Frage 1: Warum ist der Begriff des „geistigen Eigentums“ umstritten? Was spricht für, was gegen seine Verwendung?
• Der Begriff “Geistiges Eigentum“ birgt die Gefahr der gedanklichen Gleichsetzung mit dem
Sacheigentum (§§ 90, 903 BGB). Letzteres umfasst jedoch nur Sachen, d.h. körperliche Gegenstände. Der Gesetzgeber hat bewusst auf Ausdehnung auf immaterielle Gegenstände verzichtet. Gerade in der Laiensphäre kann der Begriff zur Einforderung von immer weitreichenderen Rechten instrumentalisiert werden (Kritik eines rechtspolitischen („Kampf“- )Begriffs). Zum Beispiel könnte so für eine zeitliche Ausdehnung des Schutzes plädiert werden, da die übliche Vorstellung von „Eigentum“ schließlich auch keine zeitlichen Grenzen kennt.
• Allerdings ist die Bezeichnung international üblich (Intellectual Property – IP). Ein Deutscher Sonderweg wäre fragwürdig. Das „geistige Eigentum“ kennt eine eigene, langjährige Dogmatik, die (fälschliche) Gleichsetzung zum Sacheigentum liegt daher fern. Auch beim geistigen „Eigentum“ geht es um Gegenstände, die mit Ausschließlichkeitscharakter einer Person zugewiesen werden, es existieren mithin deutliche Parallelen zum Sacheigentum.
Frage 2: Warum zählt das Urheberrecht nicht zum Rechtsgebiet des Gewerblichen Rechtsschutzes? Welche Rechtsgebiete zählen zum Recht des „Geistigen Eigentums“?
• Der „Gewerblicher Rechtsschutz“ umfasst Regelungen, die dem Schutz der gewerblich
verwertbaren geistigen Schaffens dienen. Sie können veräußert werden. Das Urheberrecht schützt zwar auch geistige Leistungen („persönliche geistige Schöpfungen“), jedoch traditionell auf kulturellem Gebiet. Urheberrechte sind als individuelle geistige Leistung eng mit der Person des Urhebers verknüpft. Daher hat das Urheberrecht auch eine persönlichkeitsrechtliche Ausprägung. Urheberrechte können nicht übertragen werden (§ 29 UrhG), allerdings können weitreichende Nutzungsbefugnisse eingeräumt werden.
• Zum Rechtsgebiet des „Gewerblichen Rechtsschutz“ zählen das Patent- Gebrauchsmuster- Design- und Kennzeichenrecht sowie Teile des Lauterkeitsrechts. Zusammengefasst und unter Einschluss des Urheberrechts hat sich der Begriff „Recht des Geistigen Eigentums“ etabliert.
Frage 3: Sie haben eine bahnbrechende Erfindung gemacht und informieren die Welt darüber in einem Fachaufsatz in einem Technikjournal. Anschließend beabsichtigen Sie die Anmeldung zum Patent. Ist mit einer Patenterteilung zu rechnen?
• Voraussetzung für die Patenterteilung ist u.a. die Neuheit der technischen Erfindung (§ 1 Abs.
1 PatG). Gem. § 3 Abs. 1 PatG gilt eine Erfindung als neu, wenn sie nicht zum Stand der
Technik gehört.
• Zum Stand der Technik gehören u.a. schriftliche Beschreibungen, die zum Zeitpunkt der
Anmeldung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden (3 Abs. 1 S. 2 PatG). Hierzu zählen auch
wissenschaftliche Veröffentlichungen.
• Da die Erfindung bereits in einem Fachartikel beschrieben wird, ist das Kriterium der Neuheit
nicht erfüllt. Das Patent würde nicht erteilt werden.
Frage 4: Dichter D hat einen Gedichtband verfasst. Er fragt Sie, wie er urheberrechtlichen Schutz daran erlangen kann. Muss D dazu gesondert tätig werden? Nennen Sie die wichtigsten formellen und materiellen Schutzrechte im Recht des geistigen Eigentums. Gibt es Schutzrechte, die sowohl materiell als auch formell zustande kommen können?
• D muss nicht gesondert tätig werden, um urheberrechtlichen Schutz an seinem Werk zu erlangen. Das Urheberrecht ist ein sog. materielles Schutzrecht. Es entsteht unabhängig von einem staatlichen Erteilungsakt.
• Die formellen Schutzrechte werden auch als Registerrechte bezeichnet. Sie erfordern den Abschluss eines staatlichen Verfahrens, um zu entstehen. Umfang und Reichweite der Prüfung sind je nach Registerrecht unterschiedlich.
• Zu den formellen Schutzrechten zählen das Patent- Gebrauchsmuster- Geschmacksmuster und Markenrecht. Allerdings können diese Schutzrechte teilweise auch materiell entstehen, etwa als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster nach EG-VO 6/2002 oder bei im Markenrecht durch Verkehrsgeltung aufgrund von Benutzung (Benutzungsmarke) und bei notorisch bekannten Marken (Notorietätsmarke). Der Hürde des staatlichen Erteilungsakts bei formellen Schutzrechten steht der Vorteil größerer Rechtssicherheit als bei materiellen Schutzrechten gegenüber.
