Empirische Bildungsforschung
Was ist Empirische Bildungsforschung?(Gräsel 2015)
Der Begriff empirisische Bildungsforschung
untersucht die Bildungsrealitiät in einer Gesellschaft
schwerpunktmäßig die institutionalisierte Bildung
soll wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen, die zur Analyse und Verbesserung des Bildungswesens beitragen
wichtige Fragestellungen:
Wie verlaufen Bildungsprozesse?
Wer erwirbt welche Qualifikationen und Kompetenzen im Bildungssystem?
Wovon ist dieser Qualifikations- und Kompetenzerwerb abhängig?
Welche Auswirkung hat dieser Qualifikations- und Kompetenzerwerb?
-> Definition des Deutschen Bildungsrates von 1974:
“Man kann Bildungsforschung in einem weiteren und engeren Sinne auslegen. Im engeren Sinne hat es sie als Unterrichtsforschung schon immer gegeben. Im weiteren Sinne kann sie sich auf das gesamte Bildungswesen und seine Reform im Kontext von Staat und Gesellschaft beziehen, einschließlich der außerschulischen Bildungsprozesse. Wie weit oder engaber auch die Grenzen der Bildungsforschung gezogen, es sollte nur dann von Bildungsfroschung gesprochen werden, wenn die zu lösende Aufgabe, die Gegenstand der Forschung ist, theoretisch oder empirisch auf Bildungsprozesse (Lehr-, Lern-, Sozialisations- und Erziehungsprozesse), denen organisatorische und ökonomische Voraussetzungen oder Reform bezogen ist.”
Verwendung empirischer Forschungsmethoden
Quantitative Forschungsmethode
Durchführung von Messoperationen (= Zugang zur Realität)
Qualitative Forschungsmethode
Erhebung und interpretative Auswertung nicht-standardisierter Daten (z.B. Interviews)
Mögliche Kritikpunkte an empirischer Bildungsforschung:
bisher keine Durchsetzung verbindlicher methodischer Standards, meist:
zu kleine Stichproben
nicht repräsentative Stichproben
Kontrollgruppe fehlt
zu viele Testerhebnungen mit zu wenig Aussagekraft, da sie meist nicht verglichen werden können
Auftraggeber beachten (z.B. politisches Interesse)
Umsetzung und Bedeutungswirklichkeit für die Praxis ist nicht von Interesse
Verständlichkeit der Studien und Anwendbarkeit
mittlerweile Relevanzerklärer, Studienqualitätsprüfer nötig
Die empirische Bildungswissenschaften haben sich nachhaltig verändert. Deutsche Wissenschaftler gewinnen regelmä0ig überraschende Erkenntnisse über das Lernen und die Schule. Auch international existieren umfassende Forschungen, die Resultate sind hierzulande jedoch wenig bekannt. Durch die höhere Wahrnehmung der Bildungsforschung in der Öffentlichkeit (v.a. durch PISA) erhielten die Forschungsprojekte in den letzten Jahren rapide an Zuwachs.
-> FISS, BISS, BIKS, NEPS, NIL, PISA, TOSCA, KESS, TIMSS
Internationale und nationale Leistungsvergleiche
National: Ranking
International:
Hinweise auf Bevorzugung bzw. Benachteiligung von Personengruppen
Informationen über Teilpopulation (Jungen / Mädchen, Schüler mit Migrationshintergrund)
Zusätzliche Längsschnittstudien erforderlich
Einflussbedingungen für Leistungen
Unterrichtsqualität
Schulklima
Unterstützung der Eltern
Soziale Selektivität des Bildungswesens (Baumert 2001, Bos 2003)
empirischer Nachweis über hohe soziale Selektivität
Zusammenhang sozialer Herkunft und Bildungserfolg
Unterscheidung für das Erlangen von Bildungszertifikaten und den Kompetenzerwerb:
besserer sozio-ökonomischer Hintergrund
Besuch höherer Schulform
Erreichen höhrer Schulabschlüsse
Erreichen höherer Kompetenzniveaus
Ursache: Schnittstellen im Bildungssystem
besonders Übergang von Grund- in weiterführende Schule
Studien zur Bildungsaspiration der Eltern / Entscheidung der Lehrer (Baumert 2010, Ditton & Krüsken 2006, Ditton 2007.)
Weitere Themen der Bildungsforschung
Bildungspanel - Längsschnittstudien
über die ENtwicklung des Kompetenzerwerbs (z.B. NEPS)
Beeinflussung welcher schulischen und außerschulischen Einflüsse
im Kindergarten, allgemeinbildenden Schulsystem, Studium, in der Ausbildung, nach Verlassen des Bildungssystems
Unterrichtsqualität - Förderung von Kompetenzen
auch als “Lehr-Lern-Forschung” oder Unterrichtsforschung bezeichnet
Entwicklung von Unterrichtskonzeptionen oder Trainings
Durchführung von Forschungsarbeiten
Wie realisieren sich Innovationen in der Praxis, die auf eine Verbesserung des Unterrichts abzielen? Wie lassen sich diese verbreiten=
Bedeutung des Inhaltsbereichs = Domäne
Bearbeitung durch interdisziplinäre Teams, große Rolle spielen die Fachdidaktiker
Forschung zu Kompetenzen des pädagogischen Personals
= deutsche Forschung kann hier gut an internationale Diskussion anschließen
beantworten: Welche Merkmale machen einen guten Lehrer aus? - empirisch
Außerschulische Bildungsinstitutionen
Weiterbildung, Hochschule - erst in den letzten Jahren empirisch
Weiterentwicklung der Forschungsmethoden
hoher forschungsmethodischer Standard
intensive Weiterentwicklung der Erhebung- und Analyseverfahren
methodische Fragen zur Kompetenzmessung:
Wie werden geeignete Aufgaben konstruiert? (Papier und Bleistift, computerbasiert)
Mit welchem statischen Verfahren können Items zu Skalen zusammengefasst werden, um Kompetenzniveaus abzubilden?
