arterielle Hypertonie - Allgemeines
häufige Erkrankung
weitesten verbreiteter kardiovaskulärer Risikofaktor (über Hälfte aller >50-Jährigen in Deutschland)
Erkrankung häufig symptomfrei
ab Ruheblutdruck von 140/90 mmHg = hypertone Blutdrucksituation
durch weiterere Risikofaktoren (Adipositas, Diabetes mellitus oder Nikotinkonsum) steigt Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Schlaganfall
Langfristige Folgen: Endorganschäden
Hirn (Schlaganfall)
Auge (hypertensive Retinopathie)
Herz (hypertensive Kardiomyopathie, KHK, Myokardinfarkt)
Niere (hypertensive Nephropathie)
arterielle Hypertonie - Definition
arterielle Hypertonie - Epidemiologie
Häufigster kardiovaskulärer Risikofaktor
Durchschnittliche Prävalenz bei Erwachsenen etwa 50%
Prävalenz bei Adipositas bis 75%
arterielle Hypertonie - Unterscheidung
Essenzielle (primäre) Hypertonie
>90% der Hypertoniker
Hypertonie-Risikofaktoren
Höheres Lebensalter
Rauchen
Hoher Alkohol- und/oder Koffeinkonsum
Hohe Kochsalzzufuhr
Adipositas
Dyslipidämie
Insulinresistenz
Positive Familienanamnese
Hohe psychische Belastung
Sekundäre Hypertonie
Ca. 10% der Hypertoniker
Schlafapnoe-Syndrom (sehr häufig)
Renale Hypertonie: Jede Nierenerkrankung kann eine Hypertonie auslösen
z.B. Niereninsuffizienz (renoparenchymatöse Hypertonie): Jede Nierenerkrankung mit Einschränkung der GFR
Aortenisthmusstenose
Endokrine Hypertonie
z.B. Hyperthyreose
Zielblutdruckwerte
Generell: <140/90 mmHg
Bei guter Verträglichkeit: Senkung auf Werte <130/80 mmHg
Besondere Patientengruppen
Patienten mit Diabetes mellitus: 130/80 mmHg
Gute Verträglichkeit oder hohes kardiovaskuläres Risiko (insb. diabetische Nephropathie): <130/80 mmHg
Patienten zwischen 65–80 Jahren: <140/90 mmHg, aber ≥130/80 mmHg
Patienten >80 Jahre mit syst. Blutdruck ≥160 mmHg: <140/90 mmHg wenn toleriert
Minimalwerte: 120/70 mmHg
Therapieoptionen
Nicht-Medikamentöse Therapie
Medikamentöse antihypertensive Therapie
Nichtmedikamentöse Maßnahmen
Lifestyle-Änderung
Reduktion des Alkoholkonsums
Reduktion des Salzkonsums (Reduktion insb. von Pökel- und Fertigwaren, Käse, Brot)
Mediterrane Diät
Einstellen des Rauchens
Bewegung
Gewichtsreduktion
Regelmäßige Selbstmessungen durch den Patienten, Dokumentation der Werte
Medikamentöse antihypertensive Therapie - Indikation
Grundprinzip: Indikation abhängig von Höhe arteriellen Blutdrucks und kardiovaskulären Gesamtrisiko
Hypertonie Grad I oder höher: Medikamentöse Therapie indiziert
Hochnormaler Blutdruck : Im Allgemeinen keine medikamentöse Therapie indiziert
Ausnahme: Sehr stark erhöhtes kardiovaskuläres Gesamtrisiko
Bei Hypertonie Grad I und sehr niedrigem kardiovaskulären Gesamtrisiko: zunächst nicht-medikamentöse Therapie
medikamentöse Therapie sonst bei jeder Hypertonie indiziert
Antihypertensive Therapie - Schemata zu Therapiebeginn
Zweifachtherapie
Empfohlene Kombination: ACE-Hemmer oder Sartane, plus Thiaziddiuretikum oder Calciumantagonist vom Dihydropyridin-Typ
Betablocker (in Kombination mit einer der anderen Wirkstoffklassen) nur bei spezieller Indikation
Z.n. Myokardinfarkt
Z.n. Angina pectoris
Z.n. Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion
tachykarde HRST
Therapieeskalation
Vorgehen: Intensivierung bis Zielblutdruck erreicht
Intensivierung der Zweifachkombination:
Ausreizen der Dosierung
ggf. Wechsel auf eine andere Zweifachkombination
