Rechtsquellen des Bundesverfassungsrecht
-Bundesverfassungsrecht verstreut in zahlreichen Verfassungsrechtsquellen
-B-VG
-Sonstige Bundesverfassungsgesetze
-In einfachen Gesetzen enthaltene Verfassungsbestimmungen
-Im Verfassungsrang stehende Staatsverträge
B-VG
-Kernstück des Bundesverfassungsrechts
-Stamm B-VG
-enthält wichtige Bestimmungen über Staatsorganisation
-aber nicht gesamte formelle Bundesverfassungsrecht
Sonstige Bundesverfassungsgesetze
-erlaubt weitere (neben dem B-VG geltende) Bundesverfassungsgesetze zu erlassen wie zB
-Staatsgrundgesetz
-Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten
-BVG über Neutralität Ö
-Finanz-Verfassungsgesetz usw
In einfachen Gesetzen enthaltene Verfassungsbestimmungen
-um B-VG Regelungen oder Grundrechtsbestimmungen zu ergänzen oder um Ausnahmen hiervon zu normieren
Im Verfassungsrang stehende Staatsverträge
-heute dürfen nicht mehr abgeschlossen werden
-von damals noch: im Verfassungsrang stehende Staatsverträge (EMRK) sowie Einzebestimmungen in Staatsverträgen die als verfassungsändernd genehmigt wurden
Staatszielbestimmungen
-normieren Staatsziele, Verfassungs- bzw Gesetzgebungsaufträge, die für Gesetzgebungsorgane in aller Regel aber für alle Verfassungsorgane in Bund und Ländern und Gemeinden verbindlich sind
-normieren inhaltliche Vorgaben, die Staatsorgane bei ERfüllung ihrer Aufgaben zu berücksichtigen haben
-normieren kein unmittelbar justiziables Recht
-werden als Interpretationshilfe bei Auslegung anderer Rechtsvorschriften herangezogen
Bundesverfassungsrecht als Spielregelverfassung mit vereinzelten Staatszielbestimmungen
-durch nachträgliche Erlassungen verfassungsrechtlicher Nebengesetze wurden STaatsziele in Form von "Bekenntnissen” nachträglich in das Verfassungsrecht eingebaut
Wichtige Staatszielbestimmungen
-Gewährleistung der Gleichstellung von MEnschen mit Behinderung
-tatsächliche Gleichstellung von Mann und FRau
-umfassende Landesverteidigung
-Prinzip der Nachhaltigkeit bei Nutzung natürlicher Ressourcen
Art der Grundprinzipien
a) Grundprinzipien als konkretisierungsbedürftige Verfassungsgrundsätze
b) Geltende Grundprinzipien
c) Verfassungsgrundsätze, die keine Grundprinzipien sind
-Ob Verfassungsgrundsatz zu Grundprinzipien, ergibt sich nicht aus programmatischen VErankerung, sondern daraus on verfassungsrechtliche Grundsatzentscheidung durch andere Verfassungsvorschriften entfaltet bzw konkretisiert wird
b) geltende Grundprinzipien
-demokratisches Prinzip
-rechtsstaatliches Prinzip
-liberales Prinzip
-republikanisches Prinzip
-bundesstaatliches Prinzip
-gewaltentrennendes Prinzip
-Gemsamtheit wird als verfassungsrechtliche Grundordnung bezeichnet
zB Sozialstaatsprinzip oder antinationalsozialistisches Prinzip
rechtliche Bedeutung der Grundprinzipien
-sie sind Kriterien für eine "Gesamtänderung der Bundesverfassung”
-Maßstab für die Prüfung von Bundesverfassungsrecht
-und Interpretationshilfe
Kriterien einer Gesamtänderung
a)Gesamtänderung
-Art 44 Abs 3 B-VG ist jede “Gesamtänderung der Bundesverfassung” nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahren einer ABstimmung durch das gesamte Bundesvolk zu unterziehen = obligatorische Volksabstimmung
-Volksabstimmung ist dringend geboten
-nur erschwärt zu beschließen= Beschluss des parlamentarischen Bundesverfassungsgesetzgebers und Zustimmung des Bundesvolkes erforderlich
Teiländerung
-einer Abstimmung zu unterziehen wenn ein Drittel des NR oder des BR dies verlangt = fakultative Volksabstimmung
-für Teiländerung genügt Beschluss des parlamentarischen Verfassungsgesetzgebers
b) Begriff der Gesamtämderung
-Austausche der Verfassungsurkunden ohne gravierende inhaltliche Änderungen ersetzt= Gesamtänderung im formellen Sinn
