Emotionen aus entwicklungspsychologischer Perspektive
Erwachsene reagieren auf eine emotionsauslösende Situation anders als Kinder
Längere Lerngeschichte
Kontrolle des Emotionsausdrucks setzt eine gewisse Reife des zentralen Nervensystems voraus
Emotionen sind bei Erwachsenen seltener und weniger intensiv als bei (Klein)kindern, sie verändern sich somit quantitativ
Im Laufe der Entwicklung kommen jedoch auch neue Emotionen hinzu, was auf eine qualitative Veränderung hinweist
Die Rolle von Lernen und Sozialisation:
Wie lernt man, welcher Gesichtsausdruck zu welcher erlebten Emotion gehört und in welchen Situationen bestimmte Emotionen auftreten?
Zuordnung von Gefühlen zu Begriffen, Gesichtsausdrücken und Situationen gelingt, indem Bezugspersonen die Gefühle ihrer Kinder benennen und kommentieren
Eigenen Gesichtsausdruck kann das Kind in der Regel im Gesicht der Bezugsperson ablesen, da diese den Gesichtsausdruck spiegelt, d.h. unwillkürlich nachahmt
Kinder schauen, wenn sie unsicher sind, in das Gesicht der vertrauten Person, bevor sie handeln (s. soziale Bezugnahme)
Soziale Bezugnahme
Bei der sozialen Bezugnahme versuchen Kinder,anhand des Gesichtsausdrucks ihrer Bezugsperson Informationen darüber zu erhalten, wie diese eine Situation einschätzen, um diese Informationen für ihr eigenes Handeln nutzen zu können
Kinder reagieren mit negativen Emotionen oder Stress, wenn ihre Bezugsperson keinerlei emotionalen Ausdruck erkennen lässt (Toda & Fogel, 1993)
Psychische Erkrankungen von Bezugspersonen können deshalb mit einer Beeinträchtigung der emotionalen Entwicklung ihrer Kinder einhergehen (Petermann & Wiedebusch, 2003)
Die Rolle von Lernen und Sozialisation
Sozialisation und Lernen beeinflussen die emotionale Entwicklung über verschiedene Mechanismen
Klassisches Konditionieren:Der kleine Albert
Operantes Konditionieren: Erwachsene verstärken in der Regel situations- und kulturangemessenes emotionales Verhalten
Beobachtungslernen: Welche Emotionen in welcher Situation angemessen sind, lernen Kinder auch durch Beobachtung
Entwicklung von Emotionskomponenten
Ob Kinder ein Konzept von mentalen Zuständen (z. B. Gefühl) haben, wird unter dem Begriff „theory of mind“ untersucht
Fähigkeit, Gedanken und Gefühle anderer nachzuvollziehen, steigt ab etwa der Mitte des 3. Lebensjahres kontinuierlich (Wellman et al., 2001)
Nach Janke (2002) können Säuglinge jedoch viel früher (ab 3 Monaten) bereits negative und positive Emotionsausdrücke erkennen und diese grob voneinander unterscheiden
Entstehung des Emotionsausdrucks
Komplexere Emoeonen wie Schuld, Scham, Verlegenheit und Stolz sind erst im 2. Lebensjahr zu beobachten
selbstbezogene Emoeonen, die nur aufreten, wenn man ein Konzept von sich selbst hat
setzen voraus, dass Kinder Standards, Werte und Normen kennen und verinnerlicht haben
Entwicklung des Emotionswissens und des Emotionsverständnisses:
Kontaktzeit
Wie gut Säuglinge verschiedene Emotionen bei anderen erkennen können, hängt von der Kontaktzeit ab
können Emotionen am besten bei solchen Personen erkennen, die sich maßgeblich um ihre Betreuung kümmern (Montague & Walker-Andrews, 2002)
Sprachlich ausdrücken
Kinder beginnen ab etwa der Mitte des 2. Lebensjahres (18 Monate) Wörter zu benutzen, die EmoIonen bezeichnen
