Unterlassungsdelikte (§ 13)
Echte Unterlassungsdelikte: z.B. § 323c, § 138
Unechte Unterlassungsdelikte: Unter Vorauss. § 13 kann jedes Begehungsdelikt durch Unterlassungsdelikt verwirklicht werden.
Abgrenzung Tun/Unterlassen:
e.A. Energieeinsatz (untaugl. Abgrenzungskriterium) [irgendeine Form von Energie wird immer eingesetzt, wertendes Kriterium notwendig]
Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit: Entscheided welcher Anknüpfungspunkt T vorzuwerfen
Garantenstellung (§ 13)
Fallgruppen nicht abschließend…
Beschützergarant: verpflichtet, Gefahren von best. RG abzuwehren
Enge natürliche Verbundenheit
Enge Lebens- o. Gefahrengemeinschaft
Freiwillige Überahme von Schutzpflichten
Überwachungsgarant: verpflichtet, eine best. Gefahrenquelle abzuschirmen
Beherrschbarkeit von Räumen
Verkehrssicherungspflicht
Pflicht zur Beaufsichtigung Dritter kraft Autoritätsstellung
Garantenstellung aus Ingerenz (aus pflichtwidrigem Vorverhalten verpflichtet), siehe Streit
Vorsatz (§ 16)
Wissen (um die) und Wollen der Tatbestandsverwirklichung
Der Wille zur Verwirklichung eines TB in Kenntnis aller seiner objektiven Umstände (voluntatives + kognitives Element)
Dolus directus 1. Grades (Absicht)
Zielgerichteter Wille zur Verwirklichung eines TB
Wollen dominant, abgeschwächtes Wissen genügt (Vorstellung Erfüllung TB möglich genügt)
Auch TB-Verwirklichung als notwendiges Zwischenziel
Dolus directus 2. Grades (Direkter Vorsatz)
Sicheres Wissen der TB-Verwirklichung
Wissen dominant, abgeschwächtes Wollen
Irrelevant, ob vom T erwünscht oder nicht, sofern er sich sich damit abfindet
Dolus eventualis (Eventualvorsatz)
Auf kognitiver Seite hält T TB-Verwirklichung für möglich + auf voluntativer Seite findet sich mit Erfolgseintritt ab
Wissen und Wollen abgeschwächt
Dolus generalis-Fall
Zweiaktiges Geschehen, Irrtum über Vollendungszeitpunkt
T glaubt Opfer schon durch Ersthandlung getötet, tötet es aber erst durch Zweithandlung
“Umgekehrter” dolus generialis-Fall:
T führt (nach Erreichen des Versuchsstadiums) Erfolg bereits durch Ersthandlung, nicht wie geplant durch Zweithandlung herbei
Kausal (vor § 1)
Eine Handlung ist immer dann kausal für einen Erfolg, dwenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele. (conditio sine qua non, sog. Äquivalenztheorie), hypothetisches Eliminationsverfahren
Objektiv zurechenbar (vor § 1)
Objektiv zurechenbar ist ein Erfolg, wenn der Handelnde eine rechtlich relevante Gefahr geschaffen hat, die sich im konkreten tatbestandlichen Erfolg realisiert.
Error in obiecto vel persona (§ 16)
Irrtum über das Handlungsobjekt
Fehlvorstellung, die sich auf Identität o. sonstige Eigenschaften des Tatobjekts/Person bezieht
Vorsatz bzgl. Tötung des gewollten Objekts/Person? (zusätzl. Versuchsstrafbarkeit?)
Im Zeitpunkt der Tat hatte sich Vorsatz auf die getroffene Person konkretisiert
Nähme man Vorsatz bzgl. der anderen Person an: unzulässige Vorsatzverdopplung (T wollte nur einen M. töten)
Folglich nicht zugleich Versuch ggü. der anderen Person
Prüfungspunkt Versuch eröffnen, aber unter Tatentschluss verneinen.
Aberratio ictus (§ 16)
Fehlgehen der Tat
T hat konkretes Handlungsobjekt individualisiert
Erfolg tritt aber nicht bei anvisiertem, sondern versehentlich bei anderem Objekt ein (das T nicht treffen/verletzen wollte)
Tatsachenirrtum
Fehlvorstellung betrifft einen objektiv vorliegenden Umstand…, der zum gesetzl. TB gehört (§ 16 I 1)
Typischer TB-Irrtum = Irrtum über merkmalsrelevante Tatsachen (Tatsachenirrtum)
Schließt vorsätzliches Handeln aus! (Fahrlässigkeit prüfen)
Subsumtionsirrtum
T erfasst sozialen und rechtlichen Bedeutungsgehalt des obj. TB-Merkmals zutreffend (Parallelwertung in Laiensphäre beachten!)
