Lebensgemeinschaft oder Biozönose
damit befasst sich die Biozönologie
umfassen alle Arten, die gemeinsam einen bestimmten Lebensraum (Biotop) bewohnen
Innerhalb einer Lebensgemeinschaft existieren zahlreiche Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Individuen einer Spezies, aber auch zwischen verschiedenen Arten
Interspezifische Beziehungen nennt man Beziehungen von Individuen einer Art mit Individuen anderer Organismenarten in einer Lebensgemeinschaft
interspezifische Konkurrenz (-/-)
Parasitismus, Herbivorie (+/-)
Prädation (Räubertum) (+/-)
Metabiose (+/0)
Mutualismus (Symbiose) (+/+)
Parabiose (z.B. Kommensalismus) (+/0)
-> Die Wirkungen der einzelnen interspezifischen Beziehungen auf das Überleben und die Reproduktion des jeweiligen Partners können positiv (+), negativ (–) oder neutral (0) sein
Biotop
ist in einzelne Habitate unterteilt, kleinere Teillebensräume, die spezifische Anforderungen erfüllen
interspezifische Konkurrenz
und Konkurrenzausschluss-Prinzip
zunehmende Abundanz einer Art wirkt sich negativ auf die der anderen aus und umgekehrt
Interspezifische Konkurrenz (–/–) herrscht zwischen Individuen verschiedener Arten, die um eine begrenzte Ressource konkurrieren
Konkurrenzausschluss-Prinzip
Starke Konkurrenz kann dazu führen, dass der unterlegene Konkurrent lokal ausstirbt
Das Prinzip besagt, dass zwei Arten, die um die gleichen begrenzten Ressourcen konkurrieren, nicht an einem Ort nebeneinander und zum selben Zeitpunkt auf Dauer existieren können
ökologische Nische
Die Art & Weise, wie eine Art die biotischen & abiotischen Ressourcen in ihrer Umwelt nutzt
Die Koexistenz ökologisch sich gleich oder ähnlich verhaltender Arten in einer Lebensgemeinschaft ist dann möglich, wenn sich ihre ökologischen Nischen mehr oder weniger deutlich unterscheiden
-> Konkurrieren zwei Arten mit einer ähnlichen ökologischen Nische, kann es sein, dass die eine ausstirbt
Ressourcenaufteilung oder Nieschenaufteilung
Eine Ressourcenaufteilung zwischen Arten mit ähnlichen Umweltansprüchen kann zur Koexistenz dieser Arten in einer Lebensgemeinschaft führen
Bei verwandten sympatrischen Arten kann oft eine ökologische Merkmalsverschiebung (auch Kontrastbetonung genannt) als Anpassung an die interspezifische Konkurrenz beobachtet werden
Als Merkmalsverschiebung bezeichnet man das Phänomen, dass sich Merkmale bei sympatrisch lebenden Populationen zweier Arten stärker unterscheiden als in allopatrischen Populationen derselben Arten
Ein Beispiel ist die unterschiedliche Schnabelgröße bei verschiedenen Populationen von Galapagosfinken
Anderer Lebensraum
Prädation/Prädatoren
±-Wechselbeziehung, also die klassische Beziehung von Räubern und ihrer Beute
-> Morphologisch-anatomische Anpassungen
Prädatoren
scharfe Klauen, Zähne, Gifte oder spezifische Fangmechanismen
Beutetiere
verfügen auch über verschiedene Adaptationen, um dem Gefressenwerden zu entgehen
Mimese: Eine Tarn- oder Verbergetracht
Mimikry: andere Art in Farbe, Gestalt oder Verhalten wird imitiert
Tarntracht oder Mimese
Eine Tarn- oder Verbergetracht
z.B. Stabheuschrecken, die wie trockene Äste aussehen.
Warnfarben oder Mimikry
andere Art in Farbe, Gestalt oder Verhalten wird imitiert
Bates’schen Mimikry (c)
Eine genießbare und ungefährliche Art ähnelt in Gestalt, Färbung und Verhalten einem widerwärtig schmeckenden und besonders wehrhaften Vorbild
z.B. Der amerikanische Eisvogel (Limenitis archippus Cramer) ähnelt im Aussehen dem Monarchfalter (Danaus plexippus L.), der von Blauhähern gemieden wird.