Geschichte
Empirische Pädagogik = Bildungsforschung
Seit über 100 Jahren -> “Nischenwissenschaft”
versuchte sich zwischen den Wissenschaften Psychologie und Pädagogik zu entwickeln
Vorläufer: empirische bzw. experimentelle Pädagogen (Aloys Fischer, Ernst Meumann, Wilhelm August Ley)
bis zum 1. Weltkrieg konnte sie ausgebaut werden
In den 1960er Jahren
an geisteswissenschaftlicher Disziplin ausgerichtet
1962 “realistische Wende” (Heinrich Roth)
-> analysiert die realen Verhältnisse im Bildungssystem
bedient sich erfahrungswissenschaftlicher Methoden
-> Bildungsexpansion
Internationale Konkurrenz
Notwendigkeit des Wirtschaftswachstums
-> deutliche Anhebung der Qualifikationen der jungen Generation
-> Bildungsreform
Erhöhung der Chancengleichheit
stärkere Berücksichtigung der leistungsabhängigen Auslese
Eindämmen der sozialen Unterschiede
Gründung von Forschungsinstituten
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin 1963
Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften, 1966
= forschen erfahrungswissenschaftlich
Gründung der Arbeitsgruppe AEPF
Arbeitsgruppe empirisch pädagogischer Forschung 1965
arbeiten emprisch-analytisch
-> Universitäte pädagogische Forschung bleibt mehrheitlich nicht empirisch!
in den 1970er Jahren
Realisierung der Veränderung im Bildungssystem
neue Schulmodelle
Evulation der Veränderungen
Studien zur sozialen Selektivität und zur Bildungsbeteiligung
in den 1980er Jahren
großer Anteil an Studien zur Schul- und Unterrichtsforschung
Zuwachs bei der Forschung zur Bildungsplanung
deutlicher Aufschwung der Schulentwicklungsforschung, durch größere Autonomie der einzelnen Schule
Ost- und West Vergleich
Ende 1990er Jahre
zurückhaltende Teilnahme an internationalen Leistungsvergleichen
nachdrücklich belegtes schlechtes Abschneiden (Sekundarstufe I)
hohe soziale Selektivität des Bildungssystems
Jahrtausendwende
deutlicher Zuwachs an Forschungsprojekten -> Expansion der Bildungsforschung
rapider Anstieg von Publikationen und Publikationsorganen
breitere Etablierung an den Universitäten
mit Unterstützung der Bildungspolitik und Wissenschaftsadminstration
International: evidence-based-education
Gestaltung von Bildungssystemen und -instutiotionen
orientiert sich an Ergebnissen empirischer Forschung
bestehen positive Entwicklungsmöglichkeiten
können auch problematische Aspekte ausgemacht werden
= starke Anwendungsorientierung und Anspruch einen Beitrag zur Verbesserung des Bildungssystems beizutragen
Zusammenfassung des Bildungsberichts 2014
-> Allgemeinbildende Schule und non-formale Lernwelt im Schulalter (D)
Untersuchungsfrage des Berichts zu: Schulstruktur und Schulangebot
Wie kann das Schulangebot aller Länder umgestaltet werden?
Eröffnung von mehr als einer Abschlussoption
Wie können Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Ländern herausgearbeitet werden?
Wie können die Schulen regional erreichbar sein / bleiben?
Was sind die Unterschiede in den Trägerschafen der Schulen?
Ergebnisse:
Quantitative Entwicklung des Schulangebots
Herausforderung wohnortnahes Schulangebot sicherzustellen (außerhalb städtischer Ballungsräume)
Geburtenrückgang in Ostdeutschland fürte bereits nach der Vereinigung zu Standortverlusten
Verkleinerung durchschnittlicher Schulgröße
Rückgang der Anzahl an Grundschulen, wird mittelfristig anhalten (2006-2012)
Rückgang der Schülerzahlen bis 2025
Primarbereich 15%
Sekundarbereich 22%
= erschwert die Aufrechterhaltung eines wohnortnahen, mehrglirdrigen Schulangebots
zunehmendes Angebot von Schulen mit mehreren Bildungsgängen
= Hauptschul-, Realschul- und Gymnasialbildungsgang unter einem Schuldach
Gesamtschule bereits Ende der 1960r Jahre in Westdeutschland
Ergänzung / Ersetzung von Haupt- und Realschule durch neue schulorganisatiorische Lösungen (flächendeckend, regionalspezifisch oder als Modellversuch)
Anstieg um ca. 50% -> 2000 Schulen
fast Verdopplung von Gesamtschulen -> 1200
eigenständige Haupt- und Realschulen verzechnen erhebliche Rückgänge
stabile Anzahl der Förderschulen und Gymnasien
Ausdifferenzierung der Wege zum Erwerb der Hochschulreife (berufliche Schulen bieten vollzeitschulische Bildungsgänge an)
Erhöhung der Schulen in freier Trägerschaft auf 3700 - 25%
= jede zehnte Schule
Länderspezifische Entwicklung im Sekundarbereich
Schularten mit mehr als einem Bildungsgang weisen sehr verschiedene Varianten auf
landesspezifische Unterschiede in der Kombination und schulinternen Organisation mehrerer Bildungsgänge innerhalb einer Schulart
= Tendenz der Ausdifferenzierung der Schulstrukturen (keine Vereinheitlichung)
intergrativer Unterricht (Bildungsübergreifend)
(additiver Unterricht (seperat organisierte Bildungsgänge)
weiterhin bestehende Hauptschule (Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, NRW)
zusätzliches zehntes Jahr zum Erwerb des Mittleren Schulabschlusses
+ stärkere Integration berufsorientierter Inhalte
Untersuchungsfrage des Berichts zu: Übergänge und Wechsel im Schulwesen
Verliert die Übergangsentscheidung am Ende der Grundschule an Relevanz?
