Was versteht man unter einer Organisationsstruktur?
Die Organisationsstruktur beschreibt, welche Eigenschaften und Merkmale für eine Organisation kennzeichnend sind. Zu den Strukturierungsprinzipien zählen Hierarchie, Formalisierung, Zentralisierung und Spezialisierung.
Wie ist die Schule organisiert?
Schule ist nicht nur Lernort für mehr als acht Millionen Schüler, sondern auch Arbeitsplatz für mehr als 800.000 Lehrkräften
Insofern lässt sich Schule als Organisation verstehen, welche spezifische Ziele verfolgt (z. B. Bildungsprozesse der Schüler gestalten, erziehen, beraten usw.) und darüber hinaus auch durch eine spezifische Organisationsstruktur, bestehend aus einer flachen Hierarchie, hoher Formalisierung, geringer Zentralisierung und hoher Spezialisierung
Die Anzahl der Führungsebenen ist gering, d. h., eine Lehrkraft ist in aller Regel lediglich der Schulleitung und dem Kultusministerium der Bundesländer (bei freien Schulen auch dem Schulträger) unterstellt (= flache Hierarchie)
Dabei sind Lehrkräfte sehr stark an rechtliche und bürokratische Vorgaben gebunden (= hoher Formalisierungsgrad)
Darüber hinaus ist der Lehrerberuf geprägt von einem „Einzelkämpfertum“ bei dem insgesamt wenig Kooperation zwischen den Lehrenden notwendig ist (= geringe Zentralisierung)
Mitunter wird von einer Expertenorganisation gesprochen, d. h., Lehrer sind Experten in ihrem Unterrichtsfach (= hohe Spezialisierung).
Schule als Organisation hat demzufolge auch Auswirkungen auf deren Beschäftigte
Insofern ist es wenig verwunderlich, dass sich verschiedene psychologische Disziplinen mit dem Arbeitsort Schule befassen
So stellt die ABO-Psychologie beispielsweise Maßnahmen zur optimalen Gestaltung des Arbeitsplatzes zur Verfügung, während die Pädagogische Psychologie die Bedingungen für erfolgreiche Lehr-und Lernprozesse beleuchtet. Dabei entstehen häufig Synergieeffekte
Welche Synergieeffekte bestehen zw ABO-u Pädagogischer Psychologie bzgl Schule?
So stellt die ABO-Psychologie beispielsweise Maßnahmen zur optimalen Gestaltung des Arbeitsplatzes zur Verfügung, während die Pädagogische Psychologie die Bedingungen für erfolgreiche Lehr-und Lernprozesse beleuchtet. Dabei entstehen häufig Synergieeffekte.
pädagogische Psychologie
Bedingungen für erfolgreiches Lehren und Lernen, Aus- und Weiterbildung des Lehrpersonals, effektive Schulstrukturen und Lehrstrategien
ABO-Psychologie
Gestaltung des Arbeits-platzes, Erhöhung der Zufriedenheit der Mitarbeiter, gesundheitsförderliche und motivierende Gestaltung des
Arbeitsortes
Was kennzeichnet das Job-Characteristics-Modell von Hackmann und Oldham?
Das Job-Characteristics-Modell versucht positive Auswirkungen der Arbeitstätigkeit anhand von Tätigkeitsmerkmalen und psychischen Prozessen zu erklären.
Durch welche Merkmale lässt sich der Arbeitsplatz Schule laut Martin Rothland charakterisieren?
Zweiteilung des Arbeitsplatzes: Neben dem Arbeitsplatz in der Schule findet ein überwiegender Teil der beruflichen Tätigkeit auch am heimischen Arbeitsplatz statt. Dieser Teil der Arbeit ist für Außenstehende oft unsichtbar, was zum häufigen Vorurteil, Lehrer seien lediglich „Halbtagsjobber“, führen kann.
unvollständig geregelte Arbeitszeit: Die Anzahl der Unterrichtsstunden ist zwar in jedem Bundesland gesetzlich geregelt, die übrige Zeit, die Lehrende für Unterrichtsvorbereitung, Klausurkorrekturen, Eltern- und Projektarbeit aufwenden müssen, hingegen nicht. Diese Arbeitsaufgaben werden ebenfalls von Außenstehenden nur unvollständig wahrgenommen. Studien zeigen aber, dass die außerunterrichtliche Arbeitszeit oftmals sogar höher liegt als die Unterrichtszeit selbst (Schmitz/Voreck 2011, S. 142).
Offenheit und Grenzenlosigkeit der Aufgabenstellung: Zwar geben Lehrpläne grob die Ziele vor, welche Lehrende erfüllen sollen (z. B. in Form eines Lehrplans), allerdings ist nicht konkret festgelegt, wann ein pädagogisches Ziel erreicht ist. Neben der Erfüllung des Lehrauftrages entstehen dabei oft auch zusätzliche Aufgaben, die von Schülern, Eltern und der Gesellschaft erwartet werden (z. B. Elternarbeit, „Kümmern“ um spezielle Schüler usw.). Darüber hinaus werden Lehrende mit immer neuen Herausforderungen konfrontiert, sei es der zunehmende Bedarf der Integration von Schülern mit Migrationshintergrund oder die durch die Corona-Pandemie notwendig gewordene Beschäftigung mit dem Thema Digitalisierung im Bildungswesen.
