Wie lernt ein Organismus, sich den wechselnden Umweltbedingungen anzupassen?
Um sein Überleben zu sichern, muss jeder Organismus in der Lage sein, sich an die ständig wechselnden Umweltbedingungen anzupassen
Für eine längerfristige Anpassung ist es dabei sinnvoll, wenn der Organismus lernt, potenziell gefährliche oder schädliche Situationen und Reize schon vor deren Auftreten zu erkennen und zu vermeiden und im Gegenzug lebens- und arterhaltende Situationen oder Reize gezielt aufzusuchen
Lernen ist demnach definiert als jegliche durch eigene oder beobachtete Erfahrung erworbene Verhaltensanpassung an die Umwelt, die vor dem Lernprozess nicht im Verhaltensrepertoire enthalten war
Um eine längerfristige Anpassung zu garantieren, ist es allerdings auch nötig, bereits Gelerntes speichern zu können
Wie immens wichtig diese Speicherprozesse für unseren Alltag sind, zeigt sich eindrücklich beim Verlust bestimmter Gedächtnisprozesse (beispielsweise nach Hirnläsionen), wie etwa am Beispiel des berühmten Patienten H. M. mit seiner anterograden Amnesie und dem damit verbundenen Verlust der Langzeitspeicherung
Wie ist Lernen definiert? (Bzgl Anpassung)
Was sind wichtige Lernformen der Anpassung?
nicht-assoziatives Lernen (Habituation und Sensitivierung),
assoziatives Lernen (klassische und operante Konditionierung) sowie
soziales Lernen (z. B. Imitationslernen, Beobachtungskonditionierung).
Was ist nicht-assoziatives Lernen?
Einfachste Anpassungen können durch nicht-assoziatives Lernen erzielt werden
Hier verändert ein Organismus sein Verhalten als Reaktion auf einen bestimmten Reiz
Wenn dieser Reiz wiederholt auftritt, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
Man schenkt ihm zunehmend mehr oder weniger Aufmerksamkeit, je nach Relevanz und Folgen des Reizes
Erweist sich ein wiederholter Reiz als bedeutsam, so ist es natürlich von Vorteil, besonders schnell oder mit erhöhter Aufmerksamkeit auf den Reiz zu reagieren (Sensitivierung)
Nimmt allerdings die Reaktion auf einen anhaltenden Reiz ab, bezeichnet man das als Habituation
Beide Prozesse geschehen vollkommen unbewusst
Die Verhaltensänderungen sind beim nicht-assoziativen Lernen lediglich eine Folge der Reizstärke oder Reizbewertung und der wiederholten Darbietung und nicht der zeitlichen Paarung
Was bezeichnet man als Sensitivierung?
Eine Sensitivierung ist oftmals mit aversiven Reizen verbunden, was sich beispielsweise beim Schmerzempfinden beobachten lässt
Bei einer Verletzung kann das wiederholte Berühren der Wunde zu einem verstärkten Schmerz führen
Das ist eine Schutzfunktion, die bewirkt, dass die Wunde geschont wird
Was versteht man unter assoziativem Lernen?
Eine etwas komplexere Lernform ist das sogenannte assoziative Lernen
Hier werden zwei Ereignisse miteinander verknüpft, also assoziiert
Entscheidend ist dabei die enge zeitliche Paarung (Kontiguität) von Reiz und Reaktion oder zwischen verschiedenen Reizen und Signalen
Welche 2 Hauptlernformen unterscheidet man beim assoziativen Lernen?
die klassische Konditionierung (nach Pavlov) und
die operante oder auch instrumentelle Konditionierung (nach Thorndike/Skinner)
Was ist eine weitere Sonderform, die ebenfalls zum assoziativen Lernen gezählt wird?
das Prägungslernen
Wo spielt assoziatives Lernen eine Rolle?
Assoziatives Lernen spielt beispielsweise eine wichtige Rolle
im modernen Tiertraining und
in der Psychotherapie (z. B. das Erlernen neuer Verhaltensmuster oder auch die Reduzierung oder Löschung von bestehenden Verhaltensmustern)
Wie funktioniert das Prinzip der klassischen Konditionierung?
Das Prinzip der klassischen Konditionierung basiert auf der Paarung eines bislang neutralen Stimulus mit einem unkonditionierten Stimulus, der eine natürliche Reaktion oder einen Reflex auslöst
Beide Stimuli werden so lange zeitlich eng gepaart, bis der neutrale Stimulus alleine die konditionierte Reaktion bedingt
Wo finden sich die Prinzipien der klassischen Konditionierung?