Müller’scher Mimikry (d)
zwei oder mehrere wehrhafte Arten ähneln sich stark
Parasitismus/Parasiten
Hier schädigt der Parasit seinen Wirt zwar, tötet ihn aber nicht, da er sich sonst seine Lebensgrundlage entziehen würde (+/- Beziehung)
Endoparasiten
Parasiten, die im Körperinneren des Wirts leben
-> Spulwurm
Ektoparasiten
Leben auf der Körperoberfläche des Wirts
-> Zecke
Parasitoide
Raubparasitismus führt letztendlich zum Tod des Wirtes
-> Schlupfwespe
Viele Parasiten durchlaufen einen komplizierten Lebenszyklus mit mehreren Wirtsorganismen
Manche Parasiten beeinflussen auch das Verhalten ihrer Wirte, so dass die Wahrscheinlichkeit, dass der Parasit wieder von einem Wirtsorganismus auf einen anderen übertragen wird, erheblich steigt
weitere Unterscheidungen:
Mikroparasit
Trypanosoma brucei gambiense, Erreger der westafrikanischen Schlafkrankheit
Makroparasit
Zecken (Ixodida)
Holoparasit
Teufelszwirn Cuscuta spec aus der Familie der Windengewächse (Convolvulariaceae)
Hemiparasit
Misteln (Viscum L.) aus der Familie der Sandelholzgewächse (Santalaceae)
Herbivorie
(Phytophagie) bezeichnet eine für Pflanzen negative Wechselwirkung mit Pflanzenfressern (Herbivoren), wie Weidegängern oder Insekten
eine +/–-Interaktion, bei der der Herbivor Teile von Pflanzen (oder Algen) verzehrt
Als Abwehrmechanismen dienen Pflanzen spezifische chemische Substanzen oder bestimmte morphologische Strukturen
Mutualismus
Als Symbiose oder Mutualismus bezeichnet man eine interspezifische Wechselwirkung, die beiden Arten einen Vorteil bringt (+/+)
Mutualismus kann obligat, d.h. für beide Partner lebensnotwendig, sein eine fakultative Allianz sein
Beispiel:
Blütenpflanzen und ihre Bestäuber oder Leguminosen mit Wurzelknöllchenbakterien
z.B. für obligat
1) parasitäre Wespen mit Polydnaviren
2) Termiten und endosymbiontische Protozoa
Parabiose und Kommensalismus
Einer der Partner zieht Nutzen aus dem anderen, ohne ihn dabei direkt zu schädigen – im Gegensatz zum Parasitismus. (+/0 Beziehung)
Dies kann beispielsweise in Form von Kommensalismus (Nahrungsbeziehung) erfolgen
Der eine Partner kann aber auch als Substrat (Epökie) oder Transportmittel fungieren, oder verlassene Bauten können als neue Wohnstätte dienen (Synökie).
Die Inanspruchnahme von Schutz durch eine wehrhaftere Art, zum Beispiel in gemischten Brutkolonien, wird als Parökie bezeichnet.
Metabiose
besondere Form von Beziehung mit einseitigem Nutzen, bei der Individuen der einen Art erst später einen Nutzen aus Hinterlassenschaften anderer Arten ziehen (+/0 Beziehung)
-> dies gilt beispielsweise für Höhlenbrüter, welche die verlassenen Bruthöhlen von Spechten nutzen
Artendiversität
Biozönosen unterscheiden sich in ihrer Artendiversität, welche sich zusammensetzt aus dem Artenreichtum und der Abundanz (relative Häufigkeit)
Artenreichtum ist die Anzahl der verschiedenen Arten in der Biozönose
die von Mikroorganismen kann durch die molekularbiologische Analyse von RFLPs erfasst werden
Abundanz
Die relative Häufigkeit der einzelnen Arten ist der Anteil, den die jeweilige Art an der Gesamtzahl der Individuen einer Lebensgemeinschaft ausmacht
Berechnen kann man diese Diversität quantitativ z.B. mittels des Shannon-Index (Diversitätsindex)
Dabei sind A, B, C ... die Arten in der Lebensgemeinschaft,
p ist die relative Häufigkeit der einzelnen Arten
und ln der natürliche Logarithmus
trophische Struktur
Die Nahrungsbeziehungen zwischen den Organismenarten einer Lebensgemeinschaft
