Was ist Bewusstsein und welche Verwendungszwecke hat der Begriff?
Bewusstsein – ein Konzept, das für uns Menschen von hoher Bedeutung ist, scheint bei näherer Betrachtung doch recht schwer greifbar zu sein
Das zeigt sich etwa an den unzähligen Verwendungsmöglichkeiten des Begriffs:
Jemand kann nach einer Narkose bewusstlos sein
man spricht von Selbstbewusstsein als Charaktereigenschaft
Bewusstseinsveränderungen durch Drogen oder Meditation
man kann sich allerdings auch einen Zusammenhang bewusst machen
Die Erklärungsansätze und Forschungsrichtungen, die sich mit dem Thema befassen, sind unendlich
Warum existiert eine Verknüpfung zwischen Aufmerksamkeit und Bewusstsein?
Welche Rolle spielt die Aufmerksamkeit?
Da man sich meist eines Objekts oder eines Ereignisses, dem Aufmerksamkeit geschenkt wird, auch bewusst ist, existiert eine enge Verknüpfung zwischen Bewusstsein und Aufmerksamkeit, auch wenn es sich um getrennte Prozesse handelt
Die Aufmerksamkeit ist dabei ein wichtiger Filterprozess, um bestimmte Aspekte eingehender Information zu selektieren
Welche Disziplinen beschäftigen sich mit dem Thema “Bewusstsein”?
Nur wenige Themen haben in der Vergangenheit Wissenschaftler unterschiedlichster Fachrichtungen so sehr beschäftigt wie die Natur des menschlichen Bewusstseins
Mit dem Konzept von Bewusstsein und insbesondere mit einer potenziellen Definition dieses Zustandes befassen sich neben der Psychologie, der Philosophie und der Neurowissenschaft auch Disziplinen wie beispielsweise
Rechtswissenschaften
Sozialwissenschaften
Hier zu einer einheitlichen Definition zu gelangen, erscheint utopisch, weshalb zahlreiche Definitionsansätze und Erklärungsmodelle existieren
Welche zwei Komponenten von Bewusstsein benennt die neurowissenschaftliche Forschung?
„Arousal“ (Erregungszustand, Wachheit) und
„Awareness“ (Bewusstseinsinhalt, Bewusstmachung)
Worauf bezieht sich die Komponente “Arousal”?
„Arousal” bezieht sich dabei auf den Bewusstseins- oder Wachheitszustand
reicht vom tiefen Schlaf in NREM-Stadien, in denen starke Reize benötigt werden, um eine Reaktion hervorzurufen
bis hin zu Stadien von großer Wachheit, in denen bereits ganz subtile Reize wahrgenommen werden
Worauf bezieht sich die Komponente “Awareness”?
„Awareness“ bezieht sich dagegen eher auf die Bewusstseinsinhalte, also…
Sinneswahrnehmungen
Gedanken
Gefühle
Erinnerungen
Welche Wachheitsgrade kann man in der Neurologie unterscheiden?
In der Neurologie kann man die folgenden Wachheitsgrade unterscheiden, wobei die Wachheit immer mehr abnimmt:
Vigilanz (aufmerksame Wachheit, Daueraufmerksamkeit)
Wachheit
Somnolenz (Schläfrigkeit)
Schlaf (REM und NREM-Schlaf)
Koma
Wie lässt sich der Wachheitsgrad im EEG nachweisen?
Je wacher eine Person ist, desto schneller ist das EEG, das sich zudem durch niedrige Amplituden auszeichnet
Welchem Hirngebiet unterliegt die Kontrolle über den Wachheitszustand?
Die Kontrolle über den Wachheitszustand unterliegt dem sogenannten Aufsteigenden Retikulären Aktivierungssystem (ARAS) im Hirnstamm
Was ist das ARAS?
Das ARAS ist ein diffus verteiltes Kerngebiet der Formatio reticularis, das für die allgemeine Aktivierung des gesamten Organismus zuständig ist
Die Formatio reticularis ist ein komplexes Neuronennetzwerk im Hirnstamm, das bis zum Zwischenhirn (Dienzephalon) reicht
Die Nervenzellen des ARAS liegen diffus verteilt in der Formatio reticularis und erhalten u. a. afferente Projektionen aus dem Rückenmark, aus Nervenfasern des Nervus trigeminus (V. Hirnnerv) sowie von Sinnesorganen der Augen, des Gehörs und des Geruchssinns
Efferenzen ziehen zum Thalamus, dem Hypothalamus, dem Vorderhirn und dem Kortex
Über den Thalamus und dessen Verbindungen zum Kortex laufen alle sensorischen Eingänge
Durch bildgebende Verfahren konnte gezeigt werden, dass der Thalamus bei Bewusstlosigkeit nicht aktiv ist, weshalb er auch als „Tor zum Bewusstsein“ bezeichnet wird
Warum wird der Thalamus auch als “Tor zum Bewusstsein” bezeichnet?
Womit sind Bewusstseinsinhalte assoziiert?
