Schilddrüse
Hormone und Funktion
= Endokrines Organ
Endokrine Drüse zur Produktion und Speicherung von Schilddrüsenhormonen
T3 Triiodthyronin
T4 Thyroxin
Calcitonin
-> Regulation von Wachstum, Stoffwechselprozessen, Ca2+ Haushalt
Wirkung der Schilddrüsenhormone
Steigerung von Grundumsatz und Gesamtstoffwechsel
Fördernder Einfluss auf Wachstum und Entwicklung
bei pränatalem Hormonmangel:
Störung der Gehirnreifung
Verzögerung von Knochenwachstum, Epiphysenschluss
Wirkung auf das Nervensystem
Hypothyreose: Apathie
Hyperthyreose: Übererregbarkeit
Wirkung am Muskel
Hypothyreose: Verlangsamte Sehnenreflexe
Hyperthyreose: Evtl. Myopathie
Fördernde Wirkung auf Calcium- und Phosphatumsatz
Hemmende Wirkung auf Glykogen- und Proteinsynthese
Erhöhte Katecholaminempfindlichkeit des Herzens:
→ bei Hyperthyreose Tachykardie
Regelkreis
Hypothalamus: TRH (Thyreotropin Releasing Hormone) wird freigesetzt
Stimuliert Abgabe von TSH (Thyreoid Stimulating Hormone) aus der Hypophyse
TSH fördert:
Enterale Jodresorption im GIT
Schilddrüsenhormonbildung
Thyreoglobulinspeicher für T3 und T4
Jodbedarf und Umsatz
Täglicher Jodumsatz (= Bedarf) → 150 - 200 μg Jod
Jod Zufuhr nach DACH Empfehlung:
Jodausscheidung
Jodversorgung Klassifiziert nach Harnausscheidung
Schilddrüsenstruma
Definition
= Vergrößerung der Schilddrüse
♀: Schilddrüsenvolumen >18 mL; ♂: Schilddrüsenvolumen >25 mL
Vorhandensein einer Struma sagt zunächst nichts über die Aktivität der Schilddrüse aus
Euthyreose, Hypothyreose oder Hyperthyreose
Gegenteil: Schilddrüsenatrophie
Schilddrüsenfunktion
Euthyreote Struma: TSH, fT3 und fT4 im Normbereich
Hyperthyreote Struma
Hypothyreote Struma
Einteilung (Grade)
Grad 0: Nur im Ultraschall feststellbar
Grad 1a: Tastbar und auch bei Rückwärtsneigung des Kopfes nicht sichtbar
Grad 1b: Tastbar und nur bei Rückwärtsneigung des Kopfes sichtbar
Grad 2: Tastbar und bei normaler Kopfhaltung sichtbar
Grad 3: Sehr große Struma mit lokalen Komplikationen
z.B. Behinderung der Atmung
Diagnostischer Algorithmus bei Verdacht auf Schilddrüsenerkrankung
Anamnese und Klinik:
Palpation der Schilddrüse
Vergrößerung (= Struma)?
Konsistenz? Schmerzhaftigkeit? Knoten? Schwirren?
Strömungsgeräusch?
Puls, Augenbefund u.a.
Sonographie
Szinitigraphie
Labor: Basales TSH, fT3, fT4, TSH-R-Ak, TPO-Ak
Feinnadelaspirationspunktion
Diagnostik bei Verdacht auf Hyperthyreose
Interpretation der Ergebnisse
Gestationshyperthyreose → hCG hoch, Antikörper negativ
Postpartum-Thyreoiditis → TPO-Ak positiv
Thyreoiditis de Quervain (granulomatöse) → schmerzhafte SD, erhöhte BSG
Funktionelle, Disseminierte Autonomie → Struma, Antikörper negativ
M. Basedow → Struma, Antikörper positiv, bewiesen bei
Labor zur Diagnostik der Schilddrüsen Funktion
Thyreotropin (= TSH)
Sensitivster Parameter zur Beurteilung der Schilddrüsenfunktion
Ausnahme: Bei Funktionsstörungen von Hypophyse/Hypothalamus
Schilddrüsenhormone
Bestimmung des freien T3 und T4
Bestimmung von Jod im Urin
Ausschluss einer Jod Kontamination
Schilddrüsenautoantikörper
Thyreoglobulin-Antikörper (TgAk oder Anti-TG)
