Wie kann man den Begriff der Bildungsgerechtigkeit Giesinger zufolge auffassen?
als Bildungsgleichheit
auch als Chancengleichheit
Was versteht Giesinger unter Bildungsgleichheit?
Bildungsgleichheit doppeldeutig:
a) Alle Individuen mit den gleichen Potenzialen
erreichen die gleichen Resultate
b) Für alle Individuen werden (qualitativ)
gleichwertige Bildungsangebote bereitgestellt
Problem: Abhängigkeit des Erreichen von individuellen
Fähigkeiten und Willen, sich Bildung
anzueignen
Was versteht Giesinger unter Chancengleichheit
• Chancengleichheit als Chance auf etwas:
• „Chance“ = Gelegenheit etwas zu tun, ohne
durch äußere Umstände/ Barrieren daran
gehindert zu werden (≠ Wahrscheinlichkeit)
• Eine Person hat eine Chance, wenn sie den
Entschluss trifft, diese wahrzunehmen und in
die Tat umzusetzen ohne dass bestimmte
Hinternisse im Weg stehen
• Chance = Mehr als eine Möglichkeit, weniger
als eine Garantie
• Bildungsgerechtigkeit bemisst sich daran,
inwiefern bestimmte Hindernisse bei der
Erlangung desselben Guts für alle
gleichermaßen nicht bestehen
• Forderung nach Chancengleichheit als
Forderung der Barrierenbeseitigung
Problem: suggeriert Autonomie und
Entscheidungsfreiheit
Was versteht Giesinger unter Bildungsungleichheit
Bildungsungleichheit wäre dann…
a) Zustand, indem Individuen mit den gleichen
Potenzialen unterschiedliche Resultate
erreichen
b) Zustand, indem ungleichwertige
Bildungsangebote bereitgestellt werden
Was versteht Giesinger unter Chancenungleichheit
a) Zustand, indem für einige Personen
unterschiedliche Hindernisse zur Erlangung
desselben Bildungslevels,
Bildungsangebote,… bestehen
b) Einige Personen (sozio-ökonom. Gut
Gestellte SuS zB) die Gelegenheit haben,
gute Schulleistungen zu erbringen, ohne
daran gehindert zu werden
Wie wird der Begriff Bildungsgerechtigkeit in der öffentlichen Debatte verstanden?
Chancengleichheit als Zustand der Ermöglichung der vollen Entfaltung der Anlagen
Welche 4 Hindernisse stehen dem Erreichen von Chancengleichheit entgegen?
Diskriminierung aufgrund unterschiedlicher Merkmale (Art. 3 GG )
Mangel an finanziellen Möglichkeiten (z.B. für Studium, Lernmaterialien…) oder Hürden
(ungleiche Verteilung von Geldern im ländlichen und urbanen Raum)
Primäre Bildung vor Schuleintritt (Erwerb für die Schule relevanter Kompetenzen unterscheidet sich bei Kindern unterschiedlicher sozialer Herkunft mit gleichen natürlichen Potentialen, z.B. hinsichtlich Leistungsbereitschaft)
Mangel an natürlichen Fähigkeiten
Entscheidend für die Beurteilung der Gerechtigkeit/ des Gerichtigkeitsempfinden ist, ob diese Barrieren als moralisch akzeptabel (Selbstverschulden) oder inakzeptabel (Fremdverschulden) gewertet werden
Beschreibe das Standardverständnis von Bildungsgerechtigkeit
• Standardverständnis = in einem gesellschaftlichen Diskurs vorherrschende Lesart
• Soziale Benachteiligung wird als Hindernis beim Streben nach Bildung nicht akzeptiert und Familiäre Ungleichheiten sollten beim Erwerb von Bildung nicht zu Ungleichheiten führen und möglichst „neutralisiert“ werden
• Moralisch hingenommen ist die vierte Dimension des Mangels an natürlichen Fähigkeiten -> Ableismus als gesellschaftsfähige Diskriminierung
• Also: Ungleichheiten im Bildungserfolg, welche durch soziale Einflüsse entstehen, sind illegitim, während natürliche Ungleichheiten kein moralisches Problem
• Bildung ist instrumentell wertvoll im Hinblick auf Erlangung sozialer Positionen und damit mitunter einzige Dirigierungsstelle für Stellung, Rang und Lebenschance