Frage 5: Die Schutzrechte des geistigen Eigentums verleihen subjektive, absolut wirkende dingliche Rechte. Erläutern Sie was man hierunter versteht.
-Die Schutzrechte des Geistigen Eigentums gewähren subjektive, dinglichen Rechte, die sich auf einen Schutzgegenstand
(das Immaterialgut) beziehen, den sie dem Rechtsinhaber zuordnen. Sie wirken absolut, also im Gegensatz zu sog. relativen
Rechten gegenüber jedermann.
-Als subjektive Rechte verleihen sie dem Inhaber eine aus dem objektiven Recht abgeleitete Rechtsmacht zur
Befriedigung bestimmter Interessen: Für die einzelnen Immaterialgüter werden jeweils positive Benutzungsrechte und
negative Verbietungsrechte (z.B. aus § 9 PatG) verliehen (ähnlich dem Sacheigentum, § 903 BGB).
-Eine Ausnahme stellt insofern der wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz dar. Er gewährt keine subjektiven Rechte. Das
UWG sichert im Interesse der Allgemeinheit und der Mitbewerber den freien Wettbewerb und unterbindet unlauteres Marktverhalten
Frage 6: Was versteht man unter der Ubiquität eines Immaterialguts? In welchem Zusammenhang stehen Ubiquität von geistigem Eigentum und die Frage seines Internationalen Schutzes?
-Mit der Ubiquität von Immaterialgütern wird ihre Allgegenwärtigkeit bezeichnet. Nach Bekanntmachung oder
Veröffentlichung besteht keine Bindung an einen bestimmten Ort (oder ein Land).
-Ist z.B. eine technische Erfindung in einer Patentschrift öffentlich bekannt gemacht worden, ist sie auf dieser Grundlage
überall auf der Welt beliebig reproduzierbar. Anders als beim Sacheigentum kann der Schutzgegenstand ohne Einbuße
an Qualität zu jeder beliebigen Zeit an jedem beliebigen Ort genutzt bzw. sinnlich wahrgenommen werden.
-Aus der Ubiquität von geistigem Eigentum ergibt sich die drängende Frage seines länderübergreifenden Schutzes – ein territorial begrenztes Schutzrecht ist für den Rechtsinhaber oftmals nicht ausreichend.
Frage 7: S hat in Deutschland ein Patent für einen neuartigen Toaster erteilt bekommen und meint, damit weltweit vor Nachahmern geschützt zu sein. Hat S Recht? Erläutern Sie am Beispiel knapp das Territorialitäts- und das Schutzlandprinzip.
-S hat unrecht. Die nationalen Schutzgesetze im Bereich des geistigen Eigentums sind auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt, da sie Ausdruck von staatlicher Hoheitsgewalt sind. Es gilt somit das sog. Territorialitätsprinzip. Daher kann das deutsche PatG keinen weltweiten Schutz vor Nachahmern gewährleisten.
-Das Territorialitätsprinzip führt zum sog. Schutzlandprinzip. Dieses besagt, dass für den Inhaber eines Immaterialgüterrechts die Rechtsordnung des Landes maßgeblich ist, in dem Schutz begehrt wird. Z.B. erhält ein US-Amerikaner in Deutschland den Schutz des deutschen und nicht des amerikanischen Patentrechts.
-Der Inhaber eines Immaterialgüterrechts hat somit grds. kein einheitliches Recht, sondern ist mit einem „Bündel“ von nationalen Immaterialgüterrechten konfrontiert.
Frage 8: Erklären sie das Prinzip der Inländergleichbehandlung. In welchen zentralen internationalen Verträgen auf dem Gebiet des Immaterialgüterrechts ist diese Regelung enthalten?
-Das Prinzip der Inländergleichbehandlung wird auch als Assimilationsprinzip bezeichnet. Es besagt, dass Angehörige eines Mitgliedstaates eines Internationalen Abkommens nicht diskriminiert werde dürfen, ihnen mithin der gleiche rechtliche Schutz und die gleichen Rechtsbehelfe gegen Eingriffe zur Verfügung stehen müssen.
-Dieses „Schutzschild“ gegen die Diskriminierung von Ausländern dient insbesondere der Verhinderung von Protektionismus, also dem Schutz der heimischen Wirtschaft gegen Konkurrenz aus dem Ausland.
-Der Grundsatz ist z.B. enthalten in der Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ), die dem Schutz des gewerblichen Eigentums dient und im TRIPS Abkommen, dem Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums.
Frage 9: Was ist der Schutzgegenstand der zentralen technischen Schutzrechte? Wodurch legitimiert sich der gewährte Schutz?
-Die zentralen technischen Schutzrechten sind das Patent- und Gebrauchsmusterrecht (im weiteren Sinne werden auch Typografienschutz- und Sortenschutzrecht hinzugezählt). Geschützt werden technische Erfindungen. Dem Erfinder wird ein subjektives Recht am Gegenstand der Erfindung gewährt. Dem Schutzrechtsinhaber wird so die ausschließliche gewerbliche Verwertung der Erfindung für bestimmten Zeitraum möglich.