Die Prinzipien der klassischen Konditionierung sind dabei universell und finden sich bereits bei einfachsten Lebewesen (wie z. B. Meeresschnecken) bis zum Menschen und gehen auf die berühmten Experimente des russischen Physiologen Ivan P. Pavlov zur Speichelsekretion bei Hunden zurück
Wie läuft die klassische Komditionierung ab?
Der ursprüngliche neutrale Reiz, beispielsweise ein Licht oder Ton (bei Pavlov war es die Glocke), der, wenn er alleine präsentiert wird, keinerlei Reaktion hervorruft, wird letztendlich durch den Konditionierungsprozess zum sogenannten konditionierten Stimulus (CS, „Conditioned Stimulus“)
Das geschieht durch mehrere Durchgänge, bei denen jeweils in einem kurzen Zeitfenster vor dem unkonditionierten, aber relevanten Reiz (US, „Unconditioned Stimulus“), wie z. B. Futter, der zu konditionierende Reiz präsentiert wird
Der US löst dabei eine unkonditionierte Reaktion (UR, „Unconditioned Response“), wie z. B. den Speichelfluss des Hundes, aus
Nach wiederholter enger zeitlicher Paarung (Kontiguität) löst der CS allein (auch ohne US) die Reaktion (Speichelfluss) aus, die nun als „Conditioned Response“ oder CR bezeichnet wird
Wo liegt das optimale Zeitintervall zwischen US und CS bei der klassischen Konditionierung?
Das optimale Zeitintervall zwischen US und CS liegt dabei zwischen 200 und 500 ms
Was ist die zweite wichtige Lernformen des assoziativen Lernens?
Die zweite wichtige Lernform des assoziativen Lernens ist die operante oder auch instrumentelle Konditionierung
Hier erfolgt sofort auf eine spontane Handlung eine Konsequenz, die positiv oder negativ ausfallen kann und danach zur Wiederholung oder Unterlassung des gezeigten Verhaltens führt
Wie bei der klassischen Konditionierung ist auch der Zeitfaktor von Bedeutung:
Die Konsequenz muss unmittelbar, also im Sekundenabstand, auf die Handlung folgen, damit der Lernprozess stattfinden kann
Instrumentelles Lernen wurde vor allem durch die Arbeiten der Behavioristen wie Burrhus F. Skinner oder Edward L. Thorndike in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geprägt
Wie wird die Operante Konditionierung auch noch bezeichnet?
instrumentelle Konditionierung oder
teilweise auch als Versuch-und-Irrtum-Lernen (engl. „trial and error“)
Welche Verstärker gibt es bei der operanten Konditionierung?
Nicht nur angenehme Konsequenzen führen bei der operanten Konditionierung zum Lernen von Verhaltensweisen, wie z. B. eine leckere Nahrungsbelohnung im Tiertraining (positive Verstärkung), sondern auch Verhaltensweisen, die dazu führen, dass negative Reize beendet werden oder ausbleiben (negative Verstärkung)
Ein Beispiel für negative Verstärkung wäre Fluchtverhalten in einer Angstsituation, und damit das Gefühl der Erleichterung durch die Beendigung des Angstzustandes
Primäre positive Verstärker sind angeborene oder sehr früh in der ontogenetischen Entwicklung angelegte Stimuli, die die Wahrscheinlichkeit für das Wiederauftreten einer Reaktion erhöhen
Es handelt sich hierbei um lebens- oder arterhaltende Ereignisse, Reize oder Aktivitäten, die durch die Aktivierung des Belohnungssystems des Gehirns als lustvoll oder belohnend empfunden werden (z. B. Nahrungsaufnahme, Flüssigkeitsaufnahme/Trinken, sexuelle Aktivität, Schlaf, Jungenaufzucht und soziale Interaktion (bei sozialen Lebewesen))
Daneben gibt es noch sogenannte sekundäre Verstärker, die erst durch die zeitliche Paarung mit primären Verstärkern die Auftrittswahrscheinlichkeit von Verhalten beeinflussen können
Beim Menschen kann z. B. Geld als sekundärer Verstärker betrachtet werden, da es den Zugang zu primären Verstärkern (z. B. Nahrung, Trinken, Sex) ermöglicht
Was stellt eine Sonderform des assoziativen Lernens dar?
