Allgemeines (vgl. Prof. Walper)
Bilder von Erziehung
Erziehung als
(Auf)Ziehen
Führung
Regieren und Zucht (Herbart)
Wachsen lassen (Rousseau)
Anpassung
Lebenhelfen (Pestalozzi)
Keine einheitliche Definition von Erziehung die für empirisches Arbeiten benutzt wird
Definitionen Erziehung
Brezinka
“Unter Erziehung werden soziale Handlungen verstanden, durch die Menschen versuchen, das Gefüge psychischer Dispositionen anderer Menschen dauerhaft zu verbessern oder seine als wertvoll beurteilten Komponenten zu erhalten.” (Brezinka: Grundbegriffe der Erziehungswissenschaft 1990).
Definitionen von Erziehung
Giesecke
“Erziehung meint also immer nur das, was bewusst und planvoll zum Zwecke der optimalen kindlichen Entwicklung geschieht.” (Giesecke: Einführung in die Pädagogik. 1991)
Gemeinsamkeiten Giesecke und Brezinka
Erziehung als intentionale, geplante Handlung
Ziel: optimale Beeinflussung des Zu-Erziehenden
Person des Erziehers wird offen gelassen (Gleichaltrige, Altersgefälle)
Wechselseitigkeit wird nicht betrachtet, Rolle des Zu-Erziehenden vernachlässigt (Kritik)
Unterschiede Giesecke und Brezinka
Brezinka redet sowohl vom “Erhalten, Verbessern oder Entfernen” von psychischen Anlagen, Giesecke nennt lediglich die kindliche Entwicklung und lässt es offen
Brezinka spricht von einem Versuch, der das Ergebnis offen lässt, bei Giesecke geschieht es als planvolles bewusstes Handeln (bei Brezinka ist auch der Versuch ohne Erfolg bereits Erziehung)
Brezinka spricht konkret von Menschen, Agnes bei Giesecke nicht zwingend Mensch
Systematisieren von Erziehungsbegriffen nach Brezinka (Gudjons: Was ist Erziehung? 2008)
Prozessbedeutung vs. Produktbedeutung:
Prozess: Erziehung als Vorgang
Produkt: Erziehung als Resultat (Kritik Brezinkas: Unsicherheit des Ergebnisses)
Deskriptiver vs normativer Begriffsgebrauch:
Deskriptiv: lediglich Abgrenzung zu anderen Bereichen
Normativ: mit Wertung (z.B. Jemand gilt als erzogen, wenn er nicht mündig ist)
Absichts-Begriffe vs. Wirkungs-Begriffe:
Absichts-Begriff: Intention ist von Bedeutung, nicht aber das Ergebnis
Wirkungs-Begriff: Erfolg ist von Bedeutung
Handlungs-Begriffe vs. Geschehens-Begriffe:
Handlungs-Begriff: Handlungen, die Förderabsicht haben
Geschehens-Begriff: Handlungen sind nur Teilmenge des Erziehungsprozesses
Beachte: Die beiden begrifflichen Seiten schließen sich nicht aus. In manchen SItuationen kann bedies gelten.
Warum Erziehen?
Erziehungsziele
Erreichen der Mündigkeit (Marotzki: Warum erziehen?)
Nach Kant muss man Menschen die Möglichkeit erst eröffen sich als Person zu entwickeln
Allerdings: Normen sind nicht allgemeingültig -> gibt es überhaupt DEN mündigen Menschen? In einer Welt des lebenslangen Lernen ist es nicht sinnvoll von Mündigkeit zu sprechen! (Kritik Kant)
Gewinnung von Individualität (Gudjons: Was ist Erziehung? 2008)
Durch Sozialmachung des Menschen und Sozialwerdung (Sozialisation) kann sich die eigene Individualität jedes Menschen entwickeln
Voraussetzung durch das Menschenbild
Biologischer Aspekt (vgl. Kaiser/Kaiser 2001)
Mensch ist Mängelwesen (vgl. Gehlen)
Mensch ist eine biologische Frühgeburt (vgl. Portman) Zur Sicherung seiner Existenz ist der Mensch von anderen Menschen abhängig, v.a. im ersten Lebensjahr
Trägt keine festen Reaktionsformen in sich und ist nicht instinktgeleitet
Mensch ist allerdings weltoffen, er braucht eine menschlich-kulturelle Ausbildung -> Enkulturation
Anthropoloigsch ist Erziehung für die Handlungsfähigkeit des Menschen da
Evolutionäre Aspekte (vgl. Gudjons: Was ist Erziehung 2008)
Mensch hat für das Erlernen verschiedenster Fähigkeiten sensible Phasen (vgl. Montessori, Paget)
Evolution hat vorgesehen, dass Mensch in bestimmten Zeiträumen von anderen Menschen Fähigkeiten lernt und von diesem Erzogen wird
Durch Erziehung entsteht erweiterter ontogenetischer Lernprozess
Manchtausgleich (vgl. Marotzki Warum erziehen?)
Eltern haben mehr Macht als Kind
Durch Erziehung wird Machtgefälle langsam entfernt
Kind lernt selbstverantwortlich zu sein
Generationsunterschiede (vgl. Marotzki: Warum erziehen?)
Ältere Generation hat mehr Erfahrung und kann diese der jüngeren weitergeben -> Weiterentwicklung
Durch das Erziehen wird das Verhältnis zwischen Generationen symmetrischer -> gleichberechtigte Interaktion
Überlebensoptimierung und Möglichkeit zur Entwicklung eines “höheren” Lebewesen
Erziehung in der Schule
Erziehender Unterricht besteht aus (vgl. Herbart in Keck, Rudolf (2003)
a) Unterricht
Erweiterung von Erkenntnissen und Einsichten
Speicherung von erworbenem Wissen und selbstständige Erweiterung
Dadurch ist Umgang mit aktiven Wissen möglich
Vielfältiges Bildungsangebot notwendig aufgrund verschiedenster Interessen
b) Zucht
Erziehung zur gesellschaftlichen Ordnung und Sittlichkeit
Vermittlung von Normen, allgemein gültigen Problemen und Welterfahrung
Interesse schöpfen für lebenslanges Lernen
Maßnahmen:
Oft außerhalb des Fachunterrichts
Verschiedenste Möglichkeiten, z.B. Streitschlichter-Programm, Aufstellen von Regeln, Sanktionieren nach Regelverstößen, Intensivierung der Kontakte zu Eltern, Belohnungs-/Bestrafungssysteme, Klassleiterstunden, …
Mögliche Grunddimensionen von Erziehung (Quelle (?))
Wer erzieht? -> Agns / Erzieher
Was ist das Ziel? -> Educandus / Zu-Erziehender
Wodurch findet Erziehung statt? -> Erziehungsmittel, Autoritätsgefälle
Wohin führt die Erziehung? -> Erziehungsziele
Drei Theorien zum Erziehungsprozess (Mollenhauer 1982)
Erziehung als…
Kommunikatives Handeln
Aushandeln der Beziehung
Kognitive Strukturen der Beteiligten (haben gewisses Wissen & Erwartungen)
Interaktion
Wie sind die Rollen und die Beziehung definiert? Wie werden die interpretiert?