Erläutere die Kritik am Standardverständnis
1. Fraglich, weshalb soz. Benachteiligung und nicht natürliche Ungleichheit neutralisiert werden soll -> Staat zieht sich aus der Verantwortung
• Entzug der Verantwortung an „natürlichen Anlagen“ heißt nicht per se, dass auch keine Verantwortung in der Behebung/ Kompensation z.V. gestellt werden sollten
• Beispiel Mädchen mit Lernschwäche: bei Geburt (nicht zu neutralisieren), und erworben durch fam. Verhältnisse (zu neutralisieren) trotz keine Schuldzuweisung bei beiden möglich
• Auch die soz. Umgebung und Fam. als schützenswerte und natürliche Umgebung anzusehen
• Begabungen sind ≠ ausschließlich natürliche Disposition, sondern sozial beeinflusst und es müsste nach dem Standardkonzept der Bildungsgerechtigkeit daher genauso versucht werden, diese zu neutralisieren
Erläutere den Grundgedanken des Schwellenkonzeptes von Bildungsgerechtigkeit nach Giesinger
Grundgedanke: Solange alle Kinder befähigt werden (Chancengleichheit) ein Mindestniveau an Bildung zu erreichen (Bildungsgleichheit), sind soziale oder natürlich veranlasste Ungleichheiten moralisch akzeptabel
• Bildung darf nicht unter Schwelle fallen, welches ein gutes Leben in modernen Gesellschaften ermöglicht „Schwelle der demokratischen Partizipation“
• Es kommt nicht auf einzelne niedrigere oder höhere Bildungskompetenzen an, sondern auf die Gleichstellung für ein gutes Leben
-> Alle Kinder sollen auf ein dafür notwendiges Kompetenzniveau gebracht werden (sofern ihre Fähigkeiten das erlauben)
Beschreibe das Ziel vom Schwellenkonzept nach Giesinger
Mason (2004) jedem Kind soll durch Bildung ein autonomes Leben ermöglicht werden
• Nicht nur Kulturtechniken selbst, sondern auch Interesse an Kunst und Kultur sind als
Mindestmaß für Wohlergehen innerhalb moderner Gesellschaft anzuerkennen
• Partizipation am sozialen, kulturellen, politischen, ökonomischen Leben
• Resultatsorientiertes Verständnis: Nicht Chance, sondern tatsächliches Erreichen eines
Bildungslevel als Ziel/ Maxime
• Mit paternalistischen Mitteln zu erreichen: Schulbesuch, Druck erzeugende Maßnahmen,
Beeinflussung der Motivations- und Interessenlage
• Nicht auszuschließen, dass SuS bewusste Entscheidung dafür treffen, das angestrebte
Kompetenzniveau zu verfehlen
Erkläre das resultatsorientierte Verständnis des Schwellenkonzeptes
Nicht Chance, sondern tatsächliches Erreichen eines Bildungslevel als Ziel/ Maxime
• Mit paternalistischen Mitteln zu erreichen: Schulbesuch, Druck erzeugende Maßnahmen, Beeinflussung der Motivations- und Interessenlage
• Nicht auszuschließen, dass SuS bewusste Entscheidung dafür treffen, das angestrebte Kompetenzniveau zu verfehlen
Vergleiche das Standardverständnis und Gesinges Schwellenkonzept von Bildungsgerechtigkeit
Welche Kritik äußert sich im Hinblick auf das Schwellenkonzept der Bildungsgerechtigkeit
• entfernt sich vom eigentlich Verständnis der Gerechtigkeit und propagiert letzten Endes nur ein
Vorteile ggü. Standardkonzeption
• Fokus auf Erreichung eines Mindest-Kompetenzniveaus und Mindestmaß sozialer Partizipation
• Gewährleistet weiterhin Weiterentwicklung von Begabungen
• Begabung nicht als statische Ressource, sondern dynamisches Konstrukt
• Erziehungsrecht der Familie beibehalten
Probleme des Schwellenkonzepts
• Begrenzung der Förderung lernschwacher bei Übertreten des Schwellenniveaus: Wie kann man vorher festlegen, wer auf der Schwelle bleibt und wer eine Chance hat, darüber zu kommen?
