Unterscheiden Sie die Begriffe „formelles“ und „materielles“ Strafrecht.
Unterscheiden Sie die Begriffe Vergehen und Verbrechen unter Nennung der einschlägigen Rechtsgrundlage und suchen Sie je drei Beispiele aus dem StGB heraus.
Außerdem:
Der Versuch ist bei einem Verbrechen immer strafbar und bei einem Vergehen nur dann, wenn es ausdrücklich im Gesetz steht gem. § 23 I StGB
Wer ist ein Beschuldigter?
Erläutern Sie die drei Elemente einer Straftat!
Unterscheiden Sie die Begriffe „Beschuldigter“, „Straftatverdächtiger“!
Wo ist der Anfangsverdacht einer Straftat legal definiert?
Der zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erforderliche „Anfangsverdacht” liegt gemäß § 152 Abs. 2 StPO vor, wenn „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte” für eine „verfolgbare Straftat” vorhanden sind. Die Prüfung des Anfangsverdachts hat somit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu erfolgen. Bloße Vermutungen reichen hierfür nicht aus!
Erläutern Sie die Begriffe „Offizialdelikt“ und „Antragsdelikt“ und suchen Sie je zwei Beispiele für ein relatives, ein absolutes „Antragsdelikt“ sowie zwei Beispiele für ein „Offizialdelikt“!
Für welche Verbrechen (§ 12 I StGB) ist die BPOL originär zuständig?
Die Bundespolizei ist originär zuständig für die Bearbeitung von 4 Verbrechen (§ 12 Abs. 1 StGB)
· gem. § 315 Abs. 3 Nr. 1 StGB (gefährlicher Eingriff in den Bahn-, Schiffs- oder Luftverkehr)
· gem. § 97 AufenthG (Einschleusen mit Todesfolge; gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen)
· gem. § 84a AsylG (gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung)
· die im Rahmen des § 6 BPolG zu verfolgen sind.
Erläutern Sie den Begriff „Legalitätsprinzip“ unter Nennung der entsprechenden RGL.
Sachbeschädigung gem. § 303 StGB
!!Allgemein!!
• Geschütztes Rechtsgut: Eigentum Art. 14 GG
• Deliktbestimmung: Vergehen gem. § 12 II StGB
• Schuldform: Vorsatz gem. § 15 StGB
• Rechtsfolge: Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe
Versuch ist strafbar § 303 (3) StGB; relatives Antragsdelikt § 303 c StGB
§ 303 Abs. 1 StGB beschäftigt sich mit der Beschädigung und Zerstörung einer Sache. § 303 Abs. 2 StGB erfasst diejenigen Fälle, in denen unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache erheblich und nicht nur vorübergehend verändert wurde. § 303 Abs. 2 StGB ist gegenüber § 303 Abs.1 StGB subsidiär. Demzufolge ist Abs. 2 also nur dann anwendbar, wenn die in Frage stehende Fallkonstellation nicht über Abs. 1 zu lösen ist.
Typisch für einen Graffito (Singular ;-) ) / Graffiti
Ist eine Fläsche von mehr als 50 Prozent besprüht oder lässt sich aus den Scheiben nichts erblicken, dann sollte der § 304 StGB in Erwägung gezogen werden.
TBM § 303 I StGB
Fremd:
Fremd ist die Sache, wenn sie nicht im Alleineigentum des Täters steht und nicht herrenlos ist
Herrenlos sind Sachen, an denen der Eigentümer den Besitz aufgegeben hat oder in Freiheit lebende wilde Tiere.
Sache:
Jeder körperliche Gegenstand, unabhängig von seinem Aggregatzustand, i.S.d. § 90 BGB (Bürgerlichesgesetzbuch)
Tiere sind keine Sachen, jedoch in diesem Zusammenhang rechtlich wie Sachen zu behandeln (§ 90 a BGB). Menschliche Leichen sind keine Sachen i. S. d. § 303 StGB (ggf. Störung der Totenruhe gem. § 168 StGB). Der § 303 StGB schützt auch Gegenstände, die keinen Geldwert haben, sofern der Eigentümer ein Interesse an ihrer Erhaltung hat (z. B. ein altes vergilbtes Familienfoto).
Beschädigen:
Einwirkung, die zu einer nicht unerheblichen Substanzverletzung oder Funktionsbeeinträchtigung führt - Einwirkung auf die Materie, wie z. B. Zerkratzen einer Oberfläche, Abbrechen von Antennen, Aufsprühen von Farbe auf dazu nicht besonders geschützte Untergründe (Graffiti); auch als zwangsläufige Folge der Reinigung verschmutzter Oberflächen.
