Was ist Klinische Psychologie?
Teildisziplin der Psychologie, die sich in Forschung und Praxis mit psychischen Störungen und den psychischen Aspekten somatischer Störungen und Krankheiten befasst.
Was sind Merkmale psychischer Störungen?
1.Persönliches Leid
2.Verletzen sozialer Normen
3.Dysfunktionales Verhalten
4.Beeinträchtigung der Lebensführung
Welche Normalitätsbegriffe lassen sich unterscheiden?
1.Idealnorm: stark Kulturabhängig
2.Statistische Norm:Eine statistische Abweichung vom Normalbereich, gibt oftmals keinen Aufschluss über einen vorliegenden Krankheitswert (bspw. Abweichungen in der Sexualität).
3.Soziale Norm:kulturabhängig
4.Subjektive Norm: Wie geht es mir jetzt im Vergleich zu vor 2 Jahren?) zeigt Veränderungen bspw. in der Zufriedenheit auf, die allerdings nicht gleich auf eine pathologische Verschlechterung hindeuten müssen
5.Funktionale Norm: eignet sich meist am besten zur Differenzierung zwischen "normal" und "krank".
Was ist eigentlich „gesund“?
- Zustand vollkommenen körperlichen, psychischen und sozialen Wohlbefindens,
-nicht nur definiert durch die Abwesenheit von Krankheit und Behinderung.
Was sind die wichtigsten Kriterien von Psychotherapie nach der Definition von Hans Strotzka?
▪ Psychotherapie als „geplanter zielorientierter Prozess“
▪ Veränderung psychischer Prozesse mittels „psychologischer“ Mittel auf der Grundlage einer Theorie
▪ Interaktiver Charakter und emotionale Komponente
▪ Lehr- und Lernbarkeit
Ziele von Psychotherapie
▪ Reduktion von Leiden
▪ Reduktion von Symptomatik
▪ Veränderung kritischer belastender oder gefährlicher Verhaltens-, Emotions- und Einstellungsmuster
▪ Entwicklung der Fähigkeit zur erfolgreichen Lebens- und Problembewältigung
DSM-5: die wichtigsten Änderungen
Das 5-Achsen-System im DSM-IV wird im DSM-5 in die Einteilung nach ..verändert
1) psychiatrische und medizinische Diagnosen
2) psychosoziale und kontextuelle Faktoren
3) Behinderung / Beeinträchtigung
Korrelate psychischer Störungen, häufiger psychische Störungen bei?
Häufiger psychische Störungen bei
▪ Ledig oder getrennt lebenden/geschiedenen/ verwitweten Personen
▪ Berenteten oder arbeitslosen Personen
▪ Geringerer sozioökonomischer Status
▪ Menschen, die in Großstädten leben
▪ Wie sind die wichtigsten Klassifikationssysteme, ICD-10 und DSM-5, aufgebaut?
DSM-5:
Es basiert auf klinischer Erfahrung, Forschungsergebnissen und Expertenmeinungen.
Jede Störung hat einen eigenen diagnostischen Code, der aus Buchstaben und Zahlen besteht (z.B. Major Depressive Disorder, 296.22).
Das DSM-5 legt großen Wert auf die Dimensionalität von Störungen und berücksichtigt auch die kulturellen und sozialen Aspekte der psychischen Gesundheit.
durchschnittliche Gipfel der Ersterkrankung mit einer psychischen Störung?
Liegt bei etwa 14-15 Jahren
Welches sind die wichtigsten Forschungsdesigns, die in der klinisch-psychologischen Forschung zum Einsatz kommen (6)? Aus welchen Forschungsmethoden lassen sich welche Art von Erkenntnissen ableiten?
1.Fallstudien:
-auf einen einzelnen Patienten konzentrieren, der PTBS entwickelt hat. Die Studie könnte die Lebensgeschichte, die Art und Schwere der traumatischen Ereignisse, die Symptome, den Verlauf der Störung und die Wirksamkeit bestimmter Behandlungen untersuchen.
2.Korrelationsstudien: Zusammenhänge zw. Variablen ohne Kausalität zu etablieren
3.Experimentelle Studien: Kausalzusammenhänge können ermittelt werden,beinhalten die Manipulation einer unabhängigen Variable, um ihren Einfluss auf eine abhängige Variable zu messen. Experimente sind nützlich, um die Wirksamkeit von Interventionen und Behandlungen zu testen.