-Die technischen Schutzrechte dienen dem Fortschritt auf technischem Gebiet. Durch die notwendige Offenbarung der technischen Neuheit entsteht ein Nutzen für die Allgemeinheit. Geheimhaltung wird vermieden. Der aktuelle Stand der Technik ist stets dokumentiert, dies hat innovationsfördernde Wirkung. Die im Gegenzug gewährte staatliche Monopolstellung bezweckt die Anerkennung erfinderischer Leistung, stellt eine Belohnung dar und spornt zu weiterer Leistung an. Sie schützt zudem Investitionen in Forschung & Entwicklung. Ferner ermöglicht der Schutz auch Technologietransfer durch Lizensierung, der sonst durch Geheimhaltung nur eingeschränkt möglich wäre.
Frage 10: Skizzieren sie (knapp) die einzelnen Schutzsysteme und Wege zur Erlangung eines nationalen und internationalen Patenschutzes.
-Patentschutz kann zunächst mit nationaler Wirkung beim DPMA erlangt werden, Grundlage ist im wesentlichen das Patentgesetz (PatG) (1).
-Die Ausweitung des Schutzes in andere PVÜ-Mitgliedstaaten kann anschließend während der 12 monatigen Prioritätsfrist nach Hinterlegung jeweils einzeln vorgenommen werden (2).
-Auch kann ein sog. „Europäisches Patent“ beim Europäischen Patentamt erlangt werden, das auf Grundlage des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) nach formeller und materieller Prüfung durch das Europäische Patentamt (EPA) erteilt wird. Erlangt wird dann letztlich ein Bündel nationaler Schutzrechte in den derzeit 38 Vertragsstaaten (3).
-Zuletzt kann auf Grundlage des Patentzusammenarbeitsvertrag (PCT) eine internationale Anmeldung in derzeit 148 Mitgliedstaaten vorgenommen werden (4). Die materielle Prüfung erfolgt anschließend auf nationaler Ebene.
-Die Verfahren unterscheiden sich in ihrer Dauer und dem zu betreibenden (Kosten)Aufwand. Die „optimale“ Lösung hängt vom Gegenstand der Erfindung, der zeitlichen Dringlichkeit des Schutzes und von den Zielmärkten ab. Auch eine Kombination der einzelnen Wege ist möglich.
Frage 11: Was ist eine Erfindung im Sinne des PatG (bzw. GebrMG)? Kann eine wissenschaftliche Theorie oder eine ästhetische Formschöpfung eine Erfindung sein?
-Patentierbare Erfindungen sind technische Lehren zum planmäßigen Handeln, die einen kausal übersehbaren Erfolg unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte ohne Zwischenschaltung verstandsmäßiger Tätigkeiten reproduzierbar herbeiführen.
-Eine Herbeiführung eines „kausal übersehbaren Erfolgs“ ist mit einer reinen Entdeckung nicht verbunden. Sie mehrt anders als die Erfindung das „Wissen“, nicht das „Können“, löst alleine also kein technisches Problem.
-Entsprechend sind auch wissenschaftliche Theorien nicht patentfähig, § 1 Abs. 3 Nr. 1 PatG. Oft basieren Erfindungen jedoch auf neuen Entdeckungen bzw. wissenschaftlichen Theorien, indem diese in eine konkrete Anwendung überführt werden.
-Eine ästhetische Formschöpfung ist gem. § 1 Abs. 3 Nr. 2 PatG ebenfalls nicht patentfähig. Sie wendet sich an den menschlichen Geist und löst kein technisches Problem.
Frage 12: A möchte ein in spezieller Weise entworfenes Buchungsblatt patentieren, das Buchhaltern bestimmte Buchungsvorgänge maßgeblich vereinfacht. Kann ein Patent erteilt werden? (nach BGH GRUR 1975, 549 – Buchungsblatt)
-Die Patentierbarkeit gem. § 1 PatG (bzw. § 52 EPÜ) setzt u.a. voraus, das eine technische Erfindung vorliegt, also eine technische Lehre zum planmäßigen Handeln. Diese muss einen kausal übersehbaren Erfolg unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte ohne Zwischenschaltung verstandsmäßiger Tätigkeiten reproduzierbar herbeiführen.
-Das von A entwickelte Buchungsblatt wendet sich jedoch an den menschlichen Geist des Buchhalters, der damit vermittels seines Verstandes seine Tätigkeit vereinfachen kann. Es handelt sich um geistige Anweisungen ohne technischen Gehalt. Eine Patentierbarkeit scheidet gem. § 1 Abs. 3 Nr. 3 PatG aus.
-Für die Patentierbarkeit wäre erforderlich, dass das Ergebnis des neu geschaffenen (oder eines verbesserten) Gegenstandes unmittelbar auf die Außenwelt einwirkt und sich dadurch in einer Verbesserung seiner Handhabung ohne Zwischenschaltung einer symbolischen oder entsprechenden geistigen Anweisung äußert.
Frage 13: A hat festgestellt, dass ein bestimmtes industriell genutztes Metall einen höheren Schmelzpunkt hat, als bisher angenommen wurde. A möchte dafür Patentschutz erlangen. Hat er Aussicht auf Erfolg? Wenn nein, warum nicht?