Beschreibungen von mimischen oder lautlichen Emotionsausdrücken, wie z. B. Lachen
8 bis 10 Monate später benutzen 70-90%derKinder differenzierte Emotionswörter
Entwicklung der Emotionsregulation:
Säuglinge
Säuglinge können ihre Bedürfnisse noch nicht selbst befriedigen und damit ihre Emotionen nicht selbst regulieren
Durch den Emotionsausdruck(z.B.Schreien und Weinen bei negativen Emotionen) signalisieren Säuglinge der Bezugsperson, dass sie Hilfe bei der Bedürfnisbefriedigung oder EmotionsregulaIon brauchen
Diese Form der EmotionsregulaIon wird als interpersonale Regulation bezeichnet
inter/intra-personale Regulation
Mit zunehmendem Alter wird die interpersonale Regulation durch eine intrapersonale ersetzt
Einfache intrapersonale Regulationsstrategien bestehen darin, sich positiven Reizen zuzuwenden oder sich von negativen Reizen abzuwenden
Wie nennt man de Emotionsregulation durch eine andere Person?
interpersonale Regulation
Wie nennt man die Emotionsregulation durch die eigene Person?
intrapersonale Regulation
Welche einfachen intrapersonalen Regulationsstrategien gibt es?
sich positiven Reizen zuwenden
sich negativen Reizen abwenden
Solange Kinder keine intrapersonale Strategien anwenden können, spielt der Emotionsausdruck eine Schlüsselrolle für die EmotionsregulaIon
erfolgreiche interpersonale Regulation setzt entsprechende Feinfühligkeit der Bezugsperson voraus.
—> Muss gelingen, Signale des Kindes richtig zu interpretieren und angemessen darauf zu reagieren
Bindung
Für die Entwicklung der Emotionsregulation kommt der Bindung zwischen Bezugspersonen und Kindern eine besondere Bedeutung zu (Ainsworth, et al., 1978)
Kinder können sehr sicher oder sehr unsicher an ihre Bezugsperson gebunden sein
Bezogen auf die Emotionsregulation erwarten sicher gebundene Kinder von ihrer Bezugspersonen zuverlässig Hilfe bei der Befriedigung ihrer Bedürfnisse und somit bei der EmotionsregulaIon
Entwicklung der Emotionsregula1on
Sicher gebundene Kinder:
explorieren die Umgebung
Kehren bei Unsicherheit zur Bezugsperson zurück
weinen oder zeigen negative Emotionen, wenn sie alleine gelassen werden
suchen bei der Wiedervereinigung aktiv Trost bei der Bezugsperson
lassen sich schnell beruhigen
Unsicher-ambivalent (zwiespältig) gebundene Kinder:
trauen sich häufig nicht, Umgebung zu explorieren
zeigen häufiger negative Emotionen, wenn die Bezugsperson den Raum verlässt
lehnen häufig Trost ab, wenn die Bezugsperson zurückkommt
lassen sich nur schwer beruhigen
Unsicher-vermeidend gebundene Kinder:
reagieren nicht oder kaum mit negativen Emotionen, wenn die Bezugsperson sie alleine lässt
suchen bei der Wiedervereinigung keinen Trost
Was passiert mit der Cortisolkonzentration bei den unterschiedlichen Bindungstypen?
Sinkt bei gebundenen Kindern nach der "Fremden-Situation"
Steigt bei unsicher-gebundenen und bei unsicher-vermeidenden Kindern
Emotionsregulation im Alter:
Verlust und Gewinn
SocioemoIonal selectivity theory (Carstensen, 2003):
motivationale Veränderung
Verschiebung der Ziele
Hinblick auf limiIerte Lebenszeit & verminderte Ressourcen
—> Ziel: stabiles emoIonales Wohlbefinden —> „positivity bias“
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