• Propagiert ab da Gleichbehandlung lernschwacher, mit normal und hochbegabten -> ist faktisch ungerecht, da strukturelle Benachteiligung lernschwacher außer Acht gelassen
• Bevorteilung lernstarker, da diese durchaus über dem Mindestniveau sein können
• Keine Garantie zur Erreichen der Schwelle -> Mindest-Bildungsniveau bleibt Zielperspektive
• Aktivität d. Einzelnen als unabdingbare Voraussetzung für Wahrnehmung von Chancen
• Garantie zum Bildungserfolg steht der freie Entscheidungswille eines Einzelnen entgegen
• Aus der Schwellenkonzeption wird die Pluralität der Ungerechtigkeiten ausgeklammert:
• Mit unterschiedlichen Bildungsniveaus (wie es auch durch Schwellenkonzept möglich ist) gehen unterschiedliche Privilegien einher: Verteilung von sozialen Positionen, finanziellen Möglichkeiten, kultureller Partizipation
Beschreibe das Zustandekommen der pädagogischen Problematik von Gleichheit und Ungleichheit
• Begründen der Forderung nach mehr Bildungsgerechtigkeit in PISA-Ergebnissen begründet, die einen kausalen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Schulleitung (insbesondere Leseleistung) dokumentieren
• Fragen der Gerechtigkeit werden primär im Zusammenhang mit Schulformen, Noten, Geschlechterdifferenzierung, Selektion und Allokation diskutiert
Welche 2 Perspektiven sind bei der pädagogischen Problematik von Gleichheit und Ungleichheit zu beachten?
1. Ungerechtigkeit im Bildungssystem selbst und
2. Strukturelle Ungerechtigkeiten, die in Verunmöglichen der Herstellung von Gerechtigkeit in Bildungsinstitutionen münden
Erkläre den Begriff Gerechtigkeit nach Zirfas
als Gegenbegriff zu Ungerechtigkeit blendet Pluralität von Ungerechtigkeit aus:
beispielsweise Verteilungsungerechtigkeit, Teilhabeungerechtigkeit, Beteiligungsungerechtigkeit, politische, soziale, geschlechtliche, juristische, kulturelle…
Erkläre den Begriff Ungerechtigkeit nach Zirfas.
Gleiches ungleich behandeln, Ungleiches gleich zu behandeln, aber meint ≠ Ungleichheit
Nenne die zentralen Formen der Ungerechtigkeit.
1) Sittliche Lebenshaltung
2) Distributive Ungerechtigkeit
3) Kommutative Ungerechtigkeit
4) Hegemonie
5) Missachtung
6) Als Ungerechtigkeit des Schicksals
Beschreibe Ungerechtigkeit als sittliche Lebenshaltung
• Ungerechtigkeit = Ausdruck unsittlicher (unmoralischer) Lebenshaltung, als personale Ungerechtigkeit
• Sittlichkeit = Übereinstimmung des Handelns mit dem Sittengesetz
• Sittliches Handeln = Handeln, welches auf die Verwirklichung des Rechten und moralischeGuten abzielt
• Glaukon: Vollkommen Gerechte vs. Vollkommen Ungerechte
• Platon: Jedem das Seinige: „suum cuique“
• Geht von anthropologischen bzw. politischen Ungleichheit aus und kombiniert diese mit funktionellen Gleichheit für den Menschen/ für den Staat
• Moralischer Staat: Gleichheit als Berücksichtigung von Ungleichheit, es muss immer nicht Ungerechtigkeit gerechnet werden
• Ungerecht = Ausübung einer ihm nicht zukommenden Funktion in der Gesellschaft, die im Diesseits oder Jenseits in zehnfachem Maß bestraft wird
• Staat ist zur Instanzbildung der Bestrafung angehalten, damit Vorteile des Ungerechtseins nicht überwiegen
• Aristoteles: Gerechtigkeit als Tugend, die sich in Handlungen zeigt und durch die jedeR das erhält, was ihm/ ihr zusteht
• Beruht zum einen auf freier Entscheidung zum Anderen auf der Aneignung des Wissens um die Konsequenzen der Handlung
-> der Gerechte entscheidet frei, aber einsichtsvoll
• Ungerechtigkeit als unrechtmäßige Aneignung fremder Güter
Beschreibe das Strukturierungsmodell des moralischen Urteils nach Kohlberg, 1996.