Freiheit <-> Restriktion
Reproduktion
Reproduktion ökonomischer Machtverhältnisse und sozialer Ungleichheit durch unterschiedliche Ideale und Strategien
Der historische Erziehungsbegriff
Das gesellschaftliche Umfeld
ab. Mitte 18. Jhd.: Verschärfung der gesellschaftlichen Auseinandersetzung zwischen herrschender Schicht und zur Macht strebendem Bürgertum -> Entladung des Konflikts in Französischer Revolution 1789
Bestandsaufnahme (vgl. Baumgart 2001, Menck 1999)
1) Agrargesellschaft
Verhinderung der Industrialisierung durch feudalabsolutistische Wirtschaftsformen
Mehr als 80% der Bevölkerung abhängig vom Land
Hungerkrisen/Seuchen
Traditionelles Zunftwesen -> Regulierung der Produktion
2) Geburtsständische Gesellschaft als soziale Ordnung
Klerus/Adel (3% der Bevölkerung): Besitz von 1/2 des Bodens; keine Abgabeleistung; politische Macht und Privilegien
unterschiedliche soziale Schichten als 3. Stand: Bauern, Plebejer, Industrieproletariat, Tagelöhner, Bettler, Bürgertum, Pflichten ohne politische Rechte
Schlüsselrolle = aufstrebendes Bürgertum als “gebildeter Stand”
Ohne festen Platz in geburtsständischer Ordnung
Sozialer Motor der Aufklärung
3) System des aufgeklärten Absolutismus:
Friedrich der Große -> unbegrenzte Herrschaft begrenzt
Aufbau einer auf bürgerlich Beamte gestützten leistungsfähigen Staatsverwaltung
4) Revolutionierung der Denkart
Motor nur keine soziale Gruppe (kleine Zahl aus Bürgertum, gebildeter Adel)
Denken der “Aufklärung”
Traditionelles, religiöses Weltbild
Klarheit der eigenen Vorstellung
Kraft der Vernunft
-> Bemühung um Erkenntnis der Realität
-> bürgerliche Opposition: große französische Denkergruppe “Enzyklopädie” (u.a. Rousseau, Kant)
Kirchendogma
Bis dahin existierende metaphysisch/philosophische Weltbilder
Aberglaube/Volksfrömmigkeit
Illiterale Überlieferung
-> Adel/Geistliche/ungebildete Gruppen
ZIEL: Befreiung von feudalabsolutistischer Herrschaft
-> Erziehung der Kinder als Voraussetzung des historischen Fortschritts
(Aber: <-> gleichzeitig Unterwerfung durch Disziplinierung und Kontrolle)
Historischer Erziehungsbegriff
Erziehungstheorien der Aufklärung - Kant und Rousseau
Erziehungstheorie nach Kant (vgl. Baumgart 2001)
Grundgedanke Aufklärung
“Aufkärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mngel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! Ist also der Wahlspruch der Aufklärung.”
“Der Mensch kann nur zum Menschen werden durch Erziehung. Er ist nichts, als was die Erziehung aus ihm macht…” (Kant in Baumgart, 2001)
“[…] dass der Mensch nur durch Menschen erzogen wird, die ebenfalls durch Menschen erzogen worden sind[…]”
Erziehung ist judiziös (planvoll), nicht mechanisch (planlos) -> Erziehung als Kunst und Wissenschaft
Stufen des Erziehungsprozesses nach Kant
Höchste Stufe: Moralisierung (vgl. Baumgart 2001)
gegen Dressur, mechanische Unterweisung -> Kinder müssen Denken lernen
Gründung der moralischen Kultur auf Maximen, nicht auf Disziplien
Erste Bemühung: Charakterbildung
keine Strafen mehr ( ABER: Widerspricht sich mit Stufen der Disziplinierung / Kultivierung / Zivilisierung)
Handeln nach Maximen (erst “Schulmaximen”, dann “Maximen der Menschheit)
Erziehungsziele nach Kant (vgl. Baumgart 2001)
Befähigung der Menschheit, Naturanlagen aus eigenen Bemühungen aus sich hervorzubringen -> Entfaltung des Menshcen, Erreichen menschlicher Bestimmung
Verbesserung der Menschheit durch Verbesserung der Pädagogik -> Erziehung als Ideal der Vervollkommnung
Aber: EIgenaktivität des Zöglings wird vernachlässigt!
Wichtig: Mensch soll durch seine EInsicht und nicht aus Angst moralisch handeln
Problematik - Durch Zwang zur Freiheit?
“Zwang ist nötig! Wie kultiviere ich die Freiheit bei dem Zwange?” (Kant in: Baumgart 2001)
Ambivalenz Freiheit (Handeln nach eigenen Gesetzen der Vernunft) <-> Zwang (in Erziehung gefordert)
Problematik “Erst…Dann!”
Zwang als Disziplin, als Zucht; kein Selbstzweck, sondern notwendiges Übel, das am Ende überwunden werden muss -> Zwang(Disziplin in frühkindlicher Erziehung unerlässlich, Phase der Moralisierung und Vernunftentwicklung ohne äußeren Zwang und Disziplin
Äußerer Zwang wird zum inneren Zwang, nach Maximen vernünftig und gut zu handeln
-> Freiheit im kant’schen Sinn auf als Art von Zwang
Erziehungstheorie nach Rousseau
Grundlegendes zu Rousseau (vgl. Menck 1999)
*1712 in Genf
1740 Hauslehrer in Lyon
1741 Paris -> Kontakte zu Enzyklopädisten
1762 Hauptwerke “Der Gesellschaftsvertrag/Emile oder über die Erziehung” -> Verurteilung/Verbannung aus Paris
gab 5 Kinder in Findelhaus -> Weigerung Vaterrolle zu übernehmen
Tod 1778 bei Paris
Grundgedanken (vgl. Böhm 2011)
Entdeckung der Kindheit als eigenständige Lebensphase (vgl. Böhm 2011)
Rousseaus Gesellschaftstheorie als Basis für Verständnis der Erziehungstheorie
Kind als kein defizitärer Erwachsener -> trägt vollkommene Gestalt bereits in sich (vgl. Dorpinghaus 2011)
“Beobachtet die Natur und folgt dem Weg, den sie Euch vorzeichnet" (Rosseau in Menck 1999) -> Idee der natürlichen Erziehung für Phase der Kindheit
Erziehung muss EInfluss der Gesellschaft auf Kind in den Hintergrund stellen
Aufgabe der Erziehung: Mensch muss erst Mensch weden und dann Bürger
Drei verschiedene “Erzieher”: Natur (natürliche Anlagen), Dinge (Erfahrungen durch DInge), Menschen (Erzieher) -> Zusammenwirken, Ausrichtung nach <Natur
Gesellschaftlicher Einfluss schlecht für Kinder
Frage der Freiheit
“Man braucht nichts tun, um frei zu werden; es genügt, nicht aufhören zu wollen, es zu sein.” (Rousseau in Menck 1999)
Freimachen durch Lehre der Notwendigkeit zu gehorchen
kein Zwang, kein Ankämpfen dagegen (vgl. Rousseaus Contrat social)
Negative Erziehung: keine Strafe! Kind erfahrt durch begangen Fehler selbst, was richtiges Verhalten ist. (Bsp. Emelie der Fensterscheibe einwirft un dann friert)
Erziehungstheorie nach Rousseau (vgl. Menck 1999)
5- Stufen Entwicklungsmodell (5-teiliges Werk des Emile)
Kritik an Rousseaus Theorie (vgl. Oelkers, die gute Natur und die schlechte Erziehung, 2001)
“Harte Form der Indoktrination” (Oelkers 2001) -> Erziehung zur Freiheit?