bei ausbleibender Wirkung -> Dreifachkombination
Dreifachkombination
z.B. Diuretikum + Calciumantagonist + ACE-Hemmer oder Sartan
bei ausbleibender Wirkung → Weitere Eskalation
CAVE ß-Blocker
Betablocker nicht mit Calciumantagonisten vom Verapamil- oder Diltiazem-Typ kombinieren
Gefahr: lebensgefährliche Verstärkung der kardiodepressiven Wirkung
Therapierefraktäre arterielle Hypertonie
Medikamente der Reserve: Zusätzliche Gabe eines Wirkstoffs der folgenden Gruppen möglich
Aldosteron-Antagonist (1. Wahl): Spironolacton - Osyrol®
Alternativ: Eplerenon
Weitere Alternativen bei Spironolacton-Unverträglichkeit
Renin-Inhibitoren: Aliskiren
Kaliumsparendes Diuretikum: Amilorid (in D. nur als Kombinationspräparat mit HCT erhältlich)
Periphere α1-Blocker: Urapidil
Stufenschema
Antihypertensiva - Allgemein
fünf Medikamentengruppen:
Thiazide-Diaretikum
ACE-Hemmer
Sartane
Calciumantagonisten
Betablocker
Wahl anhand Begleiterkrankungen
Betablocker nur bei spezieller Indikation (z.B. KHK, Z.n. Myokardinfarkt, tachykarde HRST)
Antihypertensiva - Möglichkeiten
Hydrochlorothiazid - Disalunil®
Ramipril - RAMILICH
Valsartan - Valsacor®
Metoprolol - Metohexal®
Amlodipin - Amlodipin-ratiopharm®
Medikamentenklasse: Angriffspunkt RAAS
Renin-Inhibitoren
AT1-Antagonisten
Renin-Inhibitor
Aliskiren - Rasilez®
W: Peptidometikum, das Protease Renin hemmt
WW: Vermeidung gleichzeitige Gabe P-gp-Induktoren/Inhibitoren (z.B. Ciclosporine)
Ramipril - Ramilich
W: Hemmung Angiotensin-Konversionsenzyms, das (für Umwandlung Angiotensin I -> Angiotensin II
Abnahme Bildung blutdrucksteigernden Angiotensin II
peripherer Widerstand sinkt und verringerte Freisetzung von Aldosteron (schwach diuretisch)
CAVE: verzögern Abbau der vasodilatierenden Kinine (z.B. Bradykinin)
Valsartan - Valsacor
W: Hemmung des Angiotensin II-Typ-1-Rezeptors
WW: Hemmstoffe der Prostaglandinsynthese schwächen Wirkung ab, keine Kombi mit Kalium-sparenden Diuretika
Medikamentenklasse: Calciumkanalblocker
Dihydropyridine: Nifedipin
Phenylalkylamine: Verapamil
Benzothiazepine: Diltiazem
Ca2+ Kanalblocker - Wirkung
in drei Gruppen unterscheiden:
Nifedipin-Typ (Dihydropyridine): glatten Muskulatur von Gefäßen (Dilatation)
Verapamil-Typ: Myokard sowie negativ inotrop, dromotrop und chronotrop
Diltiazem: Zwischenstellung -> Einfluss auf alle relevanten Zielorgane
Wirkung:
Blockade von L-Typ-Calciumkanälen
gehemmter Ca2+-Einstrom
CAVE: Gabe mit Nitraten -> vital-bedrohlicher Hypotonien
Ca2+ Kanalblocker - Übersicht
Ca2+ Kanal + Blockierung
Alle Ca2+-Kanalblocker binden an α1c-Untereinheit des L-Typ-Ca2+-Kanals
abhängig vom Subtyp des Ca2+- Kanalblockers an unterschiedlichen Bindungsstellen
Dihydropyridin-Typ
Nifedipin oder Amlodipin - Amlodipin-ratiopharm
W: Blockade des L-Typ-Ca2+-Kanals➔ Dilatieren v.a. großer Arterien, Widerstandsgefäße und Koronararterien ➔ senken somit v.a. die Nachlast
Phenylalkylamine und Benzothiazepine
Verapamil - Veranorm®
Diltiazem - Dilzem®
W: beeinflusst inhibitorisch den AV- und den Sinus-Knoten und verzögert AV-Überleitung (antiarrhythmisch)
Medikamentenklasse: Diuretika
Übersicht Diuretika
Carboanhydrase-Hemmer: Hemmung der Carboanhydrase → Bikarbonatausscheidung↑
Osmodiuretika: Osmotischer Effekt auf den gesamten Tubulus, Hauptwirkung auf die Pars recta des proximalen Tubulus (absteigender dicker Teil der Henle-Schleife)