Prä-konventionelle Ebene (heteronome Moral)
Stufe 1: Orientierung an Strafe und Gehorsam
Stufe 2: Bedürfnisse werden nur zu eigenen Zwecken wahrgenommen Konventionelle Ebene (Überwindung Egozentrismus zugunsten anerkannter Regeln)
Konventionelle Ebene (Überwindung Egozentrismus zugunsten anerkannter Regeln)
Stufe 3: Orientierung an den Erwartungen anderer
Stufe 4: Pflichtbewusstsein ggü. Autorität und soz. Ordnung Post-konventionelle Ebene (Ich orientiert sich an gem. Normen und Rechten)
Post-Konventionelle Ebene ( ethische Normen und Rechte)
Stufe 5: Verständnis Gesellschaft. Regeln und Verpflichtung auf Basis der Gleichheit
Stufe 6: Verständnis der Prinzipien von Gerechtigkeit und Fairness, Gleichheit und Freiheit der Persönlichkeit
Welche ethischen Prinzipien gibt es?
Ethische Prinzipien der Gerechtigkeit:
kategorischer Imperativ (Kant),
Utilitarismus (Bentham)
Fairnessmodel (Rawl)
Erkläre die distributive Ungerechtigkeit
• Distributive Ungerechtigkeit als Ungerechtigkeit der Verteilung von (im)materiellen Gütern
• Arithmetische, verhältnismäßige Gerechtigkeit: durch a) Austausch und b) Verteilung (Aristoteles) vs. unverhältnismäßige Ungerechtigkeit durch Zuviel oder Zuwenig an Gütern
• Ungerechtigkeit kommt zustande, wenn Gleiche ≠ Gleiches oder Ungleiche Gleiches bekommen
• Nach Aristoteles wäre ein durch Ungerechtigkeit Entstehender Vorteil des Ungerechten durch Kompensation des Nachteils des Betroffenen (juristisch) auszugleichen
• Ausgleich zwischen Schade und Summe
Erläutere die Theorie der Gerechtigkeit als Fairness (Rawl, 1991).
• Rawls entwirft ethisch-legitimatorisches Gedankenexperiment und geht von einem hypothetischen Verhältnis der Gleichheit und Ungleichheit von Individuen zueinander aus:
• Vertragspartner:innen befinden sich in einem Urzustand, gekennzeichnet durch „Schleier des Nichtwissens“, d.h. Entscheidungsträgerinnen sind unwissend über ihre später festgelegte (z.B. soziale, ökonomische und gesundheitliche, kognitive) Position, könnten also auch am „unteren“ Ende der sozialen Hierarchie stehen
• Zwei Grundsätze wären von Bedeutung, die auch den Benachteiligten ein gewisses Maß an
Grundgütern gewährt:
1) JedeR hat das gleiche Recht auf die gleichen Grundfreiheiten
2) Soziale Abstufung ist gerecht, wenn die höheren Positionen und Vorteile der Glücklicheren die Lebensqualität Steiger oder nicht ad hoc weiter einschränkt
• Also: Gerechtigkeit als Gleichheit (der Freiheiten aller) bei gleichzeitiger Ungleichheit (sozioökonomischen Positionen aller)
• Ungerechtigkeit als Zustand, wenn Güterverteilung so vorgenommen wird, dass nicht alle davon profitieren
Erkläre, was Zirfas mit der Pädagogische Projektion meint
distributive Gerechtigkeitsfragen im Bildungssystem finden sich in der Notenvergabe, Curricula, Lehrer:in- und Schüler:inverhalten eine Rolle
• Bildungsgerechtigkeit als Gleichheit der Chancen: Sachverhalt, dass allen Menschen im Hinblick auf die Bildung keine Hindernisse in den Weg geräumt werden
• Bildungsungerechtigkeit, also Ungleichheit der Chancen besteht analog dazu, wenn bestimmte Hindernisse zu ungleichen Zugangsmöglichkeiten zur Bildung bestehen
Wie beschreibt Zirfas die Bildungsgerechtigkeit?