Zögling lernt nur, wa er lernen soll -> keine anderen Erfahrungen
Totale Überwachung durch Erzieher
Stärkung der Kräfte der Natur durch Minimierung der Wünsche bei vollständiger Kontrolle der Lernumwelt (Privatlehrer, privates Grundstück). Welt ohne soziale Anreize, “Moratorium der Natur”
Entwicklung als starres Konzepti, ist nicht Zuwachs oder Steigerung in irgendeiner Form, sondern Abfolge von Altern der Erziehung (0-25 Jahre)
-> Kein Lernen gemäß individueller Bedürfnisse und Fortschritte, sondern nach für das Alter typischen und von Theorie festgelegten Interessen
“Negative Erziehung” umfasst nur einen Altersabschnitt (2-12 Jahre)
Geschlechterspezifische Unterschiede -—> Ist Sophie ein Mensch?
Rousseaus Verständnis von Freiheit entspricht nicht dem modernen Freiheitsverständnis
Gegenüberstellung von Kant und Rousseau
Rousseau
Kant
Erziehungsziel
Menschlichkeit = Natürlichkeit -> Erziehung zum Menschen
Entfaltung des Menschen, Erreichen menschlicher Bestimmung
-> Kategorischer Imperativ
Erziehungsverständis / Erziehungsprozess
Erziehungsverständis: Negative Erziehung: Ermöglichung der Entfaltung der natürlichen Anlage des Menschen
Jedes Alter mit spezifischer Reife des Denkens -> Kindheit als eigenständige Phase
Entwicklungsstufen im Kind:
Frühe Kindheit bis 12. Jahr: Kind als Sinnwesen und handelndes Wesen
Mittlere/ Späte Kindheit: Kind als denkendes und urteilendes Wesen
Pubertät (ab 15): Kind als fühlendes und liebendes Wesen
“Der Mensch ist das einzige Geschöpf, das erzogen werden muss” (Kant 1803)
Erziehungsoptimismus: “Der Mensch kann nur Mensch werden durch Erziehung. Er ist nichts, als was die Erziehung aus ihm macht.”
“Es ist entzückend, das die menschliche Natur immer besser durch Erziehung werde entwickelt werden […]”
-> Erziehung des Kindes nicht nur zur Anpassung an aktuelle Gesellschaft, sondern zum moralischen Handeln
Entwickliungsstufen:
Wartung (bis 1)
Zucht und Disziplin (bis 6)
Kultivierung (bis 10)
Moralisierung (bis 18)
Erziehungsmittel
“Drei Erziehungsweisen”
Natur, Mensch, Dinge
Grundprinzip: Ermöglichung der Entfaltung der natürlichen Kräfte des Kindes -> Arrangement von Situationen zur Entfaltung von:
Körper und Sinnen in Kindheit
Geist und Urteilskraft im Jugendalter
Leidenschaften in Pubertät
Disziplin -> Bezähmung der Wildheit
Kultivieren -> “beweisen, das man ihm einen Zwang auflegt, der es zum Gebrauche seiner eigenen Freiheit führt, das man es kultiviere, damit es einst frei sein könne…”
Judiziös: Erziehungsplan
Aktuelle Ansätze und Modelle von Erziehung
Erziehung nach Brezinka (1990)
Definition
“Unter Erziehung werden Handlung verstanden, durch die Menschen versuchen das Gefüge der psychischen Dispositionen anderer Menschen in irgendeiner Hinsicht dauerhaft zu verbessern oder seine als wertvoll beurteilten Bestandteile zu erhalten oder die Entstehung von Dispositionen, die als schlecht bewertet werden, zu verhüten.”
Forderung für Begriffsexplikation:
Ähnlichkeit mit gebräuchlichen Handlungsbegriff
Exaktheit der Merkmale
Fruchtbarkeit für Theoriebildung (man soll daraus andere Theorien ableiten können)
Maximale Einfachheit
Erziehende -> versuchen mit sozialen Handlungen -> Psychische Dispositionen -> zu verbessern -> zu erhalten -> zu verhindern
Erziehung als soziale Handlung, Angestrebtes Ergebnis, Versuchscharakter & Förderungsabsicht, Adressat der Erziehung, Subjekte der Erziehung
a) Erziehung als soziale Handlung
Handlungsentwurf mit bestimmten subjektiven Sinn, Bedeutung oder Zweck (-> geplant) (Verhalten ist evtl. absichtslos und willkürlich, Erziehung muss nach Brezinka aber zweckgerichtet und mit einer Absicht erfolgen)
Handlungsrealisierung (kann auch Unterlassen/Duldung sein)
Zielgerichtetheit -> nur Menschen können Erziehende sein
subjektive innere Erlebnisse, sowie beobachtbare äußere Verhaltensweisen
Ziele und Handlung nehmen Bezug auf andere Menschen
soziale Handlung ist nicht gleich soziale Interaktion
b) Angestrebtes Ergebnis: Psychische Dispositionen beeinflussen
Psychische Dispositionen = Verhaltens- und Erlebensbereitschaft (-> Persönlichkeit)
Ziel d. Erziehung = dauerhafte Veränderung/ Erhaltung der Persönlichkeit des Adressaten in eine bestimmte Richtung
Aufbau, Änderung, Erhaltung oder Verhütung von (schon vorhandenen oder noch nicht vorhandenen) Dispositionen durch Lernvorgänge
c) Versuchscharakter & Förderungsabsicht
Erfolg und RIchtung der Änderung offen; nicht zwangsläufig erfolgreich
Förderung hin zu normativ orientiertem, wertvoll erachteten Soll-Zustand
d) Adressaten der Erziehung
Um-/Ver-/Lernen in jedem Alter -> alle Menschen; altersunabhängig
e) Subjekt der Erziehung
normalerweise partielles Handlungsgefälle
aber: im Prinzip kann jeder, der zu intendierten (d.h. psychische Dispositionen beziehenden) sozialen Handlungen fähig ist, erziehen
Probleme & Kritik des Erziehungsbegriffs nach Brezinka
Allgemeinheit & Generalisierung (z.B. schlechte Erziehung ist auch Erziehung)
theoretischer Begriff -> Anwendbarkeit nur interpretierbar, nicht direkt beobachtbar
Erziehung normalerweise länger andauernd -> dauerhafte Einstellung entscheidend
Zu geringe Berücksichtung des Zu Erziehenden & der sozialen Interaktion
Erziehung nach Heid (1994)
“Erziehung erfolgt in der (wenn auch angeleiteten, so doch) stets aktiven Auseinandersetzung des Zu- oder SIch Erziehendem Gegebenheiten seiner Welt.”