Welche Schulart wird besucht?
Welche Schulartwechsel gibt es?
Gibt es soziale Disparitäten in der Schülerverteilung?
Welche sozialen Disparitäten gibt es?
Übergänge in den Sekundarbereich I
Übergang von Grundschule in Sekundarbereich I in Deutschland (international verglichen) relativ früh
nach der 4. bzw. nach der 6. Jahrgangsstufe
immer mehr Schüler gehen auf die Schularten mit mehreren Bildungsgängen, Gesamtschule oder Gymnasien
Wechsel und Verbleib innerhalb des Sekundarbereichs I
nach Jahrgangstufe 6 kontinuierlicher Rückgang der Schülerzahlen an Gmynasien
5.-9. Jahrgangstufe 10% Schülerverlust
10. Jahrgangsstufe 15% Schülerverlust
-> Hinweis auf erhebliche Schulartwechsel in Sek. I.
mehr Schüler verlassen das Gymnasium als zu ihm zu wechseln
auf einen Aufstiegswechsel kommen nahezu fünf Abstiegswechsel
tenenziell geringere Rückgänge an Gymnasien für Länder mit sechsjähriger Grundschule / Orientierungsphase)
starke schulische Selektion (Grunschulübergang / Verbleib an Gymnasien) in Bayern und Schleswig-Holstein
Übergänge in den Sekundarbereich II.
jeder Dritte besucht einen allgemeinbildenden Bildungsgang an beruflichen Schulen
Anstieg auf 2/3 der Schülerschaft
Anstieg der durchschnittlichen Verweildauer in gymnasialen Oberstufe (Wiederholungsquote sowohl bei G8 als auch bei G9)
Soziale Disparitäten in den Schullaufbahnen
weiterhin erhebliche soziale Unterschiede in der Verteilung auf die Schulart
hoher sozioökonomischer Status
niedriger sozioökonomischer Status
Hauptschulbesuch (5. Jg.)
7%
34%
Gymnasien (5. Jg.)
64%
21%
Gymnasien (9 Jg.)
62%
15%
-> Schüler mit Migrationshintergrund, unter Beachtung des sozioökonomischen Status, gehen seltener an Gymnasien
Schüler mit niedrigerem sozioökonomischen Status besuchen seltener höher qualifizierte Schularten
Schüler mit niedrigerem sozioökonomischen Status verweilen länger im Schulsystem
bereits in Jahrgangstufe 5 sind sie bis zu fünf Monate älter als Schüler mit hohem sozioökonomischen Status
Jugendliche aus sozial schwachen Verhältnissen nehmen die Chance des Erlangens der Hochschulreife erst später wahr -> bestätigt Entkopplung von Schulart und erreichbarem Schulabschluss
Untersuchungsfrage des Berichts zu: Ganztägige Bildung und Betreuung im Schulalter
Welche Erwartungen sind mit dem Ausbau der Ganztagesbetreuung verbunden?
Welchen Beitrag leisten Ganztagesangebote?
Wie wird der Ganztagesbetrieb organisiert?
Quantitativer Ausbau der Schulen mit Ganztagesangebot
weitere Zunahme der Ganztagesbetreuungsangebote in allen Schularten
integrierte Gesamtschulen 85%
Schulen mit mehreren Bildungsgängen 74%
verschiedene Organisationsmodelle
offene Form = freiwillige Teilnahme
voll gebundene Form = verbindliche Teilnahme
mehr als die Hälfte aller Schulen machen Ganztagesangebote 56%
ein Drittel aller Scüler nimmt daran teil
an Grundschulen geringster Ausbaustand, überwiegend offene Angebote
Nutzung der Horte steigt bundesweit kontinuierlich
Zeitliche und inhaltliche Ausgestaltung des Ganztags
KMK definiert eine Ganztagsschule “wonach an mindestens drei Tagen in der Woche ein mindestens sieben Zeitstunden umfassendes Angebot sicherzustellen ist”
deutlich längere Betreuungsdauer in der Grundschule als im Sekundarbereich
durchschnittlich acht Zeitstunden ganztägige Bildung und Betreuung je Schultag
zeitliche Flexibilisierung hängt vom Verbindlichkeitsgrad der Teilnahme ab
breites Spektrum an Ganztagsangeboten
musikalisch-künstlerische Angebote > 90%
sportliche Aktivitäten am häufigsten
das Lernen unterstützende Aktivitäten ca. 90%
= Angebote meist schulartspezifisch ausgerichtet
breites, außerunterrichtliches Angebot aller Schulen wird bereitgestellt
Quantitative und qualitative Forschungsmethoden
1) Allgemeines / Grundlagen (vgl. Reinders & Ditton 2015)
empirische Bildungsforschung: Beobachtung von Lern- und Bildungsprozessen als Ausschnitt der sozialen Realität
breites Spektrum an Methoden (Beobachtung, mündliches Interview, schriftliche Befragung, …)
Erkenntnisziel bestimmt Methodik
2) Vergleichende Gegenüberstellung
(vgl. Reinders & Ditton 2015, Eckert, 2015, Burkard & Weiß 2008)