Antikörper gegen thyreoidale Peroxidase (anti-TPO-Ak)
TSH-Rezeptorautoantikörper (= TRAK)
Bspw. → Immunogene Hyperthyreose (Typ Basedow)
Tumormarker: Serumthyreoglobulin (Tg), Serumcalcitonin
M. Basedow
Definition und Klinik
Autoimmunthyreopathie die zu einer Hpyerthyreose führt
Man vermutet eine genetische Prädisposition, assoziiert mit anderen Immunerkrankungen
Klassische Trias: Struma, Exophthalmus und Tachykardie
Exopthalmus = übermäßig große Augen
Pathogenese
TSH-Rezeptor-Autoantikörper (TRAK) wirken stimulierend auf die Schilddrüsenhormonproduktion
→ Hyperthyreose
Labor: TRAK ↑
Therapie
Thyreostatische Therapie
Bei fehlender Besserung: Radiojodtherapie
Kontraindikation: EO, große SD, Schwangerschaft, Stillzeit
OP: (bei RJT KI, Malignom-Verdacht, mechanischer Behinderung)
anschließend Hormontherapie
Hyperthyreose
Ätiologie
Immunogene Hyperthyreose (z.B.: M. Basedow)
Hyperthyreose bei Schilddrüsenautonomie
= ungesteuerte Produktion von Schilddrüsenhormonen
Seltenere Formen:
z.B. Schwangerschaftshyperthyreose
Akute Thyreoditis
Schilddrüsenkarzinom
Klinik
Struma (70 - 90 % der Patienten)
Psychomotorische Unruhe:
Feinschlägiger Tremor [R25.1] der ausgestreckten Finger,
Gesteigerte Nervosität, Gereiztheit, Schlaflosigkeit
Sinustachykardie, evtl. Rhythmusstörungen
Gesteigerte Blutdruckamplitude, (systolische) Hypertonie
Gewichtsverlust (trotz Heißhungers), evtl. Hyperglykämie
durch gesteigerten Stoffwechsel
Mobilisierung der Fett- und Glykogendepots
Warme feuchte Haut, weiches dünnes Haar
Wärmeintoleranz, Schweißausbrüche, evtl. subfebrile Temperaturen
Gesteigerte Stuhlfrequenz, evtl. Durchfälle
Myopathie: Schwäche der Oberschenkelmuskulatur, Adynamie
Hyperkalzämie, Hyperkalziurie, erhöhte alkalische Phosphatase
evtl. Osteoporose durch negative Kalziumbilanz
Pathologische Glukosetoleranz (50 %)
evtl. Fettleber
evtl. Zyklusstörungen, Infertilität (seltener als bei Hypothyreose)
Thyreotoxische Krise/Koma
Akute lebensbedrohliche Exazerbation einer Hyperthyreose
Ätiologie:
Unbehandelte Hyperthyreose
Spontanes auftreten durch:
Schwere Erkrankungen (Infektionen, kardiale Notfälle)
Iodexposition (z.B.: KM)
Absetzen thyreostatischer Medikamente
Hyperthyreose: Thyreotoxische Krise/Koma
Agitation Psychose, Hyperthermie, Vasodilatation, Tachykardie
→ Hypovolämie, Hyperdynamer Kreislauf
Hypermetabolismus, Muskelschwäche, gestörte Atemmechanik, Pulmonale Hypertension
→ Relative Hypoxie
Leberparenchym Schädigung, gestörte Plasmaproteinbindung, verminderter Jodothyroninabbau
-> Nierenversagen
-> Kardiale Dekompensation
Klassifikation
Burch Wartofsky Score = Wahrscheinlichkeit einer Krise nach Symptomkonstellation
3 Stadien nach Hermann
St. I:
Tachykardie (> 150/min) oder Tachyarrhythmie bei Vorhofflimmern
Fieber bis 41°C, Schwitzen, Exsikkose
Psychomotorische Unruhe, Tremor, Angst
Erbrechen, Durchfälle
Muskelschwäche, Adynamie
St. II: + Bewusstseinsstörungen, Somnolenz, psychotische Zustände, Desorientiertheit
St. III: + Koma mit evtl. NNR-Insuffizienz und Kreislaufversagen.