-Änderung eines bestehenden Grundprinzips=Gesamtänderung im materiellen Sinn
-B-VG differenziert nicht Gesamtänderung daher formell und materiell zu verstehen
c) Abgrenzungsprobleme beim materiellen Begrifssverständnis
Zweck der doppelten Schichtung
-zentrale Grundsätze durch einfaches BVG zwar gestaltet, aber weder förmlich beseitigt noch gravierend geändert werden dürfen
d)EU Beitritt als Gesamtänderung
-über EU-Beitritt war Volksabstimmung abzuhalten
-positives Ergebnis= EU-Beitrittsverträge konnten abgeschlossen werden
-gravierender Eingriff in das demokratische Prinzip -> dass Ö Gesetzgebungsorgane bei Erlassung von Gesetzen an einschlägige Unionsrechtsakte (zB Richtlinien) gebunden sind
Maßstab für einfaches Bundesverfassungsrecht
-formelle BVR als zweischichtige Verfassungsrechtsordnung
1.verfassungsrechtliche Grundordnung
2.dem sonstigen einfachen Bundesverfassungsrecht
Wegen erschwerten Erzeugungsverfahrens…
können Grundprinzipien als höchstrangige Rechtsvorschriften qualifiziert werden
-übergeordnet dem sonstigen Bundesverfassungsrecht wie dem Gesetzesrecht
-alle Rechtsvorschriften müssen in Übereinstimmung mit den Grundprinzipen erzeugt werden
-Widerspricht es= verfassungswidriges Bundesverfassungsrecht
Interpretationshilfe
Verfassungsvorschriften im Zweifel so auszulegen, dass Widerspruch mit Grundprinzipien vermieden wird = prinzipienkonforme Interpretation
Inhalt der Grundprinzipien
ist durch systematische Interpretation der ein Grundprinzip konkretisierenden Verfassungsbestimmungen zu ermitteln
Inhalt in Stichwortform der einzelnen Grundprinzipien
Republik- Stellung des Staatsoberhauptes
Demokratie- Art und Weise der Staatswillensbildung/Rechtserzeugung
Rechtsstaat-BEschränkung/Zügelung der Regierungs-bzw Vollziehungsgewalt
Bundesstaat- organisatorische Untergliederung des Staates einschließlich horizontaler Aufteilung der Staatsgewalt
Gewaltentrennung- Aufteilung der Staatsgewalt auf voneinander unabhängige Organapparate
Republikanisches Prinzip
-Art 1 B-VG
-nicht Monarchie
-Stellung des Staatsoberhauptes
-republikanisches Gemeinwesen: staatsorgan muss sich um Vertrauen des Volkes bemühen
-kein Organ steht außerhalb von Gesetz und Verfassung
republikanisches Staatsoberhaupt
zeitlich befristete Amtsperiode
rechtliche und politische Verantwortlichkeit
republikanisches Prinzip: Konkretisierung im BVG
-6 jährige Funktionsperiode des BPräs
-einmalige unmittelbare Wiederwahlmöglichkeit
-politische und rechtliche Verantwortlichkeit
Demokratisches Prinzip
=Volksherrschaft
-Herrschaftsform zieht Rechtfertigung aus Gedanken der Freiheitssicherung
-Ausübung staatlicher Macht soll auf den Willen jener Person zurückgeführt werden, über die Macht ausgeübt wird
-Demokratie bedingt in rechtlicher Perspektive die Beteiligung der Rechtsunterworfenen an der Rechtserzeugung in Form der Gesetzgebung der Rsp und der Verwaltung
Volssouveränität
Rückführung aller Staatsgewalt auf Volkswillen
Mehrheitsprinzip
Rechtsnormen die vom Willen der Mehrheit der Bürger getragen sind sollen gelten
Achtung vor Tyrannei der Mehrheit vielfälige Vorkehrungen zum SChutz der Minderheit (zB Grundrechte als Schranken für den Gesetzgeber; zwei Drittel Mehrheit bei Beschlussfassung
Plebiszitäre und repräsentative Demokratie
plebiszitäre Demokrtie= direkte, unmittelbare Demokratie
=wenn Rechtsunterworfene unmittelbar an der staatlichen Willensbildung teilhaben
repräsentative Demokratie=indirekte mittelbare Demokratie
= Rechtsunterworfene nehmen nicht unmittelbar an der Willensbildung teil sondern durch Wahl der Repräsentanten Bsp: Bundesvolk wählt Abgeordneten zum NR; NR erzeugt die Gesetze
Demokratie Konzept des B-VG
