MPN
Definition
MPN = Myleoproliferative Neoplasien
Monoklonale Erkrankung der myeloischen Stammzellen mit autonomer Proliferation einer oder mehrerer hämatopoetischer Zellreihen (Leuko-, Erythro-, Thrombozytose)
Klassische MPN
WHO Klassifikation
Klassische:
Polycythaemia vera (PV)
Essenzielle Thrombozythämie (ET)
Primäre Myelofibrose (PMF)
Chronische Neutrophilenleukämie (CNL) - selten
Chronische Eosinophilenleukämie (CEL) - selten
Chronische myeloische Leukämie
CML unterscheidet sich bzgl. genetischer Ursachen, klinischem Verlauf und zielgerichteter Therapieoptionen von den klassischen MPN
Gemeinsame Merkmale
Unkontrollierte Proliferation myeloischer Zellreihen
Auftreten in allen Altersstufen (gehäuft mittleres Alter)
Seltene Inzidenz (~1-2 / 100.000 / Jahr), hohe Prävalenz
Schleichender Verlauf („chronische Leukämien“)
Langsame Entwicklung einer (Hepato-)splenomegalie
Genetische Instabilität mit zunehmender Dauer der Erkrankung
→ Gefahr des Übergangs in akute Leukämie
Diagnostik
Blutbild
Im Initialstadium können alle 3 Zellreihen erhöht sein
Leuko-, Erythro-, Thrombozytose
Knochenmarkzytologie/-histologie
Tendenz zur Fibroisierung und Skleroisierung von KM
Zytologie:
Abgrenzung von CML durch BCR ABL Gen Diagnostik
Nachweis von Treibermutation zur Unterscheidung der MPN
Es kann zu einer extramedullären Blutbildung kommen (Milz, Leber, LK)
besonders bei Myelofibrose
Verlauf
Genanalyse ET, PV, PMF
PV ist (fast immer) durch die JAK2V617F Mutation gekennzeichnet
+ viele weitere Genmutationen die relevant sind
Polycythaemia Vera
Zählt zu den myeloproliferativen Neoplasien (MPN)
98% Mutation des JAK2 Gens
EPO unabhängige, progrediente Erhöhung der Erythrozytenproduktion
Außerdem: gesteigerte Proliferation der Granulopoese und Megakaryopoese
= Erythrozytenzahl ↑ Blutviskosität ↑ und Thromzytenzahl ↑
→ Risiko für Thromboembolische Komplikationen ↑↑
→ im Verlauf häufig sekundäre Knochenmarksfibrosierung
Ätiologie: unbekannt
EPO = Erythropoetin
Labor
Erythrozyten ↑ (Polyglobulie)
Hämatokrit ↑
Hämoglobin ↑
Leukozyten, Thrombozyten↑
Erhöhter Zellzerfall: Harnsäure↑, LDH↑
Alkalische Leukozytenphosphatase↑
EPO ↓
BSG ↓
Molekulargenetik: Test auf JAK2-Mutation
Klinisches Bild (v.a. Plethora, Pruritus, Hypertonie, Thrombosen, Embolien)
Diagnosekriterien: WHO Kriterien
Blutbild: Hb und Hämatokrit
♂: Hb >16,5 g/dL oder Hämatokrit >49%
♀: Hb >16,0 g/dL oder Hämatokrit >48%
Knochenmark (Aspirationszytologie und Histologie)
Steigerung der Erythropoese, Granulopoese und Megakaryopoese
Molekulargenetik: Nachweis einer JAK2-Mutation
Nebenkriterium: Erythropoetin↓
Diagnosefindung (Überlegungen)
Blutbild: v.a. Hb/Hk +/- Thrombozyten +/- Leukozyten
EPO Spiegel (vermindert)
JAK2 - PCR aus peripherem Blut
Knochenmark: Faservermehrung? Transformation in AML?
Komplikationen (Haupttodesursachen)
Thromboembolische Komplikationen
Entwicklung eines MDS oder einer akuten Leukämie
Hämorrhagische Diathese
Entwicklung einer Post PV Myelofibrose
Therapie
Ziel: Minderung von Symptomen und Thrombembolien!