In Nahrungsketten werden Nahrungsenergien durch verschiedene Trophieebenen übertragen
Sie bestimmt weitgehend Struktur und Dynamik einer Lebensgemeinschaft
beginnend von den Primärproduzenten (photosynthetisch aktive Organismen) über Primärkonsumenten (Herbivoren) sowie Sekundär- und Tertiärkonsumenten (Carnivoren) bis hin zu den Destruenten (Zersetzern)
Diese Nahrungsketten sind untereinander zu Nahrungsnetzen verknüpft, weil manche Arten auch auf unterschiedlichen Trophiestufen stehen können, beispielsweise Omnivoren (Allesfresser), Destruenten und Parasiten
Schlüsseldominante und Schlusssteinarten
Arten mit einer großen Bedeutung für die Lebensgemeinschaft
Einige Arten haben für die Struktur und die Erhaltung einer Lebensgemeinschaft eine besonders große Bedeutung
Schlüsseldominante
Arten, die in besonders hoher Anzahl und Biomasse vertreten sind
z.B. Rotbuche in Laubwäldern gemäßigter Breiten
Schlusssteinarten
Arten , die auch ohne dass sie eine große Biomasse ausbilden, eine entscheidende Schlüsselrolle für die Lebensgemeinschaft haben
Arten üben ihren Einfluss auf die Lebensgemeinschaft nicht auf dem Weg der trophischen Wechselwirkungen aus, sondern indem sie die abiotische Umwelt erheblich verändern
Wenn Ökosystemingenieure die Struktur und Dynamik von Ökosystemen verändern, haben sie auf einzelne Arten der Lebensgemeinschaft positive Wirkungen hinsichtlich ihrer Überlebens- und Fortpflanzungsrate
bottum-up- und top-down-Modell
bottom-up-Modell
Hier wird ein einseitiger Einfluss der unteren auf die jeweils höhere Trophieebene postuliert
In diesem Fall hat zum Beispiel das Vorkommen oder Fehlen eines essenziellen mineralischen Nährstoffs Auswirkungen auf die Anzahl und Biomasse der Pflanzen
top-down-Modell
Hier wird die Organisation einer Lebensgemeinschaft vorwiegend durch die Prädation bestimmt
Räuber dezimieren die Herbivoren, dies verringert die Biomasse und die Pflanzen beschränken durch geringeren Bestandsanfall die Menge mineralisierter Nährstoffe
Wie man an Langzeitstudien erkennen kann, ist die Wirkung einer bottom-up- und top-bottom-Kontrolle je nach Gemeinschaftsstruktur unterschiedlich
biologische Manipulation
Eine gezielte Veränderung eines ökologischen Systems durch den Menschen
Hypothese der mittleren Störungen
Modell, das die dynamischen Prozesse in Ökosystemen in den Vordergrund stellt und wonach die meisten Lebensgemeinschaften nicht statisch sind, sondern unter dem steten Einfluss von beispielsweise Störungen einem Wandel unterliegen
Störungen – ob natürlicher Art, wie Überschwemmungen und Stürme, oder vom Menschen verursacht – führen zur Veränderung von Biozönosen infolge daraufhin einsetzender dynamischer Prozesse
Nach der Hypothese der mittleren Störungen ist die Artendiversität bei einem mittleren Niveau der Störung am größten
Zu häufige und zu starke Störungen verringern die Artendiversität und führen zu Stressbelastungen, die viele Arten nicht mehr tolerieren können
Ein zu niedriges Störungspotenzial kann ebenfalls zu einer Verminderung der Artendiversität führen, da es dominanten Arten gelingt, die weniger konkurrenzfähigen Arten zu verdrängen
ökologische Sukzession
Die vorhandene Vegetation einer Biozönose wird durch äußere Einflüsse zerstört und das Gebiet in verschiedenen Stufen von anderen Organismen neu besiedelt
Sukzession
lässt sich definieren als zeitlicher Wechsel von einer Organismengemeinschaft zu einer anderen
Primärsukzession
Vorgang in einem zuvor unbelebten Gebiet beginnt und eine Neulandbesiedlung findet statt.
