Orthopädie
Medizinisches Fachgebiet
Umfasst die Entstehung, Erkennung und Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparats
Frakturen (Knochenbruch) und Fissur
Durchtrennung des Knochens
Bildung von zwei Knochenfragmenten (Knochenbrüche)
Knochensegmente werden durch einen Bruchspalt voneinander getrennt
Fissur = unvollständige knochendurchtrennung
Frakturenformen
Direkte Fraktur
Knochen bricht am Ort der Gewalteinwirkung
Indirekte Fraktur
meistens eine Drehung (Torsion), Stauchung (Kompression) oder Biegung
Spontanfraktur
pathologische Fraktur bei z.B. Osteoporose, Skelettmetastasen oder Knochentumore ohne ein Trauma
Ermüdungsfraktur
erhöhte Dauerbelastung (oft Mittelfußknochen)
Offene Fraktur
Gefahr bakterielle Kontamination von Weichteilen und Knochen
Risiko: schwere Infektionen
Sichere und unsichere Frakturenzeichen
Unsicher
Schmerzen, Schwellungen, Hämatome, eingeschränkte Bewegung
Sicheren
sichtbare Fehlstellung durch Verschiebung der Knochenfragmente
Ungewöhnliche Beweglichkeit im Knochen
Krepitation = fühl- oder hörbares Knistern
Knochenteile die aus der Haut ragen
Große Wunden, bei denen man die Knochenbruchstellen erkennen kann
Diagnostik
MRT und CT
Beurteilung der Pulsqualität
Beobachtung der Finger.bzw. Zehenbewegungen
Überprüfung durch Berührung oder Kneifen
Blutverlust
Oberschenkelfraktur: ca. 2.000 ml
Beckenfraktur: ca. 4.000 ml
Oberarmfrakturen: ca. 700 ml
Bei hohen Blutverlust = hypovolämischen Schock
Primäre Frakturenheilung
entsteht durch direkte knöcherne Überbrückung des Frakturspaltes
Knochenfragmente liegen nahezu fugenlos aneinander
Gute Durchblutung ist gewährleistet
Fraktur wird konsequent ruhig gestellt
Osteoblasten überbrücken den Bruchspalt
Fissur oder ideale osteosynthetische Versorgung ermöglichen diese Situation
Sekundäre Frakturenheilung
erfolgt durch Kallusbildung
Kallus ist ein nicht-knöchernes Zwischengewebe
Ablauf der sekundären Frakturheilung:
Hämatom füllt den Frakturspalt
Fibroblasten wandern in das Hämatom ein
Kallus entwickelt sich im Laufe der nächsten Monate zu Lamellenknochen
Heilungsdauer
Heilungsdauer einer Fraktur hängt ab von:
Alter
Durchblutungssituation des Knochenbruchs
Begleitverletzungen
Heilungsdauer bei Frakturen dauern oberhalb der Taille 4-6 Wochen und unterhalb der Taille 8-12 Wochen
Ausnahmen sind Becken-, Oberschenkelhals- und Handwurzelknochen mit bis zu 14 Wochen Heilungsdauer
Komplikationen
Gewebedruck kann in Muskelkammern stark steigen
Mögliche Ursachen: Hämatom, Muskelödem, enger Gipsverband, venöse Thrombose
Druck kann Gefäße und Nerven komprimieren
Häufig betroffene Region: Unterschenkel (Tibialis-anterior-Syndrom)
Symptome: zunehmende Schmerzen, harte und druckschmerzhafte Schwellung in der betroffenen Muskelkammer, Parästhesien (erhaltener Extremitätenpuls), später Bewegungseinschränkungen, im Endstadium irreversible Lähmungen und Sensibilitätsstörungen
Therapie: Sofortige Druckentlastung durch Entfernung des Gipsverbandes oder Faszienspaltung der betroffenen Muskelkammer
Komparment Syndrom
Funktionsstörung in einer Muskelkammer
Durch Druck einer Flüssigkeitsansammlung oder durch Druck von außen
Notfall !