Reduktion T4-Spiegel
Blockade der Dejodierung (ß-Blocker, Prednisolon)
Blockade der Jodthyronin-Wirkung
Supportive Maßnahmen
Flüssigkeits-, Elektrolyt-, Kalorienersatz parentera
Thyreostatika:
Hemmung Peroxydase: Carbimazol, Thiamazol
Hemmung Peroxydase und Typ-1-Dejodinase: Propylthiouracil
Hemmung Natrium-Jodid-Symporter: Natriumperchlorat
Hemmung Export Jodothyronin aus SD: Lithiumsalze
Diagnostik
Anamnese
Klinik (Symptome einer Hyperthyreose)
Labor:
TSH basal erniedrigt (= Screeningtest)
FT3 fast immer erhöht
FT4 in 90 % erhöht
Bei immunogener Hyperthyreose: Nachweis von TRAK
Jod im Urin bei Jodkontamination als Auslöser
Bildgebende Verfahren: Sonografie und Szintigraphie
Symptomatisch:
z.B.: Tachykardie mit Betablockern (Propanolol)
Medikamentöse thyreostatische Therapie
bis zum Erreichen der Euthyreose
Operative Therapie
Radiojodtherapie
Hypothyreose
Formen
Angeboren Hypothyreose
Erwobene Hypothyreose
Anbeorene Hypothyreose:
Schilddrüsendysplasie oder -ektopie
Seltener: Defekt in Hormonbiosynthese oder -inkretion
Extrem selten: Schilddrüsenhormonresistenz (T3- Rezeptordefekt)
Erworbene Hypothyreose:
Folge einer Autoimmunerkrankung (Hashimoto Thyreoiditis)
Iatrogen bedingt: nach Strumektomie, nach Radiojodtherapie,
medikamentös
Jodmangel / Überschuss
Hypophysentumoren, Meningeome, Metastasen
Angeborene Hypothyreose
Bei Geburt:
Bewegungsarmut
evtl. abgeschwächte Muskeleigenreflexe
evtl. Nabelhernie
Später
Wachstumsrückstand (Körpergröße)
Reifungsrückstand (Knochen- und Zahnalter)
Geistige und psychische Retardierung, niedrige Intelligenz
Schwerhörigkeit, Sprachstörung
Frühdiagnose entscheidet über die Prognose!
Gesetzlich vorgeschriebenes Hypothyreosescreening bei Neugeborenen
Lebenslange Substitutionstherapie mit T4 so früh wie möglich!
Regelmäßige Kontrollen des Hormonstatus.
Erworbene Hypothyreose
Körperlicher und geistiger Leistungsabfall
Antriebsarmut, Müdigkeit, Verlangsamung, Desinteresse
Kälteempfindlichkeit
Haut: Trocken, kühl, teigig, blassgelb, schuppend - Evtl.
Gewichtszunahme, Dyslipidämie
Trockenes, brüchiges Haar
Obstipation
Hypertonie, Myopathie (CK Erhöhung), Kardiopathie
Niereninsuffizienz
Hyponatriämie
evtl. Zyklusstörungen, Infertilität, erhöhte Rate an Aborten, Frühgeburten
evtl. Alopezie, Demenz
Klinik: Hypothyreose vs. Hyperthyreose
Thyrostatika
Amiodoran induzierte Schilddrüsendysfunktion
Amiodoran induzierte Hyperthyreose
Amiodoran = Antiarrhythmikum
Thyreoditis
= Entzündung der Schilddrüse
Akut: Tage bis Wochen
infektiös (70% Bakteriell) oder perineoplastisch
Subakut: Wochen bis Monate z.B. de Quervain
lymphozytär, Postpartum, Amiodaron-, Interferon-induzierte
Chronisch: Monate bis Jahre: Hashimoto (lymphozytär), Riedel (fibrosierend)
Ätiologie: immunologisch, idiopathisch
Diagnostik autoimmuner Schilddrüsenerkrankungen
Hypotheryose TPO positiv = Hashimoto
Hyperthyreose TRAK positiv = Morbus Basedow
Schilddrüsen Orbitographie
Klinische Klassifikation nach Boergen
Schilddrüsenkarzinome
Histologische Klassifikation
TNM Klassifikation
TNM-Klassifikation:
T1-T2: papilläre, follikuläre, medulläre
T3: anaplastischer/undifferenziertes
Schilddrüsensonographie
TI-RADS: standardisierte sonographische Knotenbeurteilung
Identifizierung von Risikopatienten → Feinnadelpunktion
Komposition, Echogenität, Form, Randbegrenzung, Echogene Foci
Ultraschall-Elastographie: Benigne ES 1, 2; Maligne: ES 3, 4
Je härter das Gewebe desto Maligner (hart = blau)
Therapie (operativ)
Resektion bei PTC, FTC
Papilläre (PTC) und follikuläre (FTC) Schilddrüsenkarzinome:
Niedriges Risiko → Hemithyreoidektomie
Hohes Risiko → totale Thyroidektomie
PTC: zentrale Lymphknotendissektion, laterale befallsorientiert
FTC. Ohne Lymphknotendissektion
Therapie (medikamentös)
Differenziertes TC → Radiojodtherapie Refraktär:
Tyrosinkinaseinhibitoren: Lenvatinib, Sorafenib
Selektive Inhibitoren: Everolimus, u.w.
BRAF-Inhibitoren, MEK-Inhibitoren
Molekulargenetische Analyse des Gewebes empfohlen → individualisiertes Therapiekonzept
Thyreostatika
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