Trotzdem falsche Vorstellung von Einordnung seines Verhaltens unter obj. TB einer Strafnorm
—> unbeachtlicher Sub.irrtum, Vorsatz (+)
Irrtum über den Kausalverlauf
ungeschriebenes obj. TB-Merkmal
Abweichung tatsächlicher und vorgestellter Kausalverlauf
Innerhalb des nach allgem. Lebenserfahrung Voraussehbaren —> Vorsatz (+)
Wesentliche Abweichung —> Vorsatz (-)
Überblick Rechtfertigungsgründe
Notwehr
Rechtfertigender Notstand
Zivilrechtliche Notstände
Einwilligung und mutmaßliche Einwilligung
Rechtfertigende Pflichtenkollision
Erlaubnistatbestandsirrtum (§ 16)
T irrt über sachlichen Vorauss. eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes
Hält Umstände für gegeben, die im Falle ihres wirklichen Gegebenseins die Tat rechtfertigen würden
Alle RF-Gründe kommen in Betracht, z.B. § 32, § 34, Einwilligung
Falls Vorauss. RF-Grund (+) —> ETI (+) —> Vorsatzdelikt (-) —> Fahrlässigkeit prüfen
Falls Vorauss. RF-Grund (-) —> ETI (-) —> Verbotsirrtum prüfen
Umstände i.S.v. § 16
Zum Vorsatzinhalt gehören die Umstände, die das jew. TB-Merkmal ausfüllen.
Umstände i.S.v. § 16 sind…
bei deskriptiven Merkmalen alle Tatsachen des konkreten Lebenssachverhalts, die das jew. Merkmal ausfüllen
bei normativen Merkmalen eine dem rechtlichen Gehalt des Merkmals entsprechende (wenn auch nur vereinfachte) Bedeutungskenntnis (= Parallelwertung in der Laiensphäre)
Unrechtsbewusstsein
Bewusstsein, Unrecht zu tun (ausreichend, wenn T es für möglich hält, Unrecht zu tun)
gem. § 17 Unrechtseinsicht = Element der Schuld
Fehlendes Unrechtsbewusstsein = Verbotsirrtum:
Irrtum vermeidbar —> Schuld (+)
Irrtum unvermeidbar —> Schuld (-) gem. § 17 S. 1
Beachte: TB-Irrtum, ETI, Notwehrexzess (…) sind vorrangig!
Verbotsirrtum (§ 17)
T fehlt bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun.
(= fehlendes Unrechtsbewusstsein)
Direkter Verbotsirrtum: T glaubt aufgrund eines Irrtums, sein Verhalten unterfalle schon keiner Verbotsnorm.
(Unkenntnis TB, Irrtum über Gültigkeit, Subsumtionsirrtum)
Indirekter Verbotsirrtum (Erlaubnisirrtum): T hält sein Handeln aufgrund eines Irrtums über einen nicht anerkannten o. über Reichweite eines anerkannten RF-Grund für erlaubt.
(Erlaubnisnormirrtum, Erlaubnisgrenzirrtum)
Gebotsirrtum bei Unterlassungsdelikten
Doppelirrtum
ETI + Erlaubsnisgrenzirrtum fallen zusammen
ETI liegt nicht vor, wenn T irrig RF-Grund für gegeben hält, Grenzen des vermeintl. RF-Grundes jedoch überschreitet
T so zu behandeln, als wären vorgestellte Umstände wirklich gegeben —> Erlaubnisgrenzirrtum
Doppelirrtum nach Regeln des Erlaubnisgrenzirrtums (§ 17) zu behanden (Kriterium der Vermeidbarkeit)
Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums
Maßstab = individuelle Fähigkeiten u. Kenntnisse
Gehörige Gewissensanspannung
ggf. Einholung von Rechtsauskunft, insb. bei Zweifeln
Hohe Anforderungen an Unvermeidbarkeit!
Meist vermeidbarer Verbotsirrtum!