“So wie es kein Phänomen gibt, das darin aufgeht, Erziehung zu <sein>, dürfte es auch keinen Gegenstand meschlicher Erfahrung geben, der nicht erziehungsbedeutsam wäre.”
Problem
Problem: Begriff “Erziehung oft unklar abgegrenzt.
“Wer also zur Beantwortung der Frage, was <ist> Erziehung? Definitionen heranzieht, der sieht sich einer unbefriedigenden Situation gegenüber”
-> lieber Beschäftigung mit der praktischen Realität von Erziehung
Was (welche Handlung) ist Erziehung?
-> Die “Konstitution dessen, was Erziehung ist, erfolgt also in (kontroversen) Systemen und Traditionen erziehungstheoretischen wie erziehungspraktischen Denken und Handelns.”
Kritik
Kritik an Absichtsdefinition:
Handlungen oft von mehreren Absichten geleitet.
Absicht nachweisbar? (falsch eingeschätzt); Handeln ohne Absicht kein Handeln)
Sinnvoll den Zu-Erziehenden aus der Definition zu nehmen? (=> Zu-Erziehende nur “Objekt fremden Wollens”)
schließt Handlungen von z.B. Richtern, Ärzten, Polizisten, etc. aus, beinhalgtet aber automatisch alles was im Erziehungssystem (z.B an Schulen passiert)
Absichten können nie Wirkung garantieren.
Kritik an Wirkungsdefinition:
Handlungen können immer erst im Nachhinein als Erziehung bezeichnet werden (-> eigentlich unplanbar)
auch diese Definition benötigt Absichten
Addiert man beide Konzepte addiert man auch deren Probleme -> auch keine Lösung
Konzept
“Von Erziehung im Sinne eines rationalen, planbaren und verantwortbaren Handeln kann aber erst dann gesprochen werden, wenn aufgrund von nomologischen Wissens, die Wahrscheinlichkeit bestimmt werden kann, mit der von erzieherisch intendiertem Handeln eine der Absicht entsprechende Wirkung erwartet werden kann.”
“Erziehung existiert nicht als eigene, von Nicht-Erziehung abgrenzbare Substanz, Gestalt, Wesenheit. Erziehung vollzieht sich immer im Medium von Nichterziehung /z.B. mitmenschlicher Umgang).”
-> Erziehung ist also kein für sich existierendes, abgrenzbares singuläres Realphänomen, sondern allenfalls eine durch Akte theoretischem kommunikativen und sozialen Handelns konstituierte und in Problemstellung thematisierte Wirklichkeitsperspektive.”
Erziehungsbedeutsamkeit
Man sucht oder ermittelt Maßnahmen, die sich als geeignet erweisen, erzieherisch erwünschte Effekte im präzisen Maße und mit angebbarer Wahrscheinlichkeit zu gewährleisten
Man erfasst und reguliert die erziehungsbedeutsamen Auswirkungen von Tatbeständen, denen Menschen (in besodneren Maße) ausgesetzt sind
ungelöste Problematik:
<Gegensatz> zwischen dem, was de zu Erziehende selbst will, und dem, was er (wollen) soll.” (Freiheit und Zwang) -> ohne diesen wäre Erziehung jedoch unnötig
-> Frage nach legitimer bzw. illegitimier Beeinträchtigung des Wollens zu Erziehender
“Erziehung zur Mündigkeit” als Ziel aber wer garantiert das man nicht zur Mündigkeit “manipuliert wurde?
-> Erziehung ist eigentlich immer Manipulation, da es zwar Resultat von Selbstlernen ist (sein muss) aber die Lernsituation trotzdem immer von anderen beeinflusst wird.
Gefahren
Gefahren:
Zögliing wird nie gefragt, bzw. erst dann, wenn er bereits “Indoktriniert” wurde. Das Problem dabei ist, dass es dazu führt, dass es auf die “Interessen derer ankommt, die die gesellschaftliche oder politische Macht und die ökonomischen Mittel haben, über Erziehung und das Erziehungswesen zu bestimmen”. Außerdem besteht die Gefahr, dass die Interessen des Zöglings in Vergessenheit geraten.
-> Relativ, da es utopisch ist anzunehmen, dass man den Einfluss der Gesellschaft ausblendet. Ohne sie könnte man gar nichts (selbst) lernen und dementsprechend entwickelt man sich immer im Bezug auf diese.
-> Wir müssen einsehen, dass es keine Erziehung ohne Sach- und Wertüberzeugung Erziehender gibt
-> Um Indoktrination zu vermeiden mus man die “erzieherische Praxis von Anfang an so organisieren, dass der Adressat erzieherischen Handelns befähigt wird, den unvermeidbaren erzieherischen Vorgriff auf die Selbstbestimmt des Zu- oder Sich-Erziehenden einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Der Adressat erzieherischen Handelns muss Gelegenheit erhalten, jene Urteilskraft zu entwickeln, die er benötigt, um den erwähnten Vorgriff - aus eigener Überzeugung und mit verallgemeinbaren Argumenten - zu ratifizieren oder zu revidieren.”
Vergleich Brezinka und Heids Erziehungsbegriff (Gudjons 2008)
Heid
Produktionsbedeutung vs. Prozessbedeutung
Prozess
Produkt & Prozess
Deskriptiv vs. Programatisch-präskriptiver Begriffsgrebrauch
Deskriptiv
Absichts-Begriffe vs. Wirkungs-Begriffe
Absicht
Absicht&Wirkung
Handlungs-Begriffe vs. Geschehens-Begriffe
Handlung
Systematische Erziehungswissenschaft (Huschke-Rhein)
Systemtheorie
Theorie der Gesellschaft und ihrer Evolution
Universal
Relative wissenschaftliche Allgemeinheit
Konsulative Erziehungswissenschaft
Pädagogik und Beratungswissenschaft
In der postmodernen Gesellschaft: Lebenslanges Lernen
Bildungs- und Erziehungsbegriff ändert sich, weil Bildungsprozesse nicht mehr linear verlaufen -> Bildung als nicht-linearer, lebenslanger Prozess über Phasen oder Abbrüche, Turbulenzen und Neukonstruktionen
-> Dadurch verändert sich der Erziehungsbegriff: Man kann ihn nicht mehr strikt einer Entwicklungsphase zuordnen!