Zentrale Willensbildung durch Gesetzgebungsorgane(NR; LT) und Wahl derselben durch das Volk
Parlamentarische Kontrolle und Verantwortlichkeit oberster VwORgane
-Grundstruktur der Vw (Art 20 Abs 1 B-VG) ist wichtiger Teilsaspekt des demokratischen Prinzips
-obersten VwOrgane sind für Tätigkeit den gesetzgebenden Organen gegenüber verantwortlich
Gleichheit der Staatsbürger vor dem Gesetz
-zentrales Strukturelement
-in allgemeinen Bestimmungen verankert Art 7 B-VG
-allen Staatsbürgern wird gleichberechtigte Teilnahme an demokratischen Wahlen und Ausübung sonstiger politischer Rechte gewährt
ebenso sind auch öffentliche 'Ämter gleich zugänglich und gleiche BEteiligung an Willensbildungdprozess garantiert
Elemente einer unmittelbaren Demokratie
-Mitwirkung des Volkes an der Gerichtsbarkeit durch Schöffen und Geschworene (Art 91 B-VG)
-Mitwirkung des Volkes an der Gesetzgebung durch Volksabstimmung, Volksbegehren, Volksbefragung
Repräsentative/parlamentarische/parteienstaatliche Demokratie
-Rechtserzeugung durch gewählte Repräsentativorgane
-B-VG dem Konzept der repräsentativen Demokratie verpflichtet dennoch durch direktdemokratische Elemente ergänzt aber stets mit Repräsentativsystem verbunden bleiben
-B-VG Konzept der parlamentarischen Demokratie verpflichtet aber auch Züge eines Präsidialsystems (Volkswahl des BPRäs)
-Bundesverfassung ermöglicht freie Gründung politischer Parteien und erlaubt diesen eine umfassenden BEeinflussung der staatlichen Willensbildung durch Teilnahme an Wahlen parteienstaatlichen Demokratie in Form einander konkurrierenden Parteien =Mehrheitsparteiensystem
Rechtsstaatliches Prinzip
-Rechtsstaat und Demokratie verfolgen dasselbe Ziel; Sicherung von Freiheit und Gleichheit der Bürger
-es geht um Zügelung staatlicher Vollziehungsgewalt
-Zentrale rechtsstaatliche Forderung ist Bindung der Vollziehung an das demokratisch erzeugte Gesetz
-staatliche Willkürakte sollen ausgeschlossen werden
-allgemeines Gesetz soll notwendige Grundlage jeder Vollziehungstätigkeit sein
-auch Staat selbst ist an das Gesetz gebunden und diese Bindung ist gerichtlich durchsetzbar
liberaler Rechtsstaat
bestimmte Zielvorstellungen: vorhersehbarkeit staatlicherer Vollziehungstätigkeit
Gleichbehandlung der Bürger durch Vollziehungsbehörden
Ausschluss staatlicher Willkür
Freiheitssicherung für den Bürger
sozialer Rechtsstaat
staatliches Handeln soll Herbeiführung sozialer Gerechtigkeit dienen
Dazu soll Staat Menschen in sozialer Notlage materiell unterstützen (zB Mindestsicherung)
umfassendes Sozialstaatsprinzip ist im B-VG nicht verankert
Wesentliche Inhalte des Rechtsstaatsprinzips
VfGH hat dem Schutz der Bürger vor behördlicher Willkür dienende Rechtsgrundsätze abgeleitet
Kundmachung->genereller Rechtsvorschriften in allgemein zugänglichen Rechtserkenntnisquellen
Zugnglichkeit
Verständlichkeit von Rechtsvorschriften-> fordert Mindestmaß an Zugänglichkeit und Verständlichkeit
Kontrolle der VwORgane
um gesetzeskonforme und willkürfreie Vollziehungstätigkeit zu gewährleisten soll durch rechtsstaatliche Hauptelemente erreicht werden
Legalitätsprinzip Art 18 B-VG
gerichtliche Kontrolle Verwaltungshandelns durch VwG Art 130 B-VG
VwGH Art 133 B-VG
VfGH Art 139, 144 B-VG
System von Rechtsschutzeinrichtungen; effektiver Rechtsschutz
alle AKte staatlicher Organe im Gesetz und in Verfassung begründet sein müssen -> System von Rechtsschutzeinrichtungen bieten Gewähr dafür, dass rechtlichen Existenz als dauernd geischert erscheinen, die in Übereinstimmung mit den ie bedingenden AKten höherer Stufe erlassen werden
Rechtsschutzgarantie wird ergänzt durch Forderung nach Mindestmaß an faktischer Effektivität des Rechtsschutzes
Grundrechtesystem