quantitative Forschung
qualitative Forschung
Auffassung von Realität
objektive Gegebenheit: für jede Person vergleichbar, durch Gesetzmäßigkeiten beschreib-/ erklärbar (vgl. Kritischer Rationalismus)
subjektive Konstruktion: für jede Person unterschiedlich, nur aus der Perspektive des Einzelnen beschreib-/erklärbar (vgl. Symbolischer Interaktionismus)
Theorienbildung
Ableiten aus objektiven Gesetzmäßigkeiten der Realität (gelten im Mittel für alle: durch standadisierte Instrumente erfassbar)
Ableiten aus vergleichender Betrachtung vieler Einzelfälle (subjektive Realitäten nur durch Rückschlüsse aus intersubjektiven Unterschieden und Gemeinsamkeiten erfassbar)
Erkenntnisgewinnung
Deduktion: Schließen vom allgemeinen aufs Spezielle -> Prüfung von Hypothesen bzw. Theorien (Hypothesenüberprüfung)
Induktion: Schließen vom Speziellen aufs Allgemeine -> Ableiten allgemeiner Regeln bzw. Theorien (Hypothesengenerierung)
Ausgangspunkt
Theorie bzw. Hypothese, die geprüft werden soll
Fragestellung, zu der Antworten gesucht werden sollen
Design
invariant (steht vor Erhebnung fest)
variabel
Untersuchungsbedingungen
kontrollierte Bedingungen
natürlicher Lebenskontext
Analyseeinheiten
statistisch relevante Stichproben
Einzelfälle, kleine Stichproben
Gütekriterien
Objektivität, Realibilität, Validität
Transparenz, Offenheit, kommunikative Interaktion
Datenanalyse
allgemein
personenorientiert, introspektiv
Auswertung
statistisch
interpretativ
2) Quantitative Forschung
Gütekritierien
(vgl. Bortz & Döring, 2006)
Objektivität: “Die Objektivität eines Tests, gibt an, in welchem Ausmaß die Testergebnisse vom Testanwender unabhängig sind.” (Brotz&Döring 2006)
-> Durchführungsobjektivität: unabhängig vom Testleiter
-> Auswertungsobjektivität: unabhängig vom Auswerter
-> Interpretationsobjektivität: unabhängig von individuellen Deutungen
Reliabilität: “Die Reliabilität eines Tests kennzeichnet den Grad der Genauigkeit, mit dem das geprüfte Merkmal gemessen wird” (Bortz & Döring 2006)
-> interne Konsistenz: ähnliche Ergebnisse bei ähnlcihen Testitems
-> Retest-Realibilität: gleiche Ergebnisse bei Wiederholung
Validität: Die Validität eines Tests gibt an, wie gut der Test in der Lage ist genau das zu messen, was er zu messen vorgibt (Bortz & Döring 2006)
-> Inhaltsvalidität: Übereinstimmung mit korresponiderenden (möglichst objektiven) Kriterien
-> Kriteriumsvalidität: Übereinstimmung mit korrespondierten (möglichst objektiven) Kriterien
Konstruktvalidität: Übereinstimmung mit theoretischem Konstrukt
Deskriptive Statistik (vgl. Reinders & Gniewosz 2015, Eckert 2015, Burkard & Weiß 2008)
Beschreibung, Ordnung, Zusammenfassung der erhobenen Daten
betrifft nur untersuchte Stichprobe
Skalenniveaus:
Norminalskala: kategoriale Zugehörigkeit (z.B. Geschlecht, Religion)
Ordinalskala: Aufstellen von Rangordnungen (z.B. Zensuren)
Intervallskala: gleiche Abstände zwischen Einheiten (z.B. Geburtsjahr)
Verhältnisskala: absoluter Nullpunkt -> proportionaler Vergleich (z.B. Körpergröße)
Kenngrößen:
absolute Häufigkeit: Anzahl an Personen je Merkmalsausprägung
relative Häufigkeit: Anteil einer Merkmalsausprägung an der Gesamtstichprobe
Lageparameter: Lage der Daten in Bezug auf Messskala
Modus: Merkmalausprägung einer Variablen, die in der Stichprobe am häufigsten vorkommt
Median: Merkmalsausprägung der geordneten Daten, die die Stichprobe hälftig teilt
arithmetisches Mittel: Durchschnittswert einer Variablen aller befragten Personen
Streuungsparameter: Steuung der Daten
Standardabweichung: durchschnittliche Abweichung aller Messwerte vom Stichprobenmittelwert
Inferenzstatistik: (vgl Reinders & Gniewosz 2015, Eckert 2015)
rechnerische Überprüfung der Gültigkeit der Stichprobendaten für Grundgesamtheit
Stichprobe: Auswahl von Untersuchungseinheiten aus einer Population (repräsentativ: entspricht in der Zusammensetzung hinsichtlich festgelegter Merkmale der Population)
Popuation/Grundgesamtheit: Menge aller potenziellen Untersuchungseinheiten: für die Aussagen getroffen werden sollen
Fehlerkontrolle mit Wahrscheinlichkeitsrechnung -> zufällige Stichprobenauswahl!