Ziel der Selbststeuerung:
Für Kinder schon früher möglich durch veränderte Lern- und Lebensumwelt <-> Auch im Erwachsenenalter noch Lernverpflichtungen (kurze Fremdsteuerung, dann wieder Selbststeuerung)
-> Verschwinden des Erwachsenenalters (gibt keinen bildungsbezogenen Endzustand)
Daraus folgt eine Begriffsänderung:
Pädagogik (= Knabenführung, beschränkt auf erste Entwicklungsphase) -> Lebensbegleitungswissenschaft
Zunahme der Beratungsaufgaben in der Gesellschaft durch “Enttraditionalisierung” (Alltagshandeln wird weniger durch Traditionen gesteuert)
Früher: Erziehungsarbeit war familiär, “unprofessionell”
Heute: Professionelle Beratung durch ausdifferenzierte, durchorganisierte pädagogische Systeme (Krippe, Schule, Erwachsenenbildung, ….)
-> Expansion des pädagogischen Aufgabenfelds
Konsulation…. (Huschke-Rhein)
… im weiteren Sinne:
Pädagogische Basisarbeiten (Hilfe, Förderung, Unterstützung)
Kurative Leistungen
Instituelle Angebote der Einrichtung
… im engeren Sinne:
= “erwachsene” Form
Hier ergreift der Ratsuchende selbst die Initiative
Der Ratsuchende befindet sich auf einer vergleichbaren sprachlichen Ebene
Es gibt aber ein Erfahrungsgefälle
-> Bildungsbegriff schließt persönliche Weiterbildung ein
-> Nicht erwartbare, non-lineare Phasen gehören nach systematischer Auffassung zur normalen Entwicklung dazu
-> Jede Hilfe zur Selbstorganisation = pädagogische Tätigkeit
Theoretische Grundlagen von Erziehung
Werteerziehung
(Erziehungs)ziele, Normane, Werte, Moral (Gudjons 2012)
Ziele:
dienen konkreten Zwecken
beziehen sich auf unterschiedliche Inhaltsbereiche
Grob- vs. Feinziele, …
gelten bisweilen nur für Untergruppen, nicht für den gesamten Kulturkreis
werden in verschiedenen Schichten unterschiedlich bestimmt
beschreiben praktische Handlungsintentionen (aus Normen, Werten abgeleitet) z.B. “Respektiere die kulturelle Eigenart ausländischer Mitschüler” oder auch Lernziele z.B. “ein Überblick über die deutsche Literatur im 19.Jhd. gewinnen)
Normen
hinter Zielen liegen Soll-Vorstellungen / Überzeugungen
in längeren Zeitabschnitten entwickelt
gültig für einen größeren Kulturkreis
z.B. Menschenrechte / Zehn Gebote / die Norm “die Wahrheit zu sprechen”
entsprecen der “pragmatischen Form von Werten”
Werte
liegen Normen zugrunde
Orientierungsmuter für Handlungsweisen, -mittel, -ziele
Grundwerte, z.B. “Ehrfurcht vor dem Leben”
aber auch Wertungen wie “gut / schlecht”, “richtig/falsch)
Werte bleiben in der Erziehung kontrovers
Stufenmodell der moralischen Entwicklung bei Piaget (Seel / Hanke 2015)
Ziele der Erziehung
Ziele der Erziehung bei Piaget
1) Wissensbildung
2) Gewissensbildung
Autonomie als Entwicklungsziel
moralisches Urteil als Ausdruck moralischen Denkens, das sich in aktiver Auseinandersetzung mit Gleichaltrigen entwickelt
Beziehung zu Gleichaltrigen als ideale Bedingung für Entwicklung von wechselseitigem Respekt und gelingender Kooperation
2 Vorgehensweisen zur Analyse der moralischen Entwicklung:
Geschichten, in denen ein Kind stiehlt / lügt / etwas beschädigt
Beobachtung von KIndern beim Murmelspiel und Befragung nach Regeln
Stadien der Regelpraxis
individuelles Statium
Spielen entspricht motorischer Gewohnheit
ohne Bewusstsein
bis 2 Jahre
egozentrisches Stadium
Nachahmung
Spiel durch Regeln der Älteren bestimmt
3-6 Jahre
Phase der beginnenden Zusammenarbeit
Spielen wird sozialer
Aufsuchen des Wettstreits nach gemeinsamen Regeln
7-10
Phase der Kodifizierung nach Regeln
Regelvereinbarung und Festlegung als Wert an sich
ab dem 11. Lebensjahr
3 Stadien des Regelbewusstseins
vormoralische Stufe
moralische Realismus
bis zum 5. Lebensjahr
Stufe der heteronomen (=abhängig von Gesetz anderer) Moral
etwa ab dem 5. Lebensjahr
Stufe der autonomoen (=selbstständig, unabhängig) Moral
etwa ab dem 10. Lebensjahr
??? Warum bleibt der moralische Realismus bis zum 5. Lebensjahr erhalten?
??? Warum fehlt beim Regelbewusstsein die Wende im Alter von 7-8 Jahren?
-> Das moralische Problem wird nicht erlebt, sondern als Geschichte dargeboten.
“Handeln geht dem Denken voraus” -> Kinder handeln schon fair, können es aber noch nicht formulieren, bzw. erklären.
Konsequenzen für die Praxis:
Schon in frühen Schritten kritisiert Piaget den Verbalismus des schulischen Unterrichts / bloße Unterrichtsreden
-> Behinderung des aktiven Denkens / Bewusstseins- und Gewissensbildung
Stufenmodell der moralischen Entwicklung von Kohlberg (Kohlberg 1996)
Merkmale der Stufen
Merkmale der Stufen (Kohlberg und Hersh 1977)
strukturierte Ganzheit / organisierte Gedankensysteme, Konsistenz im Niveau des moralischen Urteils
bilden invariante Sequenz, nach vorne gerichtet, Unmöglichkeit von Auslassen / Überspringen
hierarchisch geordenet, [höher (niedriger)]
Kohlberg geht nicht nach dem Alter
Dem moralischen Urteil liegt das Konzept der soziomoralischen Perspektive zugrunde. Dieses Konzept bezieht sich auf “den Standpunkt, den das Individiuum bei der Vergegenwärtigung sozialer Faktoren wie der Bestimmung soziomoralischer Werte, also von Sollenvorstellungen einnimmt.” (Kohlberg 1996)
Soziomoralische Perspektive
Moralisches Urteil
konkret Individuell
->
präkonvenrionell
eines Mitglieds der Gesellschaft
konventionell
der Gesellschaft untergeordnet
postkonventionell / prinzipienorientiert
Die Stufen
Stadium I.): Präkonventionelles Stadium
-> Prespektive des Indiviuums, das nur eigene Interessen und die anderer, isolierter Indivuen in Betracht zieht
Stadium II.) Konventionelles Stadium
Sozialperspektive
-> besorgt sein um…
a) Soziale Zustimmung
b) Loyalität gegenüber Personen / Gruppen (Stufe 3), gegenüber “der Autorität” (Stufe 4)
c) Wohlergehen der Anderen (Stufe 3), der Gesellschaft als Ganzes (Stufe 4)
Stadium III.): Postkonventionelles Stadium
Perspektive (II) ist bereits bekannt
Diese Perspektive wird aus einer individuumsbezogenen moralischen Perspektive anerkannt / befragt / revidiert und kann gegenüber jedem rationalem moralischem Subjekt gerechtfertigt werden.