Versuch
Konstellationen: tb-mäßige Erfolg nicht eingetreten oder Erfolg eingetreten, aber nicht zurechenbar
bei Verbrechen stets strafbar, bei Vergehen nur wenn gesetzlich bestimmt (§ 23 I iVm. § 12)
Untauglicher Versuch, § 23 III
Rücktritt, § 24
(Nach Verneinung vollendeter Tat nicht Versuch prüfen, wenn obj. Tatgeschehen = Vorsatz)
Tatentschluss (§ 22)
Vorsatz bzgl. aller Elemente des obj. TB (+ besondere subj. TB-Merkmale) einschl. Kausalität und obj. Zurechnung
Bezugspunkt Vorsatz = zum Teil fiktiver SV (Vorstellung T maßgeblich)
Vorsatzprobleme (TB-Irrtum etc.) auch bei Versuch möglich
≠ bloße Tatgeneigtheit (T noch unentschlossen)
Unmittelbares Ansetzen (§ 22)
§ 22 setzt unmittelbares Ansetzen zur TB-Verwirklichung voraus
Versuchsbeginn = Grenze zw. strafloser Vorbereitung u. strafbarem Versuchsstadium
[h.M.] Wenn T subj. die Schwelle zum „Jetzt geht’s los“ überschreitet und obj. zur tb-mäßigen Angriffshandlung ansetzt, die nach Vorstellung des T ohne wesentliche Zwischenakte in die TB-Erfüllung übergehen soll, sodass das RG bereits konkret gefährdet erscheint.
Untauglicher Versuch (§ 23 III)
Versuch konnte überhaupt nicht zur Vollendung führen
Untauglichkeit kann sich auf alle obj. TB-Merkmale beziehen (U. des Tatobjekts, Tatsubjekts, Tatmittel)
“umgekehrter"“ TB-Irrtum
Strafbarkeit ergibt sich aus § 22 (durch § 23 III bestätigt)
§ 23 III in Anschluss an Schuld zu erörtern
Beispiele:
Grober Unverstand:
T verkennt einfachste, bekannte Zusammenhänge + hat daher völlig abwegige Vorstellungen von Kausalzusammenhängen
Irrealer Versuch: (straflos)
T glaubt mit magischen Kräften Erfolg herbeizuführen.
Wahndelikt
T erfasst Umstände richtig, hält aber sein Verhalten aufgrund einer fehlerhaften rechtlichen Wertung für strafbar
“umgekehrter” Verbotsirrtum
straflos!
Rücktritt (§ 24)
strafbefreiende Wirkung (nach Schuld)
lässt Vorliegen einer (teilnahmefähigen) vorsätzlichen, rechtswidrigen Tat unberührt
bei Vollendung Rücktritt nicht möglich, allenfalls tätige Reue
Fehlgeschlagen (§ 24)
Versuch ist fehlgeschlagen, wenn die zur Tatausführung vorgenommenen Handlungen ihr Ziel nicht erreicht haben und
T nach seiner subj. Vorstellung die Tat mit den bereits eingesetzten o. zur Hand liegenden Mitteln nicht mehr oder zumindest nicht ohne zeitlich relevante Zäsur vollenden kann.
Rücktrittshorizont maßgeblich! (= Vorstellung nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung)
Unbeendet (§ 24 I 1 Var. 1 )
Unbeendet ist der Versuch, solange T glaubt, noch nicht alles zur TB-Verwirklichung Erforderliche getan zu haben.
Rücktritt:
Durch freiwilliges Aufgeben der Tatausführung (konkreter)
Beendet (§ 24 I 1 Var. 2)
Beendet ist der Versuch, sobald der T glaubt, alles zur TB-Verwirklichung Erforderliche getan zu haben und Erfolgseintritt für möglich hält.
Fürmöglichhalten: auch wenn untätige T sich keine Vorstellungen von Folgen seines Tuns macht.
Verhindern der Vollendung (konkreter)
Aufgeben (§ 24)
Abstandnehmen von der Umsetzung des Entschlusses, den gesetzlichen TB zu verwirklichen.
Freiwillig (§ 24)
Freiwillig ist ein Rücktritt vom Versuch, wenn er nicht durch zwingende Hinderungsgründe veranlasst wird, sondern der eigenen autonomen Entscheidung des T entspringt.
—> T muss “Herr seiner Entschlüsse sein”
Autonome Motive: Gewissensbisse, Angst vor Bestrafung, Scham, Mitleid, Zureden durch Opfer, Ermüdung, fehlendes Interesse
Heteronome Motive: T hält Tatrisiko aufgrund neuer Umstände für zu hoch, Angst vor Festnahme, Furcht vor Entdeckung, Schock, drohende Gefahr (entspr. § 35)
Ernsthaftes Sichbemühen (§ 24)
Sichbemühen:
T muss bewusst u. gewollt in einer Weise aktiv tätig werden, die zumindest seiner Vorstellung nach geeignet ist, den von ihm in Gang gesetzten Kausalverlauf zu unterbrechen u. dadurch Vollendung zu verhindern.