Signifikanz: Maß für Sicherheit der Ergebnisse der Stichprobe (überzufälliger Zusammenhang)
Signifikanzniveau Alpha: Obergrenze für Wahrscheinlichkeit p einer irrtümlichen Ablehnung der Nullhypothese (Sozialwissenschaften: Annahme einer Hypothese bei Alpha <= 0,05)
häufig Kennzeichnung mit Sternen (:p < 5%, : p < 1%, ***: p <0,1%)
Effektstärke: Maß für praktische Relevanz von (signifikanten) Ergebnissen
gebräuchliche Maßzahl: d nach Cohen (d < 0.2 schwacher, d > 0,8 starker Effekt)
Korrelation: Zusammenhang zweier Merkmale (standardisiertes Maß: Korrelationskoeffizent r)
4) Qualitative Forschung (vgl. Gläser-Zikuda 2015)
Grundsätze
Subjektbezogenheit: Subjekte als Gegenstand, Ausgangspunkt und Ziel
Alltagsorientierung: Ansetzen an praktischen Problemstellungen, Bezug der Ergebnisse auf die Praxis
Ganzheitlichkeit: Mensch als Ganzes in Blick genommen (mit Einstellungen, Interessen, Fähigkeiten)
Kommunikation: gleichberechtigte Interaktion zwischen Forschenden und Beforschten
Deskription: Beschreibung des Einzelnen (induktives Vorgehen)
Offenheit: Untersuchung nicht von vornherein festgelegt, sondern flexible, explodierende Reaktion auf Erfordernisse der Situation (wichtig: genaue Dokumentation)
auf Verstehen ausgerichtete Interpretation: Offenlegen des Vorverständnisses (Vorerfahrungen, Einstellungen) des Forschenden und Weiterentwicklung am Forschungsgegenstand
Qualitative Inhaltsanalyse:
Ziel: interpretative Erschließung manifester und laterner Sinnstrukturen
Charakteristika:
-> Kontextualisierung (Einbettung in Kommunikationszusammenhang)
-> systematisches Vorgehen
-> Kategorienkonstruktion und -begründung
-> theoriegeleitete Begründung von Verfahrensentscheidungen
Techniken: Zusammenfassung, Explikation, Strukturierung
Reduktion (durch Abstraktion) des Datenmaterials zur Erzeugung eines repräsentativen Abbilds der gesamten Daten -> (in dieser Hinsicht) induktive Vorgehensweise
Festlegung von Selektionskriterien im Vorfeld
Gütekriterien:
Verfahrensdokumentation
präzise und nachvollziehbare Dokumentation des Forschungsprozesses
Bereiche: Explikation des Vorverständnisses des Forschenden, Auswahl der Forschungsteilnehmer, Entwicklung der Erhebungsmethoden, Durchführung der Erhebung, Vorgehen bei Auswertung
Regelgeleitetheit:
systematisches Vorgehen und Einhalten von Verfahrensregeln
z.B. sequentielles Vorgehen, Festlegen sinnvoller Materialeinheiten, Formulieren von Auswertungsregeln
Intercode-Realibilität:
Maß zur Prüfung der Übereinstimmung zwischen verschiedenen Auswertern
Stabilität (erneute Anwendung des Analyseinstruments), Reproduzierbarkeit (Ergebnisse bei anderen Analytikern), Exaktheit (Einhalten funktioneller Standards)
kommunikative Validierung:
Diskussion der Ergebnisse (und Interpretationen) mit den Forschungsteilnehmern
Wiederfinden der Ansichten/Haltungen der Beforschten als Beitrag zur Absicherung der Ergebnisse
5) Gemeinsamkeiten und Differenzen (vgl. Uhlendorff & Prengel, 2013)
Gemeinsamkeiten:
Ziel: Erlangen von empirischen fundierten Wissen
Verschränkung mit Theorie
Regel- kriteriengeleitetes Arbeiten
Ablaufmodell:
Explikation der Fragestellung, des theoretischen Horizonts und des zu untersuchenden Weltauschnitts
Klärung der Erhebungs- und Auswertungsmethoden
Darstellung und Reflexion der Ergebnisse
erkenntnistheoretisches Problem: Wirklichkeit lässt sich nicht 1:1 abbilden -> Erkenntnisse perspektivisch begrenzt -> revidierungs- und ergänzungsbedürftig
Differenzen
“Quantitative Methoden untersuchen tendenziell auf der Makroebene große Fallzahlen wenige Aspekte anhand von vorab festgelegten unveränderlichen starken Hypothesen im Medium mathematisch-statistischer Verfahren bei Ausschluss der Forschersubjektivität.”
“Qualitative Methoden untersuchen tendenziell auf der Mikroebene kleiner Fallzahlen viele Aspekte anhand offen-veränderlicher schwacher Vorannahmen im Medium der Sprache unter Nutzung der Forschersubjektivität.”