Schwebelage zwischen Reglementierung und pädagogischer Freiheit: Während der Ablauf des Schuljahres, die Unterrichtsfächer, die Stundenanzahl und Prüfungszeiträume stark strukturiert sind, genießen Lehrende darüber hinaus jedoch große Freiheiten hinsichtlich der pädagogischen Gestaltung (z. B. Methodik).
erzwungene Zusammenarbeit: Die Zusammenarbeit mit Kollegen, Schülern und deren Eltern ist eher unfreiwilliger Natur und vor allem gegenüber Schülern besteht ein asymmetrisches Machtverhältnis zugunsten der Lehrkräfte.
geringe Kontrolle über erzielte Effekte: Lernerfolg ist nicht nur allein vom Lehrer abhängig, sondern wird auch durch diverse Fähigkeiten der Schüler, das Engagement der Eltern, aber auch dem Einfluss der Lehrkräfte in den anderen Unterrichtsfächern mitbestimmt.
fehlende Rückmeldung über langfristige Folgen des schulischen Lernens und Unterrichtens: Zwar erhalten Lehrkräfte über die Leistungen ihrer Schüler in Tests und Klassenarbeiten ein unmittelbares Feedback über Lernerfolge. Dennoch heißt es ja bekanntermaßen: Man lernt fürs Leben. Und gerade hier stellt sich die Frage nach der Nachhaltigkeit des in der Schule erworbenen Wissens. So argumentiert der Biologe und Hirnforscher Gerhard Roth, dass junge Menschen fünf Jahre nach Schulabschluss kaum noch über Wissen verfügen, welches sie in der Schule einst gelernt haben und der Wirkungsgrad des Schulsystems somit gegen null geht (Roth 2011, S. 524). Rückmeldungen darüber, was aus den ehemaligen Schülern geworden ist, fehlen zumeist. Darüber hinaus mangelt es oftmals auch an unmittelbaren Rückmeldungen von Kollegen und der Schulleitung. Hinzu kommt auch noch eine eher kritische Beurteilung der Lehrertätigkeit durch die Gesellschaft (Rothland 2013, S. 23ff.). Auch wenn die Tätigkeit an sich von der Gesellschaft als sehr bedeutsam betrachtet wird, haftet dem Lehrerberuf oftmals ein negatives Image an. Dies kann im Sinne des Modells der beruflichen Gratifikationskrise dazu führen, dass Aufwand und Belohnung für die geleistete Arbeit von den Lehrenden als nicht ausgeglichen erlebt werden, was die Entstehung psychischer Erkrankungen begünstigen kann
Was sind positive und negative Merkmale des Lehrerberufs?
Positiv
Stellt man die beschriebenen Merkmale des Lehrerberufs in Zusammenhang mit dem Job-Characteristics-Modell, so wird deutlich, dass einige Tätigkeitsmerkmale positiver Natur sind
Aufgrund der Offenheit der Aufgabenstellung ist eine hohe Anforderungsvielfalt gegeben und darüber hinaus führt die hohe Bedeutsamkeit der Institution Schule für die Gesellschaft zu einer hohen Wichtigkeit des Lehrerberufs
Vor allem dieser Punkt dürfte die erlebte Bedeutsamkeit des Berufs positiv beeinflussen, kann aber aufgrund des hohen gesellschaftlichen Drucks auch zu einer Last werden
Ein weiteres positives Tätigkeitsmerkmal des Lehrerberufs ist die hohe Autonomie, die durch die Möglichkeit der freien Einteilung der außerschulischen Arbeitszeit, der Offenheit der Arbeitsaufgaben und der pädagogischen Freiheit positiv beeinflusst wird
Negativ
die erlebte Bedeutsamkeit des Berufs kann aber aufgrund des hohen gesellschaftlichen Drucks auch zu einer Last werden
Auf der anderen Seite ist der Lehrerberuf insgesamt auch durch eine geringe Ganzheitlichkeit gekennzeichnet: Die Lehrkraft begleitet die Schüler in aller Regel nur über einen begrenzten Zeitraum der Schullaufbahn und meist nur in einem Unterrichtsfach
Der Einfluss auf Lernerfolge ist dadurch begrenzt und hängt darüber hinaus auch noch von weiteren Faktoren (Fähigkeiten der Schüler, Engagement der Eltern, Einfluss weiterer Lehrkräfte) ab
Ein weiteres negatives Tätigkeitsmerkmal stellt die oftmals fehlende Rückmeldung über erzielte Lerneffekte (durch Schüler, Kollegen, Eltern und/oder die Schulleitung) dar
Wie lässt sich erklären, dass der Lehrerberuf zusammenfassend überwiegend positive Merkmale aufweist, gesellschaftlich aber eher das Bild eines risikobehafteten Berufs überwiegt?
Es zeigt sich, dass die Tätigkeitsmerkmale des Arbeitsplatzes Schule überwiegend positiver Natur sind und deshalb einen motivierenden, gesundheitsförderlichen und leistungsanregenden Einfluss auf die Lehrenden haben sollten
Dies widerspricht jedoch dem gängigen gesellschaftlichen Bild der ausgebrannten Lehrer, die ein hohes Risiko für psychische und psychosomatische Beschwerden haben
Eine Erklärung hierfür wäre, dass das Job-Characteristics-Modell zwar in der Lage ist, typische Merkmale und Belastungen des Lehrerberufs ganz allgemein darzustellen, dabei jedoch individuelle Unterschiede zwischen den Lehrkräften (z. B. Fähigkeiten, Kompetenzen usw.) unberücksichtigt bleiben
Zuletzt geändertvor einem Jahr