Ernsthaftigkeit:
alles in seinen Kräften Stehende tun, was seiner Vorstellung nach zur Erfolgsabwendung erforderlich
Verhinderungsmöglichkeiten ausschöpfen
um bestmögliche Maßnahmen bemühen
Rücktritt des Beteiligten (§ 24 II)
Beteiligte = u.a. Mittäter, Anstifter, Gehilfe
Mittelbarer Täter fällt unter § 24 I (wenn “Täter hinter Täter”, § 24 II)
§ 24 II nicht betroffen, wenn:
Keine versuchte Tat (bloß Vorbereitungsstadium)
Rücktritt im Vorbereitungsstadium (wenn angekündigt + Tatbeiträge neutralisiert, entfällt Tatentschluss, Mittäterschaft nicht möglich)
Fortwirkung Tatbeitrag bis Vollendung (wenn Neutralisation Tatbeiträge nicht gelingt), Rücktrittswilliger trägt Rücktrittsrisiko!
Abgrenzung Täterschaft/Teilnahme (Tatherrschaftslehre)
Täter, wer als Zentralfigur des Geschehens die Tat beherrscht; TB-Verwirklichung in den Händen hält
Teilnehmer, wer als Randfigur Begehung der Tat veranlasst oder fördert
Merkmal des “in den Händen Haltens” str.
Wesentl. Mitwirkung im Ausführungsstadium (strenge THL)
Mitwirkung im Vorbereitungsstadium kann genügen (wenn Beteiligungsminus bei Tatausführung durch besonderes Gewicht bei Planung etc. ausgegl.)
(gemäßigte THL)
Tatherrschaft (§ 25) - kurze Definition
Das vom Vorsatz umfasste In-den-Händen-Halten des tb-mäßigen Geschehensablaufs.
Mittelbarer Täter (§ 25 I Var. 2)
Mittelbarer Täter iSv § 25 I Alt 2 ist, wer die Straftat durch einen anderen begeht.
Tatherrschaft des mittelbaren T.:
Mittelbarer T. beherrscht Ausführenden durch Täuschung o. Zwang, indem er den vorhandenen o. erzeugten Strafbarkeitsmangel (Defekt) ausnutzt u. dadurch TB-Verwirklichung in den Händen hält.
Bedient sich eines menschl. Werkzeugs, über das er kraft überlegenen Wissens o. Wollen Tatherrschaft ausübt
Wissensherrschaft (überlegenes Wissen), z.B. Erzeugen o. Ausnutzen von Irrtümern
Willensherrschaft, z.B. Nötigung
Fälle des “Täters hinter dem Täter”
Trotz Verantwortungsprinzip mittelbarer T. hinter dem unmittelbaren T möglich?
h.M. erkennt Ausnahmen an! (siehe Fallgruppen)
Verantwortungsprinzip:
Handelt Vordermann tb-mäßig, rechtswidrig und schuldhaft, trägt er strafrecht. Verantwortung + beherrscht Geschehen
—> mittelbare Täterschaft (-)
Gemeinsamer Tatplan (§ 25 II)
Mind. zwei Pers. verabreden, gemeinsam bestimmte obj. Tatbeiträge zu verwirklichen (ausdrücklich o. konkludent)
Tatplan (Tatentschluss) beinhaltet Tatvorsatz zu Begehung einer konkretisierten Tat (Koinzidenzprinzip gilt!)
Verständigung über wesentliche Parameter notwendig
Gemeinsame Tatausführung (§ 25 II)
Tatherrschaftslehre verlangt einen wesentlichen Tatbeitrag vom jeweiligen Beteiligten
Streit strenge vs. gemäßigte THL: genügen auch Beiträge nur im Vorbereitungsstadium? (Bandenchef; Minus bei Ausführung durch Plus bei Planung ausgeglichen)
Mittäterschaft (§ 25 II)
Gemeinschaftliche Begehung einer Straftat durch bewusstes u. gewolltes Zusammenwirken.
Nicht jeder Beteiligte verwirklicht alle TB-Merkmale eigenhändig
Zurechnung Tatbeiträge gem. § 25 II
—> erforderlich:gem.Tatplan + gem. Tatausführung
Grundsatz der “limitierten” Akzessorietät (Teilnahme)
Strafbarkeit des Teilnehmers hängt vom Vorliegen einer Haupttat ab (Akzessorietät)
Abhängigkeit ist jedoch begrenzt: Haupttäter muss nicht schuldhaft handeln
Erfolgreiche vs. versuchte Teilnahme
Erfolgreiche Anstiftung/Beihilfe: Tat des H vollendet oder im Versuchsstadium steckengeblieben
Versuchte Anstiftung/Beihilfe: H begeht nicht eine zumindest versuchte strafbare Tat
—> nur versuchte Anstiftung (bei Verbrechen) strafbar!
