Niklas Luhmann 1927-1998
1927 geboren in Lüneburg
1942 als Lufthelfer eingezogen ohne Sympathien für das NS-Regime zu haben
1945 Freilassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft
Danach Jura-Studium in Freiburg, anschliessend Assitenz am Oberverwaltungsgericht
1960/61 Studium in Harvard, Kontakt mit Parsons
1966 Promotion und Hablilitation in Speyer
1966 Berufung durch Schelsky nach Bielefeld
Forschungsprojekt: “Theorie der Gesellschaft; Laufzeit 30 Jahre; Kosten: Keine”
1971 nationale Anerkennung und Luhmann-Habermas-Kontroverse
1980 internationaler Durchbruch
1998 Luhmann stirbt in Oerlinghausen
Nochmal Notizen anschauen, weil hatte meine Periode —>nicht so intensiv angeschaut
Gegenwartsgesellschaft
Was ist die Moderne?
Logik der funktionalen Differenzierung
Wie entsteht die moderne Gesellschaft?
Übergang segmentäre, stratifikatorische, funktionale Differenzierung
Ausgangspunkt
Funktionsstrukturelle Analyse
Systemtheorie: die Struktur ist der Funktion nicht vorgängig
Aufbau der Theorie: Axiomatische Theorie
Ziel: Suche nach funktionalen Äquivalenten
Zwei Komponenten:
Kommunikationstheorie
Differenzierungstheorie
Ausgangspunkt:
Angesichts der Komplexität der Welt ist Kommunikation/Handlung ausgesprochen unwahrscheinlich
—>Was reduziert diese Unwahrscheinlichkeit?
Fokus: Soziale Systeme, die im Kontext von Sinn operieren (Im Gegensatz zu technischen oder biologischen Systemen) —> Kommunikation, die sinnhaft auf einander bezogen ist
Entstehung der Moderne
Europäische Moderne entsteht durch Übergang:
Segmentär differenzierte Gesellschaften —> gleichartige, gleichrangige Systeme (Inklusion durch askriptive Merkmale)
Stratifikatorisch differenzierte Gesellschaften: ungleichartige, ungleichrangige Systeme (Inklusion durch Position)
Funktional differenzierte Gesellschaft: ungleichartige, gleichrangige Systeme (Inklusion durch Funktion)
Unterschiedliche Differenzierungsarten führen zu differenten Mustern der Inklusion
Moderne Gesellschaften können jedoch auf segmentäre Differenzierung nicht verzichten, weil diese bestimmte Arten von Komplexität reduziert + Risiken absorbiert
Dekomposition versus Vervielfältigung
Moderne —> primär funktional differenziert
Idee der funktionalen Differenzierung geht auf Émile Durkheim und Talcott Parsons zurück.
Für sie ist Differenzierung aber der Vorgang der Dekomposition —> Zerlegung von etwas ursprünglich Ganzem in spezialisierte Einheite
Niklas Luhmann versteht funktionale Differenzierung als Ausdifferenzierung von „globalen Zugriffsweisen“ —> Multiplikation der Wirklichkeit
Moderne bedeutet Komplexitätssteigerung
—>Reduktion von Komplexität durch Ausdifferenzierung von Leitdifferenzen. Diese machen Kommunikation wahrscheinlicher, indem sie Umwelt und System unterscheiden
Gesellschaftliche Teilsysteme multiplizieren Wirklichkeit
Entstehung von funktionalen Teilsystemen durch Kultivierung, Vereinseitigung und Verabsolutierung von Kommunikation zu Leitdifferenzen (Weltsichten)
Diese Leitdifferenzen etablieren sich entlang spezialisierter, selbstreferentiell angelegter binärer Codes
Wirtschaft: zahlen/nicht zahlen
Recht: recht/unrecht
Wissenschaft: Wahrheit/Unwahrheit
Sport: Sieg/Niederlage
Die beiden Pole der binären Codes bilden die Sinngrenzen der funktionalen Teilsysteme
Innerhalb der Teilsysteme leiten Programme als Entscheidungs- und Prozessregeln die Erwartungen
Ein Ereignis hat Relevanz für unterschiedliche Teilsysteme und wird je nach Leitdifferenz je unterschiedlich prozessiert
Die gesellschaftliche Wirklichkeit ist damit nicht eine einzige, sondern so oft vorhanden, wie es teilsystemische Perspektiven auf sie gibt —> funktionale Differenzierung vervielfacht Gesellschaft (z.B. Zugunglück)
Teilsysteme sind selbstreferentiell geschlossen und dadurch von anderen Teilsystemen abgegrenzte Kommunikationszusammenhänge
Moderne Gesellschaft ist also „Einheit des Differenten“
Systeme – Codes - Umwelt
Systeme konstituieren sich entlang der Unterscheidung System/Umwelt
Ausdifferenzierung ist eine Form der Komplexitätsreduktion
Das Komplexitätsgefälle zwingt das System zur ständigen Selektion (Spezifikation und Selbstbeobachtung)
Unterscheidungsleitend ist dabei der selbstreferentiell angelegte Code.