-Die Patentierbarkeit gem. § 1 PatG setzt u.a. voraus, das eine technische Erfindung vorliegt, was eine technische Lehren zum planmäßigen Handeln erfordert. Diese muss einen kausal übersehbaren Erfolg unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte ohne Zwischenschaltung verstandsmäßiger Tätigkeiten reproduzierbar herbeiführen.
-A hat zwar eine (möglicherweise sogar wichtige) Erkenntnis über die Natur zu Tage gefördert. Diese Erkenntnis beinhaltet jedoch keine Lösung einer konkreten technischen Aufgabe. A hat eine Entdeckung und keine Erfindung gemacht. Entdeckungen bereichern im Gegensatz zur Erfindung das Wissen, nicht aber das Können. Für Sie wird keine Patentschutz gewährt (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 PatG), da der Schutz der Auffindung von reiner, in der Natur bereits vorhandener Erkenntnis entwicklungshemmend wirken würde.
Frage 14: S hat einen neuartigen Schwimmbadbodensauger entwickelt, der auch mit gröberem Schmutz fertig wird. Er verkauft einige Prototypen. Die Kunden, zu denen auch befreundete Schwimmbadspezialisten zählen, sind begeistert. S möchte das Gerät nun patentieren lassen. Hat er Aussicht auf Erfolg?
-Nein. § 1 Abs. 1 PatG erfordert, dass die zu patentierende Erfindung neu ist. Neu gem. § 3 Abs. 1 S. 1 sind nur solche Erfindungen, die nicht zum Stand der Technik gehören. Dabei ist ein formeller, absoluter Neuheitsbegriff zu Grunde zu legen. Es reicht also nicht, dass die Erfindung des S für große Teile der (Fach)öffentlichkeit neu ist.
-Die Lieferung der Prototypen an Dritte begründet die öffentliche Zugänglichmachung der darin verkörperten technischen Lehren. S hat durch das Inverkehrbringen seiner Erfindung andere Fachleute in die Lage versetzt, die Erfindung als solche zu erkennen und in ihrem wesentlichen Inhalt nachzuvollziehen. Darin liegt eine neuheitsschädliche Vorbenutzungshandlung gem. § 3 Abs. 1 S. 2 PatG.
-Die Erfindung ist damit Teil des Standes der Technik und daher nicht mehr neu gem. § 3 Abs. 1 S. 1 PatG.
Frage 15: U ist gelangweilt in seinem Labor und schüttet auf gut Glück unterschiedliche Substanzen ineinander. Dabei entsteht zufällig ein Stoff, der sich als hervorragendes, neuartiges Poliermittel für Chromarmaturen herausstellt. U schreibt die Formel auf und möchte Patentschutz erlangen. Hat er Aussicht auf Erfolg?
-Ja. Zwar ist eine Erfindung nur schutzfähig, wenn sie „Erfindungshöhe“ besitzt. Sie muss auf einer erfinderischen Tätigkeit i.S.d. § 4 PatG beruhen und darf sich mithin für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben.
-Allerdings werden dabei keine subjektiven Umstände wie etwa der Zeiteinsatz oder der gedankliche Aufwand auf Seiten des Erfinders berücksichtigt. Entscheidend ist allein, ob objektiv betrachtet eine hinreichende Verbesserung des Stands der Technik zustande kommt. Hier hat sich eine solche ergeben.
-Dass das Ergebnis rein zufällig erzielt wurde, spricht nicht gegen die notwendige Erfindungshöhe. Da U die Formel aufgeschrieben hat, ist die Erfindung auch wiederholbar und ausführbar. U hat somit Aussicht auf Erfolg.
Frage 16: U möchte für seine bahnbrechende Erfindung zwar Patentschutz erlangen. Mit der Anmeldung zum Patent will er sich jedoch noch Zeit lassen, da er das komplizierte Verfahren scheut. Was raten Sie ihm? Nennen Sie wenigstens zwei Szenarien, die ein Aufschieben der Anmeldung gefährlich erscheinen lassen.
-U sollte schnellstmöglich die Patentanmeldung vornehmen. Es bestehen mehrere Möglichkeiten außerhalb der Einflusssphäre des U, die dazu führen können, dass ein Patentschutz zukünftig nicht mehr erlangt werden kann.
-Mögliche Szenarien:
1. Ein anderer Erfinder könnte zwischenzeitlich dieselbe Erfindung machen und sie zum Patent anmelden. Die zeitliche Reihenfolge der Erfindungen ist bei Parallelerfindungen unerheblich, entscheidend ist der Zeitrang der Anmeldung. Die ältere Anmeldung bestimmt gem. § 3 Abs. 2 Nr. 1 PatG den Stand der Technik, auch wenn sie noch nicht der Öffentlichkeit zugänglich ist.
2. Ein anderer Erfinder könnte zwischenzeitlich dieselbe Erfindung machen und einen Beitrag in einer Fachzeitschrift publizieren, indem die Innovation der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Patentfähig sind nur neue Erfindungen, §§ 1, 3 PatG. Gem. § 3 Abs. 1 PatG sind schriftliche Beschreibungen neuheitsschädlich. Nach Veröffentlichung des Artikels könnte U daher keinen Patentschutz für die Erfindung mehr erlangen.
