Harold Garfinkel
1917 geboren in Newark, New York als Sohn eines Möbelhändlers
Studium des Rechnungswesens an der University of Newark
Nach dem Studium Volunteer in einem Quaker Arbeitscamp („Eye-Opener“) —>merkt, dass soziales viel interessanter ist —>Wendepunkt für Garfinkel
1942 Masters Degree in Sozialarbeit an der University of North Carolina
1952 Schüler von Talcott Parsons in Harvard (Departement of Social Relations)
Aufenthalt an der Princton University (u.a. bei Lazarsfeld und Simon)
1952 Dissertation in Harvard
1954 erfand Garfinkel den Begriff „Ethnomethodologie“ auf einem Meeting der ASA (american sociological association)
Später Professor für Soziologie an der University of California, Oxford University, University of Nottingham
2011gestorben in Los Angeles
Gegenwartsgesellschaft
Was ist Moderne?
Besondere Form der Interaktionsordnung (Zuschreibung von Vernunft als Ausgangspunkt von Interaktionen)
—>Garfinkel keine Meinung von Moderne, Fokus auf Funktion der Gesellschaft und Regeln im Vordergrund
Wie entsteht die moderne Gesellschaft?
Keine eigene Perspektive auf die Entstehungsbedingungen, aber auf die Untersuchung —> Ethnomethodologie
Aber: Wie werden soziale Regelsysteme durch kontextuelle Adaptation und und normalitätsbewahrende Improvisation reproduziert?
Ausgangspunkt
Grundlegende Frage: Wie wird Gesellschaft hergestellt? Welcher Methoden bedienen sich Menschen, um ihre Alltagshandlungen durchzuführen?
—>Ethnomethologie —> als Alltagsmenschen sind wir Methodiker, die Methoden anwenden, um Alltag zu bewältigen
Soziale Ordnung besteht aus Interaktionsordnungen, die immer wieder hergestellt werden müssen
Ethnomethodologie —>Beschreibung moderner Gesellschaften durch sich selbst
(wir beschreiben die Gesellschaft in der wir Leben)
Hier: Keine historische Entwicklung – auch wenn aktuelle Praktiken sich historisch entwickelt haben
Statt dessen: Vergleich zu anderen ”Kulturen” —> cultural studies
(Unsere Gesellschaft anderer Interaktionsordnungen als andere Gesellschaften; Vergleich zu anderen Kulturen hat zu Entwicklung der cultual studies geführt)
Differenz zur bisherigen US-amerikanischen Soziologie:
Differenz vor allem zu Parsons: keine fixe Anzahl an Elementen, die ein „action frame“ umfassen muss, damit soziale Ordnung möglich wird, sondern offene Beobachtung der Methoden des Alltags (Positivismus versus Konstruktion)
Was macht die Ethnomethologie?
Der Begriff, den Garfinkel in den 1950ern entwickelte, ist vage an die thematische Gliederung der Anthropologie angelehnt:
—>Der Begriff Ethnomethologie ist vage an die thematische Gliederung der Anthropologie angelehnt
ethnos bezeichnet die Mitglieder einer Gruppe und ihr Wissen
Methodologie —> systematische Anwendung in lokal-situativen Praktiken durch die Mitglieder selbst: Typische Methoden, mit denen Menschen ihren Alltag bewältigen
—>z.B. bei rot bleibt man stehen
Ethnomethodologisches Arbeiten: keine abstrakte Theorien über die soziale Wirklichkeit.
—>es geht um Beobachtungen
Sondern Beobachtung der Art und Weise, wie wir uns gegenseitig den Sinn unseres Handelns im Alltag anzeigen Ethnomethologie
—>Beschreibung moderner Gesellschaften durch sich selbst
Statt dessen: alltagspraktische Handlungen —> WIE zeigen wir einander den Sinn unserer Handlungen an?
Ethnomethodologische Forschung liefert Beschreibungen der Methoden, die von Mitgliedern einer Gesellschaft, Gruppe oder Gemeinschaft verwendet werden, um zu tun was auch immer sie tun.
