Blasenbildene Autoimmunerkrankungen - Möglichkeiten
intraepidermal
Pemphigus vulgaris -> Desmoglein 1+3
Pemphigus foliaceus -> Desmoglein 1
subepidermal
bullöses Pemphigoid -> BPAg1+2, NC16C
Schleimhautpemphigoid -> BPAg1, Laminin 5
Dermatitis herpetiformis Duhring -> epidermale Transglutaminase
Pemphigoid gestationes
Pemphigus vulgaris - Definition
Chronische Autoimmunerkrankung
mit akantholytischer Blasenbildung an gesunder (Schleim‑)Haut
suprabasale Spaltbildung in der Epidermis (intraepidermal)
Pemphigus vulgaris - Epidemiolgie
0,1–0,5 Fälle/100.000 Einwohner pro Jahr
30–60 Jahre
♀ = ♂
Pemphigus vulgaris - Ätiologie + Triggerfaktoren
Autoimmunologische Genese
IgG-Autoantikörper-Bildung („Pemphigus-Antikörper“) gegen Desmoglein 3, seltener 1
Mögliche Triggerfaktoren
Medikamente: ACE-Hemmer, Antibiotika, Diuretika
Verbrennungen, UV-Exposition oder Röntgenbestrahlung
Pemphigus vulgaris - Pathogenese
IgG-Autoantikörper-Bildung gegen Desmoglein 3 und 1
Kontaktverlust der Keratinozyten zueinander (Akantholyse)
Intraepidermale Spaltbildung
Dünne bedeckende Hautschicht
Ablösen der Epidermis durch mechanische Reize
Erosionen, selten Blasen
Pemphigus vulgaris - Klinik + Prädilektionsstellen
Schleimhautbefund
Erosionen, Ulzerationen
Blasenbildung selten
Hautbefund
Erosionen und Krusten, teilweise konfluierend
Ggf. Bildung schlaffer Blasen mit klarem Inhalt, die leicht platzen
Weitere Symptome
Brennende Schmerzen
Nasenbluten (Beteiligung der Nasenschleimhaut)
Heiserkeit und Schluckstörungen (Beteiligung des Larynx und Pharynx)
Prädilektionsstellen
Fast immer Schleimhautbefall: In >50% der Fälle Beginn an der Mundschleimhaut, seltener auch ösophageal oder anogenital
Druckexponierte Körperstellen (bspw. intertriginös, gluteal)
Kopf
Selten: Nagelbefall
Pemphigus vulgaris - Diagnostik
Klinische Zeichen
Nikolski-Phänomen I: Positiv
Nikolski-Phänomen II: Positiv
Tzanck-Test: Positiv
Immunfluoreszenz
ELISA
Nikolski-Phänomen
Nikolski-Phänomen I („Nikolski-Phänomen"): Blasenbildung durch Schiebedruck infolge einer Ablösung der Epidermis klinisch gesunder Hau
Nikolski-Phänomen II („Pseudo-Nikolski-Phänomen"): Seitliche Verschiebbarkeit bereits bestehender Blasen
Tzanck-Test
in der Exfoliativzytologie
Positiv = Nachweis akantholytischer Riesenzellen (Tzanck-Zellen) in der May-Grünwald-Färbung
positiver Tzanck-Test ergibt sich nur bei Pemphigus vulgaris (innerhalb der bullösen Autoimmundermatosen)
Pemphigus vulgaris - Therapie
Allgemeine Maßnahmen
Beseitigung aller Triggerfaktoren: Insb. Absetzen von entsprechenden Medikamenten und allgemeine Vermeidung von UV-Exposition
Intensivpflege
Infusionstherapie
Medikamentöse Therapie
Schmerztherapie: Paracetamol, Ibuprofen
Lokale Therapie
Lokale Antiseptika
Systemische immunsupprimierende Therapie
Systemische Glucocorticoide
Prednisolon
plus Immunsuppressiva
Azathioprin
Pemphigus vulgaris - Prognose
Akuter bis chronischer Verlauf
Bei Komplikationen (insb. Infektion und Schwäche) letale Verläufe möglich
In der Schwangerschaft: Diaplazentäre Übertragung von IgG-Autoantikörpern auf das Ungeborene → Auftreten eines Pemphigus beim Neugeborenen (Pemphigus neonatorum) → Abheilung des Pemphigus beim Neugeborenen i.d.R. innerhalb von Wochen
Bullöses Pemphigoid - Definition
Autoimmunerkrankung älterer Menschen
Bildung großer, fester, zum Teil hämorrhagischer, subepidermaler Blasen
Varianten:
Pemphigoid gestationis
Schleimhautpemphigoid
Bullöses Pemphigoid - Epidemiologie
Häufigste blasenbildende Autoimmunerkrankung Mitteleuropas
7/100.000 Einwohner pro Jahr weltweit
>60 Jahre
♂ > ♀
Bullöses Pemphigoid - Äthiologie
Autoimmunologische Genese: Autoantikörper gegen bullöses Pemphigoid-Antigen
I.d.R. spontanes Auftreten
UV-Licht
Medikamenteneinnahme
Assoziation
Autoimmunerkrankungen
Neoplasien
Bullöses Pemphigoid - Pathophysiologie
IgG-Autoantikörper gegen hemidesmosomale Strukturproteine (BP180, BP230) von basalen Keratinozyten, die die Epidermismit der Basalmembran verankern
Komplementaktivierung und Inflammation durch Einwandern von Leukozyten und Mastzellen
Freisetzung von Proteasen
Zerstören der dermoepidermalen Haftung
Spaltbildung in der Lamina lucida und Ansammlung seröser Flüssigkeit
Aufwölbung der Epidermis
Klinisch sichtbare Blasenbildung
Bullöses Pemphigoid - Klinik + Prädilektionsstellen
Ggf. Prodromalstadium mit juckenden, papulösen oder urtikariellen Hauterscheinungen (Wochen bis Monate vor Blasenbildung)
Inhomogene Effloreszenzen: Erytheme, urtikarielle Exantheme, Kokarden
Stabile, große Blasen auf erythematöser oder unauffälliger Haut, bei mechanischer Einwirkung hämorrhagischer Verlauf mit gelblichen Krusten
Abheilung i.d.R. ohne Narbenbildung
Intertrigines und Beugeseiten der Extremitäten
Schleimhaut selten betroffen
Starker Juckreiz, evtl. Schmerzen
I.d.R. keine Allgemeinsymptome
Bullöses Pemphigoid - Diagnostik
Nikolski-Phänomen I: Negativ
Tzanck-Test: Negativ
Histologie
Subepidermale Spalt- und Blasenbildung (zwischen Basalmembran und Stratum basale)
Bullöses Pemphigoid - DD
Andere blasenbildende Autoimmunerkrankungen (bspw. Pemphigus vulgaris)
Erythema exsudativum multiforme
Bullöses Pemphigoid - Therapie
Steriles Abpunktieren der Blasen unter Erhalt der Blasendecke
Antiseptika lokal
Glucocorticoide lokal
plus systemische Immunsuppressiva
Bullöses Pemphigoid - Prognose
Deutlich bessere Prognose als Pemphigus vulgaris
Unbehandelt oft schubartiger Verlauf über Monate oder Jahre
Die Prognose des bullösen Pemphigoids korreliert nicht mit der Ausprägung der Blasenbildung!
Pemphigoid gestationis - Synonym + Definition
Synonym:
Schwangerschafts-Pemphigoid
Veraltet: Herpes gestationis
Selbstlimitierend verlaufende Schwangerschaftsdermatose, die dem bullösen Pemphigoid ähnelt
Pemphigoid gestationis - Epidemiologie
Inzidenz: 1–40/60.000 Schwangerschaften pro Jahr
Pemphigoid gestationis - Äthiologie
Autoimmunologische Genese: Autoantikörper-Bildung gegen BP180, in 20% auch gegen BP230, mit klinisch nahezu identischer Symptomatik wie beim bullösen Pemphigoid
Erstmanifestation: Meist bei der ersten Schwangerschaft, bei Erkrankung während erneuten Schwangerschaften progrediente Ausprägung
Pemphigoid gestationis - Pathophysiologie
Spaltbildung in der Lamina lucidaund Ansammlung seröser Flüssigkeit
Pemphigoid gestationis - Klinik + Prädilektionsstelle
Beginn im 2. und 3. Trimenon; in ca. 20% der Fälle Manifestation kurz vor oder nach der Entbindung
Erythematöse, urtikarielle oder papulöse Hautveränderungen, eher kleine Blasen, die ggf. auch fehlen können
Gruppierte Vesiculae treten meist erst im späteren Verlauf auf
I.d.R. periumbilikaler Beginn, im Verlauf ganzes Abdomen möglich
Extremitäten
Seltener an Hand- und Fußflächen sowie thorakal und im Gesicht
Schleimhäute sind fast nie betroffen!
