & Leistungsabfall – Unterschied Monotonie: höhere Aktivierung


(D) Beeinträchtigende langfristige Effekte

  • Burnout-Syndrom


Zentrale Effekte im Kontext…

  • Over-Trust (2 Effekte) und

  • Under-Trust (1 Effekt)


Zentrale Effekte im Kontext Over-Trust

(1) Complacency – Nachlässigkeit


Auswirkung:

  • Aufgrund hoher Reliabilität unzureichende Überwachung des Systems

Bewertung:

  • Kurzfristig bzw. die meiste Zeit ressourcenschonend

  • Bei Automatisierungsfehlern allerdings problematisch

Einflussfaktoren:

  • (1) Zuverlässigkeit:

    • Je zuverlässiger die Automatisierung (unterhalb von 100%), desto höher das Vertrauen, und desto größer die Gefahr von Complacency

  • (2) Beanspruchung (Workload):

    • Complacency häufig in Situationen, in denen mehrere Aufgaben parallel bearbeitet werden müssen (Multitasking), und eine der Aufgaben durch Automatisierung unterstützt oder ganz übernommen wird = Reduktion von Beanspruchung

    • Teilweise rational (wenn nahezu perfekt, warum überwachen?)


(2) Kompetenzverlust & out of the loop unfamiliarity

  • (zu) häufige Nutzung automatischer Funktionen führt zu Verlust zuvor erworbener Kompetenzen (besonders bzgl. manuelle Kontrolle)

  • Z.B. Autopiloten, Parkassistenten

  • Out of the loop Effekt:

    • Nutzer nicht mehr mit allen ablaufenden Prozessen vertraut

    • Bzw. hat unzureichende Kenntnis über aktuelle Prozesse

    • Mit Folgen für die Detektion von Fehlern und die darauffolgende Reaktion

    • Design-Implikation:

      − Suche nach optimalem Level Automatisierung – „out of the loop“ möglichst gering und gleichzeitig Workload möglichst reduzieren



Zentrale Effekte im Kontext Under-Trust

(1) First Failure Effekt

  • Erleben von Fehlern (speziell „first failure“) führt häufig zu sehr starker Abnahme im Vertrauen & zur Nicht-Nutzung von Automatisierung

  • Z.B. falscher Alarm – automatisierte Hinweissysteme die fälschlich Warnung ausgeben

    • Vertrauen geht zurück

    • Warnung wird von Nutzer ganz ignoriert/abgestellt

  • Problem: Automatisierung häufig trotz Fehlern effektiver bzw. effizienter als dauerhafte manuelle Ausführung

    • Zahlreiche Beispiele für Unfälle weil Warnungen ignoriert/abgestellt


Author

Karl B.

Informationen

Zuletzt geändert