Regelmäßige isovolämische Aderlässe (Ziel: Hk < 45%)
ASS 100 mg/d vermindert kardiovaskuläre Komplikationen
Bei hohem Thromboserisiko, unkontrollierbarer Myeloproliferation:
→ Myelosupressive Therapie: Hydroxyurea (HU) oder Interferon α
Bei HU-Intoleranz oder -Resistenz: JAK Inhibitor Ruxolitinib
Keine Substitution von Eisenmangel! stimuliert Erythropoese
Typischer Verlauf
Erythrozyten↑ Hk↑ und Hb↑
Differentialdiagnostische Überlegungen (2)
Sekundäre / reaktive Polyglobulie (häufiger als MPN!)
Diagnose wäre naheliegender:
Dehydratation
Pulmonale / kardiale Erkrankungen (COPD usw.)
Schlafapnoe-Syndrom, Raucher
Höhenadaption / Höhentraining
Paraneoplastisch (Nierenzell-/Bronchial-Ca u.a.)
However: EPO-Spiegel häufig erhöht (oder normal) !!
≠ Polycythaemia Vera PV
Thrombozytose
Differentialdiagnostische Überlegungen (3) (4)
Sekundäre / reaktive Thrombozytose (häufiger als MPN!)
Diagnose wäre naheliegender
Akute-Phase-Reaktion bei Infekt / Tumor / Vaskulitis
Eisenmangel
Splenektomie
MPN → ET und (präfibrotische) MF
ET = Essenzielle Thrombozythämie; PMF = Primäre Myelofibrose
Essenzielle Thrombozythämie ET
Monoklonale autonome Proliferation der Thrombopoese
mit progredientem langsamen Anstieg der Thrombozytenzahl bis >1.000.000/µl
Mutationsanalyse: 60% JAK2, 20-30% CALR, 3-5% MPL
Leukoerythroblastisches Blutbild (5)
Präfibrotische Myelofibrose PMF
Synonym = Chronische idiopathische Myelofibrose
BCR ABL neg. MPN mit Fibrosierung des Knochenmarks
Blutbild zeigt Thrombozytose, ohne Blasten (ähnlich zu ET)
Mutationsanalyse: Mutationsanalyse: 60% JAK2, 20-30% CALR, 5-8% MPL
ET vs. PMF
Knochenmark Histologie
ET und PMF können nur mittels Knochenmark-Histologie differenziert werden
Blutbild: Thrombozytose
Klinik
1/3 Asymptomatisch
1/3 Mikrozirkulationsstörungen
1/3 Thrombosen / Thrombembolien, seltener Blutungen
Prognose ist günstig (annähernd normale Lebenserwartung)
Entwicklung einer Myelofibrose selten (≠ PMF)
ET (und PMF): selten direkter Übergang in eine AML <5%
ASS 100 mg/d meist sinnvoll [cave: Thr >1500 G/l]
Bei Hochrisikopatienten: HU, Interferon α oder Anagrelid
Anagrelid = Thrombozytenaggregationshemmer
HU, pegyliertes Interferon α = Zytoreduktion
JAK Inhibitor Ruxolitinib nicht zugelassen!
Wie bei der PV steht das Thromboserisiko im Mittelpunkt des Managements!!
präPMF: Thrombozytopenie
Splenomegalie
Allgemeinsymptomatik: Müdigkeit, Gewichtsverlust, Leistungsabfall
Manifeste Myelofibrose
Anämie +/- Thrombozytopenie
Leukoerythroblastisches Blutbild, Dakryozyten
Dakrozyten = Tränentropfen Erythrozyten
Ausgeprägte (Hepato-)splenomegalie
Kachexie, B-Symptomatik, AZ-Minderung
→ JAK2-/CALR-PCR aus peripherem Blut
→ Knochenmarkpunktion: Histologie!
Präfibrotische/ manifeste Myelofibrose
Prognose und Therapie
Anämie: Erythrozytensubstitution, EPO Gabe
JAK Inhibitoren: Ruxolitinib o. Fedratinib → Verkleinerung der Milz
reduzieren v.a. Symptome und bessern die Lebensqualität
HU, peg. Interferon alpha → Zytoreduktion
Allogene Stammzelltransplantation (bei ungünstiger Prognose)
Prognose: Medianes Überleben ca. 4-5 Jahre
(große Spannbreite: <2 bis >10 Jahre)
Prognoseabschätzung anhand von Blutbild und Genetik
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