4.Klinische Studien, randomisierte kontrollierte Studien:
- Untersuchung von patientenrelevanten Forschungsfragestellungen
- Arzneimittelforschung
(Grundlage für Zulassung)
5.Systemische Reviews & Metaanalysen: allg. Forschungsstand von Studien
6.Scooping Reviews, narrative Reviews:Orientierung über den Stand der Forschungsliteratur
Psychotherapieforschung: Definition & Ziele
▪ Psychotherapieforschung beschäftigt sich mit der Wirksamkeit und Wirkweise psychotherapeutischer Interventionen
▪ Ziele:
– psychotherapeutische Methoden entwickeln, evaluieren, erklären und optimieren
– Prognosen ermöglichen, inwieweit sich mit welchen Methoden, bei welchen Patienten, unter welchen Bedingungen welche Effekte erzielen lassen
Zentrale Themengebiete der Psychotherapieforschung
Was ist Grundorientierte Wirksamkeitsforschung / Effektivitätsforschung (efficacy research):
Grundorientierte Wirksamkeitsforschung / Effektivitätsforschung (efficacy research):
Forschung in einer kontrollierten Umgebung durchgeführt um die spezifische Wirksamkeit einer Therapie zu bewerten.
- Diese Forschung stellt sicher, dass die Therapie unter idealen Bedingungen funktioniert, jedoch nicht unbedingt, wie sie in der realen Welt angewendet wird.
Beispiel: Der Artikel "Biofeedback-based Cognitive-Behavioral Treatment compared with occlusal splint for temporomandibular disorder – a randomized controlled trial" untersucht die Wirksamkeit einer spezifischen Behandlung (Biofeedback-basierte kognitive Verhaltenstherapie) im Vergleich zu einer anderen Behandlung (Occlusal Splint) für Patienten mit temporomandibulären Störungen. Hier wird die Wirksamkeit der Therapie unter kontrollierten Bedingungen in einer randomisierten kontrollierten Studie bewertet.
Was ist Anwendungsorientierte Wirksamkeitsforschung / Effizienzforschung (effectiveness research):
- Wirksamkeit einer Therapie unter realen, alltäglichen Bedingungen untersucht. Es wird untersucht, wie effektiv die Intervention in der Praxis angewendet wird, abseits von idealen Studienbedingungen.
Beispiel: Der Artikel "Effectiveness of a Stepped, Collaborative, and Coordinated Health Care Network for Somatoform Disorders (Sofu-Net): A Controlled Cluster Cohort Study" untersucht die Effektivität eines Netzwerks für die Gesundheitsversorgung von Patienten mit somatoformen Störungen. Diese Studie untersucht, wie wirksam das Netzwerk bei der Verbesserung der Gesundheit und der Lebensqualität von Patienten in der realen Welt ist, wo es eine breite Palette von Patienten und Behandlungsbedingungen gibt.
Was sind Merkmale von Efficacy studies (Grundorientierte Wirksamkeitsforschung)?
1.künstliche Bedinungen (Labor)
2.Ausgewählte Patienten
3.Schmaler Problemfokus
4.Manueltreue, trainiere Therapeuten
5.Hohe interne Validität
Was sind Merkmale für effectiveness studies?
In der Klinik, Praxis (eingebettet in Gesundheitssystem, Krankenkasse)
Patienten die Behandlungen aufsuchen
breiterer Problemfokus
normale Therapeuten
Hohe externe Validität oder Generalisierbarkeit
Welche Arten von Kontrollgruppen gibt es in RCTs und wofür kontrollieren sie? (3)
1.Warte-Kontrollgruppe
-> kontrolliert für den naturalistischen Verlauf und Spontanremission (inaktiv)
2.treatment-as-usual-Kontrollgruppe (auch: standard medical care)
-> Vergleich mit aktuellem Routineverfahren
3.Psychologische Placebo-Behandlung, supportive Therapie, andere Behandlungen
-> kontrolliert für unspezifische Effekte von Beziehung und Zuwendung (aktiv)
Woran misst sich Therapieerfolg?
1. Reduktion der Symptomatik
2.Verbesserung der Krankheitsfolgen
3.Nebenwirkungen
– Negative Folgen von Therapie
– Therapieabbrüche
4. Langfristige Wirksamkeit
5.Statistische Signifikanz vs. Klinische Relevanz
– p-Wert kein gutes Maß für Veränderung
– Effektstärke (Problem: abhängig von Stichprobenvarianz)
– Operationalisierung klinischer Relevanz, z.B. durch Cut-Off Werte (z.B. 3 Punkte im BDI) oder minimal clinically meaningful difference (MCID)
10
Wann spricht man von einem kausalen Zusammenhang? (9)
Bradford-Hill Kriterien
1. Stärke: Je stärker die beobachtete Assoziation zwischen zwei Variablen, desto unwahrscheinlicher ist deren zufälliges Auftreten
2. Konsistenz: Assoziation wurde in verschiedenen Studien/Risikopopulationen/Orten/Zeiten etc. gesehen
3. Spezifität:
bspw. eine spezifische Bevölkerung leidet an einer spezifischen Krankheit
4. zeitliche Beziehung:
Wirkung muss Ursache zeitlich nachfolgen
5. Biologischer Gradient:
Die Assoziation zeigt eine Dosis-Wirkungs-Beziehung (z.B. mehr Zigaretten -> mehr Lungenkrebs)
6. Plausibilität:
plausibler Zusammenhang hilfreich aber nicht notwendig
7. Kohärenz/Stimmigkeit:
kausale Interpretation sollte nicht im Gegensatz zum biologischen Wissen über best. Krankheit stehen
8. Experiment:
Wenn möglich, experimentelle Evidenz nutzen
9. Analogie:
Assoziation spricht für Kausalität, wenn schon ähnliche Effekte einer ähnlichen Wirksubstanz dokumentiert wurden
Was ist mit Questionable Research Practices gemeint und welche Bedrohungen haben sie für die klinische Forschung?