6) Synthese
Vor- und Nachteile (vgl. Reinders & Gniewosz 2015, Gläser-Zikuda 2015, Reinders & Ditton 2015)
Vorteile
Beschreibung großer Personengruppen
Möglichkeit, Theorien/Hypothesen auf Gültigkeit zu prüfen
Objektivität und Vergleichbarkeit durch standardisierte Methoden -> allgemeingültige Aussagen
Analyse subjektiver, alltagsbezogener Sichtweisen und komplexer Deutungsmuster
explorative Untersuchung (wenig Vorwissen über Forschungsobjekt, Flexibilität)
zeitnahe Verzahnung von Fragestellung, Methode und Auswertung
Nachteile
starke Reduktion komplexer Sachverhalte auf wenige Kennwerte (Informationsverlust)
langer Zeitrahmen zwischen Theorieformulierung und Entscheid über Gültigkeit (i. d. R. 2 Jahre oder mehr)
Beschreibung von Einzelfällen bzw. kleinen Personengruppen
Unsicherheit durch subjektive Interpretationen bei der Auswertung
Inhaltliche Verschmierung durch Abstraktionen
Fazit:
gegenseitige Ergänzung quantitativer und qualitativer Forschung
Weiterentwicklung empirischer Forschung durch Methodenkombination
Bsp. in Fallstudien gesammelte Detailkenntnisse (gehaltvolle Hypothesenbildung) als Grundlage zur Konzeption einer breit angelegten Befragung (Hypothesenüberprüfung)
Gegenstandsbereiche der empirischen Bildungsforschung
1.1 International vergleichbare Schulstudien (vgl. Seel & Hanke 2015)
PISA
= Programme for International Student Assessment
Intiiert durch die OECD (= Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung)
Testung der…
Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Länder
Arbeitsfähigkeit (employability) der jungen Erwachsenen
Hintergrundfragebogen -> zur Person, Zuhause, Schul- und Lernerfahrungen
Kompetenz ist: “… die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösung in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können.” (Weinert, 2001)
Literacy = Kompetenzbegriff bei PISA (OECD, 2001)
Analysieren, Vergleich, Gegenüberstellung, Evaluierung
Phantasievolles / Kreatives Denken
Anwendung des Wissens in realen Situationen
Kommunikation von Gedanken und Ideen
-> Es gibt 6 Kompetenzstufen (1-6) und eine zusätzliche “Stufe” unter 1
Kompetenzstufe 3 gilt als Ziel bzw. ist der Durchschnitt
Methodik:
3-Jahres-Rhythmus
15-jährige am Ende ihrer Pflichtschulzeit
510 000 SuS aus 65 teilnehmenden Ländern und Volkswirtschaften. 5.000 in Deutschland
3 Bereiche: Mathematik, Lesekompetenz, Naturwissenschaften
-> Schwerpunkt wechselt bei jeder Erhebung (2012: Mathematik)
Mischung aus offenen Fragen und MC-Fragen, anwendungsbezogen auf Lebenssituationen
Entwicklung PISA Schock (2000) bis heute (Ditton 2015)
2000 (Lesen)
Unterdurchschnittliche Leistungen der 15-Jährigen Schüler im Lesen, in Mathematik und Naturwissenschaften im internationalen Vergleich
jeder vierte 15-jährige kann nicht richtig lesen und schreiben -> Risikogruppe besonders betroffen Hauptschüler, Schüler mit Migrationshintergrund -> BILDUNGSUNGLEICHHEIT
große geschlechterspezifische Unterschiede
große Länderunterschiede in Deutschland (Bayern gut, Bremen schlecht)
2003: (Mathematik)
Verbesserung in Mathematik und den Naturwissenschaften, aber keine im Lesen
Leistungsverbesserung an Gymnasien v.a. bei Schülern aus sozial höheren Schichten
2006 (Naturwissenschaften)
Abnahme des sozialen Gradienten, aber immer noch über dem OECD-Durchschnitt
2009: Lesen
sozialer Gradient ist geringer geworden
Ergebnisse 2012:
Deutschland liegt mit Ergenissen in Bereich Mathe, Lesen und Naturwissenschaft über OECD Durchschnitt
Jungs sind besser in Mathe, Mädchen besser in Lesen, Naturwissenschaften sind beide gleich gut
Migrationshintergrund und sozioökonomischer Status haben einen entscheidenen Einfluss auf den Kompetenzerwerb (Schüler sind benachteiligt)
In Deutschland ist der Einfluss von sozialen Vergleichen stark ausgeprägt
Die relative Leistungsstärke (Leistung eines Schülers verglichen mit der Leistung der Klasse) hat einen starken Einfluss auf die Motivation und die Selbsteinschätzung der SuS
Auswirkungen auf die Praxis (KMK 2001) -> 7 Handlungsfelder (Achtung: nur Empfehlung der KMU, deshalb auch kritisch hinterfragen)
Verbesserung der Sprachkompetenz im vorschulischen Bereich
Bessere Verzahnung von Vorschulischen Bereich und Grundschule
Verbesserung der Grundschulbildung durch durchgängige Verbesserung der Lesekompetenz und des grundlegenden Verständnisses mathematischer und naturwissenschaftlicher Zusammenhänge
wirksame Förderung bildungsbenachteiligte Kinder, v.a. solcher mit Migrationshintergrund
Bildungsstandards und ergebnisorientierte Evalution
Verbesserung der Professionalität der Lehrerqualität
Ausbau von schulichen und außerschulischen Ganztagesangeboten -> erweiterte Bildungs und Fördermöglichkeiten
TIMSS (vgl. Seel & Hanke 2015)
= Third (Trends) International Mathematics and Science Study
Initiiert durch IEA (= International Association for the Evaluation of Educational Achievement)
Unabhängiger internationaler Zusammenschluss von Wissenschaftlern, Forschungseinrichtungen und Regierungsstellen
Anliegen: Langfristige Dokumentation von Entwicklungen in den teilnehmenden Bildungssystemen
-> 4 Jahres-Rhythmus
-> Durchführung am Ende der 4. und 8. Jahrgangsstufe und am Ende der Sekundarstufe 2
-> Teilnahme von 46 Ländern, > 500.00 SuS
Testung von:
Mathematik (Arithmetik, Geometrie/Messen, Umgang mit Daten),
Naturwissenschaften (Biologie, Physik, Geographie)
zusätzlichen Einflussfaktoren auf diese Bereiche (Merkmale von Schülern, Lehrern, Unterricht, Schulen)
-> Anforderungsbereiche: Reproduzieren, Anwenden, Problemlösen
Es gibt 5 Kompetenzstufen
Ergebnisse 2011: (Wendt 2011)
Mathematiksche Kompetenz
Deutschland im oberen Drittel der Rangfolge
Unterschied zwischen Kindern mit guter und schwacher Leistung vergleichsweise gering
81% mind. auf Kompetenzstufe 3
signifikante positive Veränderung
insgesamt positive Einstellung zu Mathematik
Naturwissenschaftliche Kompetenzen
Deutschland auf Platz 17 von 50
deutsche Schüler im OECD-Durchschnitt
Streuuung der Leistung relativ gering
Lehr- und Lernbedingungen
Förderangebot wurde ausgeweitet (in Bezug auf Ganztagsangebote
verhältnismäßig gute Grundausstattung digitaler Medien
Geschlechterspezifische Unterschiede
Jungen signifikant besser in Mathe und Naturwissenschaften
Migrationshintergrund und soziale Disparitäten (Bücherbesitz, Beruf der Eltern) haben einen entscheidenen Einfluss auf Kompetenzerwerb (Schüler mit Migrationshintergrund sind benachteiligt)
Auswirkung auf die Praxis
-> Ähnlich zu PISA
-> Zusätzlich: Nachbesserungsbedarf in der fachspezifischen Ausstattung (z.B. Bücher, Labore, digitale Medien)
KRITIK (Sell, Hanke 2015)
Test bildet nur kleinen Bereich aus der Breite des Wissens ab
Bezieht nur Schulleistungen mit ein, z.B. über die Qualität des Unterrichts trifft PISA keine Aussagen
PISA lässt keine Rückschlüsse auf das Bildungssystem zu (Liessmann, 2013)
Test misst nicht, was er vorgibt zu messen (ebd.)