Frage 17: Erklären Sie, was unter dem Offenbarungsprinzip zu verstehen ist. Inwieweit spielt es bei der Patentanmeldung eine Rolle?
-Gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 4 PatG muss eine Anmeldung zum Patent eine Beschreibung der Erfindung enthalten. Die Beschreibung ist sachlich der wichtigste Teil der Anmeldung. Sie dient der näheren Offenbarung der Erfindung und bewirkt damit den durch das Patenrecht beabsichtigten technischen Fortschritt.
-Durch die Offenbarung muss ein Durchschnittsfachmann in die Lage versetzt werden, durch eine deutliche und vollständige Beschreibung die Erfindung vollständig nachzuvollziehen und auszuführen, § 34 Abs. 4 PatG, so dass eine Fortentwicklung des Standes der Technik stattfindet.
-Die Offenbarung der Erfindung an die Allgemeinheit ist die Gegenleistung für die staatliche Gewährung des Patentschutzes. Der vom Patentanmelder formulierte Patentanspruch muss aus der offenbarten Erfindung ableitbar sein. Die Veröffentlichung erfolgt im Rahmen der Offenlegungsschrift und schließlich in der eigentlichen Patentschrift, § 32 PatG.
Frage 18: Sie sind Wettbewerber eines Mittelständlers, der soeben ein Patent für ein Verfahren erteilt bekommen hat, über welches Sie längst Bescheid wissen und das laut ihrer Auffassung sogar zum Branchenstandard gehört. Was können Sie tun, um das Patent zu beseitigen?
-Sie können gegen die Erteilung des Patents beim Patentamt Einspruch erheben,
§ 59 PatG. Innerhalb einer Frist von neun Monaten nach Veröffentlichung der Erteilung des Patents müssen Sie dabei vor der Patentabteilung vorbringen, dass einer der Widerrufsgründe in § 21 PatG vorliegt.
-Gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 1, 3 PatG liegt ein solcher vor, wenn die patentierte Erfindung nicht „neu“ ist. Ein Verfahren, dass bereits standardmäßig branchenweit verwendet wird, gehört zum Stand der Technik und ist daher nicht neu gem. § 3 Abs. 1 PatG.
-Wenn Sie dies mit Tatsachen belegen können, wird die Patentabteilung des DPMA nach erneuter Prüfung durch Beschluss entscheiden, dass das Patent gem. § 61 PatG widerrufen wird.
-Der Widerruf wirkt ex-tunc, d.h. so, als wäre das Patent niemals erteilt worden.
-Ihr Mitbewerber kann anschließend gegen den Beschluss des Patentamts gem. § 73 PatG Beschwerde vor dem Patentgericht einlegen.
Frage 19: S hat einen Schwimmbadbodensauger entwickelt und patentieren lassen. Er hat 100 Stück an Fachhändler H verkauft. Bald bemerkt S, das H seine Produkte über einen Online-Shop verkauft. Er ist mit diesem Vertriebsweg nicht einverstanden und möchte dies H nun auf Grundlage von § 9 PatG verbieten. Mit Erfolg?
•Nein. Der im gesamten geistigen Eigentum anerkannte sogenannte Erschöpfungsgrundsatz besagt, dass sich das dem Patentinhaber gewährte Ausschließlichkeitsrecht hinsichtlich konkreter Erzeugnisse verbraucht („erschöpft“), sobald es ausgeübt wurde. Wurde wie vorliegend ein patentrechtlich geschütztes Erzeugnis durch den Patentinhaber (oder mit seiner Zustimmung durch einen Dritten) in Verkehr gebracht, so besteht kein Grund mehr dafür, dem Schutzrechtsinhaber weitere Einwirkungsmöglichkeiten auf das Schicksal des Gegenstandes zu geben.
•Indem ein solches „Ausufern“ der Befugnisse des Patentrechtinhabers verhindert wird, ergibt sich ein Schutz des Rechtsverkehrs vor unbilligen patentrechtmäßigen Behinderungen. Auf Grundlage des Patentrechts kann er daher auch nicht den Vertriebsweg kontrollieren.
•S kann H somit nicht gem. § 9 S. 2 Nr. 1 PatG verbieten, die bereits verkauften Schwimmbadbodensauger auch im Internet anzubieten.
Frage 20: Privatmann P hat einen der Bodensauger bei S zur Ansicht bestellt. In seiner Garage baut er das Gerät für seinen heimischen Pool nach. Kann S dies verbieten?
•Nein. Patente sind Instrumente für den Wirtschaftsverkehr. Entsprechend werden Sie nur für Erfindungen erteilt, die gewerblich anwendbar sind (§ 1 Abs. 1 PatG). Patente sind nicht für den Eingriff in die Privatsphäre bestimmt. Ihre Wirkung erstreckt sich daher nicht auf Handlungen im privaten Bereich, die zu nichtgewerblichen Zwecken vorgenommen werden, § 11 Nr. 1 PatG.
