Buffl

Polizei-/Ordnungsrecht

LI
von Larissa‘s I.

R ist Mitglied im Verein V, der in illegale Geschäfte (BTM, Schutzgelderpressung, ...) verwickelt ist. Durch inzwischen unanfechtbare Verfügung des Bundesinnenministers aufgrund von § 3 VereinsG ist der Verein in Deutschland verboten.

R hat sich das Emblem des Vereins großflächig auf die Brust tattowieren lassen. Nun läuft er “oben ohne” durch Hannover. Polizist P weist R darauf hin, dass das öffentliche Zurschaustellen von Symbolen verbotener Vereinigungen gem. § 9 VereinsG verboten sei. Zudem erfülle dies den Straftatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 5 VereinsG. P solle sich sein T-Shirt überziehen.


Ist die Anordnung des P rechtmäßig?


I. Ermächtigungsgrundlage

  • keine speziellere Regelung

  • Generalklausel, § 11 NPOG


II. formelle Rechtmäßigkeit (+)

  • Zuständigkeit des P: § 1 II 1 NPOG


III. materielle Rechtmäßigkeit (+)

Tatbestand: Gefahr i.S.d. § 2 I NPOG (+)

  • Schutzgut: Verstoß gegen die öffentl. Sicherheit

    • objektive Rechtsordnung

      • Verbotstatbestand: § 9 VereinsG

      • Strafvorschrift: § 20 I Nr. 5 VereinsG


  • Schutzgut: Verstoß gegen die öffentliche Ordnung (-)

    • nur subsidiärer Rückgriff möglich

    • hier: vorrangiger geschriebener Rechtssatz


  • hinreichende Wahrscheinlichkeit

    • Schadenseintritt hat bereits begonne und hält an


Rechtsfolge (+)

  • R = Verhaltensstörer (§ 6 I NPOG)

    • verursacht die Gefahr

  • R ≠ Zustandsstörer (§ 7 NPOG)

    • Tattoo ist Teil des Körpers und mithin keine Sache über die R die Verfügungsgewalt ausübt

  • Ermessen wurde ordnungsgemäß ausgeübt (§ 5 I NPOG)

  • Überziehen des Shirts ist nicht unverhältnismäßig


—> Das Handeln des P ist rechtmäßig


O wohnte bisher zur Miete in einer Wohnung, die dem E gehört. Wegen Zahlungsschwierigkeiten hat E das Mietverhältnis jedoch rechtswirksam gekündigt und gegen den O einen rechtskräftigen Räumungstitel erwirkt. Da für den O weder ein Platz in einem Wohnheim noch eine neue Wohnung gefunden werden kann, droht ihm die Obdachlosigkeit. Mit Blick auf die drohende Kälte im herannahenden Winter sieht das Ordnungsamt der Stadt S eine Gefahr für Leib und Leben des O und greift zu einem von ihm schon des Öfteren in anderen Fällen erfolgreich praktizierten Mittel: Es schreibt an E und O, dass angeordnet werde, dass O bis zum Ablauf der Kälteperiode (Ende März) in seiner Wohnung verbleiben dürfe.


Auf welche Ermächtigungsgrundlage kann die Maßnahme gestützt werden?


Sicherstellung (-)

  • bei der vorliegenden sog. Wohnungseinweisung handelt es sich nicht um eine Sicherstellung der Wohnung iSd § 26 Nr. 1 NPOG, denn diese muss ausweislich § 27 I 1 NPOG auf eine Verwahrung der Wohnung zielen.

  • Das ist hier nicht der Fall, denn die Wohnung soll nicht durch das Ordnungsamt verwahrt, sondern durch den O bestimmungsgemäß genutzt werden.


Generalklausel, § 11 NPOG


(-) Gesetzgeber hat möglich präzise Vorgaben für den Einsatz belastender Maßnahmen machen


(+) Generalklausel dient gerade dazu weniger „standardisierte“ Gefahrenlagen abzuwehren, die von den Standardmaßnahmen nicht erfasst werden, also notwendigerweise offen formuliert sein müssten.


—> Es erscheint jedoch zweifelhaft, ob hier ein solcher Fall vorliegt, wenn – wie hier – eine Wohnungsein- weisung bereits häufiger vorgekommen ist, sich also nicht mehr als „atypische“ Situation erweist.



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Larissa‘s I.

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