Zunächst siedeln sich Mikroorganismen und später meist Moose und Flechten an, das sind typische Pionierarten, deren Zersetzungsprodukte den Boden für die nachfolgende Vegetation bereiten
Sekundärsukzession
wenn bereits entwickelte Organismengemeinschaften einer Störung unterliegen und die Entwicklung von Neuem wieder beginnt
Nach einer Rodung von Wäldern siedeln sich beispielsweise zunächst krautige Pflanzen an, anschließend Sträucher und letztendlich wieder Bäume
Arten-Areal-Kurve
setzt den Sachverhalt quantitativ um, dass unter annähernd gleichen Standortfaktoren ein geografisches Gebiet umso mehr Arten enthält, je größer es ist
Die Arten-Flächen-Kurve für nordamerikanische Brutvögel ist ein Beleg für diese These
Hypothese der Inselbiogeografie
Die Artenvielfalt auf Inseln hängt ab von:
Flächengröße und Entfernung vom Festland, Geschwindigkeit der Einwanderung (Immigration) und Geschwindigkeit des lokalen Aussterbens (Mortalität)
Das Gleichgewichtsmodell (Equilibrium-Modell) der Flora und Fauna einer Insel postuliert, dass sich ein Artengleichgewicht (Equilibrium) einstellt, wenn die Einwanderungs- und Aussterberate gleiche Werte annehmen
Parthogene
Große Auswirkungen auf die Struktur von Lebensgemeinschaften haben Pathogene (Krankheitserreger) – Mikroorganismen, Viren, Viroide oder Prionen
können rasch einsetzende und umfassende Wirkungen auf die Gemeinschaftsstruktur haben
Zoonosen und Vektoren
Zoonosen sind Infektionen oder Krankheiten, die in der Natur zwischen Wirbeltieren (einschließlich des Menschen) übertragen werden
Dies geschieht entweder durch unmittelbaren Kontakt mit einem infizierten Tier oder durch eine Tierart, die als Überträger wirkt und als Vektor bezeichnet wird
Drei Viertel aller neuen Krankheiten, die heute bei Menschen auftreten, sind Zoonosen
Nahrungsketten
Grenzen für die Länge von Nahrungsketten
Innerhalb eines Nahrungsnetzes besteht jede Nahrungskette in der Regel nur aus wenigen Gliedern
Es gibt zwei Erklärungsansätze für die relative Kürze von Nahrungsketten:
Energiehypothese
Nach der Energiehypothese wird die Länge durch die Ineffizienz der Energieübertragung zwischen den Stufen begrenzt
Hypothese der dynamischen Stabilität
Nach der Hypothese der dynamischen Stabilität sind lange Nahrungsketten nicht so stabil wie kürzere
-> Die meisten derzeit verfügbaren Erkenntnisse sprechen eher für die Energiehypothese
Von Menschen verursachte Störungen
Die meisten und größten Störungen in Ökosystemen auf der Erde verursacht der Mensch
Da die vom Menschen verursachten Störungen häufig sehr stark sind, führen sie in vielen Lebensgemeinschaften zu einer erheblichen Verringerung der Artendiversität
geografischer Standort
Das Pflanzen- und Tierleben in den Tropen ist in der Regel wesentlich arten- und formenreicher ist als in anderen Regionen der Erde
Die beiden wichtigsten Ursachen dieses breitengradabhängigen Gefälles des Artenreichtums liegen vermutlich in den evolutiven Prozessen und im Makroklima
In den Tropen sind die Lebensgemeinschaften in der Regel wesentlich älter als in den gemäßigten oder gar polaren Breiten, was ihre Vielfältigkeit erklären kann
Wichtigste Klimafaktoren in terrestrischen Lebensräumen sind die Sonneneinstrahlung und die Verfügbarkeit von Wasser
Maß hierfür ist die Evapotranspiration, die direkt mit der Artendiversität zusammenhängt
allopatrisch Speziation / Artbildung
Bildung neuer Arten an geographisch getrennten Orten
sympatrische Speziation / Artbildung
getrennt evolvierende Subpopulationen ohne Vorliegen einer geographischen Barriere
Abwehrmechanismen bei Pflanzen
morphologischen Strukturen wie Dornen, Stacheln, verholzte Strukturen
sekundäre Pflanzenstoffe wie Alkaloide, Terpenoide und Phenole
Experiment Herbivorendruck
Auswirkungen können durch Beschneidung der Pflanzen simuliert werden
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