•Vorliegend baut P die patentrechtlich geschützte Erfindung des S zwar nach, was grds. gemäß § 9 S. 2 Nr. 1 PatG verboten wäre. Da P den nachgebauten Sauger jedoch im heimischen Umfeld nachgebaut hat und ihn lediglich im familiären Pool einsetzen will, handelt er im privaten Bereich zu nicht gewerblichen Zwecken. S kann dies auf Grundlage des Patentrechts daher nicht verbieten.
Frage 21: Sie haben ein Patent für Schleifringrückholmanschetten in Hydraulikpressen. Ihr Wettbewerber, die X- GmbH, kündigt auf ihrer Internetseite an, diese demnächst auch liefern zu können. Die Produktion laufe demnächst an. Auch nach ihrer Kontaktaufnahme ist die X-GmbH nicht bereit, von ihren Plänen Abstand zu nehmen. Wie können Sie die Verletzung ihres Patents verhindern?
-Sie können die Patentverletzung gem. § 139 Abs. 1 S. 2 PatG im Wege eines vorbeugenden Unterlassungsanspruchs verhindern. Die von der X-GmbH angekündigte Herstellung des patentrechtlich geschützten Erzeugnisses ist gem. § 9 S. 2 Nr. 1 PatG verboten.
-Die Ankündigung der X-GmbH begründet hinsichtlich der verbotenen Herstellung eine Erstbegehungsgefahr der Patentverletzung, es liegen mithin die gem. § 139 Abs. 1 S. 2 PatG erforderlichen Tatsachen vor, die eine Verletzung des Patents hinreichend wahrscheinlich machen. Insbesondere war die X-GmbH nicht bereit, eine ernsthafte Abstandsnahmeerklärung abzugeben, die die Begehungsgefahr hätte ausräumen können.
-Auf ein Verschulden kommt es für Unterlassungsansprüche nicht an.
-[Hinweis: Alternativ kann mit entsprechender Argumentation auch auf ein gem. § 9 S. 2 Nr. 1 PatG verbotenes Anbieten der Erzeugnisse und somit auf einen Verletzungsunterlassungsanspruch gem. § 139 Abs. 1 S. 1 PatG abgestellt werden].
Frage 22: Die X-GmbH hat Ihr Patent für Schleifringrückholmanschetten in Hydraulikpressen verletzt. Es gelang ihr jedoch nicht, auch nur eine einzige der Pressen abzusetzen. Sie hatten daher keine Absatzeinbußen, auch zusätzlicher Preisdruck blieb aus. Eine Lizensierung des Patents an die X-GmbH hätte üblicherweise 400.000 Euro gekostet. Erklären Sie an diesem Beispiel die einzelnen Wege der dreifachen Schadensberechnung.
-Die bereits zuvor anerkannte dreifache Schadensberechnung ist im Patentrecht seit Umsetzung der Enforcement Richtlinie in § 139 Abs. 2 PatG auch gesetzlich geregelt. Es wird eine abstrakt normative (anstelle der konkret beschreibenden) Art der Schadensberechnung eröffnet.
-Der Verletzte hat ein Wahlrecht, nach welcher Methode sie erfolgen soll:
1. Er kann zunächst Ersatz des konkret entstandenen Schadens verlangt werden, § 139 Abs. 2 S. 1 PatG. Vorliegend ergaben sich keine Absatzeinbußen auf Seiten des Verletzten oder zusätzlicher Preisdruck durch die Verletzung. Ein konkreter, nachweisbarer Schaden ist nicht ersichtlich.
2. Ferner kann die Herausgabe des Verletzergewinns gefordert werden, § 139 Abs. 2 S. 2 PatG. Die X-GmbH konnte jedoch keine patentverletzenden Erzeugnisse absetzen, so dass kein solcher entstanden ist.
3. Zuletzt kann der Schadensersatz auch im Wege der Lizenzanalogie berechnet werden, § 139 Abs. 2 S. 3 PatG. Eine Lizensierung hätte 400.000 Euro gekostet, dieser Betrag kann daher als Schaden zu Grunde gelegt werden. Sie sollten daher die Schadensberechnung im Wege der Lizenzanalogie wählen.
Frage 23: Student S hat eine Idee für eine Fernsehshow: Kinder und Tiere sollen Kunststücke vormachen, im Mittelteil soll es einen Musik-Act (Schlager) geben und ein Moderator soll zur Auflockerung Herrenwitze erzählen. S sucht Geldgeber, hat aber Angst, dass diese sein Konzept „klauen“, ohne dass er sich dagegen wehren kann. Zu Recht?
•Ja, S die Sorgen des S sind begründet. Das Urheberrecht schützt nur Werke i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG gegen unbefugte Verwertung. Reine Ideen werden wegen des Freihaltebedürfnisses von Gedanken nicht geschützt.
•Das Fernsehkonzept müsste, um schutzfähig zu sein, das Ergebnis einer schöpferischen Formung eines bestimmten Stoffes sein, es bedarf einer konkreten Ausgestaltung. So könnten konkrete Bestandteile der Fernsehshow z.B. Jingles oder bestimmte Moderationselemente (etwa die Herrenwitze im Wortlaut) der Show durchaus schutzfähig sein. Hier hat S aber nur den Inhalt des Stoffes umrissen, der noch keine solche konkrete Umsetzung erfahren hat und daher als solcher nicht schutzfähig ist. Er hat keinen Urheberschutz an seiner Idee und riskiert bei ihrer Preisgabe, dass sie durch Dritte realisiert oder weitergegeben wird. Dagegen könnte er sich durch eine vertragsstrafenbewehrte Geheimhaltungsvereinbarung absichern, sofern der potentielle Investor sich darauf einlässt (was in der Praxis häufig ein Problem darstellen dürfte).