Der Code hat eine Doppelfunktion: Ausdifferenzierung des Systems für spezifische Aufgaben und Reproduktion des Systems durch Schließung (Autopoesis)
Soziale Systeme sind sinn-konstituierende Systeme, deren Operationen aus Kommunikationen bestehen.
Grenzen des Systems sind nicht institutionell, sondern operativ —> Systeme entstehen durch Systemoperationen
Systeme – Codes - Umwelt z.B. Das Rechtsystem
Funktional differenziertes Teilsystem des Rechts spiegelt das Verständnis der Gesellschaft von Recht
Funktion: Recht produziert normative Erwartungen, die mit Durchhaltefähigkeit im Konfliktfall ausgestattet sind (regelt Prozesse rechtsnormativer Erwartungen)
Recht/Unrecht als Code —> schließt das System auf der Ebene der Operation und ermöglicht die Erfüllung spezifischer Aufgaben (Grenzen sind nicht institutionell, sondern operativ)
Rechtsprechung als Programm —> greift auf vorherige Rechtsdiskurse zurück
Grafik
Relative Geschlossenheit sozialer Systeme
Die gesellschaftlichen Teilsysteme sind als Kommunikationszusammenhänge selbstreferentiell geschlossen
Dennoch gibt es fremdreferentielle Einwirkung —> Irritationen (Impfung): Dabei wird eine Unterscheidung in weitere Unterscheidungen übersetzt
Einwirkungen aus der Umwelt der Systeme müssen systemimmanent prozessiert werden. Das geht mehr oder minder reibungslos
Teilsysteme können
Ressourcen aus ihrer Umwelt ziehen
von ihrer Umwelt bestärkt oder begrenzt werden
von ihrer Umwelt gestört werden
Methodologie
Systemtheorie ist eine universalistische Theorie
Mit differenztheoretischer Perspektive —> evolutionäre Theorie (Sonderevolution gelingt, wenn die Ausdifferenzierung gelingt)
Deduktiver Ansatz —> allein aus theoretischen Axiomen abgeleitet
Konstruktivistische Perspektive: Systeme bestehen nicht „einfach so“, sondern als Ergebnis der Beobachtung 2. Ordnung
Beobachtung erster Ordnung = Handhabung einer Unterscheidung auf der Ebene des Faktischen, die selbst nicht zwischen Umwelt und System unterscheiden kann
Beobachtung zweiter Ordnung = Beobachtung des Beobachters 1. Ordnung und warum dieser bestimmte Dinge nicht sehen kann, gelingt immer nur von Außen
Luhmann und die Badewanne
Vergleich Methodologischer Individualismus, Methodologischer Kollektivismus und Systemtheorie
Zusammenfassung Luhmann
Vertreter der “Systemtheorie“
Konzentration auf Analyse soz. Systeme undderen komplexen Strukturen und Prozesse
—>Gesellschaft als System, die aus versch. autonomen, selbstreferenziellen Teilsystemen besteht z.B. Wirtschaft, Recht, Sport
—>Organisation haben ihre eigenen Operationen und Logiken; stehen in ständiger Wechselwirkung miteinander
Konzept “soz. Kommunikation“
—>Bedeutung von Kommunikation als grundlegendem Element soz. Systeme
—>Kommunikation besteht aus einem komplexen Austausch von Zeichen und Information
—>Kommunikation Grundlage für Koordination und Organisation soz. Systeme bildet
Konzept “Autopoiesis“
—>Fähigkeit soz. Systeme, sich selbst zu reproduzieren und ihre eigenen Strukturen und Grenzen aufrechtzuerhalten
—>soz. Systeme autopoietisch = Fähigkeit, sich selbst zu organisieren und von ihrer Umwelt zu unterscheiden
Macht und Herrschaft
—>Macht: in soz. Systeme durch die Kontrolle von Kommunikation und die Fähigkeit, Bedeutung zu generieren und zu beeinfkussen, ausgeübt
—>Herrschaft: Entsteht durch die Fähigkeit, soz. Kommunikation zu steuern und die Regeln und Strukturen d. Systems zu beeinflussen
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