Bewusstseinsinhalte sind dagegen mit einer Aktivierung spezifischer kortikaler Areale assoziiert
Beispielsweise
ist die Wahrnehmung visueller Bewegungen mit Aktivität im visuellen Areal V5 assoziiert
wohingegen die Wahrnehmung von Farben mit Aktivität im visuellen Areal V4 verknüpft ist
Inwiefern hängen Wachheitsgrad und Bewusstseinsinhalte zusammen?
Das Zusammenspiel zwischen Wachheitsgrad und Bewusstseinsinhalten ist eine komplexe Angelegenheit und ist noch nicht vollständig verstanden
Es wurde zwar gezeigt, dass der Bewusstseinsinhalt unabhängig von der Wachheit variieren kann, unter den meisten Bedingungen kann der Wachheitsgrad jedoch den Bewusstseinsinhalt stark beeinflussen
So führt etwa eine Erhöhung des Erregungsniveaus zu einer Erhöhung des Ausmaßes und der Qualität bewusster Erfahrung
Bei gesunden Personen, in normalen physischen Zuständen, sind Wachheitsgrad und Bewusstseinsinhalt daher positiv korreliert
Was kann man bei Störungen des Bewusstseins unterscheiden?
Bei Störungen des Bewusstseins kann man zunächst unterscheiden, ob
es zu einer generellen Reduktion oder Unterdrückung von Arousal und Awareness
oder zu einer Verschiebung der Bewusstseinskomponenten kommt
Was sind Beispiele für eine gleichmäßige Bewusstseinsreduktion?
Bei einer gleichmäßigen Bewusstseinsreduktion sind sowohl der Wachheitsgrad als auch Bewusstseinsinhalte gleichermaßen reduziert
Beispiele hierfür sind:
Anästhesie
Was sind Beispiele für die Verschiebung von Bewusstseinskomponenten?
Bei der Verschiebung von Bewusstseinskomponenten kann beispielsweise ein hohes Maß an Arousal vorliegen, wohingegen die Awareness für sich selbst und die Umgebung abwesend oder in anderen Zuständen limitiert ist
Als Beispiele hierfür sind zu nennen:
vegetativer Zustand
Schlafwandeln
Zustand minimalen Bewusstseins
Was ist ein Koma (als Bewusstseinsstörung)?
Ursache
Diagnose
Dauer
Koma ist ein Zustand vollständiger Bewusstlosigkeit, in dem Arousal und Awareness fehlen und die Patienten mit geschlossenen Augen liegen
Der Zustand tritt nach Hirnschädigungen, die das ARAS betreffen, auf
Die klinische Diagnose verlangt das Fehlen sinnvoller Reaktionen auf äußere Stimuli, Hirnstammreflexe können dagegen noch vorhanden sein
Bei manchen Patienten ist zudem die Atmung gestört, was aber kein zwingendes Kriterium für ein Koma ist
Oft ist das Koma nur vorübergehend und es dauert selten länger als drei Wochen
Nach Beendigung des Komas sind je nach Schwere und Ausmaß der Hirnschädigung Zustände zwischen völliger Gesundung und dem sogenannten vegetativen Zustand möglich
Was ist ein Zustand minimalen Bewusstseins (als Bewusstseinsstörung)?
Unterschied zum Koma
Beim Zustand minimalen Bewusstseins („Minimally Conscious State“, MCS) gibt es, im Gegensatz zum Koma oder dem vegetativen Zustand, Hinweise darauf, dass bei Patienten ein begrenztes Bewusstsein ihrer selbst und/oder ihrer Umgebung existiert
Im MCS sind Arousal und Awareness entkoppelt:
Die Patienten zeigen zwar volles Arousal, aber nur einen begrenzten Grad an Awareness, der sich deutlich vom Zustand eines gesunden Menschen mit vergleichbarem Arousal-Level unterscheidet.
Patienten können vom vegetativen Zustand oder Koma in den minimal bewussten Zustand überwechseln
Die Diagnose des MCS ist äußerst schwierig, da es sich beim MCS um einen Dämmerzustand handelt, der dem Wachkoma zum Verwechseln ähnlich ist (reduzierte Awareness)
Ein wichtiger Unterschied ist, dass der MCS-Patient einfache Anweisungen befolgen kann, gestikuliert oder verbal mit Ja/Nein antworten kann, sich verständlich artikuliert und/oder sinnvolle Bewegungen (z. B. nach Objekten greifen) oder emotionale Verhaltensweisen auf äußere Reize zeigt (Reflexe ausgeschlossen)
Was ist der Begriff für Schläfrigkeit?
Was versteht man unter einem vegetativen Zustand?
Ein vegetativer Zustand ist gekennzeichnet durch das Fehlen von Ansprechbarkeit und Aufmerksamkeit
als Folge einer massiven Funktionsstörung beider Großhirnhemisphären
aber mit ausreichender Restfunktion von Dienzephalon und Hirnstamm
um autonome und motorische Reflexe und Schlaf-Wach-Zyklen zu bewahren
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