Kanonteil Ketubim/Schriften
Was ist Weisheit?
Überzeugung: Gott hat die Welt als Schöpfer gerecht geordnet und diese Ordnungen sind erkennbar
Aufgrund von Beobachtung und Erfahrung kann sich der Mensch in seiner Welt orientieren = Lebenskunde
Derjenige, der sich an der Weltordnung ausrichtet, ist weise, derjenige, der das nicht tut, gild als Tor
Torastudium als weises Handeln (Ps1); der Fromme = der Weise
Krise der Weisheit
in exilisch-nachexilischerZeit
Infragestellung der weisheitlichen Weltvorstellung:
Gott und Welt lassen sich nicht vollständig erfassen
der ‚Tun-Ergehen-Zusammenhang‘ bestimmt nicht immer das Schicksal des Menschen
Frevlern geht es gut, Gerechte leiden
alle Menschen sterben den gleichen Tod
Audruck von und Umgang mit der Krise der Weisheit bei Hiob und Kohelet
Gliederung Proverbien
Prov 1-9: Sprüche Salomos (Lob der Weisheit) (8: personifizierte Weisheit als Erstling der Schöpfung QT)
Prov 10-22: Sprüche Salomos (Lebensregeln)
Prov 22-24: Worte von Weisen
Prov 25-29: Sprüche Salomos (Lebensregeln)
Prov 30: Worte Agurs
Prov 31: Worte Lemuels
Struktur Prov 1-9
• 10 Lehrreden, die mit der Lehreröffnungsformel „(Höre) mein Sohn...“ beginnen
• Zwischen den Lehrreden: Gedichte auf die personifizierte Weisheit in Prov 3,13–20; 8,1–36; 9,1–18
• Zahlensprüche in Prov 6,1–9
Ziel des Sprüchebuchs
Prov 1,1–7:
Dies sind die Sprüche Salomos, des Sohnes Davids, des Königs von Israel, um zu lernen Weisheit und Zucht und zu verstehen verständige Rede, dass man annehme Zucht, die da klug macht, Gerechtigkeit, Recht und Redlichkeit, dass die Unverständigen klug werden und die Jünglinge vernünftig und besonnen. Wer weise ist, der höre zu und wachse an Weisheit und wer verständig ist, der lasse sich raten, dass er verstehe Sprüche und Gleichnisse, die Worte der Weisen und ihre Rätsel. Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Erkenntnis. Die Toren verachten Weisheit und Zucht.
Pädagogische Absicht und weisheitlicher Optimismus des Sprüchebuches
Prov 2,1-8:
„Mein Sohn, wenn du meine Reden annimmst und meine Gebote bei dir verwahrst, so dass du dein Ohr aufmerksam auf Weisheit hören lässt, dein Herz neigst zum Verständnis; ja, wenn du den Verstand rufst, deine Stimme erhebst zum Verständnis, wenn du ihn suchst wie Silber und ihm nachspürst wie nach verborgenen Schätzen, dann wirst du die Furcht des Herrn verstehen und die Erkenntnis Gottes finden. Denn der Herr gibt Weisheit; aus seinem Mund kommen Erkenntnis und Verständnis. Er bewahrt klugen Rat auf für die Aufrichtigen; er ist ein Schild denen, die in Lauterkeit wandeln, indem er die Pfade des Rechts behütet und den Weg seiner Frommen bewahrt.“
Personifizierte Weisheit
Frau Weisheit (Prov 8,12.22-249):
„Ich, Weisheit, bewohnte die Klugheit und finde die Erkenntnis der Besonnenheit.“
„Der Herr besaß mich im Anfang seines Weges, vor seinen Werken von jeher. Ich war eingesetzt von Ewigkeit her, von Anbeginn, vor den Anfängen der Erde. Ich war geboren, als die Tiefen noch nicht waren, reich an Wasser.“
Frau Torheit (Prov 9,13-16):
„Frau Torheit ist leidenschaftlich; sie ist lauter Einfältigkeit und weiß gar nichts“
Der Parallelismus Membrorum als Stilmittel der Poesie (Proverbien)
synonymer Parallelismus Membrorum:
„Wer eine Grube gräbt, der wird hineinfallen; und wer einen Stein wälzt, auf den wird er zurückkommen.“ (Prov 26,27)
Antithetischer Parallelismus Membrorum:
„Ein weiser Sohn ist seines Vaters Freude; aber ein törichter Sohn ist seiner Mutter Grämen.“ (Prov 10,1)
Grobgliederung Hiob
Hi 1-2: Rahmenerzählung (Prolog)
Hi 3: Hiobs Klage über sein leidvolles Leben
Hi 4-28: Hiob und seine Freunde
Hi 4-14: 1. Redegang (gerechte Vergeltung?)