Bildungsgerechtigkeit bedeutet Chancengleichheit für alle Kinder und Jugendlichen, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft, ihrem Geschlecht oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit.
Ungleichheiten im Bildungssystem müssen abgebaut werden, um Bildungsgerechtigkeit zu erreichen.
Dazu gehört eine gezielte Förderung von benachteiligten Schülerinnen und Schülern, eine bessere Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund sowie eine Verringerung des Einflusses der sozialen Herkunft auf den Bildungserfolg.
Bildungsgerechtigkeit ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der alle Akteure Verantwortung tragen.
Das Ziel der Bildungsgerechtigkeit ist, dass alle Kinder und Jugendlichen unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem sozialen Status eine bestmögliche Bildung erhalten und dadurch die gleichen Chancen auf eine erfolgreiche Zukunft haben.
Beschreibe die 5 Dimensionen von Chancengleichheit.
1) Als Grundrecht (Comenius): Alle sollen alles allumfassend lernen unabhängig ihrer Merkmal -> impliziert die Darbietung in für alle verständliche Form
2) Als gleiche Startchancen vor Bildungsbeginn: Bruch der kausalen Bez. aus Familiärer Herkunft und Bildungserfolg ohne Antasten der Integrität der Familie
3) Als gleiche Wettbewerbs- und Aufstiegsmöglichkeiten (Bonner Forum, 1978): Meritokratie (das Denken, nach der Jede*r abhängig von seiner nur sich selbst zuschreibenden Leistung honoriert wird) rechtfertigt Allokations- und Selektionsprozesse, die mit unterschiedlicher Möglichkeit des Einkommenserwerbs einhergehen
Kritik:
• Unterschlägt die Bedeutung von Bildung (mehr als Zertifikatserwerb)
• Fragwürdig, inwieweit Leistung immer nach objektiven Maßstäben beurteilt wird
• Fragwürdig, dass jede*r die gleiche Chance im Konkurrenzgeschehen hat: untergräbt die strukturelle Benachteiligung und die Bedeutung des kulturellen und sozialen Kapitals der Familie auf das Leistungs- und Fähigkeitsniveau
• Direkter Zusammenhang zwischen Schulleistung und Berufsleistung wird angezweifelt
4) Als Forderung (siehe Flitner, 1987): Gleichgewicht zwischen Interessen der Heranwachsenden und gesellschaftlichen Interessen
5) Als Bildungsminimum (siehe Giesinger, 2007): Bildungsgleichheit: Erreichen eines gleichen Bildungsminimums für alle, legitimiert durch die dadurch gewährte Teilhabe an allen gesellschaftlichen Lebensbereichen
Erkläre was Zirfas für Auswirkungen bei der Gleichbehandlung aller sieht.
erzeugt nicht Gleichheit, sondern Differenz, da implizit die Orientierung an einem Habitus (der Mittelschicht, einem Normtypus) erfolgt: Menschen außerhalb dieses Anspruchniveaus werden benachteiligt (leistungsstarke und leistungsschwache)
-> Ergebnis der gleichbehandelnder Erziehung = Produktion und Verstärkung von Differenz
• Schule wirkt als Reproduktionsfaktor bestehender ungleicher sozialer Verhältnisse
Erkläre was Zirfas für Auswirkungen bei der Gleichverteilung der Ressourcen sieht.
lässt sich als ungerecht interpretieren, wenn sie in ungleichen
Bildungsresultaten mündet
• Ungerechtigkeit kommt zustande, wenn Ungleiche Gleich behandelt werden oder durchkompensatorische Maßnahmen zu Gleichen werden
• Nach distributiver Gerechtigkeitslogik, wäre eine Elitenförderung, die das Gesamtwohl der an der unteren sozialen Leiter stehenden Personen (der am wenigsten Bevorzugten) fördert, legitim
• Ungleichheit somit zugelassen
Was wird unter der kommutativen Ungerechtigkeit verstanden?