misst vor allem die Fähigkeit PISA Tests lösen zu können
Zusammenhang mit Schulleistungen, Qualität des Schulsystems, allgemeiner Bildung, Sozialkompetenz, Entwicklung der Urteilsfähigkeit felt
nur Querschnittstudie
Veränderung der Kompetenzen werden nicht betrachtet
Veränderung auf Individualebene können nicht abgeleitet werden -> Wenn doch, kann dies zu Fehlinterpretation führen
Es wird nicht beachtet das Lernen kumulativ ist (aufbauender Prozess)
internationale Rankings können ablenken von wirklichen Stellschrauben des Bildungssystems
Folge: Teaching to the test, falsche politische Reaktionen
Stichprobengewinnung erfolgt nach Lebensalter und nicht nach Klassenstufen
Reduktion auf einen Kennwert, Streuung wird nicht beachtet
Vorteile/Nachteile siehe auch Bildungsstandards
1.2. Soziale Ungleichheit
In der Pädagogik ist die soziale Ungleichheit ein wichtiges Thema, weil es gerade ihre Aufgabe ist diese zu verhindern. Bildung sollte nicht von Faktoren wie Migrationshintergrund, Geschlecht, sozioökonomischer Status, … abhängen, denn jeder Mensch hat ein Recht auf Bildung.
Lebenslanges Lernen (LLL)
Überblick
“von den ersten Geh- und Sprechversuchen bis zur EIngewöhnung im Altersheim (…): Wir sind lebenslange Lerner” (Alheit/Dausien, 2002)
Eigenschaften von LLL (Hippel 2001, Alheit/Dausien 2019)
Betrifft alle Menschen, nicht nur klassische Bildungseliten
Betrifft alle Bildungsbereiche (Kindergarten bis Weiterbildung)
Über alle Lebensphasen, über eine Lebensspanne hinweg
Umfasst alle formalen, nicht formalen und informalen Lernformen
Formales Lernen
Non-formales Lernen
Informelles Lernen
Findet in klassischen Bildungsinstitutionen statt
Abschluss mit Zertifikaten
Jenseits der etablierten Bildungseinrichtungen - am Arbeitsplatz, Vereine, Verbände
nicht notwendig intendiert, geschieht im alltäglichen Leben
z.B. Hochschulstudium
z.B. VHS Kurse
Bsp.: Unterhaltung mit anderen, lesen, Kreuzworträltsel lösen
-> “lifewide”: Komplementarität dieser unterschiedlichen Lernformen, d.h. Entstehung von Lernumwelten, in welchen sich die verschiedenen Lernarten ergänzen können
Nicht das Bildungssystem oder einzelne Bildungsangebote stehen im Vordergrund, sondern das Individuum mit seiner Biografie, die zum Bezugspunkt für Lern- und Bildungsprozesse erhoben wird
Weiterbildung (WB)
Bereiche der Weiterbildung (vgl. BMBF 2016, AES, 2014)
Berufliche (betrieblich, individuell-berufsbezogen)
Allgemein / politisch (nicht-berufsbezogen)
Weiterbildung an Hochschulen
Vertiefung, Ergänzung beruflicher Kenntnisse
Zusätzliche Unterscheidung. Umschulung, Aufstiegsfortbildung, Anpassungsfortbildung
Weiterbildungsangebote, die nicht direkt berufsbezogen sind (z.B. Sprachkurse, Kurse zu Medienkompetenz oder Teamfähigkeit) -> “Schlüsselkompetenzen” sind für Berufs- und Arbeitswelt besonders wichtig
Erworbenes Wissen auf dem neusten Stand zu halten richtet sich nicht nur an Hochschulabsolventen
z.B. IT-Weiterbildungssystem
-> Weg vom Azubi bis zum Hochschulabschluss ist mit Master vorgesehen
Empirische Befunde:
Trendbericht der Adult Education Survey (AES) (BMBF, 2014)
3100 Befragte
Repräsentative europaweite Erhebung
Unterscheidung zwischen berufsbezogener und nicht-berufsbezogener Weiterbildung
Steigende Weiterbildungsbeteiligung
Betriebliche WB größter Sektor
Erwerbstätige nehmen am häufigsten an Weiterbildungen teil
Keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern mehr
Gruppe der 25-34 Jährigen nimmt am häufigsten an WB teil
Teilnahme an informellem Lernen nimmt zu
Bildungsbericht 2014
Teilnahme an Weiterbildung
Anstieg ohne Verringerung der sozialen Ungleichheit
Personen mit Studienberechtigung nehmen doppelt so häufig an Weiterbildungsmaßnahmen teil wie diejenigen mit Hauptschulabschluss
deutlich geringere Weiterbildungs-Teilnahme bei Migranten
Starke DIfferenz in der Weiterbildungs-Teilnahme nach Herkunftsort
Nur eine Minderheit aller Zugewanderten nutzt bzw. kann staatliche Weiterbildungen nutzen (Zugewanderte ohne Aufenthaltserlaubnis dürfen nicht teilnehmen=
Verdopplung der Sprachangebote der VHS im letzten Jahrhzehnt
Weiterbildungserträge
2/5 der Teilnehmer an Weiterbildungs Veranstaltungen erhalten keinerlei Bescheinigung
Für 54% der Teilnehmer ist eine höhere persönliche Zufriedenheit durch mehr Wissen und Können das wichtigste unter den Weiterbildungserträgen
Nutzungserwartungen vor allem bei materiellen Aspekten (neuer Job, höheres Gehalt) nur begrenzt erfüllt.
