Was ist in einer Anamnese in der Prämedikationsambulanz wichtig?
Allgemeine Informationen (siehe auch: Anamnese und Untersuchung in der Anästhesie)
Alter
Größe
Ernährungsstatus
Vormedikation
Operationen oder Narkosen in der Vergangenheit
Vorerkrankungen und Vorfälle in der Vergangenheit
Organspezifische Anamnese
Blutungsanamnese
PONV-Anamnese
Weiteres
Allergien
Körperliche Belastbarkeit (siehe dazu auch: Einschätzung des perioperativen Risikos)
Schwangerschaft
Zahnstatus
Konsumverhalten: Alkohol, Drogen, Nikotin
Was ist bei der körperlichen Untersuchung wichtig?
Inspektion des Kopf-Hals-Bereichs
Beurteilung des Atemwegs
Feststellung und Dokumentation von erschwerten Intubationsbedingungen
Klinische Untersuchung des Herzens
Klinische Untersuchung der Lunge
Wie wird das perioperative Risiko eingeschätzt?
ASA-Klassifikation (American Society of Anesthesiologists Physical Status Classification System)
I: gesund
II: milde systemsiche Erkrankung, keine relevante funktionelle Einschränkung, gute medikamentöse Einstellung
III: schwere systemsiche Erkrankung, substanzielle funktionelle Einschränkung, schlechte medikamentöse Einstellung
IV: schwere systemische Erkrankung, kostante Lebensbedrohung
V: Akute Lebensbedrohung, hohe Versterbewahrscheinlichkeit ohne Operation
VI: Hirntod
ggf. Zusatz E für emergency operation
Wie wird das kardiale Risiko eingeschätzt?
akut symptomatische Erkrankungen
kardiale Risikofaktoren
kardiales Risiko der Eingriffe
Einschätzen der körperlichen Belastbarkeit durch MET
Metabolisches Äquivalent (engl. „metabolic equivalent of task“ = MET)
Konzept: Vergleichbarkeit des Energieverbrauchs bei verschiedenen Aktivitäten
Definition: 1 MET = Ruheumsatz = 1 Kilokalorien pro Kilogramm Körpergewicht pro Stunde
Belastbarkeit: Möglichkeit des Patienten, einer körperlichen Aktivität nachzugehen, die den Ruheumsatz um den jeweiligen Faktor steigert
Bewertung
≥ 4 MET (ca. 100 W): Ausreichende Belastbarkeit (schere Haus-Gartenarbeit, treppensetiegen 1-2 Etagen)
< 4 MET: Erweiterte kardiovaskuläre Diagnostik bei mittlerem und hohem OP-Risiko (siehe kardiales Risiko von operativen Eingriffen)
Wie ist das kardiale Risiko von den jeweiligen Eingriffen?
Niedrig:
kleien Uro-/Gyn-OPs, kleine Ortho-OPs, Mammachirurgie
mittel: jeweils größere Eingriffe, Kopf-Halsbereich
hoch: Aortenchirurgie, Amputationen, Magen-Darmperforationen, Adrenalektomie, Pneumonektomie
Wann ist welche präop. Diagnostik indiziert?
Klare Indikation
Mind. 1 kardialer Risikofaktor und geplanter Eingriff mit mittlerem bis hohem kardialen Risiko (siehe kardiales Risiko von operativen Eingriffen)
Kardiale Symptome
Kardiologisches Device
Dringliche Eingriffe: Großzügigere Indikation
Neu aufgetretene oder verschlechterte pulmonale Symptome
Anästhesierelevante Befunde
Verdacht auf Pathologien der Lunge mit Auswirkungen auf das weitere perioperative Management
Verdacht auf Pathologien, die Intubation und Beatmung erschweren könnten
Wann ist welche erweiterte Diagnostik indiziert?
Wenn körperliche Belastbarkeit nicht gut überprüfbar ist: Kardiale Belastungstests
Mögliche Methoden
Belastungs-EKG
Stressechokardiografie mit Dobutamin-Gabe (siehe dazu auch Stress-Echokardiografie)
Lungenfunktionsdiagnostik
Indikationen
Neu aufgetretenen pulmonale Symptome
Verdacht auf akute Verschlechterung pulmonaler Vorerkrankung
Schweregradeinschätzung/Therapiekontrolle bekannter Lungenerkrankung
Geplante Lungenteilresektion (siehe auch: Diagnostik vor thoraxchirurgischem Eingriff)
Aussagekraft
Detektion von Lungenerkrankung/Schweregradeinschätzung
Vorhersagbarkeit pulmonaler Komplikationen eingeschränkt
Welche Labordiagnostik sollte präoperativ erfolgen?