Die fundamentale Moralität / grundlegende moralische Prinzipien gelten gegenüber der Perspektive der Gesellschaft und deren Gesetze und Werte als vorrangig / Voraussetzung.
Ansprüche von Gesetz und Gesellschaft leiten sich von universellen moralischen Rechten / Werten her, nicht umgekehrt.
Stufe 6: Noch vorhandene Schwierigkeiten, die moralische Perspektive / Prinzipien unabhängig vom sozio-legalen Standpunkt / legal-kontraktuellen Rechten zu gewinnen
Erziehungskonzeptionen
Heranwachsende entwickeln sich durch aktive Auseinandersetzung mit der Umwelt
Erziehung muss Bedingungen schaffen, die sich positiv auf Moralentwicklung auswirken
Erzeugung einer moralischen Gesamtatmosphäre, gemeinschaftliches Zusammenleben und -arbeiten
-> Moralische Mündigkeit als Ziel der Persönlichkeitsentwicklung
-> Moralische Handlungs- und Urteilsfähigkeit
Kritik an Kohlberg
Bei Kohlberg fehlt eine geschlechterspezifische Zuordnung
-> Dem maskulinen Prinzip der Gerechtigkeit / Orientierung an Fairness steht nach Gilligan (1977, 1985) das weibliche Prinzip der Fürsorge und Verantwortung beim moralischen Urteil gegenüber
-> Diese These wurde in der Forschund allerdings erneut kritisiert.
Empirische Daten zur Wertorientierung in Deutschland
Sinus Studie www.sinus-institut.de
Methode
Qualitativer Untersuchungsansatz unter Verwendung narrativer Tiefeninterviews und offener Gespräche
Auswertung durch mehrstufiges, iteratives Analyseverfahren
Beschreibung der Befindlichkeiten / Orientierung der Menschen, ihre Werte / Lebensziele / Lebensstile / Einstellung sowie ihren sozialen HIntergrund.
Die Studie wird zur Marktfroschungszwecken genutzt.
Ziele
zum Verständnis was Menschen bewegt und wie sie bewegt werden können
ganzheitliche Warnehmung, im Bezugssystem dessen, was für das Leben der Menschen Bedeutung hat
als Zielgruppenansatz in vielen Märkten weit verbreitet, Bestandteil der wichtigsten Markt-Medie-Studien
hohe Alltagsplausibilität und Marktrelevanz
differenzierte Beschreibung von Kunden- und Käufergruppen
gezielte Positionierung von Prdukten und Dienstleistungen
Definition von Marktsegementen für neue Produkte, Aufspürung von Marktnischen
Ansprache von Käuferpotenzialen, Erkennung neuer Motivationen und Verfassungen
Aktueller gesellschaftlicher Wandel
Strukturelle Veränderung
Demographische Verschiebungen
Veränderungen in der Sozialstruktur, Auseinanderdriften “Oben” - “unten”
Veränderung in der Arbeitswelt
Wissensgesellschaft, Multimedia-Revolution
Wertekonvergenzen / -divergenzen
Leistung, Nutzenorientierung, Multitasking…
<->
Suche nach Halt und Entschleunigung, Neuinterpretation traditioneller Werte, neue Wertsynthesen
Soziale und kulturelle Folgen
Modernisierung der Funktionselite, Erosion der gesellschaftlichen Mitte, Prekarisierung von Teilen der Unterschicht
Network Society
Shell-Jugendstudie
Allgemein
Seit 1953
Im Abstand von drei bis vier Jahren vom Energiekonzern Shell Holding für Deutschland in Hamburg an ein Wissenschaftlerteam in Auftrag gegeben
U.a. von dem Bielefelder Sozialwissenschaftler Professor Dr. Klaus Hurrelmann verfasst
Die beiden letzten Shell Jugendstudien basierten auf einer Repräsentativerhebung der 12 bis 25-jährigen Bevölkerung in der BUndesrepublik Deutschland, ergänzt durch 20 biografische Porträts von Jugendlichen der gleichen Altersgruppe (= methodologische Kombination von quantitativen und qualitativen Verfahren)
um Sichtweisen, Stimmungen und Erwartungen von Jugendlichen zu dokumentieren und konkrete gesellschaftspolitische Denk- und Diskussionsanstöße zu geben
um als Landzeitberichterstattung eine Grundlage für gesellschaftliches und politisches Handeln bereitzustellen
Ergebnisse der 16ten und 17ten Studie
Ergebnisse der 16ten Studie (2010)
Anteil der Optimisten gestiegen
Verstärkung der sozialen Unterschiede
Schulabschluss als Schlüssel zum Erfolg
Bildungschancen sind besonders abhängig von der sozialen Herkunft.
Anstieg der Bedeutung von Familie
Das Interesse an Politik steigt an.