Schleifendiuretika: Hemmung Na+/K+-2Cl--Cotransporter im aufsteigenden Ast der Henle-Schleife
Torasemid - Unat®
Thiaziddiuretika: Hemmung Na+/Cl--Cotransporter im distalen Tubulus
Hydrochlorothiazid (HCT): Disalunil
Kaliumsparende Diuretika: Verminderte Natriumresorption und Kaliumsekretion im distalen Tubulus und proximalen Sammelrohr
Amilorid - Amiloretik®
Wirkprofil Diuretika
Rebound Effekt bei Schleifendiuretika
Kurze Wirkdauer: Nach kurzer Zeit geht die Diurese in Antidiurese über (4-6h), Akuttherapie gut
Effekte von Furosemid im Tagesmittel aufheben
Ursache:
Inhibition Na/K/2Cl Transporters an Makula Densa
Aktivierung RAAS
Aktivierung des Sympathikus und RAAS durch Hypovolämie
Abhilfe:
Thiazide verwenden
Furosemid Dosis aufteilen
Alternativ: Schleifendiuretika mit längerer Halbwertzeit (Torasemid)
Aldosteronrezeptor-Antagonisten
Spironolacton - Osyrol®
W: Kompetitive Hemmung der Bindung von Aldosteron an dessen zytoplasmatischen Rezeptor
Veränderung der Genexpression, daher verzögerter Wirkungseintritt
Reduktion von Na-Kanals in der Zellmembran und Reduktion der Na+-K+-ATPase-Expression
Reduktion lumennegativen Potentials und wegfallende Triebkraft für K+ Sekretion
antifibrotische Effekte in Herz und Nieren
Medikamentenklasse: Wirkung am Sympathikus
Aktivierung Sympathikus
Zustand höchster Leistungsfähigkeit herzustellen
„Fight-or-Flight“-Reaktion
Starke Skelettmuskeltätigkeit
Zunahme Frequenz und Kontraktionskraft des Herzens und des Blutdrucks ➔ mehr Blut wird durch Kreislauf gepumpt
Sympathikus - Erregungsübertragung im sympathischen Nervensystem
Präganglionär Neurotransmitter Acetylcholin freigesetzt
Nervenimpuls auf postganglionäre Neuron
Depolarisation Axoplasmamembran
Freisetzung von Noradrenalin in synaptischen Spalt
Adrenalin und Noradrenalin zentralen Neurotransmitter des Sympathikus
Stress- und Notfallsituationen: aus Nebennierenmark in Blutbahn -> Erfolgsorgan
ß1-Adrenozeptor-Antagonisten - Wirkung
Kompetitive Antagonisten an β-adrenergen Rezeptoren
Blockade β1-adrenergen Rezeptoren
Aufhebung: positiv inotrope und chronotrope Wirkung
Blockade β2-adrenergen Rezeptoren
Aufhebung relaxierende Wirkung auf glatten Muskulatur
Unterdrückung: Stoffwechseleffekte (Glykogenolyse, Lipolyse) und Hemmung Renin Reninausschüttung in Niere
ß1-Adrenozeptor-Antagonisten - Präparate
nicht selektive: Propranolol - Dociton®
ß1-selektiv: Metoprolol - Metohexal®
ß1 + Vasodilatation: Nebivolol ➔ Gefäßerschlaffung durch NO - Nebilet®
α1-Adrenozeptor-Antagonisten
Terazosin - Teranar®
W: vasodilatierend
Stellenwert zurückgegangen, da häufiger kardiovaskuläre Ereignisse ➔ nur noch in Dreifachkombination oder als Option bei therapie- resistenter Hypertonie
α2-Adrenozeptor-Antagonisten
Clonidin - Clonistada®
Mittel der zweiten Wahl bei arterieller Hypertonie
W: senken Blutdruck, Herzfrequenz und Herzzeitvolumen
Antihypertonikum in der Schwangerschaft
Methyldopa - Presinol®
W: durch aktiven Transport ins ZNS aufgenommen -> dort zu α- Methylnoradrenalin umgewandelt -> hohe Affinität zu α2-Adrenozeptoren
Medikamentenklasse: Vasodilatatoren
NO / NO-Donatoren
Nitrtate
Wirkung NO
NO-Donatoren
Arzneistoffe, die NO freisetzen
Unterscheidung:
enzymatischer NO-Freisetzung (organische Nitrate: Glyceroltrinitrat) - Nitrolingual®
nichtenzymatischer NO- Freisetzung (Molsidomin) - Molsibeta®
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