Wissen Sie, wie man UES der schulischen Fertigkeiten (F81) diagnostiziert
Doppeltes Diskrepanzkriterium
Normalitätsannahme“: Normale Intelligenz, keine Sinnesschädigung, keine neurologischen Erkrankungen, angemessene Förderung
„Diskrepanzannahme“: große Differenz zwischen absolut niedrige Leistung in Teilbereich und übrigen Denkniveau
Doppeltes Diskrepanzkriterium:
Leistung im umschriebene Teilbereich signifikant unter Altersdurchschnitt
Teilleistung signifikant unter individuellem IQ
-> Da schlechte Rechenleistung im schlechten IQ begründet sein kann, soll der IQ-Test Teilleistung nicht enthalten
-> Kritik:
im unteren Bereich differenzieren Tests nicht gut -> dh. Kinder mit schlechtem IQ müssen noch schlechtere Teilleistung haben
Bei Hochintelligenten muss die Differenz zur Teillleistung noch größer sein, um Diagnose zu bekommen
Mathematisch angelegt, um Diagnose zu bekommen
Diagnostik Intelligenzminderung
Pränatal: Sonographie, Blut, Fruchtwasser, Plazenta
Postnatal:
Apparativ: MRT, Blut, Liquor
Exploration/Anamnese
Neuro/-psychologisch
-> Hinweis darauf, wenn man im oberen & unteren Bereich testen möchte, auf welche Besonderheiten man achten muss
Kennen Sie Interventionen zur Behandlung der UES
Behandlung LRS
Behandlung Rechenstörung
Zusammenfassung institutionelle Unterstützung
Kind:
Diagnostik: Interaktionen, Defizite, Komorbiditäten & Leseverständnis, Rechtschreibung, IQ-Test
Symptombezogene Programme
Einzeln oder Kleingruppen, 2x wöchentlich 2h für 2 Jahre
Eltern/Lehrer: Psychoedukation („Interaktion vs. Überforderung“)
Schule: Diagnostik, Nachteilsausgleich „Ländersache“ (Nichtbewerten von Rechtschreibfehlern, Zeitzuschlag bei Prüfungen, mündliches Beantworten von mündlichen Fragen, Störung darf kein Grund für Nicht-Versetzung sein...)
Jugendamt: Eingliederungshilfe (§35a SGB VIII) bei drohender seelischer Behinderung
Übungen zu …
Graphem-Phonem & Phonem-Graphem-Korrespondenz
Segmentieren einzelner Wörter in ihre Phoneme, Morphe, Silben o. Onset & Silbenreim
Verbinden von Phonem zu einem Wort
… sollen in Interventionen enthalten sein
=> Bsp. Marbuger Rechtschreibetraining (Tiere z.B. Mannschaft a zuordnen, wenn Selbstlaut “a” -> z.B. Affe)
Diagnostik
Interaktionen, Defizite, Komorbiditäten
Rechenleistung, IQ-Test
Besser langfristig und Einzeltraining; hohe Persistenz ohne Behandlung
Standardisierte Programme:
Feststellen des Förderbedarfs; adaptiv
Spielerischer Aufbau von Mengenvorstellungen, Zählfertigkeiten, Basiskompetenzen und Grundrechenarten
Angstabbau
Nachteilsausgleich „Ländersache“: Schule entscheidet (Förderunterricht, Taschenrechner, Formelsammlung, Klassenarbeiten zu Hause schreiben, 10 Minuten länger mehr Zeit bei Klassenarbeiten ... oder auch nichts davon.)
Kennen Sie häufige Begleiterscheinungen & Komorbiditäten bei der Intelligenzminderung
-> Komorbididäten sind zu erwarten!
Psychiatrische Komorbiditäten:
Aggressives Verhalten
Autismus-Spektrum-Störungen
Schizophrene Psychosen
ADHS
Angststörungen
Enkopresis/ Enuresis
Pica
PTBS
Andere Komorbiditäten:
Epilepsie
Wahrnehmungsstörungen
Orthopädische Auffälligkeiten
Dermatologische Erkrankungen
UES des Rechnens F81.2
Erscheinungsbild
Können Sie die typischen Auffälligkeiten bei der Rechenstörung benennen
Komorbiditäten
neurokogn. Defizite
Synonym: Dyskalulie
Erscheinungsbild: Erhebliche Schwierigkeiten beim Erwerb grundlegender mathematischer Fertigkeiten, die nicht auf eine allgemeine Intelligenzminderung oder unangemessene Beschulung zurückgeführt werden können.