Frage 24: Student S hat ein Start-Up für das Leasen von Smartphones gegründet. Seine AGB hat er von Konkurrent K kopiert, der diese mit erheblichem Aufwand erstellt hat, da das neue Geschäftsfeld viele noch offene rechtliche Fragen aufwirft. S, der sparen will, meint, in der Übernahme des „Kleingedruckten“ bestehe kein Problem. Hat er Recht?
•Nein. Die AGB des K können ein schutzfähiges Werk i.S.d. UrhG sein, mithin eine persönlich geistige Schöpfung, § 2 Abs. 2 UrhG. Es kann sich bei AGB um ein Schriftwerk i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG handeln. Schriftwerke sind Sprachwerke, bei denen der sprachliche Gedankeninhalt durch Schriftzeichen oder andere Zeichen äußerlich erkennbar gemacht wird.
•An wissenschaftliche Schriftwerke stellt die Rechtsprechung bezgl. der Schöpfungshöhe größere Anforderungen als an Schriftwerke, die nicht gebrauchsorientiert sind (z.B. literarische Texte). AGB können als wissenschaftliches Schriftwerk eine persönliche geistige Schöpfung darstellen, wenn sie sich wegen ihres gedanklichen Konzepts oder ihrer sprachlichen Fassung deutlich von gebräuchlichen juristischen Standardformulierungen abheben.
•Hier sind die AGB für ein neuartiges Geschäftsfeld speziell entworfen worden. Sie werden sich daher sowohl konzeptuell als auch sprachlich erheblich vom Standard abheben. Es liegt somit ein urheberrechtlich geschütztes Schriftwerk vor, so dass K gegenüber S die Sanktionsmöglichkeiten der §§97 ff. UrhG offenstehen, wenn dieser die AGB auf seiner Internetseite übernimmt.
Frage 25: Erklären sie (knapp) die Voraussetzungen, die aus § 2 Abs. 2 UrhG abgeleitet werden
Ein urheberrechtlich geschütztes Werk erfordert eine persönliche geistige Schöpfung, § 2 Abs. 2 UrhG. Hieraus werden vier Voraussetzungen abgeleitet.
1.Es muss sich zunächst um eine persönliche Schöpfung (1) handeln, sie muss mithin das Ergebnis einer menschlich gestalterischen Tätigkeit sein.
2.Ferner muss sie geistigen Gehalt (2) aufweisen, es muss ein geistiger Gefühls- oder Gedankeninhalt mitgeteilt werden, das Werk muss als Ausdruck des individuellen Geistes gewollt und empfunden werden.
3.Weiter ist eine sinnlich wahrnehmbare Formgebung (3) erforderlich. Das Werk muss schon soweit Form, d.h. Gestalt angenommen haben, dass es der Wahrnehmung durch die menschlichen Sinne zugänglich ist.
4.Als praktisch wichtigste Voraussetzung muss das Werk schließlich Individualität (4) aufweisen. Es muss den individuellen Geist des Urhebers ausdrücken, erfordert also Eigenständigkeit. Das Werk muss sich davon absetzen, was „jeder so machen würde“. Ein gewisser Gestaltungsspielraum zur Entfaltung persönlicher Züge d. Urhebers ist dafür Voraussetzung. Das Werk muss sich vom Banalen durch eine gewisse Gestaltungshöhe absetzen. Die Anforderungen hieran können je nach Werkart abweichen.
Frage 26: Was sind Werke der bildenden und was Werke der angewandten Kunst? Gibt es Unterschiede bezgl. der urheberrechtlichen Schutzvoraussetzungen?
Beide Werkarten werden von § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG erfasst.
•Werke der bildenden Kunst sind „reine Kunst“, der kein funktioneller Gebrauchszweck zukommt und die um ihrer selbst Willen existiert. Beispiele sind Gemälde, Zeichnung, Skulpturen etc. Darauf, ob das Kunstwerk „schön“, „hässlich“ oder besonders gekonnt ausgeführt ist, kommt es nicht an.
•Werke der angewandten Kunst weisen über die künstlerische Formgebung hinaus noch einen Gebrauchszweck auf, der im Vordergrund steht. Ein Beispiel sind besondere Produktdesigns.
•Die Schutzanforderungen hinsichtlich der Gestaltungshöhe waren bislang bei Werken der angewandten Kunst höher als bei bildender Kunst. Vor Kurzem hat der BGH jedoch von eine „Kehrtwende“ vollzogen und geht nun von einem Gleichlauf bezgl. der Anforderungen an die Gestaltungshöhe bei bildender und angewandter Kunst aus (BGH GRUR 2014, 175 – Spielzeugzug). Allerdings soll dafür nun für beide Kategorien der Kunst eine nicht zu geringe Gestaltungshöhe erforderlich sein. Die künstlerische Leistung muss dafür den schöpferischen Geist des Urhebers „in origineller Weise zum Ausdruck“ bringen.