Die Prägung („Imprinting“) stellt eine Sonderform des assoziativen Lernens dar, da hier eine Verknüpfung lediglich innerhalb eines genetisch festgelegten Zeitfensters, der sogenannten sensiblen Phase, stattfinden kann
Was ist Prägungslernen und wo findet sich dieses?
Bestimmte Stimuli innerhalb dieser sensiblen Phase lösen lang anhaltende, oft irreversible Verhaltensmuster aus
Bei dieser Lernform ist also von vorneherein genetisch festgelegt, was genau zu welchem Zeitpunkt gelernt werden kann
Prägungslernen findet sich hauptsächlich bei Vögeln
Welche 3 Prägungsformen wurden untersucht?
Insbesondere die drei folgenden Prägungsformen wurden ausgiebig untersucht:
Nachfolgeprägung („Filial Imprinting“),
sexuelle Prägung („Sexual Imprinting“) sowie
Gesangsprägung („Auditory Imprinting“).
Welche Prägung hat durch Konrad Lorenz und seine Graugänse am Meisten Bekanntheit erlangt?
Durch Konrad Lorenz und seine Graugänse hat die Nachfolgeprägung wohl am meisten Bekanntheit erlangt
Bei Gänsen und weiteren Vögeln mit nestflüchtenden Jungen erfolgt kurz nach dem Schlüpfen eine Prägung auf das erste sich bewegende Objekt, dem die Jungvögel von da an ausschließlich nachfolgen
Was bestimmt die sexuelle Prägung?
Durch sexuelle Prägung werden spätere Partnerpräferenzen in einem frühen Alter festgelegt
Dabei dienen die eigenen Eltern i. d. R. als Modell zum Erlernen artspezifischer Merkmale, die später die Arterkennung bei der Partnerwahl erleichtern
Wie zeigt sich die Gesangsprägung?
Bei vielen Singvögeln wird der Gesang von Artgenossen gelernt (Gesangsprägung)
Das Gesangslernen umfasst dabei zwei getrennte Prozesse, einen sensorischen und einen motorischen, die oftmals mehrere Monate auseinanderliegen
Der sensorische Prozess erfolgt dabei oft während einer sensitiven Phase, in der ein Jungvogel über Gesangsprägung den artspezifischen Gesang erlernt
Junge Männchen lernen dabei bevorzugt den Gesang der eigenen Art, den sie i. d. R. von ihrem Vater hören
Bei welchen Lebewesen findet man Prägungslernen nur selten?
Bei Säugetieren (einschließlich dem Menschen), die nach der Geburt lange Zeit völlig hilflos und auf die Eltern angewiesen sind, findet man Prägungslernen nur selten
Was versteht man unter sozialem Lernen?
Das Verhalten anderer Individuen, mit denen wir im sozialen Kontakt stehen, bietet eine ausgezeichnete Quelle an Information, die genutzt werden kann, um das eigene Verhalten besser anzupassen, ohne dabei eine Erfahrung selbst machen zu müssen
Dieser Lernprozess, bei dem von anderen Individuen anstatt aus eigener Erfahrung gelernt wird, bezeichnet man als soziales Lernen
Soziales Lernen spielt eine bedeutende Rolle in unserem Alltag – man vertraut gerne auf Empfehlungen oder Warnungen bezüglich eines Urlaubziels, man lässt sich vom Sporttrainer beim Durchführen eines bestimmten Bewegungsmusters helfen oder man beobachtet beim Reisen in fremden Kulturen, wie ein Einheimischer sich im Restaurant verhält, und versucht sich entsprechend zu verhalten
Soziales Lernen kann auf unterschiedlichen Mechanismen beruhen, die nicht immer leicht voneinander zu unterscheiden sind
Was sind die bedeutendsten Mechanismen sozialen Lernens?
Die bedeutendsten Mechanismen sozialen Lernens sind:
Beobachtungskonditionierung,
Imitationslernen und
Unterrichten
Welche 3 Gedächtnisformen lassen sich grundsätzlich unterscheiden?
Grundsätzlich lassen sich drei verschiedene Gedächtnisformen unterscheiden:
Langzeitgedächtnis,
Kurzzeit- und Arbeitsgedächtnis sowie
sensorisches Gedächtnis
Welche 2 Unterformen des Langzeitgedächtnisses lassen sich unterscheiden?
Beim Langzeitgedächtnis lassen sich zwei Unterformen unterscheiden:
das deklarative und
das nicht-deklarative Gedächtnis.