Betriebliche Weiterbildung bei allen arbeitsplatzbezogenen Merkmalen im Vorteil, nicht-betrieblich bei Suche nach neuem Job und persönlicher Zufriedenheit
Bei der Gesamtheit der Erwerbstätigen sind WB und Berufserfahrungen die Hauptquellen für die in der aktuellen Berufssituation benötigten Qualifikationen -> Berufserfahrung hat deutlich höheren Stellenwert als formalisierte WB (42%)
Bedeutungszuweisung zur WB stark abhängig davon, ob die Erwerbstätigen in den letzten zwei Jahren selbst an einer beruflichen Weiterbildung teilgenommen haben -> bei Teilnahme wird sie doppelt so hoch geschätzt
Kompetenzniveau und Weiterbildung (Bildungsbericht 2014)
PIAAC (Programme for the Internation Asssessment of Adult Competencies)
Internationale Vergleichsstudie für Erwachsene (16-65 Jahre=
24 OECD Staaten nahmen teil
Lesekompetenz, alltagsmathematische Kompetenz zum technologischen basierten Problemlösen
zusätzliche Erfassung von biografischen Hintergrund, Arbeits- und anderen Alltagserfahrungen
wichtigste empirische Ergebnisse aus PIAAC:
Deutshcland bei Lese- und alltagsmathematischer Kompetenz im OECD Duchschnitt
aber in D starke Differenzen nach schulischer Bildung (Unterschied entspricht 2 Kompetenzstufen) (soziale Schere / Ungleicheheit)
Erwerbslose und Migranten haben allgemein niedriges Kompetenzniveau
Weiterbildungsaktivität und Kompetenzniveau
Weiterbildungsaktive Erwachsene haben deutlich höhere Kompetenzwete (auch im internationalen Vergleich)
Höheres Kompetenzniveau bei Personen, die informelle Lernmöglichkeiten in der Arbeit haben
Niedriger Bildungsstand und lernarme Arbeitssituationen haben stärksten Einfluss auf niedrriges Kompetenzniveau im Erwachsenenalter
Lebenslanges Lernen
Kritik am Konzept und politischen Programm LLL
Institutionskritik:
Ausbau organisatorischer Bildungsangebote bringt keine Demokratisierung und wirtschaftliche Entwicklung (vgl. Hof 2011)
Illich (1971)
Bildungsarbeit, die dem Modell der Schulbildung folgt, bewirkt keine Verbesserung der Bildungssituation. Gründe:
Zwangscharakter der Schule
klassisches Lehrer-Schüler-Verhältnis
antidemokratische Binnenstruktur durch Lehrpläne, Selektionsmechanismen und Abschlüsse
-> Abschaffung der Schule erforderlich
Pädagogisch-politische Kritik: (vgl. Hof, 2011)
Folgen weiterer Bildungsexpansion könnten sein: Die Vermehrung sozialer Kontrolle, zunehmende Hierarchisierung und Konkurrenzorientierung, Entfremdung von eigenen Bedürfnissen und Instrumentalisierung von Kenntnissen und Fähigkeiten (Dauber/Verne. 1976)
Ziel des LLL: Internalisierung lebenslang “loyaler Verhaltensorientierung” statt autonomer, selbstbestimmter Bildung des Subjekts (Meuler, 2001)
Kulturkritik: (vgl. Hof, 2011)
“Kolonialisierung der Lebenswelt” (Habermas) durch den Zwang zum LLL
-> Erwachsenenbildung als attraktiver Ersatz für ein Leben jenseits von Familie und sozialer Tradition
Illusion, die die Erwachsenenbildung verkündet (vom Lernen klug werden, unabhängig werden, sozial aufsteigen, einen Job finden) trägt zur Instrumentalisierung der Bildung bei
Verhinderung vom Emanzipation und Souveränität durch Weiterbildungszwang
-> nur dann versäumt man nicht Bedeutendes für die Zukunfts- und Beschäftigungsfähigkeit (Kuhlkamp, 2011)
Gefahr eines lebenslangen Gefängnis, da das LLL Teil der individuellen Lebensführung wird
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