Spezifische Indikationen für präoperative Laboruntersuchungen
Laborparameter
Indikation
Blut-
zucker
Nüchtern-blutzucker
Adipositas
Kardiale Risikofaktoren
Hochrisikoeingriff
Notfallpatienten mit unvollständiger Anamnese
Blutzucker-tagesprofil
Bekannter oder neu diagnostizierter Diabetes mellitus
Blutgruppenbestimmung
und „Kreuzprobe“
Hohe Wahrscheinlichkeit für perioperative Transfusion
Operationen mit hohem Blutungsrisiko
Welche präoperativen Anordnungen?
Präoperative Diagnostik und Laboruntersuchungen
Änderungen der Vormedikation: Siehe: Perioperativer Umgang mit Vormedikation
Medikamentöse Prämedikation (medikamentöse Beruhigung)
Am Vorabend (optional bei sehr aufgeregten Patienten): Gabe eines mittellang wirksamen Benzodiazepins wie z.B. Lormetazepam
Ca. 30–60 min vor OP: Gabe eines kurzwirksamen Benzodiazepins, i.d.R. Midazolam
Präoperative Optimierung
Ausgleich von Volumenmangel (z.B. parenterale Volumensubstitution)
Ausgleich von Elektrolytstörungen
Verbesserung der Herz-Kreislauf-Situation
Verbesserung der pulmonalen Situation
Verbesserung der eigenen Blutreserven, Fremdblutspenden vermeiden („Patient Blood Management“): Bspw. durch Eigenblutspende, Einsatz von „Cell-Saver-Systemen“ (siehe: Autologe Transfusion) oder optimierte Anämiebehandlung (siehe: Eisensubstitution bei präoperativer Anämie)
Bereitstellung von Blutprodukten: Bei entsprechender Indikation (siehe auch: Indikationsstellung zur EK-Transfusion)
Einzuhaltende präoperative Nüchternzeiten
Wie wird mit Vormedikation umgegangen?
Pausieren:
Orale Antidiabetika
Metformin
Sulfonylharnstoffe
SGLT2-Inhibitoren
Lithium
Diuretika (am OP-Tag)
Nicht-selektive irreversible MAO-Hemmer (2 Wo vorher umstellen auf reversible)
Fortführen:
Betablocker
Calciumantagonisten
ACE-Hemmer (bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz)
Statine
Antipsychotika
Trizyklische Antidepressiva
Benzodiazepine
L-Dopa
Antiepileptika
Inhalativa bei COPD und Asthma bronchiale
Analgetika
PPI
Ovulationshemmer
Schilddrüsenmedikation
Welche OP-Vopbereitungen auf Station?
Präoperative Nüchternzeiten bei Erwachsenen
Ziel: Minimierung des perioperativen Aspirationsrisikos
Nüchternzeiten
Feste Nahrung: Bis 6 h vor OP
„Trübe“ Flüssigkeiten, bspw. Milch
Trinkjoghurt, Smoothies
Klare Flüssigkeit: Bis 2 h vor OP
Präoperative Nüchternzeiten im Kindesalter
6-4-3-1-Schema
Vollwertige Mahlzeit: 6 h
Nicht-klare Flüssigkeiten, kleine Mahlzeiten: 4 h
Muttermilch: 3 h
Klare Flüssigkeiten: 1 h
Sonstige Vorbereitungen
Markierung des OP-Gebiets: Bspw. Stoma anzeichnen bei geplanter Stomaanlage
Bei viszeralchirurgischen Eingriffen: Abführende Maßnahmen nach Maßgabe des Operateurs (siehe auch: Präoperative Darmvorbereitung)
Welche Checklisten müssen abgearbeitet werden?
Vor der Narkoseeinleitung
Identität: Patient nennt Name und Geburtsdatum, Abgleich mit Unterlagen und Patientenarmband
Eingriff: Patient bestätigt Art und Ort des Eingriffs
Einwilligung
Eingriffsort: Markiert (wenn möglich)
Sicherheit
Abfrage/Kontrolle der präoperativen Nüchternzeiten
Abfrage von Allergien
Fremdkörper entfernt? (Zahnprothesen, Schmuck etc.)
Kontrolle der Patientenakte auf Vollständigkeit (EKG, Laboruntersuchung, Röntgenbilder etc.)
Vor Hautschnitt: Team Time-out
Teamvorstellung
Bestätigung anhand der Checkliste von
Patientenidentität
Art des Eingriffs
Eingriffsort/Abgleich mit Markierung
Lagerungskontrolle
Vollständigkeit der Befunde
Chirurgische Aspekte
Kritische OP-Schritte oder erwartete Probleme
Geplante Dauer der OP
Erwarteter Blutverlust
Anästhesiologische Aspekte
Vorerkrankungen des Patienten
Spezifische anästhesiologische Probleme
Perioperative Antibiotikaprophylaxe
Bestätigung durch OP-Pflegepersonal
Sterilität
Vollständigkeit von Implantaten/Instrumenten
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