Anstifter (§ 26)
Wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.
Bestimmen:
Zumindest mitursächliches Hervorrufen des Tatentschlusses beim Haupttäter (durch eine Willensbeeinflussung im Wege des offenen geistigen Kontakts).
Anstiftervorsatz
Bezugspunkte = Haupttat + Bestimmen (“Doppelter Teilnehmervorsatz”):
bzgl. Haupttat: alle obj/subj. TB-Merkmale + Begehung rw Tat
—> sonst: vorsatzausschl. TB-Irrtum (§ 16 I 1)
bzgl. Bestimmen: A muss Tatvorsatz bei H hervorrufen (dolus eventualis genügt)
Vorsatz muss sich auch auf Begehung einer vollendeten Tat richten
Bestimmtheit des Anstiftervorsatz? Vorsatz muss sich auf eine in ihren Grundzügen konkretisierte Tat beziehen
Täterexzess? Je geringer Tat konkretisiert, umso größer Streubreite dessen, was noch vom A.vorsatz umfasst
Omnimodo facturus (§ 26)
Ein zur konkreten Tat schon fest Entschlossener, der nicht mehr angestiftet werden kann.
Denkbar nur noch psychische Beihilfe
Omnimodo facturus kann zu einer Tatänderung angestiftet werden (siehe Umstiftung, Abstiftung, Aufstiftung)
“Umstiftung”
Anstiftung zu einem völlig neuen Delikt (oder zu einer Tat desselben Delikts mit völlig anderem Tatgepräge)
—> § 26 bzgl. der neuen Tat (+)
“Abstiftung”
Der zur Begehung eines qualifizierten Delikts Entschlossene wird zu einer weniger schweren Tat ohne Qualifikation veranlasst.
—> § 26 bzgl. abgeschwächter Tat (-), da Minus im bereits vorhandenen Täterwillen enthalten
—> ggf. § 27
—> evtl. aber auch straflos wg. Risikoverringerung o. gem. § 34
“Aufstiftung”
Der zum Grunddelikt Entschlossene wird zu einer Qualifikation angestiftet.
—> Str., nach h.M. § 26 bzgl. Qualifikation (+) wg. Erhöhung des Unwertgehalts
Beihilfe (§ 27)
Gehilfe = Wer vorsätztlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe leistet.
Hilfeleisten:
Jeder Tatbeitrag, der die Haupttat ermöglicht, erleichtert oder RG-Verletzung verstärkt hat
(Auch im Vorbereitungsstadium möglich, wenn Beitrag bis zur Vollendung wirkt)
Physische Beihilfe: Mitwirkung am äußeren Tatgeschehen
Psychische Beihilfe: Hilfeleistung wirkt nur über Psyche des T (Ratschläge, Bestärkung Tatentschluss, Sicherheitsgefühl vermitteln)
Agent provocateur
Zum Teilnehmervorsatz gehört auch Erfolgswille
Will es Tatveranlasser allenfalls zum Versuch kommen lassen, fehlt ihm als agent provocateur Teilnehmervorsatz
Gleiches gilt, wenn er zwar Vollendungsvorsatz hat, aber irreparable Schaden für RG verhindern will
Besondere persönliche Merkmale (§§ 28, 14 I)
Besondere Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (Legaldefinition § 14 I)
Täterbezogene Merkmale: z.B. bei § 211 II Mordlust, Habgier (nur für täterbez. nicht tatbez. Merkmale gilt § 28!)
Spezielle Schuldmerkmale str.: z.B. böswillig, rücksichtslos
Qualifizierte Pflichtmerkmale: Zeuge, Richter, Amtsträger etc.
Gewerbstätigkeit, Geschäftsmäßigkeit
Garantenpflicht str.
Versuch der Beteiligung (§ 30)
Versuchte Anstiftung (§ 30 I 1 Var. 1)
Versuchte Kettenanstiftung (§ 30 I 1 Var. 2)
Strafbar nur bei Verbrechen!
Rücktritt nach § 31 I Nr. 1, II
Versuchte Beihilfe nicht strafbar! (folgt aus § 30 I)
Versuchte Anstiftung ≠Anstiftung zum Versucht (Haupttat = Versuch)
Angriff (§ 32)
Jede durch menschliches Verhalten drohende Verletzung rechtlich geschützer Güter oder Interessen.