(Bsp.: In welcher Hand ist mehr geld? A. viele bronzefarbene Cent Stücke B. 1x 2€ Sück)
Prävalenz: 2-8%; Vermutlich Mädchenwendigkeit
Genetische Komponente (40%)
Häufig Komorbiditäten (60-70%):
Lesestörung (bis 40%)
Rechtschreibstörung (bis 42%)
ADHS (bis 22%)
Internalisierende Störung (bis 20%; bei „Mathephobie“ bis 30%)
Sprachentwicklungsstörung (bis 36%)
Häufige Schwierigkeiten:
(Rückwärts-)Zählen
Lösen von Rechenaufgaben ohne Abzählen an den Fingern oder "inneres Zählen"
Aufbau von Wissen über Zahlen (z.B. kl. 1x1)
Verwendung von Rechenstrategien (z.B. „13 = 8 + 5 = 8 + 2 + 3“)
Rechnen mit Größen und Maßzahlen (z.B. "Was ist länger: 113 cm oder 2 m?")
Übertragen einer Zahlenform in eine andere (z.B. "Achtunddreißig" ⇒ 830 oder 38?)
Umgang mit dem Zahlenstrahl (z.B. „(-7) + (-1) = -6 oder -8?“)
Neurokognitive Defizite
Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis,
Exekutivfunktionen: Inhibitionskontrolle
Verarbeitungsgeschwindigkeit, Intelligenz
Funktionell: Geringere Aktivitäten in Bereichen, die mit arithmetischen Operationen assoziiert sind
Strukturell: Verminderte Nervenfaser-Projektionen im Fasciculus longitudinalis superior
Intelligenzminderung F70
Def. (inkl. diagnostische Kriterien DSM-V)
ICD-10 Klassifikation
Kennen Sie die IQ-Kriterien der Intelligenzminderung
Warum ist das Thema wichtig?
Prävalenzen
Keine Krankheit
„Eine Intelligenzminderung ist eine in der Entwicklung sich manifestierende, stehen gebliebene oder unvollständige Entwicklung der geistigen Fähigkeiten, mit besonderer Beeinträchtigung von Fertigkeiten, die zum Intelligenzniveau betragen, wie z.B. Kognition, Sprache, motorische und soziale Fähigkeiten“ (IDC-10)
Diagnostische Kriterien (DSM-V)
Defizite intellektueller Funktionen
Defizite in der Anpassungsfähigkeit
Beginn der intellektuellen und adaptiven Funktionsdefizite in der frühen Entwicklungsphase
Diagnose basiert auf klinischer Beurteilung, standardisierter Testung intellektueller und adaptiver Funktionen
F70 leicht: 50-70 IQ
F71 mäßig: 35-50
F72 schwer: 20-35
F73 schwerste: <20
=> Warum ist das Thema wichtig?
Prävalenz (ca. 1%)
Wissen um Verlauf, Therapie, Prognose
Wissen, was das Helfersystem (nicht) weiß
[Ursachen Intelligenzminderung]
Trisomie 21
Fetales Alkoholsyndrom
inkl. S3-Leitlinie Diagnoseempfehlung
partielles FAS
Chromosomenanomalie (Q90): Chromosomenpaar 21 weist zusätzliches Chromosom auf
Ursache: meist gestörte Meiose der mütterlichen Eizelle
Wahrscheinlichkeit für Trisomie 21 steigt exponentiell mit Alter der Mutter bei der Geburt:
25 Jahre: 0,1%
35 Jahre: 0,3%
40 Jahre: 1%
49 Jahre: 9%
Inzidenz in D: 0,2%
Häufig medizinische Komplikationen
Intelligenz meist im Bereich der leichten bis mittelschweren Minderung
Gutes soziales Einfühlungsvermögen, empathisch, zugewandt humorvoll
Bessere rezeptive als expressive Sprache