Hi 15-21: 2. Redegang (Schicksal des Frevlers?)
Hi 22-28: 3. Redegang (Anklage Hiobs)
Hi 29-31: Hiob fordert Gott zum Rechtsstreit heraus
Hi 32-37: Elihus Reden
Hi 38-42,6: Reden Gottes über die kosmische Weltordnung und Hiobs Antwort
Hi 42,7-17: Rahmenerzählung (Epilog)
Die Rahmenerzählung (Hiob 1-2)
Mann miz größten Ansehen im nahen Osten
Söhne Gottes (Engel) loben im Himmel bei Gott Hiob
Dann tritt Satan hervor -> er sagt Hiob lobt Gott nur weil er ihm so viele gute Dinge gab, er würde ihn nicht mehr loben, würde man sie ihm wegnehmen
Gott erlaubt Satan dieses “Experiment” und dieser nimmt Hiob alle weg was ihm lieb war
Doch dennoch hört Hiob nicht auf Gott zu preisen
Hiobs Klage (Hi 3)
„Danach tat Hiob seinen Mund auf und verfluchte seinen Tag. Und Hiob sprach: Ausgelöscht sei der Tag, an dem ich geboren bin, und die Nacht, da man sprach: Ein Knabe kam zur Welt!“
-> Hiob verflucht den Tag seiner Geburt
Hiobs “Freunde” (1.-3. Redegang)
Elifas von Teman
Bildad von Schuach
Zofar von Naama
Grundtenor der Reaktion der Freunde auf Hiobs Schicksal:
• Halten am Tun-Ergehen-Zusammenhang fest: Nur die Ungerechten werden bestraft
• Rufen Hiob zur Umkehr auf; Vorwurf: Im Klagen lästere er Gott; er erhebe seinen Maßstab der Gerechtigkeit über den Gottes
Elihu-Reden (Hi 32-37)
Unheil als Akt der göttlichen Pädagogik (Hi 33,29f.):
„Siehe, das alles tut Gott zwei- drei Mal mit dem Mann, um seine Seele abzuwenden von der Grube, dass sie erleuchtet werde vom Licht der Lebendigen.“
Unheil als Abwendung vor noch schlimmeren
Gottesrede
Hiob hat keine umfassende Einsicht in die Ordnungen der Welt (Hi 38,4f.):
„Wo warst du, als ich die Erde gründete? Tu es kund, wenn du Einsicht besitzt! Wer hat ihre Maße bestimmt, wenn du es weißt, oder wer hat über sie die Mess-Schnur gezogen?“
Gott stellt Anfragen an Hiobs Rechtsstreit (Hi 40,8):
„Willst du etwa mein Recht zunichte machen, mich verurteilen, damit du gerecht seist? Oder hast du einen Arm wie Gott und kannst du donnern mit einer Stimme wie er?“
Hiobs Antwort
Hi 42, 1-6:
„Und Hiob antwortete dem Herrn und sprach: Ich weiß, dass du alles vermagst und kein Vorhaben dir verwehrt werden kann. Wer ist es, der den Rat verhüllt, ohne Erkenntnis? So habe ich denn beurteilt, was ich nicht verstand, Dinge, zu wunderbar für mich, die ich nicht kannte. Höre doch und ich will reden; ich will dich fragen und du belehre mich! Mit dem Gehör des Ohres habe ich von dir gehört, aber nun hat mein Auge dich gesehen. Darum verabscheue ich mich und bereue in Staub und Asche.“
Die Verwerfung von Hiobs Freunden
Hi 42, 7-8:
„Da sprach der Herr zu Eliphas, dem Temaniter: Mein Zorn ist entbrannt gegen dich und deine beiden Freunde; denn nicht geziemend habt ihr von mir geredet, wie mein Knecht Hiob [...]. Und Hiob, mein Knecht, möge für euch bitten; denn ihn will ich annehmen, damit ich nicht an euch tue nach eurer Torheit.“
weil sie unhöflich von Gott geredet haben
Hiobs Rettung
Hi 42, 7-17:
„Und der Herr mehrte alles, was Hiob gehabt hatte, um das Doppelte. [....] Und der Herr segnete Hiobs Ende mehr als seinen Anfang. [...] Und so schöne Töchter wie Hiobs wurden im ganzen Land nicht gefunden. [...] Und Hiob starb, alt und der Tage satt.“