Rechtlich geschütze Güter/Interessen:
Leben, Leib, Freiheit, Gesundheit, Ehre, Eigentum, Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Hausrecht
Gegenwärtig (§ 32)
Gegenwärtig ist der Angriff, der
unmittelbar bevorsteht
begonnen hat oder
noch fortdauert
Rechtswidrig (§ 32)
Rechtswidrig ist jeder Angriff, der den Bewertungsnormen des Rechts objektiv zuwiderläuft und nicht durch einen Erlaubnissatz gedeckt ist.
Notwehr scheidet aus bei Befugnis des Angreifenden (Notwehr, Einwilligung, § 904)
Angriff darf also nicht seinerseits gerechtfertigt sein
Erforderlich (§ 32)
Erforderlich ist die Verteidigungshandlung,
die zur Angriffsabwehr geeignet ist, d.h. die grds. in der Lage ist, Angriff zu beenden oder ihm Hindernis in Weg zu stellen und
zugleich das mildeste effektive Mittel darstellt
von gleich sicheren, das mildeste wählen
Aber: Angegriffener muss nicht auf weniger gefährliches Mittel zurückgreifen, wenn Abwehrwirkung zweifelhaft
Bei Schusswafffengebrauch:
1. Androhung/Warnschuss 2. Nichttödlicher Schuss
3. Todesschuss
Maß der erforderlichen Abwehr aus ex-ante-Perspektive eines obj. Drittbeobachters mit etwaigem Sonderwissen des Angegriffenen zu bestimmen!
Notwehrprovokation
Schuldhafte Provokation der Notwehrlage:
Vorauss.: Zurechnungszusammenhang zw. Provokation und Angriff + zeit./örtl. Zsmhang + Gegenreaktion adäquate Folge der Pflichtverletzung
Absichtsprovokation:
T fordert zielstrebig (iSd. dolus directus 1. Grade) Angriff des O heraus, um es unter Deckmantel der Notwehr zu schädigen.
Putativnotwehr
Täter nimmt irrig einen Angriff an, hätte aber bei tatsächlichem Angriff die Grenzen der Notwehr eingehalten.
—>ETI (keine Strafbarkeit aus Vorsatztat)
Putativnotwehrexzess
Täter nimmt irrig einen Angriff an und verteidigt sich intensiver als erforderlich oder geboten. (Überschreitet Notwehrgrenzen aus asthenischem Affekt.)
—> Erlaubnisirrtum
h.M.: § 33 analog (T strafbar)
dogmatisch überzeugender: § 35 II analog (T strafbar, wenn Irrtum vermeidbar)
Nothilfe (§ 32 II Var. 2)
Notwehr, die erforderlich ist, um einen Angriff von “einem anderen” (Inhaber eines notwehrfähigen Individual-RG) abzuwenden
Nothelfer unterliegt denselben Grenzen/Vorauss.: insbes. Erforderlichkeit, Gebotenheit + subj. Rechtfertigungselement
Nothilfeverbot kann sich aus Wille des Angegriffenen ergeben
Notstandslage (§ 34)
Gegenwärtige Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes RG, die nicht anderes abgewendet werden kann als durch Einwirkung auf ebenfalls rechtlich anerkannte Interessen.
Gegenwärtige Gefahr (§ 34)
Zustand, dessen Weiterentwicklung Eintritt oder Intensivierung eines Schadens ernstlich befürchten lässt, sofern nicht alsbald Abwehrmaßnahmen ergriffen werden.
(Kein unmittelbares Bevorstehen erforderlich! Dauergefahr möglich)
Beurteilung aus ex-ante-Perspektive eines Sachverständigen mit etwaigem Sonderwissen des T!
Erforderlich (§ 34)
Erforderlich ist, was
zur Abwehr der Gefahr geeignet ist und
unter Berücksichtigung aller ex ante erkennbaren Umstände aus Sicht eines sachkundigen obj. Betrachters als der sicherste Weg zur Erhaltung des gefährdeten Gutes erscheint und
zugleich das mildeste Mittel darstellt
Beurteilung aus ex-ante-Perspektive!
Interessenabwägung (§ 34)
Geschützes Interesse (Erhaltungsgut) vs. beeinträchtiges Interesse (Eingriffsgut)
Abwägung nach…
abstraktem Rangverhältnis (Reihenfolge §)
Grad der drohenden Gefahren
Ausmaß drohender RG-Verletzungen (aber: Leben darf nicht gegen Leben abgewogen werden!)
Wesentliches Überwiegen
Generell: alle RF-Gründe auch bei Unterlassungsdelikten denkbar
Hinzu kommt: rechtfertigende Pflichtenkollision
T kann von zwei zu erfüllenden Pflichten nur eine erfüllen (verletzt zwangsl. eine Pflicht)
erfüllt T höherrangige bzw. gleichwertige Pflicht
—> Rechtswidrigkeit (-), Verhalten nicht rw
(Motive für Entscheidung irrelevant)
Schuldunfähigkeit
Schuldunfähig = Kinder bis zum vollendeten 14. Lj. (§ 19) + Pers. unter Vorauss. § 20 (seelische Störungen etc.)