sind problematische Forschungspraktiken, die die Integrität und Verlässlichkeit von wissenschaftlichen Ergebnissen gefährden. Sie sind weit verbreitet und können erhebliche Bedrohungen für die klinische Forschung darstellen. Die von Ihnen genannten Beispiele für QRPs sind. Forscher berichten, dass 91-96% eine Form von QRP’S betreiben.
Selektiver Bericht von Ergebnissen: Dies bezieht sich auf die Praxis, nur ausgewählte Ergebnisse oder statistisch signifikante Ergebnisse zu veröffentlichen —> Verzerrungseffekt führen, da die veröffentlichten Ergebnisse ein unvollständiges Bild der Realität darstellen.
Flexible Analyse-Strategien: Forscher können verschiedene statistische Analysen durchführen, bis sie ein gewünschtes Ergebnis erzielen. Dies wird als P-Hacking bezeichnet —> falsch positive Ergebnisse
Hypothesizing after results are known (HARKing): Hier formulieren Forscher Hypothesen nachdem sie die Ergebnisse ihrer Studie kennen.
Was sind die 4 Grundprinzipien von Open Science?
1.Transparenz
2.Reproduzierbarkeit
3.Wiederverwendbarkeit
4.Offene Kommunikation
Welche Einflussfaktoren können zu einer psychischen Störung beitragen?
1.Biologische Faktoren
2.Psychologische Faktoren
3.Soziale Faktoren
4.Ökologische Faktoren
Welches ist das integrativste Modell zum Verständnis psychischer Stöungen?
Das Bio-Psycho-Soziale Modell
Welche Modellperspektiven der klinischen Psychologie gibt es?
1.(Neuro) biologische
2.kognitiv behaviorale
3.humanistische
4.psychodynamische
5.systemische
Risiko- und Schutzfaktoren
▪ Genetische Prädisposition
▪ Prä- und perinatale Schädigungen
▪ Geschlecht
▪ Alter
▪ Temperament / Persönlichkeit
▪ Komorbidität und vorangegangene Störungen ▪ Kultur
▪ Sozioökonomischer Status
▪ Elterliches Erziehungs- und Bindungsverhalten ▪ Einfluss von Gleichaltrigen
▪ Adverse Lebenserfahrungen
▪ Emotionsregulation
Empirisch belegte soziale und familiäre Risikofaktoren in Kindheit und Jugend für die Entstehung psychischer, psychosomatischer und körperlicher Erkrankungen
▪ Niedriger sozioökonomischer Status
▪ Geringe Schulbildung der Eltern
▪ Arbeitslosigkeit der Eltern
▪ Große Familie mit wenig Wohnraum
▪ Kontakte mit Einrichtungen der „sozialen Kontrolle (z.B. Jugendämter) ▪ Kriminalität / Dissozialität eines Elternteils
▪ Anhaltende familiäre Konflikte
▪ Unsicheres Bindungsmuster nach dem 12./18. Lebensmonat
▪ Trennung/Scheidung der Eltern
▪ Häufig wechselnde frühe Beziehungen
▪ Sexueller und/oder aggressiver Missbrauch
▪ Schlechte Kontakte zu Gleichaltrigen
▪ Geringer Abstand (<18 Monate) zum nächsten Geschwister
▪ Längere Trennung der Eltern in den ersten Lebensjahren
▪ Psychische Erkrankung eines Elternteils
▪ Chronisch kranke Geschwister
▪ Hohe Gesamtbelastung („allostatic load“)
Emotionsregulation, Definition
▪ „Fähigkeit, Emotionen zu tolerieren, sich ihrer gewahr zu sein, sie in Worte zu fassen und adaptiv zu nutzen, um emotionale Belastung zu regulieren und um Bedürfnissen und Zielen gerecht zu werden“ (Elliot et al., 2008, S. 33, zitiert nach Benecke, 2014)
▪ Emotionsregulation bei psychischen Störungen oft gestört
▪ In verschiedenen spezifischen Störungsmodellen als ätiologischer Faktor integriert
Wie sind die einzelnen Phasen der Emotionsregulation nach Gross?