Gering ausgeprägte Exekutivfunktionen
Psychiatrische Erkrankungen: Autismus (7%), internalisierende Probleme (Depression: 18%), Zwang, oppositionelles Verhalten, Angststörungen
GEDA-Studie: Studien zur „Gesundheit in Deutschland aktuell“ 2012, RKI
Alkoholkonsum von Müttern während der Schwangerschaft: 20% moderater, 8% riskanter Alkoholkonsum (GEDA 2012)
FAS tritt bei ca. 10% aller alkoholexponierter Kinder auf
Prävalenz FAS in Deutschland: bis 0,8%
=> FAS S3-Leitlinien Diagnoseempfehlung:
Gesichtsauffälligkeiten: Messung d. Lidspalte + Lip-Philtrum
Sensitivität: 100%
Spezifität: 87,9%
Sekundäre Störungen (z.B. unangemessenes Sexualverhalten, Alk.- & Drogenproblem) bei pFAS höher als bei FAS => weniger Förderung
IQ Scores durchschnittlich bei FAE höher (M=88 vs. FAS M=80); und weniger Intelligenzminderung
=> pFAS S3-Leitlinien Diagnoseempfehlung:
Alkoholkonsum in SW mind. wahrscheinlich
2 von 3 Gesichtsauffälligkeiten
3 ZNS-Auffälligkeiten (Microencephalie, IQ, NK-Defizite)
UES des Lesens und Rechtschreibens F81.0
Erscheinungsbild Lesen
Erscheinungsbild Schreiben
-> Isolierte Rechtschreibstörung F81.1
(Diagnostik)
Konsequenzen
Synonyme: Lese-Rechtschreib-Störung (LRS), Legasthenie, [Dyslexie]
-> Dyslexie in DE = Verlust, dh. muss vorher da gewesen sein (z.B. Hirntumor)
Erscheinungsbild „Lesen“
Reduzierte Lesegeschwindigkeit
Lesefehler/Ersetzungen („Esel“ statt „Segel“)
-> je höher OQ, umso eher evtl. kompensierbar
kaum Textverständnis
Symptomatik unter Stress ausgeprägter
Erscheinungsbild “Schreiben”
Verwechselung von Buchstaben „b/d“ „p/q“ „n/u“ähnlichen Aussehens
Verdrehen/Spiegeln von Buchstaben...
Aber keine speziellen „LRS-Fehler“
(keine Repräsentationen, kann nicht zurückgreifen auf etwas, was gelernt wurde -> Gleiches Wort kann 2 x unterschdl. falsch geschrieben werden)
Jungenwendigkeit (2-3:1)
Erfasssen von Sakkaden (Sprung bei Augenbewegung): Eye-Tracking
Geringerer schulischer Erfolg, geringerer Bildungsabschluss, häufiger arbeitslos
-> liegt nicht am IQ
LR-Defizite bleiben unbehandelt stabil
Komorbidität (40-60%), v.a. dissozialem Verhalten (-> vllt. weil man sich nicht zu helfen weiß, ADHS
Zu keinem Zeitpunkt sign. Leseschwierigkeiten
Kennen Sie mögliche Ursachen der Intelligenzminderung
-> schwere Intelligenzminderung: hohe gen. Komponente (55-85%)
-> leichte Intelligenzminderung: größter Anteil unbekannt (52-55%)
-> wichtig: Funktionsniveau beachten!
Trisomie 21 (Prävalenz: 0,2%) -> am häufigsten
Fragiles-X-Syndrom (Prävalenz: 0,025%)
Stoffwechsel: Phenylketonurie (PKU) -> kann behandeln
Durchblutungsstörungen der Plazenta
Frühgeburtlichkeit
Geburtstraumata
Infektionen
Alkohol...
=> Erklärt Schweregrad, aber nicht Prävalenz
F84.0 Frühkindlicher Autismus
F84.3 Rett-Syndrom
F84.4 Desintegrative Störung
=> Erklärt Schweregrad, aber nicht warum/ verursacht nicht!