Prüfung § 20:
1. biolog./psycholog. Mangel?
2. Ausschluss Einsichts-/Steuerungsfähigkeit infolge des Mangels?
Jugendliche (14-17. Lj.): Einzelfallprüfung
—> prüfen ob reif genug, Unrecht der Tat einzusehen + nach dieser Einsicht zu Handeln
Abgrenzung SU § 20 / verminderte SF § 21
ab 3 Promille SU (bei Tötungsdelikten 3,3)
ab 2 Promille verminderte SF (2,2)
im Zweifel: in dubio pro reo
Keine Bestrafung schuldunfähiger Täter (Ausnahme ALIC)
In Rauschtaten greift § 323a
Vorsätzliche ALIC
ALIC = “eine in der Ursache freie Handlung”
Grundsatz: Wer im Zustand des § 20 eine vorsätzliche Straftat begeht, kann sich nicht auf seine SU berufen, wenn er den Defektzustand vorsätzlich herbeigeführt hat + Vorsatz sich auf später begangene Tat erstreckt (Doppelvorsatz!)
Rechtliche Zuslässigkeit? 5 Begründungsmodelle
Fahrlässige ALIC
Fälle, in denen T Schuldunfähigkeit vorsätzlich oder fahrlässig herbeiführt und dabei in fahrlässiger Weise nicht damit rechnet, dass er in diesem Zustand eine best. Straftat verwirklichen werde.
Grundgedanke: Bei Fahrlässigkeitsdelikt Berufung auf § 20 versagen, wenn T vor Erreichen des Defektzustandes den weiteren Verlauf hätte erkennen können.
Zu prüfen, wenn vorsätzliche ALIC (-)
Rechtsfigur eigentl. nicht nötig! —> Fahrlässigkeitsvorwurf an schuldhaft begangene Verhaltensweise anknüpfen (Sichbetrinken als obj. Sorgfaltspflichtverletzung)
Notwehrexzess (§ 33)
Wer Grenzen der Notwehr aus asthenischen Affekten heraus überschreitet, kann nach § 33 entschuldigt sein.
Intensiver Notwehrexzess
Extensiver Notwehrexzess (str.)
vorzeitiger ex. N.
nachzeitiger ex. N.
§ 33 erfasst auch bewussten N.exzess!
Asthenische Affekte:
Verwirrung, Furcht, Schrecken etc. (Mitursächlichkeit für Notwehrüberschreitung genügt)
Entschuldigungstatbestandsirrtum
Irrtum über Entschuldigungsgründe (parallel zum ETI)
T stellt sich irrig Umstände vor, bei deren Vorliegen er inbes. gem. § 35 entschuldigt wäre
Rechtsfolgen gem. § 35 II —> falls vermeidbar, Bestrafung aus Vorsatzdelikt
Irrtümer über Existenz o. Grenzen eines Entschuld.grundes unbeachtlich!
Beleidigung (§ 185)
Kundgabe von Missachtung oder Nichtachtung
Habgier (§ 211)
Übersteigertes Gewinnstreben um jeden Preis
Niedrige Beweggründe (§ 211 II)
Alle Tatantriebe, die sittlich auf tiefster Stufe stehen, durch hemmungslose Eigensucht bestimmt und deshalb besonders verachtenswert sind.
Heimtücke (§ 211)
= Ausnutzen der auf Arglosigkeit beruhenden Wehrlosigkeit des Opfers in feindlicher Willensrichtung
Arglos ist, wer sich keines Angriffs auf Leib und Leben versieht.
Wehrlos ist, wer in seiner Verteidigungsfähigkeit zumindest erheblich eingeschränkt ist.
Körperliche Misshandlung (§ 223)
Jede substanzverletzende Einwirkung auf den Körper sowie
jede üble, unangemessene Behandlung, durch die das körperl. Wohlbefinden o. körperl. Unversehrtheit mehr als nur unerheblich beeinträchtigt wird
Andere gesundheitsschädliche Stoffe (§ 224)
Substanzen, die
zur Gesundheitsschädigung geeignet sind
mechanisch o. thermisch wirken
krankheitserregende Mikroorganismen
Gesundheitsschädigung (§ 223)
Hervorrufen, Aufrechterhalten oder Steigern eines pathologischen Zustands.
Ein vom Normalzustand nachteilig abweichender krankhafter Zustand körperlicher o. seelischer Art.