Antizipatorische Emotionsregulationsstrategien:
1.Situationsauswahl
2.Siuationsmodifikation
3.Aufmerksamkeitslenkung
4.kognitive Veränderung->reappraisal
Reaktive Emotionsregulationsstrategien:
5.Reaktionsmodulation ->suppression
Kohärenzgefühl-Wie entsteht Gesundheit?
globale Orientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmaß eine Person ein durchdringendes, dynamisches Gefühl des Vertrauens darauf hat, dass
– die Stimuli, die sich im Verlauf des Lebens aus der inneren und äußeren Umgebung ergeben, strukturiert, vorhersehbar und erklärbar sind
– die Ressourcen zur Verfügung stehen, um den Anforderungen zu begegnen, die diese Stimuli stellen
– diese Anforderungen Herausforderungen sind, die Anstrengung und Engagement lohnen
Komponenten:VERSTEHBARKEIT,HANDHABBARKEIT,SINNHAFTIGKEIT
Was ist Resilienz?
Widerstandsfähigkeit einer Person gegenüber Hindernissen oder widrigen Umwelteinflüssen
– Aus schwieriger Lage in adaptiven Funktionsmodus zurückfinden
– Resilienzfaktoren = Subgruppe von Ressourcen
Bedeutung von Resilienz für die psychische Gesundheit bei somatischen Erkrankungen
▪ Systematisches Review, k = 55 Studien
▪ Klarer Zusammenhang zwischen Resilienz und psychischer Gesundheit bei Menschen mit körperlichen Erkrankungen
Ressourcenperspektive in der Psychotherapie
Therapeutische Nutzung?
– Von Therapiebeginn an Fokus auf Ressourcen, auch entgegen eines möglichen Widerstands des/r Pat.
– Exploration von Ressourcen und resilienten Strategien
– Positive Zielorientierung: nicht nur „was schlecht ist“, sondern auch „wie es stattdessen sein sollte“
– Widerholte „Markierung“ von Ressourcen in Therapie, bis eigener Zugang dem/r Pat. gelingt
▪ Ressourcenaktivierung als ein zentraler allgemeiner Wirkfaktor von Psychotherapie nach Grawe
Wirkfaktoren nach Grawe (1994)
1. Problemaktualisierung: Emotionale Aktivierung des Problems in der Therapie
2. Motivationale Klärung: vertieftes Verständnis der eigenen Problematik und motivationalen Faktoren (Ziele, Wünsche)
3. Ressourcenaktivierung: Nutzung der Stärken des Pat zur Zielerreichung
4. Aktive Hilfe zur Problembewältigung: durch neue Strategien
5. Therapeutische Beziehung
Verfahrensübergreifendes Störungsmodell
Vorteile eines übergreifenden Störungsmodells:
▪ Integration unterschiedlicher Modellvorstellungen
▪ Schwerpunkte unterschiedlicher therapeutischer Ansätze lassen sich darin abbilden
▪ Ableitung therapeutischer Interventionen daraus möglich
▪ Definition spezifischer Kompetenzen von Psychotherapeut:innen
Was heißt Eigendynamik der Störung?
▪ Eigendynamik der Störung = Selbstverstärkungsmechanismen, die zur Entwicklung und Aufrechterhaltung der Störung beitragen
▪ Eigendynamik bedingt mit, warum Störung fortbesteht, auch wenn primär auslösende Faktoren nicht weiter existieren
– Beispiel: Versagens- und Erwartungsangst bei sexuellen Funktionsstörungen
▪ Verfahrensbezogene Einordnung: Eigendynamik der Störung ist stärker in verhaltenstherapeutischen Ansätzen konzeptualisiert, zunehmend auch in psychodynamischen Ansätzen
▪ Beispiel Panikstörung: Teufelskreis der Angst
Aufrechterhaltende Faktoren, Grundsatz, verfahrensspezifisch unterschiedlich formuliert Verhaltenstherapie, psychodynamische, systemische
• Verfahrensspezifisch unterschiedlich formuliert Beispiele
• Verhaltenstherapie: Vermeidungsverhalten bei Angststörungen
• Psychodynamische Therapieverfahren: Erfüllung unbewusster Motive durch die
chronische Krankenrolle
• Systemische Therapie: familienstabilisierende Funktion durch Indexpatient:in
• Fast immer relevant für die Psychotherapie
Zuletzt geändertvor einem Jahr