Gesellschaft als Interaktionsordnung
Was ist Gesellschaft? Gesellschaft besteht als Interaktionsordnungen —> Ordnungen wie Interaktionen ablaufen sollen
Interaktionsordnungen entstehen durch Praktiken („Doing“): moment-to-moment work of society‘s members
—>Doing in jedem Moment; 2. Momente vom Doing:
i) Reflexivität = Beobachte mich durch die Augen von anderen und weiß, dass andere Erwartungn an mich hhaben —>Erwartungen Erwarten
ii) Vernunft —> Handlungenn werden als “vernüftig“ unterstellt als Momente moderner Gesellschaften = Wir mpssen auch Vernunftbegabtheit anzihen; Anzeigen das wir gute Gründe für unsere Handlungen haben
—>Der Alltag ist – bis auf Weiteres - zweifelsfrei
(von Schütz entnommen)
—>Aber: Alltag ist ein ongoing accomplishment
(Alltag nie fertig —>passiert immer und immer)
—>Dabei „vergessen“ wir die Konstruiertheit des Alltags
(Vergessen unsere aktive Rolle bei der Konstruktion von Alltag —>unbewusst)
Das Regelwerk der Interaktion
Frage 1: Wie gelingt normalerweise Interaktion im Alltag? —>Normale Alltag
Schütz Sozialphänomenologie:
Typisierungen in der Lebenswelt —> Muster der Normalität, Schemata, in die wir Neues einordnen Verstehen im Alltag ist Motiv-Verstehen
Idealisierungen —>Idealisieren unser Alltag und Wissen wie ein idealer Alltag aussehen sollte
Generalisierung der wechselseitigen Perspektive —>Aushandlung, wechselseitige Überprüfung der Idealisierung
—>Dabei Voraussetzung von Common Sense
Common sense knowledge: wir setzen voraus, dass es Digne gibt, die jeder weiß
Bestimmte Inhalte und die Prinzipien, wie mit Wissen umzugehen ist
Alltag bleibt zweifelsfrei
Zu den impliziten Regeln gehört die Annahme, dass Menschen einander verstehen können
Im Alltag vergessen wir, dass jedes Handeln Ergebnis einer Konstruktion ist, weil wir einander bestätigen, dass die Wirklichkeit objektiv sei —> Alltag als ongoing accomplishment
Frage 2: What to do next? —>klare Ordnungsanweisungen, die Teil der Interaktionsordnung sind
Dokumentarische Methode der Interpretation: Suche nach Mustern (Typisierung)
„rückschauend-vorausschauende Auslegung der jeweiligen Vorkommnisse“ (Erfahrung – Erwartung) —> reflexives Vergleichen, um Dinge
Bilden Erwartunen, erfahren etwas und vergleichen es mit den Erwartungen
Indexikalität: sprachliche Unschärfe wird ausgeglichen durch ständiges Hin und Her des Interpretierens, Erinnerns, Überprüfens und Einordnens
Weil Sprache vage ist, funktioniert Verständigung
—>Begriffe/Worte, die ausgelegt werden müssen
—>Indexikalität auch in Situationen, weil vage/unscharf
—>Umgehen mit Unschärfe
Konstitutive und freiwillige Regeln
Die Verletzung der freiwilligen Regeln gefährdet den Fortgang der Handlung normalerweise nicht
—>Wenn konstitutive Regeln vernachlässigt werden, werden Ordnungen gestört
Accounting zielt auf die Normalisierung von Handlungen, die nicht den Erwartungen und “normalen“ Interpretationsmustern entsprechen
Sie sind „Strategien des Normalisierens“ durch Zurechnung
—>Im Alltag haben wir die Verpflichtung, reibungslos und zweifelsfrei darzustellen und zuzuschreiben (Anstand und Benehmen).
—>Wenn wir das nicht tun, wird in der Interaktion repariert -> tolerierbare Fehler (Rechtfertigung und Entschuldigung)
—>Praktische Erklärungen führen Handlungen auf Motive zurück – diese müssen nicht vorliegen, sie sind lediglich sozial anerkannte Legitimationen (Element der Moderne)
Den Alltag erforschen als Methodologie
Alltagsmenschen sind Experten ihres Alltags.
Aber: Wenn sie die Regeln vergessen, nach denen sie handeln, wie können wir diese Regeln wieder sichtbar machen?