Gift (§ 224)
Stoff, der unter bestimmten Bed. (z.B. Einatmen) durch chemische/chemisch-physikalische Wirkung geeignet ist, erhebliche Gesundheitsschädigungen zu bewirken.
Beigebracht (§ 224)
Wenn der T das Gift derart mit dem Körper des Opfers in Verbindung gebracht hat, dass es seine gesundheitsschädliche Wirkung entfalten kann.
Waffe (§ 224)
Gebrauchsfertiges Werkzeug, das nach Art seiner Anfertigung nicht nur geeignet, sondern auch allgemein dazu bestimmt ist, M. durch seine mechanische o. chemische Wirkung körperlich zu verletzen.
Gefährliches Werkzeug (§ 224)
Jeder (bewegliche? str.) Gegenstand, der nach Beschaffenheit und Art der Verwendung als Angriffs- o. Verteidigungsmittel im konkreten Fall geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen.
Überfall (§ 224)
Jeder plötzliche, unerwartete Angriff auf einen Ahnungslosen.
Hinterlistig (§ 224)
Hinterlistig ist Überfall, wenn T seine wahre Absicht planmäßig berechnend verdeckt, um gerade dadurch dem Angegriffenen die Abwehr zu erschweren.
(Ausnutzung eines Überraschungsmoments allein reicht nicht)
Eine mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich verübte KV (§ 224)
Gegeben, wenn bei der KV mind. zwei Pers. unmittelbar am Tatort als Angreifer einverständlich zusammenwirken (in Form der Mittäterschaft, in Form von Täterschaft u. Teilnahme).
Eine das Leben gefährdende Behandlung (§ 224)
Wenn Verletzungshandlung nach den konkreten Umständen geeignet ist, Leben des Opfers in Gefahr zu bringen.
Sachen (§ 242, § 303)
Alle körperlichen Gegenstände ohne Rücksicht auf ihren wirtschaftlichen Wert.
Beschädigung (§ 303)
Jede körperliche Einwirkung auf die Sache, durch die ihre Unversehrtheit oder bestimmungsgemäßte Brauchbarkeit mehr als nur unerheblich beeinträchtigt wird.
Zerstört (§ 303)
Zerstört ist eine Sache, wenn sie aufgrund der erfolgten Einwirkung
in ihrer Existenz vernichtet ist oder
bestimmungsgemäße Brauchbarkeit verloren hat
Verändern des Erscheinungsbildes (§ 303)
Sinnlich wahrnehmbare Oberfläche der Sache wurde in einen vom ursprünglichen abweichenden Zustand versetzt.
Fahrlässigkeitsdelikte (Allgemeines)
Fahrlässigkeit nur strafbar, wenn ausdrücklich im Gesetz, z.B. §§ 222, 229, 306d, 316 II
Versuch u. Teilnahme nicht bei Fahrlässigkeitsdelikten! (keine Differenz. zwischen Täter/Teilnehmer!)
An FL denken, wenn Vorsatz (-), z.B. bei TB-Irrtum, ETI
Vorsatz- u. FL-Taten unterscheiden sich im Handlungsunwert, nicht im Erfolgsunwert!
fahrlässige Sachbeschädigung nicht strafbar!
Wer handelt fahrlässig?
Es handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderl. Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach Umständen u. persönlichen Kenntnissen verpflichtet und imstande ist und deshalb…
Möglichkeit der TB-Verwirklichung nicht erkennt (unbewusste F.) typisch!
TB-Verwirklichung für möglich hält, aber darauf vertraut, sie werde nicht eintreten (bewusste F. = luxuria)
Objektive Sorgfaltspflichtverletzung
Pflichtwidrig handelt, wer die im Verkehr erforderl. Sorgfalt außer Acht lässt
Maßstabsfigur: besonnener, gewissenhafter M. aus Verkehrskreis des T mit etwaigem Sonderwissen des T (ex-ante-Betrachtung)
geschriebene Normen (StVO) + ungeschriebene (Verkehrssitte)
Sonstiges:
Überschneidung mit rechtl. relevanter Gefahr (obj. Zurechnung)
Schaffung eines erlaubten Risikos beinhaltet keine obj. SPV!
Übernahmefahrlässigkeit: T übernimmt Tätigkeit, ohne erforderl. Kenntnisse/Fähigkeiten
—> SPV bzw. Vorwerfbarkeit können also u.U. vorverlegt werden (hier: mit Übernahme der Tätigkeit)
Tat
Zeitraum ab Überschreiten der Versuchsschwelle (§ 22) bis zur Vollendung
Zuletzt geändertvor einem Jahr