Hiob bekam alles doppelt zurück
Die Megillot (Festrollen)
Grobgliederung Rut
Rut 1: Prolog: Schicksal der Familie Elimelechs
Rut 1: 1. Akt: Aufbruch Noomis aus Moab nach Bethlehem
Rut 2: 2. Akt: Ruts Begegnung mit Boas auf den Feldern vor Bethlehem
Rut 3: 3. Akt: Ruts Begegnung mit Boas auf der Tenne bei Bethlehem
Rut 4: 4. Akt. Die Lösung der Familie Elimelechs in Bethlehem
Rut 4: Epilog: Stammbaum von Perez bis David
Rutgeschichte nacherzählen
Auszug Noomis und ihrer Familie aus Bethlehem, weil dort eine Hungersnot herrscht
In Moab finden sie Asyl, die beiden Söhne heiraten moabitische Frauen
Als sich die Lage in Juda verbessert hat kehrt Noomi mit ihrer Schwiegertochter Rut zurück
Rut läst auf den Feldern Ernten auf bei Boas, ein Verwandter ihres verstorbenen Mannes Elimelech
nachts begiebt sich Rut zu Boas auf die Tenne und bittet ihn sie zu heiraten -> er sorgt nun rechtlich für die beiden Frauen
Rut bekommt einen Sohn (Obet) der später als Großvater Davids betitelt wird
Boas als “Löser” (Rut)
Land als Gottesbesitz - Verkauf nicht möglich, nur Vererbung innerhalb der Familie
Boas als Verwandter des verstorbenen Ehemannes Ruts, der ein Landstück in Bethelehem-Juda besitzt
Bei Verkauf des Landes eines verarmten Familienmitgliedes ist ein Verwandter dazu verpflichtet, dieses Land zu kaufen/zu “lösen”
neben Boas existiert ein weiterer Verwandter, der das Erbe nicht antreten wil - Boas wird zu “Löser”
Die Rechtssache wird im Tor verhandelt
Die Leviratsehe als Aufgabe Boas (Rut)
im Todesfall eines männlichen Familienmitgliedes ist dessen Bruder bzw nächster männlicher Verwandter verpflichtet, die Frau des Verstorbenen zur Frau zu nehmen
Der erstgeborene Sohn, der aus dieser Ehe hervorgeht, gilt als Sohn des Verstorbenen und daher auch als sein Erbe
Vgl Dtn 25,5-10; Gen 38
Das Hohelied
“Lied der Lieder”
Salomo zugeschrieben (Hld 1,1); gilt als sein Jugendwerk; gelegentlich König erwähnt (zB Hld 1,4)
Überwiegend profane Liebeslieder, abgekürzter Gottesname nur an einer Stelle: Hld 8,6
Aufnahme in den Kanon durch allegorische Deutung des Liebespaares auf das Verhältnis von Gott und Israel
Hld 4,1:
„Siehe, meine Freundin, du bist schön! Siehe, schön bist du! Deine Augen sind wie Tauben hinter deinem Schleier. Dein Haar ist wie eine Herde Ziegen, die herabsteigen vom Gebirge Gilead.“
Kohelet - Prediger
Salomo zugeschrieben (“Alterswerk”): „Reden des Predigers, des Sohnes Davids, des Königs zu Jerusalem“ (Koh 1,1)
Zentrales Thema: Krise der Weisheit (Basis: weisheitliche Bildung)
Resignation: Gottes Handeln unverfügbar, kein Tun-Ergehen-Zusammenhang
Carpe-Diem-Motiv, gepaart mit Gottesfurcht
Tod als endgültiges Ende
Koh 1,14:
„Ich sah an alles Tun, das unter der Sonne geschieht, und siehe, es war alles eitel und Haschen nach Wind.“
Weisheitliche Bildung Kohelets
Koh 1,12-15:
„Ich, Kohelet, war König über Israel in Jerusalem. Und ich richtete mein Herz darauf, alles mit Weisheit zu erforschen und zu erkunden, was unter dem Himmel geschieht: Eine üble Beschäftigung, die Gott dem Menschen gegeben hat, sich damit abzumühen. Ich habe alle Taten unter der Sonne gesehen; und siehe, alles ist Eitelkeit und ein Haschen nach Wind.“