Armut (z.B. weniger Zugang zu Hilfesystemen -> keine Förderung), Traumata, Strahlen, Blei, …
UES Prävalenzen
Studie
(Prävalenzen nach Remschmidt 1987, nach Esser 2000 und LL)
Hohe Prävalenzen, dennoch nur Schätzungen
des Sprechen und Sprache F80 (10.1%)
Artikulationsstörung F80.0 (5,6%)
expressive Sprachstörung F80.1
rezeptive Sprachstörung F80.2
schulischer Fertigkeiten F81
Lese- und Rechtschreibstörung F81.0 (6,2%)
Isolierte Rechtschreibstörung F81.1
Rechenstörung F81.2 (2-8%)
Kombinierte Störung schulischer Fertigkeiten F81.3
-> wird häufig übersehen, da man z.B. denkt, dass Kind hat einfach keine Lust auf Mathe
der motorischen Funktionen F82 (3,2-10,1%)
Kombinierte UES F83 (3,7-5,7%)
IGLU - Erfassung der Lesekompetenzen von grundschülern im internationalen Vgl.:
Kinder haben Texte zum Lesen bekommen + danach wurden Verständnisfragen gestellt
Ergebnisse 2016:
1/5 aller Grundschüler in DE erreichen nur eine besorgniserregende Lesekompetenz (I-II)
Absolute Lesekompetenz hat sich verändert in DE, andere Länder sind besser geworden
Schere zwischen Leistung von Reich & Arm sind noch weiter auseinander gegangen in DE über die Jahre (2001-2016)
Interpretation:
Alle Länder in DE haben Richtlinien, in denen lese-rechtschreibschwachen Schüler ein Anspruch auf Förderung zugesichert wird => Ergebnisse zeigen jedoch, dass nur eine Minderheit der Schüler eine besondere schulische Förderung erhält
Von leseschwachen Schülern (Kompetenzstufe I-II) erhält nur jedes 3. Kind eine Förderung
Diskrepanz zw. Förderbedarf & tatsächlicher Förderung
Grund: 1. Fehlen von Kompetenzen d. Lehrer zum Erkennen des Förderbedarfs + 2. Fehlen von Personal
Können Sie einige Methoden zur psychotherapeutischen Behandlung psychische Störungen bei Menschen mit Intelligenzmiderung benennen
Modifikation
Intelligenzminderung wird nicht behandelt, sondern die Probleme, die damit assoziiert sind. Es hilft bei
körperlichen Komorbiditäten: medizinische Behandlung (Konsil)
Intelligenzstörung selber (Fx.1) das SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung) mit Eingliederungshilfe, pädagogische Unterstützung, Beratung
zusätzlicher Achse I Störung: Kassenfinanzierte Psychotherapie
UES F80
Def. (Achse 2 ICD-10)
Entwicklungsstörung vs. Entwicklungsverzögerung
„UES fassen eine Gruppe von isolierten Leistungsstörungen zusammen, die aufgrund von spezifischen Störungen der Informationsverarbeitung und Handlungsorganisation zustande kommen“ (Esser, 2015)
-> isoliert = nur in dem Teilbereich Probleme, ansonsten gut
ICD-10 Achse 2 beschreibt Störungen mit:
Beginn ausnahmslos im Kleinkindalter oder Kindheit
-> von Anfang an da, braucht nur eine Weile, bis man es sieht
Einschränkungen oder Verzögerungen der Entwicklung von Funktionen, die eng mit biologisch begründeter ZNS-Reifung einhergehen
-> Nicht motivational, sondern neuronales Defizit
stetigem Verlauf ohne Remissionen oder Rezidive, wie bei sonst bei vielen psychischen Störungen typisch
-> Keine Verzögerung, sondern Störung
Entwicklungsstörungen Achse I vs. Achse II:
Tiefgreifende Entwicklungsstörung (F84) auf Achse I (betrifft das ganze Verhalten)
Umschriebene Entwicklungsstörungen (F80-F83) auf Achse II (betrifft einen Teil des Verhaltens)
Z.B. Sprachentwicklungsstörung beim Autismus werden auf Achse II
kodiert, wenn die sonstige Leistungsfähigkeit signifikant besser ist
nicht kodiert, wenn die allgemeine Leistungsfähigkeit nicht signifikant besser ist
-> Entwicklungsstörung: beginnt auf niedrigerem Niveau, langsamerer Anstieg & erreicht nie das Niveau von Gesunden; Mit Training kann Niveau gesteigert werden
Können Sie Auffälligkeiten in der visuellen & auditiven Wahrnehmung bei des Lese-Rechtschreibstörung benennen
LRS Ätiologie (inkl. Neurobiologie)
Häufig berichtete Auffälligkeiten bei LRS:
Anatomie: Fasciculus arcuatus (?), geringeres Hirnvolumen (Ramus et al 2017)
Funktion: linksdominant in inferioren parietalen und inferioren frontalen Regionen sowie visual word form area (VWFA) -> in spez. Arealen Hypoaktivierung. -> Beim Erkennen von Worten Defizite
=> Nicht motivational!
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