-Freiheit des Individuums gegenüber Staates bildet System der Grundrechte
es gewährleistet Handlungsfreiraum, in den Staatsorgane nicht eingreifen dürfen
Grundrechte bewirken Selbstbeschränkung des Staates
Gesamtsystem der Grundrechte als liberales Prinzip qualifiziert
Bundesstaatliches Prinzip
-Zusammenschluss von Gliedstaaten zum Gesamtstaat es geht um Zusammenschluss mehrerer Staaten zu einem weiteren Staat
-Bundesstaat vereinigt zwei Staatstypen; die Gliedsstaaten (Bundesländer) und die Zusammenschluss der Gliedstaaten (Bund) , den Gesamt(Zentral)Staat
-Souveränität kommt nur Gesamtstaat zu
-Gesamtstaat souverän
-Gliedstaaten teilsouverän
-Staatsfunktionen zwischen Zentralstaat und Gliedstaaten aufgeteilt
Subsidaritätsprinzip
-staatliche Einheit soll jene Aufgaben erfüllen, die in ihrem überwiegenden Interesse gelegen sind und von ihr auch erfüllt werden können
erst wenn kleinere Einheit Aufgabe nicht erfüllen kann, soll Bund sie wahrnehmen
Einheitsstaat
-keine Untergliederung in Zentralstaat und Gliedstaaten
-lediglich einzige Staatsgewalt
-zentral regiert
Kompetenzverteilung
-Aufteilung der Staatsaufgaben auf Bund und Länder
-Ländern muss fester Kern eigenständiger Staatsaufgaben erhalten bleiben
Verfassungsautonomie der Länder
-eig relative Verfassungsautonomie der Länder = Befugnis der Länder zur selbstständigen Gestaltung der Staatsorganisation jedes Landes durch Landesverfassung
-Befugnis aber beschränkt — darf nicht gegen Bundesverfassungsrecht verstoßen
Mitwirkung der Länder an der Staatsgewalt des Bundes
-durch BR
Mitwirkung der Länder an der Vollziehung des Bundes
-wichtige BG werden von LandesVwORganen in mittelbarer Bundesverwaltung vollzogen
Föderalistische Finanzordnung
bundesstaatliche Kompetenzverteiung muss ergänzt werden durch föderalistische Finanzordnung die eine aufgabengerechte Verteilung der Steur- und Finanzmittel auf Bund und Länder garantiert
-wesentlicher Punkt dabei: Gliedstaaten kommt weitgehende finanzielle Selbstständigkeit gegenüber dem Bund zu
Gewaltentrennendes Prinzip
(materielle) Dreiteilung der Staatstätigkeit durch (organisatorische) Dreiteilung der Staatsorgane ergänzt
-Grundidee: Aufteilung der Staatsmacht auf voneinander unabhängige Organapparate um Beschränkung und Kontrolle staatlicher Macht zur Sicherung der Freiheit des Bürgers zu erreichen und Machtmissbrauch zu verhindern
Gerichte öffentlichen Rechts
-Sichern die Freiheit der Bürger
Gewaltenverschmelzung
-elemente (funktioneller) Gewaltenverschmelzung ohne Weiteres vereinbar, sogar förderlich
-Willensbildung zuständige Staatsorgan bei Erledigung seiner Aufgaben an Zustimmung-, Mitwirkungs- und Kontrollbefugnise anderer Staatsorgane gebunden
-Trennung der Staatsgewalten wird durch System gradueller Gewaltenverschränkung ergänzt, im Sinn einer ausgewogenen Gewaltenbalance im Staat
Formell-organisatorische Gewaltentrennung
dadurch gekennzeichnet, dass die Staatsaufgaben Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit, Verwaltung von voneinander unabhängigen Organapparaten besorgt werden, ohne dass es auf den Inhalt der Staatsaufgaben ankommt
-kann zu willkürlichen Aufgabenübertragung führen, die durch die materielle Gewaltenteilunf vermieden werden sollen
-findet Ausdruck in verschiedenen Verfassungsbestimmungen: im Grundsatz der Trennung der Justiz von der Verwaltung zB
materielle Gewaltentrennung
Aufgaben der Gesetzgebung soll den Gesetzgebungsorganen, die Aufgaben der Verwaltung den VwORganen und die Aufgaben der ordentlichen Gerichtsbarkeit den Gerichtsoragnen
dies soll willkürliche Aufgabenzuweisungen durch Gesetzgeber verhindern
Bundesverfassung entspricht diesem Konzept weitgehend
Zuletzt geändertvor 2 Jahren