alles weisheitlich erforschen ist eine üble Beschäftigung die Gott den Menschen gegeben hat
Er ist nur auf Eitelkeit gestossen
Umgang mit dem Tun-Ergehen-Zusammenhang (TEZ) in Kohelet
Koh 2,11:
„Und ich wandte mich hin zu allen meinen Werken, die meine Hände gemacht hatten, und zu der Mühe, womit ich mich wirkend abgemüht hatte: Und siehe, das alles war Eitelkeit und ein Haschen nach Wind; und es gibt keinen Gewinn unter der Sonne.“
Koh 2,16:
„Und wie stirbt der Weise gleich dem Toren hin.“
Koh 3,22:
„Und so habe ich gesehen, dass nichts besser ist, als dass der Mensch sich freue an seinen Werken; denn das ist sein Teil. Denn wer wird ihn dahin bringen, dass er Einsicht gewinnt in das, was nach ihm werden wird?“
Werke die der Mensch verfasst sind Eitelkeit und für sich selbst
Trotz Vergänglichkeit: Ein Aufruf zur Gottesfurcht (Koh)
Koh 4,17-5,6:
„Bewahre deinen Fuß, wenn du zum Haus Gottes gehst; und herbeikommen, um zu hören ist besser, als wenn die Toren Schlachtopfer geben. Sei nicht vorschnell mit deinem Mund, und dein Herz eile nicht, ein Wort vor Gott hervorzubringen; denn Gott ist im Himmel und du bist auf der Erde: Darum seien deine Worte wenige. (...) Denn bei vielen Träumen und Worten sind auch viele Eitelkeiten. Vielmehr fürchte Gott.“
wenig Worte weil dort viel Eitelkeit wohnt
Gott fürchten
Klagelieder Threni
von der Septuaginta Jeremia zugeordnet
Inhalt: Klage über Zerstörung Jerusalems und des Tempels, Hoffnung auf erneute Zuwendung Gottes
Sitz im Leben: wohl bei rituellen Klagefeiern gesungen (Exilszeit)
Form: überwiegend “Klagelied des Volkes”; in Kap 1 und 3 auch “Klagelied des Einzelnen”
Klgl 1,15:
„Ach, wie liegt die Stadt so verlassen, die voll Volks war. [...] Denn der HERR hat über sie Jammer gebracht um ihrer großen Sünden willen.“
Thema der Klagelieder: Zerstörung des Tempels
Klgl 1,1-4:
„Wie sitzt einsam die volkreiche Stadt, ist einer Witwe gleich geworden die Große unter den Nationen! Die Fürstin unter den Landschaften ist fronpflichtig geworden. Bitterlich weint sie bei Nacht und ihre Tränen sind unter allen, die sie liebten. (...) Die Wege Zions trauern, weil niemand zum Fest kommt; alle ihre Tore sind öde; ihre Priester seufzen; ihre Jungfrauen sind betrübt und ihr selbst ist es bitter.“
trauernde Witwe
Niemand kommt mehr zum Fest
Ester
Thema: Judenverfolgung und ihre Rettung durch die mutige Ester; die Stiftung des Purimfestes
Besonderheit: Gott wird nicht (explizit) erwähnt
Übersicht:
Est 1-2: Jüdin Ester wird Frau des persischen Großkönigs Ahasveros und damit Königin; ihr Vormund Mordechai deckt Verschwörung gegen den König auf
Est 3: persischer Beamter Haman veranlasst königliches Dekret zur Vernichtung der Juden
Est 4: Mordechai bittet Ester um Fürbitte beim König
Est 5-8: Esters Fürbitte ist erfolgreich; Rettung der Juden; Todesstrafe für Haman (anstelle Mordechais)
Est 9-10: Rache der Juden an den Feinden; Einsetzung des Purimfestes
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