Infektionen
Offene Frakturen erhöhen das Infektionsrisiko
Mögliche Infektionen: Wundinfektion, Knocheninfektion (Osteitis/Ostitis), Infektion des Knochenmarks (Osteomyelitis)
Frühe Behandlung der Knocheninfektion ist entscheidend, um schwere Knochenzerstörungen und Zellabsterben zu vermeiden
Standardtherapie für bakterielle Osteitis: intravenöse Antibiotikagabe, gefolgt von oraler Weiterbehandlung
Infektionsherde werden frühzeitig chirurgisch saniert
Verzögerte Bruchheilung
Faktoren, die zu verzögerter Bruchheilung führen können:
Hohes Lebensalter des Patienten
Fehlende Ruhigstellung der Fraktur
Infektion
Scherkräfte (Belastung der Fraktur während der Heilung)
Eiweiß- und Vitaminmangel
Einnahme bestimmter Medikamente, wie Glukokortikoide
Verzögerte Bruchheilung kann die Frakturheilung um 4-6 Monate verlängern.
Pseudarthrose (Falschgelenk)
Pseudarthrose
Bindegewebige und bewegliche Verbindung im Frakturspalt
Hypertrophe Pseudarthrose
Vermehrte Kallusbildung aufgrund unzureichender Ruhigstellung
gute Durchblutung vorhanden
Hypotrophe Pseudarthrose
Verminderte Kallusbildung aufgrund Minderdurchblutung der Fragmente
Fragmente werden zum Bruchspalt hin dünner
Defektspseudarthrose
Pseudarthrose aufgrund fehlender Knochenteile
Infektpseudarthrose
Pseudarthrose aufgrund von Ostitis oder Osteomyelitis
Klinische Symptome
Druck- und Belastungsschmerzen, Schwellung, Funktionseinschränkung der betroffenen Extremität, abnorme Beweglichkeit
Theraphie
abhängig von der Ursache der Pseudarthrose.
Komplexes regionales Schmerzsyndrom
lat: complex regional Patin Syndrom / CRPS
Betrifft Extremitäten
Entwickelt sich nach einen traumatischen Ereignis
Manifestiert sich mit anhaltenden Schmerzen
Störung des vegetativen Nevensystem
Beeinträchtigte Sensibilität und Motorik
Beispiel eines CRPS ist die Sudeck-Dystrophie
Reposition, Retention, Rehabilitation
Geschlossene Reposition
Manueller Zug und Gegenzug, um Frakturenden anatomisch korrekt aufeinander zu bringen
Schmerzausschaltung ist Voraussetzung
Falls geschlossene Reposition nicht erfolgreich, offene Reposition notwendig
Retention
Bruch wird bis zur knöchernen Heilung fixiert und ruhig gestellt
Konservative Methoden: Gipsverband, Extension
Operative Methoden: Osteosyntheseverfahren
Rehabilitation
durch physiotherapeutische Übungen
Extension
Knochenfragmente sollen nach Reposition vor erneuter Verschiebung durch starken Muskelzug Geschütz werden
Meist bei Brüchen der unteren Extremität
Spezieller Draht oder Nagel wird frakturfern durch den Knochen gebohrt
Extensionsbügel wird angebracht
Gewichte werden über Seilzug am Bügel befestigt
Gewichte erzeugen Zug, um die frakturierten Knochenenden in anatomischer Stellung zu halten
Extension dient oft als temporäre Maßnahme vor der Operation
Orte der Extension:
Operative Retention
sichert die Fraktur durch ein Metallimplantat (Osteosynthese)
zweite Operation zur Entfernung des Implantats ist nach Wochen oder Monaten erforderlich
Osteosynthesen werden durchgeführt bei:
Frakturen mit Gelenkbeteiligung
offenen Frakturen
Frakturen mit Nerven- und Gefäßverletzungen
Stabilitätsgrade:
Übungsstabilität: Fraktur kann bewegt, aber nicht belastet werden.
Belastungsstabilität: Operierte Extremität kann bewegt und belastet werden, mit Unterscheidung zwischen Teilbelastung und Vollbelastung.
Lagerungsstabilität: Verletzte Extremität darf weder bewegt noch belastet werden
Besonderheiten bei Kinder
Grünholzfraktur (subperiostale Fraktur): Erhalt des kräftigen und elastischen Periosts (Knochenhaut) bei Kindern
Grünholzfrakturen zeigen in der Regel keine Fragmentverschiebung
Epiphysenfugenverletzung: Mitverletzung der Epiphysenfuge bei gelenknahen Frakturen bei Kindern und Jugendlichen
Wachstumsstörungen des Knochens können auftreten, da das Längenwachstum des Knochens von den Epiphysenfugen ausgeht
Zuletzt geändertvor 7 Monaten