Welche Form des Gedächtnisses wird am ehesten mit der umgangssprachlichen Form des Gedächtnisses in Verbindung gebracht?
Das Langzeitgedächtnis ist wohl diejenige Form, die am ehesten mit dem umgangssprachlichen Begriff Gedächtnis in Verbindung gebracht wird
Was versteht man unter der deklarativen Gedächtnis?
Das deklarative Gedächtnis wird auch als Wissensgedächtnis oder explizites Gedächtnis bezeichnet
Diese Gedächtnisform erlaubt die bewusste Wiedergabe verbalisierbaren Wissens über Fakten und Ereignisse
Es handelt sich hierbei also um Inhalte, über die man leicht Auskunft geben kann, wie beispielsweise das Wissen darüber, welche Stadt die Hauptstadt von Deutschland ist oder wann der Geburtstag eines Familienmitglieds ist
Wie wird das deklarative Gedächtnis noch bezeichnet?
als Wissensgedächtnis oder
explizites Gedächtnis
Was versteht man unter dem non-deklarativen Gedächtnis?
Verhaltensgedächtnis
prozedurales Gedächtnis oder
implizites Gedächtnis
Wie wird das non-deklarative Gedächtnis noch bezeichnet?
Welche Lernmechanis,ein werden dem Gedächtnis zugeordnet?
Dem Gedächtnis werden auch mehrere Lernmechanismen zugeordnet, wie beispielsweise nicht-assoziative Lernformen, klassische Konditionierung, das sogenannte Priming, das mit einer Erwartungshaltung verbunden ist, und auch das Speichern von Gewohnheiten und Kenntnissen
Welche neuronalen Gebiete sind am (non-) deklarativen Gedächtnis beteiligt?
An der Vermittlung beider Gedächtnisarten sind offenbar unterschiedliche neuronale Regionen beteiligt
So wird das deklarative Gedächtnis hauptsächlich mit dem Neokortex in Verbindung gebracht, wohingegen für das nondeklarative Gedächtnis neben kortikalen Gebieten auch subkortikale Regionen eine Rolle spielen
Was versteht man unter Priming?
Das Priming (oder auch Bahnung) bezeichnet in der Psychologie die Beeinflussung der Verarbeitung (Kognition) eines Reizes.
Was versteht man unter dem Kurzzeitgedächtnis?
Das Kurzzeitgedächtnis stellt eine unmittelbare Gedächtnisform mit limitierter Speicherkapazität dar
Hier wird kurzfristig verbal codierte Information in zeitlicher Ordnung gespeichert
Da vom Gehirn ständig neue eingehende Information verarbeitet werden muss, kann die Information nur sehr kurzfristig im Kurzzeitgedächtnis verweilen (einige Sekunden bis max. Minuten) und seine Aufnahmekapazität ist auf etwa 7 ± 2 Elemente beschränkt
Das können beispielsweise Satzteile oder Nummerngruppen sein
Gedächtnisinhalte können durch mehrmalige interne oder externe Wiederholungen in das Langzeitgedächtnis übergehen
Das bezeichnet man auch als Konsolidierung
Manche Forscher unterscheiden zusätzlich zwischen Kurzzeitgedächtnis und Arbeitsgedächtnis („Working Memory“) und beziehen sich dabei auf Prozesse, die mehr mit kognitiven Fähigkeiten und Intelligenz verknüpft sind als einfache Kurzzeitgedächtnisfunktionen
Dennoch bleibt die Unterscheidung in die beiden Begriffe wohl reine Geschmackssache
Was bezeichnet man als Konsolidierung?
Welche Begriffe unterscheiden Forscher beim Kurzzeitgedächtnis?
Was versteht man unter dem sensorischen Gedächtnis?
Neben dem Kurz- und dem Langzeitgedächtnis wird zudem noch das sensorische Gedächtnis unterschieden, das dem Kurzzeitgedächtnis vorangeschaltet ist
Dieses Gedächtnissystem mit hoher Speicherkapazität speichert eingehende sensorische Reize zunächst automatisch für eine sehr kurze Dauer (wenige Hundert Millisekunden)
Diese Zwischenspeicherung dient zum einen der Codierung für den Kurzzeitspeicher und zum anderen werden die wichtigsten Charakteristika der Information extrahiert
Information, die nicht extrahiert wird, geht sofort verloren (Vergessen) oder kann durch nachfolgende Information überschrieben werden
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