Bewertung von Globalisierung als positiv (Freiheit, wirtschaftlicher WOhlstand)
Weiterhin spielt Religion geringe Rolle
Ergebnisse der 17. Shell Studie (2015)
Hoher Familienwert
Fleiß und Ehrgeiz als bedeutsame Werte
Stärkster Wandel: Internetnutzung
-> Vollversorgung
-> doppelt so viel Zeit online wie noch vor zehn Jahren
-> Vertrauen in die Akteure und Betreiber der virturellen Welten gesunken
-> virtuelle Kommunikation im Zentrum des Freizeitverhaltens
Zufriedenheit mit der Demokratie
Mehrheit zeigt Nationalstolz: “Deutschland ein Vorbild für andere Länder”
Materiale und formale Werteerziehung (Multrus 2008)
Zwei Hauptansätze in der pädagogischen Diskussion um Werte und Werteerziehung:
Materiale Werteerziehung
das Vermitteln, das Anerziehen, das “Erlernen” bestimmter Wertüberzeugungen, Normen, Tugenden und Gesinnungen
z.B. alle Arten des “erziehenden Unterrichts”, amerikanische Charaktererziehungsprogramme
Förderung von materialen, also inhaltlichen feststehenden Persönlichkeitsqualitäten, von als wünschenswert beurteilten Wertüberzeugungen
Schwächung von moralisch schlechten Überzeugungen und Verhaltensweisen
Formale Werterziehung
Im Zentrum: Förderung der Entscheidungsfähigkeit, und nicht die Vermittlung von Werten
begnügt sich mit der Werterklärung, d.h. mit der Bewusstmachung und Reflexion individualistischer Werterklärungskonzepte
Es sollen nur formale Persönlichkeitsmerkmale gefördert werden (z.B. moralische Wertungsklarheit [Raths], moralische Urteilsfähigkeit [Kohlberg])
Qualitätsmerkmale: Begründetheit, Konsistenz, Verallgemeinbarkeit und Widerspruchsfreiheit
Modell zur Werteerziehung (Multrus 2008)
Drei klassische Werteerziehungsmodelle von Oser / Althoff, in Anlehnung an Kohlberg:
der romantische Ansatz
Rousseau’sches Menschenbild: Mensch grundsätzlich gut, negative gesellschaftliche Einflüsse
Erziehung = Reifung, Entfaltung angeborener Potenziale
Betonung der Persönlichkeit des Kindes
Problematik: Es wird leicht das ,was Kinder wollen, mit dem gleichgesetzt, was Kinder sollen
Moderner Vertreter: A. A. Neill, Maria Montessori
Konsequenz: Werte sind relativ; können nicht nach objektiven Kriterien beurteilt werden
-> sie sind dann gut, wenn sie vom betreffenden Individuum für gut befunden werden
Achtung: Moralerziehung wäre dann unbedeutdend! Verbrecher wie Heiliger können als Vorbild gelten
Der technokratische Ansatz
Tradierungsansatz: Tugenden müssen gelehrt und im Kind verankert werden
Aufgabe des Erziehers: Übertragung von bewährten Werten auf die nächste Generation
Kind als “Tabula Rasa” (vgl. John Locke)
Die Schüler müssen die Disziplin der sozialen Ordnung lernen, internalisieren, mittels
-> Instruktion (Belehrung),
-> Verstärkung (Nachahmung)
Verstärkung (durch Belohnung und Strafe) und
-> Übung
Positiv: klare Inhalte sind vorgegeben, Wissen wird so überprüfbar, Rückgriff auf tradierte Werte
Negativ: Wissen ist nicht gleich Überzeugung! Begründete Überlegungen weniger gefragt, weniger moralische Urteilsfähigkeit und Selbstreflexion, Vorwurf: Indoktrination
Der entwicklungsfördernde / progressive Ansatz
Orientierung an der kognitiv-konstruktivistischen Entwicklungspsychologie
Vertreter u.a. Kohlberg
Behandlung von realen und fiktiven Dilemmastiuationen im Unterrichtu nd Diskussion über das Für und Wider von Vorschlägen zur Lösung dieser Dilemmata
Auffassung: Kind entwickelt sich durch die aktive Auseinandersetzung mit seiner Umwelt
Aufgabe des Erziehers: Bedingung dafür schaffen
Entwicklungsförderung nach Kohlbergs Stufenmodell der moralischen Entwicklung
Berücksichtigung von unterschiedlichem Entwicklungstempo
Positiv: Demokratieerziehung durch Diskurs-Konzept und Berücksichtigung der Entwicklungsstufen; Training moralischer Urteilsfähigkeit -> Erziehung zur Mündigkeit; Reflexion und nicht die Übernahme von Werten im Zentrum
Negativ: Verbindung von Einsicht und Handeln nicht immer gegeben, sehr theoretisch, argumentativ und kognitiv -> Handlungsorientierung / Alltagsanwendung fehlt.
Definition (Weber, 1999)
a) Gudjons
Ziele = dienen konkreten Zwecken, beschreiben konkrete Handlungsintentionen, auch als Lernziele, nur für Untergruppen - nicht gesamte Gesellschaft
b) Brezinka
“Unter einem Erziehungsziel wird eine Norm verstanden, die eine für den Educanden als Ideal gesetzte psychische Disposition beschreibt und vom Erzieher fordert, er solle so handeln, dass der Educand befähigt wird, dieses Ideal so weit wie möglich zu verwirklichen.” (1972)
-> doppelter Norminhalt
c) Klafki
Doppelformel “Norm- und Zielvorstellung”
Soziokulturelle Norm
allgemeine Normen
für Erziehung wirksame Normen (Bsp. Pünktlichkeit)
-> unreflektiert/unkritisch = in Erziehung mitwirkende Normen (Bsp.: (Un)Pünktlichkeit der Lehrkraft)
-> ausdrücklich und bewusst = Erziehungsziele (Bsp.: zur Pünkltlichkeit ermahnen).
Aufgaben und Funktionen von Erziehungszielen (Weber, 1999)
allgemein: intentionale Erziehung und Bildung orientieren, motivieren, legitimieren, realisieren
-> aber: können auch missbraucht werden (Leerformeln, z.B. schwammig formuliertes Schulprofil entspricht nicht unbedingt der Realitität)
Legitimiation von Erziehungszielen (nach Weber, 1999)
-> Legitimationskonzepte
a) Normative Legitimation
= von obersten religiösen/politischen/weltanschaulichen Grundüberzeugungen alle untergeordneten Teilziele abgeleitet/legitimiert
Beispiele: vom Vatikan prpagiertes Ziel der Enthaltsamkeit, Menschenrechte
Kritik:
-> vage und vieldeutig -> unterschiedliche Auslegung
-> keine neuen Erkenntnisse, weil deduktiv
-> keine sichere, vollständige, eindeutige deduktiv-normative Legitimation möglich
b) Verfahrenslegitimation (Luhmann)
= Verzicht auf nicht erreichbare Normen, durch Beratungs-; Entscheidungsverfahren
nach formal-verfahrensrechtlichen Krititerien bestimmt, legitimiert, weil Resultate von Instutitionen
Beispiele: Lehrpläne, Menschenrechte
Kritik: -> Inhalt kann problematisch sein (absichtlich oder unabsichtlich)
c) Diskursive Legitimation (Habermas)
= in herrschaftsfreien Diskusionen wird durch argumentatives Überzeugen ein allgemeiner und ungezwungener Konsens erreicht
Beispiel: Regeln, die von Klasse selbst erarbeitet wurden
-> setzt symmetrische, ideale Sprechsituation, Beteiligung aller Betroffenen, unbegrenzte Zeit voraus = utopisch aber so gut wie möglich anszustreben
-> Fähigkeit vorausgesetzt, die durch Sozialisation und Erziehung geschaffen
-> oftmals kein Konsens möglich -> keine unendliche Diskussion möglich -> Kompromiss oder Konflikt
-> Emotionalität und Voltunationalität kaum berücksichtigt - eher kognitiv
-> Kombination der Legitimationskonzepte, weil…
…inhaltlicher Bezugspunkt nötig
…muss Berufungsmöglichkeit geben (als Verweis auf Menschenrechte)
-> Jedes Erziehungsziel sollte auf allen drei Ebenen legitimierbar sein
Gefahren und Probleme von Erziehungszielen (Weber, 1999)
DIlemma zwischen Fremd- und Selbstbestimmung
Ideale und Traditionen gefährden Offenheit und Weiterentwicklungsmöglichkeit der Gesellschaft (“Ich erziehe jetzt ein Kind für morgen!”)