Tausch-Gerechtigkeit mit Formen des freiwilligen oder unfreiwilligen (Delikte) Tausches
• Es gilt das Prinzip der Gleichheit, dessen Bruch durch Strafe ausgeglichen wird
• Ungerechtigkeit = Außer Kraft setzen eines Geben und Nehmen-Verhältnisses
• Problem: Eintauschbarkeit bzw. Wert gewisser Güter fragwürdig
• Prinzip beruht auf einem universalen reziproken Anerkennungsverhältnis der Mitglieder untereinander als transzendentaler Leitgedanke
Da nicht jeder die gleichen Ressourcen zum Geben hat (z.B. kognitiv, körperlich, finanziell), zielt die Theorie der Tauschgerechtigkeit auf wechselseitige Hilfeleistung und Beistand
Was bedeutet korrektive Gerechtigkeit?
• Idee der korrektiven Gerechtigkeit gleicht die in der Folge kommutativer Gerechtigkeit zustandekommenden Formen der Ungerechtigkeit aus
• Ungerechtigkeit im Sinne korrektiver Gerechtigkeit bedeutet, dass ein Übermaß oder Untermaß gewisser Grundforderungen
• Gerichtigkeit als Ausgleichsprinzip: Jedem das Gleiche
Beschreibe Ungerechtigkeit als Hegemonie.
• Walzer (1983): Pluralistisches Verständnis von Gerechtigkeit: Grundsatz einer hegemonialen Verteilung von Gütern und den damit zusammenhängenden unterschiedlichen Wertigkeiten
• Mitgliedschaft = Primärgut
• Gerechtigkeit = komplexe Gleichheit, reziproke Nicht- Dominanz (Walzer, 1994)
Fehlen einer hegemonialen Stellung von Personen oder Gütern
Keine Vorherrschaft von Personen
Widerstand gegen Dominanz einzelner Gütersphären
Hergestellt, wenn Gleichgewicht
• Ungerechtigkeit = Dominanz einzelner Gütersphären, die mit unterschiedlichem Verteilungsarrangement anderer Güter verbunden sind (z.B. Geld -> soz. Status, Gesundheit,
Bildung…)
• Politik, Ökonomie und Religion haben für Ungleichgewicht von Gütern und Handlungspraxen gesorgt (z.B. stärkere finanzielle Zuwendung zu Schulen im städtischer Raum, starke konfessionelle Ausrichtung der Bildung in klerikalen Staaten)
Wie lautet Zirfas Idee gegen eine Ungerechtigkeit als Hegemonie?
• Idee eines nicht hierarchischen Verhältnisses der Einzelpraxen einer Gesellschaft (Religion,
Päd., Kunst, Kultur, Politik): soll den konstitutiven Zusammenhang von Humanität als
Sprachlichkeit, Freiheit und Geschichtlichkeit sichern
• Keine Teilpraxis soll ein Primat gegenüber dem anderen beanspruchen
• Freiheit als Entscheidungsfreiheit und Sprachlichkeit als Erinnerungskultur und Möglichkeit der
Artikulation von Freiheit
• Benner (1991): Plädiert für Bildung unter Bedingung der Freiheit als die nicht-hierarchische
Idee des Guten und Beharren auf Nicht-Hierarchie als die Offenhaltung der
Selbstbestimmungsfähigkeit des Erziehenden
Beschreibe die Ungerechtigkeit als Missachtung
• Shklar (1990) konstruiert eine Gerechtigkeitstheorie, die die Stimme der von formaler, materiellerund proportionalen Ungerechtigkeit Betroffenen in den Mittelpunkt rückt
• Theorie der Ungerechtigkeit wird zur Theorie des Opfers aus passiven und aktiven Dimensionen
• Ungerechtigkeit als…
1) Charakterzug
2) Beziehung zwischen dem Einzelnen und der Gemeinschaft
3) Politisches Phänomen
• Sinn für Ungerechtigkeit
• Ist die Verletzung der Vorstellung von sich symmetrisch in ihrem Autonomiestatus anerkennenden Subjekte
• bietet Schutz vor Ungerechtigkeit i.S. ungleicher Behandlung, politische Missstände
Welche 5 Dimensionen der Ungerechtigkeit als Missachtung sieht John Stuart Miller (1871)?