Frage 28: Erklären Sie, was unter der monistischen Theorie des Urheberrechts zu verstehen ist.
•Nach der monistischen Theorie wird das Urheberrecht mit allen seinen Einzelbefugnissen als eine Einheit verstanden. Das deutsche Urheberrecht folgt dieser Theorie, die in § 11 UrhG Ausdruck findet, wonach der Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in seiner Nutzung geschützt wird. Die persönlichkeitsrechtlichen und vermögensrechtlichen Ausprägungen des Urheberrechts werden nach diesem Grundsatz als verbundene, untrennbare Einheit betrachtet („Doppelnatur“).
• Das Urheberrecht ist daher ein Mischrecht aus Persönlichkeits- und Immaterialgüterrecht. Erstere schützen höchstpersönliche und unverzichtbare Interessen der individuellen Persönlichkeit, das „geistige Band“ zwischen Urheber und seinem Werk. Aufgrund der persönlichkeitsrechtlichen Bindung ist das Urheberrecht nicht übertragbar § 29 UrhG. Abseits des unübertragbaren Kerns des Urheberrechts ist aber die Einräumung von (weitgehenden) Nutzungsrechten möglich. Oft betreffen Konstellationen sowohl urheberpersönlichkeitsrechtliche wie auch verwertungsrechtliche Bestimmungen. So kann z.B. ein noch nicht veröffentlichten Werk nicht verwertet werden, wenn nicht zugleich das Veröffentlichungsrecht des § 12 UrhG ausgeübt wird.
Frage 29: Journalist J hat vom Verlag zwei Wochen vor Erscheinungstermin vorab ein Exemplar des neuen Romans vom renommierten Autor A erhalten. Er schreibt sofort eine Besprechung des Werkes, in der auch die Handlung im Einzelnen geschildert wird. Verstößt er damit gegen Rechte von A?
•Ja. Gemäß § 12 UrhG Abs. 1 UrhG liegt das sog. Erstveröffentlichungsrecht (als Teil des Urheberpersönlichkeitsrechts) beim Urheber. Jedoch unterliegen nicht nur das Werk als Ganzes oder schutzfähige Teile dem Veröffentlichungsrecht, sondern gem. § 12 Abs. 2 UrhG auch sein urheberrechtlich geschützter Inhalt. Allein dem Urheber ist vorbehalten, den Inhalt seines unveröffentlichten Werkes öffentlich mitzuteilen oder zu beschreiben (sog. Mitteilungsrecht).
•Durch die Norm wird der Urheber vor einer vorzeitigen Bekanntgabe seines persönlich geistigen Schaffens geschützt. Diese könnte seine Möglichkeiten einer späteren Verwertung des Werkes behindern, etwa weil Dritte durch die öffentliche Inhaltsmitteilung ihr Interesse am Werk vorzeitig befriedigen. Außerdem soll dem Urheber die Möglichkeit belassen werden, das Werk vor Ausübung seines Erstveröffentlichungsrechts bis zuletzt noch abzuändern. Journalist J hat durch seine vorzeitige Besprechung des Werkes gegen das dem A zustehenden Mitteilungsrecht aus § 12 Abs. 2 UrhG verstoßen.
Frage 30: Student S hat Geldnot. Daher hat er sich eine Großpackung DVD Rohlinge gekauft. Er will seine DVD Sammlung kopieren, um die Kopien anschließend bei Ebay zu verkaufen. Er fragt Sie, ob dies rechtliche Probleme aufwerfen kann.
•Ja. Gemäß §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16 UrhG liegt das Verwertungsrecht der Vervielfältigung und damit die Befugnis, Vervielfältigungsstücke herzustellen, ausschließlich beim Urheber. Vervielfältigungsstück ist jede körperliche Festlegung des Werkes, die geeignet ist, das Werk den menschlichen Sinnen wahrnehmbar zu machen. Erfasst werden auch digitale Kopien auf Festplatten, USB-Sticks etc. oder -wie vorliegend- auf DVD-Rohlingen. Zwar kann eine Vervielfältigung von § 53 UrhG gedeckt sein. Dies scheidet gem. § 53 Abs. 1 S. 1 UrhG jedoch aus, wenn die Vervielfältigung mittelbar oder –wie vorliegend- unmittelbar Erwerbszwecken dient. S verstößt somit beim Kopieren der DVDs gegen §§ 15 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1 UrhG.
•Ferner beabsichtigt S, die Kopien bei Ebay zu verkaufen. Gemäß §§ 15 Abs. 1 Nr. 2, 17 UrhG hat der Urheber ein ausschließliches Verbreitungsrecht. Umfasst werden Handlungen, durch die körperliche Werkstücke (Originale oder Kopien) der Öffentlichkeit angeboten oder in Verkehr gebracht werden. In der von S beabsichtigten Veräußerung stellt ein Angebot zur Eigentumsübertragung vor. S würde somit mit seinem Plan gegen §§ 15 Abs. 1 Nr. 2, 17 Abs. 1 UrhG verstoßen.
Zuletzt geändertvor 2 Jahren