Erziehungsziele sollen sprachlich verständlich und klar formuliert sein
Illusionär-utopische Erziehungsziele führen zu Überforderung -> Erreichbarkeit und Kleinschrittigkeit von Zielen notwendig
Gefahr und Indoktrination und Manipulation durch weltanschaulich-dogmatisch verankerte, ideologisch verzerrte Ziele
Beispiele für oberste Zielvorstellung und Zielformen (nach Weber 1999)
Mündigkeit als Erziehungsziel
Bedeutungsebenen
a) Etymologische Bedeutung
von “Munt” = Schutzgewalt, Schutzpflicht
Mündigkeit = Freiheit von fremder “Munt”
b) Juristische Bedeutung: Rechtsstatus
Eigenverantwortung
Schutz vor Bevormundung
Definition Mündigkeit
a) Schleiermacher
Unmündig geboren -> Erziehung zur Mündigkeit
Anfangspunkt der Erziehung eindeutig durch Geburt festgelegt
Endpunkt nicht eindeutig -> wenn mündig, hört pädagogische Einwirkung auf
b) Böhm (1982)
Mündigkeit = “die Freiheit, sittliche und soziale Normen und deren Verbindlichkeit unabhängig von äußeren Bestimmungsgründen zu erkennen und anzuerkennen und entsprechend eigenverantwortlich zu handeln. Mündigkeit als sittliches Verhältnis des Menshcen zu seiner eigenen Person und zu seiner Gesellschaft ist generelles und oberstes Ziel der Erziehung.
Zur Vermeidung von Fehlddeutung (Weber, Erich (1999))
Mündigkeit kein “Selbstläufer”, Kulturaufgabe
Mündigkeit als lebenslange Aufgabe -> Mündigwerden und Mündigbleiben
Mündigkeit erfordert Verstand, Vernunft, Emotionalität, Handlungsfähigkeit, -bereitschaft
Nicht nur individuell private Aufgabe, auch gesellschaftlich / politische und öffentliche Aufgabe
Emanzipation als Erziehungsziel
Begriffe:
gesellschaftlich-politisch: Befreiungsbewegung für Abbau der Benachteiligung/Bevormundung bestimmter Gesellschaftsgruppen
personal-pädagogisch: Bemühung individueller Subjekte selbstständig und unabhängig zu werden etc.
“Emanzipation” hat “Mündigkeit” und “Bildung” weitgehend verdrängt
-> Zusammenhang Erziehung-Gesellschaft-Politik gerecht werden (Weber 1999)
a) Mollenhauer (1968)
Emazipation heißt “die Befreiung der Subjekte - in unserem Fall der Heranwachsenden in dieser Gesellschaft - aus Bedingungen, ihre Rationalität und das mit ihr verbundene gesellschaftliche Handeln beschränken”
Emanzipatorische Erziehung soll vor allem dysfunktional und kritisch sein -> Konfliktsituationen bewusst machen, demokratische Regelung anstreben
Emanzipation = pädagogischer Prozess UND pädagogische Leitidee
Erziehung und Bildung haben Zweck in der Mündigkeit und in der Veränderung gesellschaftsbedingter Lebensverhältnisse
b) Klafki (1970/71)
Erziehungswissenschaft als “Kritische Erziehungstheorie” -> Erziehungswissenschaft als Gesellschaftskritik
Emanzipation = Befreiung oder Entlassung aus einer Abhängigkeit in die Selbstständigkeit, Eigenverantwortlichkeit
c) Giesecke (1971)
Kritisch-emanzipatorische Pädagogik
mehr an wirklichkeitsnahen Emanzipationszielen orientiert
Grundgedanke: emanzipatorische Erziehung -> Sozialisationszwänge erkennen und abbauen (Bsp.: Konsumkritik, Hartz 4 Falle)
Emanzipation -> Ablösung aus Abhängigkeit, sofern als Übel erlebt -> Verursachungszusammenhänge erkennen
Emanzipation hat Prozesscharaker (unabschließbarer Lernvorgang) (vgl. Giesecke 1969)
vereint politische und pädagogische Dimension durch gemeinsames Ziel der Demokratisierung der Gesellschaft
Kritik an Emanzipation als Erziehungsziel
Einseitige Emanzipation nicht als vorrangiges Ziel von Erziehung, Mündigkeit und Bildung mit einbeziehen
nicht Verzicht auf alle Bindungen -> reflektierte, autonome Verbundenheit (Freiheit als Verbundenheit)
Emanzipation als Erziehungsziel meist negativ forumliert als “Befreiung von”, aber nicht als “Befreiung zu”
nicht Erziehung zur Kritik und antiautoritärem Wiederstand, sondern zur emanzipatorischen Autorität mit Ziel der Selbstaufhebnung
Empirische Ergebnisse zu Erziehungszielen
a) EMNID-Frage (seit 1951 in regelmäßigen Abständen)
Selbstständigkeit und freier Wille als Erziehungsziele seit Beginn der Erhebung wichtiger geworden
Gehorsam und Unterordnung als Erziehungsziele weniger wichtig
Ordnungsliebe und Fleiß weitgehend gleichbleibend wichtig
b) Generations-Barometer 2009
Erziehungsstil weniger autoritär, mehr auf Kompromisssuche ausgerichtet
mehr Zuwendung, Förderung, Freiheitsspielräume
Bedeutungsverlust der religösen Erziehung
Gesetz zur Ächtung von Gewalt in der Familie (§1631 BGB, 2000)
Absatz 2:
(2) “Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung, Körperliche Bestrafung, seelische Verletzung und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.”
Artikel 131 der Bayrischen Verfassung (ISB (2005): Oberste Bildungsziele in Bayern. München.)
(2) Oberste Bildungsziele sind Erfurcht vor Gott, Achtung vor religöser Überzeugung und vor der Würde des Menschen, Selbstbeherrschung, Verantwortungsgefühl, Hilfsbereitschaft, Aufgeschlossenheit für alles Wahre, Gute und Schöne und Verantwortungsbewusstsein für Natur und Welt.
(3) Die Schüler sind im Geiste der Demokratie, in der Liebe zur baybrischen Heimat und zum deutschen Volk und im Sinne der Völkerversöhnung zu erziehen.
für Grund-, Haupt- und Förderschulen gilt außerdem Art. 135 -> christliche Erziehung
-> Legitimation durch Verfahren
Erziehungsstile
Definition Erziehungsstil
= Verhalten, Erleben, Kognitionen von Eltern, die direkt oder indirekt auf ihre Kinder gerichtet sind (Papastefanou)
Kategorisierung von Erziehungsstilen
Kurz Lewin (1939)
autoritär (hohe Kontrolle, geringe Zuwendung)
demokratisch
laissez faire
Diana Baumrind (1967)
autoritär
autoritativ (Liebevoll-konsequent, hohe Zuwendung)
permissiv (niedrige Kontrolle) (vernachlässigend, verwöhnend (Maccoby & Martin 1983)
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