Ungleichheit der Rechte: Jeder Mensch sollte das Recht auf Freiheit und Gleichheit vor dem Gesetz haben.
Ungleichheit der Chancen: Jeder Mensch sollte das Recht auf gleiche Chancen haben, um seine Fähigkeiten und Potenziale zu entfalten.
Ungleichheit des Besitzes: Die Verteilung von Besitztümern und Ressourcen sollte gerecht sein.
Ungleichheit der Bildung: Jeder Mensch sollte das Recht auf Bildung haben, um seine Fähigkeiten und Potenziale zu entfalten.
Ungerechte soziale Strukturen: Die sozialen Strukturen einer Gesellschaft sollten gerecht sein.
Was wäre gerechtes Handeln, um Ungerechtigkeit als Missachtung zu vermeiden?
Gerechtigkeit als…
• Handeln nach rechtlichen und moralischen Gesetzen (Verhaltensregel)
• Anerkennung der durch das Recht entstehenden Ansprüche Anderer
• Wissen um Leiden des durch Unrecht Verletzten zeiht Forderung nach Sanktion nach sich
• Ungerechtigkeit ist dann ein Gefühl der Enttäuschung unrechtmäßiger Erwartung
Was meint Moore (1978) mit seiner Überprüfung von Vorstellungen von Ungerechtigkeit?
Moore identifiziert eine universelle Vorstellung von Ungerechtigkeit, die auf der Missachtung grundlegender Bedürfnisse beruht, wie zum Beispiel Schlaf, Nahrung, Liebe, Obdach und Sex. Allerdings weist er darauf hin, dass auch das Empfinden von Schmerz und Leid sowie das Vermeidbarkeitsgefühl dieser negativen Gefühle einen Einfluss auf das Empfinden von Ungerechtigkeit haben können. Das bedeutet, dass auch wenn grundlegende Bedürfnisse erfüllt sind, das Empfinden von Ungerechtigkeit noch vorhanden sein kann, wenn Schmerz und Leid vermieden werden könnten, dies aber nicht geschieht.
Was sind die Faktoren, die laut Montada (1998) zum Gerechtigkeitsempfinden beitragen?
Montada (1998) beschreibt das Gerechtigkeitsempfinden als eng mit der Erfahrung von Ungerechtigkeit verbunden. Dabei spielen folgende Faktoren eine Rolle:
a) Frequenz der wahrgenommenen Viktimisierung generell b) In den letzten Wochen erlebte Ungerechtigkeit c) Dem Gefühl, dass es mehr Menschen besser geht als einem selbst d) Wahrnehmung einer existentiellen Benachteiligung e) Gefühl einer unverdienten Gutsituierung anderer Menschen f) Die Vorstellung, nichts zugunsten einer gerechteren Welt ändern zu können.
Wie versteht Montada (1998) unter Ungerechtigkeit?
• Ungerechtigkeit in Bezug auf
• Verhältnisse und Normen
• Durchsetzung und Sanktion von Gerechtigkeit
• Moralische Verpflichtung des Einzelnen
• Trittbrettfahrer (Person, die von Aktionen anderer profitiert ohne selbst etwas beizutragen)
Welche emotionalen Reaktionen sind zentral für Gerechtigkeit?
• Schuld qua Schuldgefühl als das durch die Missachtung der normativen Gerechtigkeitsbasis
resultiert - Empfinden von Schuldig Sein, Reue und Scham
• z.B. Durch Privilegien, die einem, aber nicht allen zuteil werden (Bevorteilung)
• Konseqeunz: Verzicht, Ärger über Benachteiligten, Furch vor Privilegienverlust
• Empörung als negative Emotion/ Gefühl einer vermeidbaren Benachteiligung
• Als ungleiche reziproke Verteilung von Kosten und Nutzen empfundener Zustand
• Resignation oder Engagement und Widerstand als Folge
• Sinn für Gerechtigkeit wird durch Erfahrungen im Hinblick auf die als sozial bindenden gesellschaftlich anerkannten Normen entwickelt, durch Vergleichen oder Ausprobieren von gerecht-ungerechten Handlungen (z.B. Versprechen Brechen)
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