—>Handeln nach Regeln, aber wissen es nicht —>Unbewusstheit
Sichtbarmachung durch Erschütterung (Regeln in Bewegung bringen durch Erschütterung der Regeln)
—>Krisenexperimente: Untersuchung der Andere, deren vertrauet Wirklichkeit unvertraut gemacht wurde
Das sind keine Experimente im strengen Sinne, sondern Erschütterungen des und im Alltag, um dessen Mechanik sichtbar zu machen —>Krise muss nicht ganz so häftig sein; kein wirkliches Expriment, weil keine Kontrollgruppe
Ziel: „rich descriptions of situated actions“
Transgender als Beobachtungsfeld
Konstitutive Regeln: Zuordnung von Geschlecht
Regel, aber nicht immer anwendbar bspw. bei Transgender
Transgender —> Wissen, Erfahrung, nicht das bei Geburt zugewiesene Geschlecht zu sein
[Intersexualität —> Menschen, die genetisch, hormonell und/oder anatomisch nicht eindeutig einem Geschlecht zugeordnet werden können ]
Ursachen —> medizinisch unklar
Der Fall Agnes als „Krise“ der Geschlechtererkennung
i) Informationen über das Alltagsverständnis von Geschlecht
Wird durch Darstellung und Zuschreibung hergestellt und dadurch Stabilisierung der Erwartungen:
Naturhatigkeit
—>Geschlecht ist was natürliches; werden biologisch damit geboren
Zweigeschlechtlichkeit
—>Annahme von zwei Formen des Geschlechts
Konstanz
—>mit einem Geschlecht angeboren und sterben damit; Konstanz in Geschlecht
ii) Umgang mit der “Krise“:
Darstellung: Anpassung an das geschlechtsspezifische gesellschaftliche Regelset („passing“)
Zuschreibung: Reaktionen in Interaktionen: Hilfe, Unterstützung, Ablehnung, Aggression
Doing gender – Regeln der Geschlechterpraktiken
Es gibt Körper.
Aber: Wir nehmen diese Körper ausschließlich auf der Basis von Symbolen wahr und messen ihm gemäß dieser Symbole Bedeutungen zu.
—>Bedeutung muss erst zugewiesen werden
Der Körper an sich ist da, aber zunächst bedeutungslos – Bedeutungen müssen erst
Erst der kulturelle Kontext, die Aufladung mit Symbolen verleiht körperlichen Merkmalen ihre Bedeutung und Wichtigkeit.
Die Bedeutung wird fortwährend in Interaktionen aktualisiert – „accounts“
Dabei stellen wir unser eigenes Geschlecht dar und schreiben anderen ein Geschlecht zu und produzieren Bedeutung während wir handeln
Geschlecht = Normen der Verhüllung der primären Geschlechtsorgane bei gleichzeitiger Aufforderung zur Eindeutigkeit der Darstellung und Zuschreibung und der Unsichtbarkeit des Tuns
Wie funktioniert Gesellschaft?
Streng genommen hat die Ethnomethodologie keinen Gesellschaftsbegriff
Gesellschaft besteht als Interaktionsordnungen
Gesellschaften unterscheiden sich durch ihre Regel-Sets (Sets an Interaktionsordnungen) —> diese sind aber veränderbar/aushandelbar
Interaktionsordnungen wirken quasi „hinter dem Rücken der Akteure“ – sie strukturieren Handlungen und Erwartungen und werden durch Handlungen und Erwartungen im interaktiven Raum produziert und reproduziert
Sie sind wirkmächtige nicht-intendierte Folgen praktischer, interaktiver Handlungen und inkludieren und exkludieren durch Kennerschaft
Zusammenhang Individuum-Struktur
Sozialphänomenologie und Ethnomethodologie
Zusammenfassung Garfinkel
Ethnomethodologie —> Analyse d. alltäglichen soz. Interaktionen
Ethnomethodologie betont die Bedeutung der alltäglichen sozialn Praktiken und der Weisen, wie Menschen soziale Ordnung in ihrem täglichen Leben herstellen und aufrecht erhalten
—>soz. Ordnung nicht vorher gegeben, sondern kontinuierlich in den soz. Interaktionen geschaffen wird
“Ein wictiger Ansatzpunkt von Garfinkel war die Idee der “Indexikalität“. Er betonte, dass die Bedeutung sozialer Symbole und Handlungen nicht festgelegt ist, sondern Kontextabhängig und durch den sozialen Kontext und die gemeinsame Bedeutungsgebung der Interaktionspartner bestimmt wird. Garfinkel argumentiert, dass die Menschen aktiv daran beteiligt sind, Bedeutungen zu konstruieren und zu interpretieren, um soziale Interaktiobeb zu verstehen.“
Konzept “Reparaturarbeit“
—>Bemühung der Menschen, soz. Interaktionen zu korrigieren und wiederherzustellen, wenn sie durch Missverständnisse oder Brüche gestört werden. Garfinkel betonte, dass die Menschen ständig daran arbeiten, soz. Situationen zu reparieren und so die soz. Ordnung aufrechtzuerhalten
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