Pemphigoid gestationis - Diagnostik
Labor: Eosinophilie
Histologie (analog zum bullösen Pemphigoid): Subepidermale Spaltbildung mit eosinophilenreichem Entzündungsinfiltrat
Pemphigoid gestationis - Therapie
Kühles Abduschen
Wirkstofffreie, kühlende Externa
Lokale Glucocorticoide: Hydrocortison
Bei starkem Juckreiz: Systemische Antihistaminika
Bei sehr schweren Verläufen: Systemische Glucocorticoide wie Prednisolon
Pemphigoid gestationis - Komplikationen und Prognose
Prognose der Mutter
I.d.R. selbstlimitierender innerhalb 1–2 Monaten nach Entbindung
Rezidive möglich
Bei Einnahme gestagen- oder östrogenhaltiger Kontrazeptiva
Bei erneuter Schwangerschaft
Prognose des Ungeborenen
Neonatales Pemphigoid
5–10%
Leichtes, selbstlimitierendes Krankheitsbild analog zum Pemphigoid gestationis der Mutter
Erhöhte Rate für:
Frühgeburtlichkeit
SGA (Small for Gestational Age) infolge Plazentainsuffizienz
I.d.R. keine erhöhte Rate für Fehlbildungen oder Säuglingssterblichkeit
Dermatitis herpetiformis Duhring - Definition
Chronische Autoimmundermatose mit Bildung subepidermaler Blasen, insb. an den Streckseiten der Extremitäten
Dermatitis herpetiformis Duhring - Epidemiologie
Altersgipfel: 25–55 Jahre, Kinder selten betroffen
Geschlecht: ♂ > ♀ (2–6:1)
Dermatitis herpetiformis Duhring - Pathophysiologie
Bildung von Immunkomplexen aus IgA und epidermaler Transglutaminase
Spaltbildung und Blasenbildung in der dermo-epidermalen Junktionszone
Dermatitis herpetiformis Duhring - Äthiologie
Iodempfindlichkeit
Wahrscheinlich kutane Manifestation der Zöliakie (glutensensitive Enteropathie)
Alle Patienten zeigen Zöliakie-typische Histologiebefunde
In ca. 90% der Fälle (fast) keine gastrointestinale Klinik
Nur etwa 5% der Zöliakiepatienten entwickeln eine Dermatitis herpetiformis Duhring
Dermatitis herpetiformis Duhring - Klinik + Prädilektionsstellen
Disseminierte, ggf. gruppiert stehende, exkoriierte, tiefrote, stecknadelkopfgroße, urtikarielle Papeln, Papulovesikel
Symmetrische Ausbreitung
„Synchrone Polymorphie“
Extremitätenstreckseiten (insb. Knie, Ellenbogen, Schultern), Glutealregion, behaarter Kopf
I.d.R. keine Schleimhautbeteiligung
Extremer Juckreiz
Ggf. Brennen
Dermatitis herpetiformis Duhring - Diagnostik
Nikolski-Phänomen II: Negativ
Dermatitis herpetiformis Duhring - Therapie
Immer lebenslange glutenfreie Diät
Iodarme Diät
Substitution von Eisen, Vitamin B12, Folsäure und Vitamin D3
Systemische Antihistaminika (bei starkem Juckreiz)
Antipruriginosa lokal
1. Wahl: Dapson
Bei Sulfonamidunverträglichkeit: Colchicin systemisch
Bei Therapieresistenz: Ciclosporin A systemisch
Dermatitis herpetiformis Duhring - Prognose
Chronischer Verlauf, Schübe über Wochen bis Jahre, dazwischen ebenso lange Remissionsphasen möglich
Spontanheilung in ca. 10% der Fälle
Überblick Pemphigus vulgaris, bullöses Pemphigoid und Dermatitis herpetiformis Duhring
DD wichtiger bullseye Autoimmundermatosen
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