ODER
Zerstören:
Völlige Aufhebung der Gebrauchsfähigkeit einer Sache
Z. B. Einwerfen einer Fensterscheibe, Töten von Tieren.
TBM § 303 II StGB
Erscheinungsbild (einer fremden Sache; Definition aus Abs. 1 gehört dazu):
umfasst das äußere Aussehen einer Sache und schützt somit den Gestaltungswillen des Inhabers (fremde Sache siehe § 303 I StGB)
Nicht nur vorrübergehnd:
sind Veränderungen, welche nicht ohne nennenswerten Aufwand an Mühe, Zeit oder Kosten wieder behebbar sind. Eine gewisse Dauerhaftigkeit der Sache, die das Erscheinungsbild verändert, muss vorliegen
Beispiel: Graffiti, die sich mit der Sache verbinden; stark haftender Kleber
Vorübergehend sind nur solche Veränderungen, die ohne fachliche Hilfe, ohne Spezialwerkzeug, also mit Hausmitteln und mit geringem zumutbaren Aufwand behoben werden können, ohne dass dadurch neue oder weitere Beeinträchtigungen entstehen, z.B.: Bemalen mit Kreide oder Wasserfarben auf glatten Flächen.
UND
Nicht nur unerheblich:
verändert sind Sachen, bei denen unmittelbar auf die Substanz eingewirkt wurde (alle Farben, Kleister, Klebestreifen, Farbstifte usw.)
Die Frage nach der Substanzverletzung muss nicht gestellt werden. Dadurch sind geringfügige Veränderungen nicht unter Strafe gestellt (Bemalen mit Kreide, Aufstellen von Sichtschutzwänden, Plakatierungen mit wasserlöslichem Kleber).
Unbegfugt:
ist die Veränderung, wenn keine Erlaubnis oder Beauftragung durch den Berechtigten, bzw. die berechtigte Stelle vorliegt
Verändern:
Verändert ist das Erscheinungsbild, wenn die Sache anders aussieht als vorher
Umfasst nicht nur die Einwirkungen auf eine Substanz der Sache, sondern auch das Verunstalten, die Behinderung der Erscheinung und das Verhindern der optischen Wahrnehmung, jeweils ohne Einwilligung des Berechtigten. Die Grenze der Substanzverletzung ist jedoch nicht überschritten.
Beispiel: Besprühen mit Farbe, Anbringen von Plakaten mit Industriekleber
Körperverletzung gem. § 223 StGB
• Geschütztes Rechtsgut: körperliche Unversehrtheit
• Deliktbestimmung: Vergehen, Versuch ist strafbar, relatives Antragsdelikt (§ 230 StGB), Privatklagedelikt (§ 374 StPO)
• Rechtsfolge: Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe
Die (einfache) Körperverletzung nach § 223 StGB bildet den Grundtatbestand der Körperverletzungsdelikte. In § 224 StGB ist mit der gefährlichen Körperverletzung eine Qualifikation dazu zu finden.
TBM § 223 I StGB
Eine andere Person:
A schlägt den B. Der Geschädigte B ist nicht der Täter und somit eine andere Person.
Körperlich misshandelt:
Üble, unangemessene Behandlung, durch die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht ganz unerheblich beeinträchtigt wird.
Gesundheitsschädigung:
Hervorrufung oder Steigerung eines körperlichen oder seelischen Krankheitszustandes. Beispiele: vorsätzliches Anstecken mit einer Krankheit, Hervorrufen eines Schocks.
Schema für die Prüfung einer Straftat
Obersatz/ Einleitungssatz
Benennung der konkreten Tathandlung und der exanten Strafnorm (bei einer gef. KV §§ 223 I, 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht einfach § 224). Formulierung im Konjuktiv - KÖNNTE - wir prüfen erst, ob es sich tatsächlich um eine Straftat handeln KÖNNTE.
TATBESTAND
Definition der TBM (Tatbestandsmerkmale), SV-Bezug herstellen, Ergebnis - somit….
Damit sind die TBM der KV, SB, Beleidigung, Hausfriedensbruchs, Diebstahls usw. erfüllt
RECHTSWIDRIGKEIT
Die Tatbestandsmäßigkeit indiziert die Rechtswidrigkeit. RFG (Rechtfertigungsgründe) sind nicht ersichtlich - §§ 32, 34 StGB, somit rechtswidrig.
SCHULD
Denken Sie an den § 15 StGB! Schuldhaft ist grds. vorsätzliches Handeln. Wissen und Wollen ist erforderlich. SAG (Schuldauschließungsgründe) wie §§ 19, 20, 21 StGB sind nicht ersichtlich, somit handelte dieser schuldhaft.
ERGBENIS
Straftat JA oder NEIN?
Beschuldigtenbelehrung gem. §§ 163a Abs. 4, 136 StPO
MÜSSEN SIE BEHERRSCHEN!!!
Sie stehen im Verdacht eine Straftat gem. § XXX StGB, WaffG, AufenthG begangen zu haben.
Sie werden somit einer Straftat verdächtigt oder sind somit Beschuldigter im Strafverfahren.
Sie können sich zu den gegen Sie erhobenen Vorwürfen äußern oder nichts zur Sache aussagen.
Sie können auch vor Ihrer Vernehmung, einen von Ihnen zu wählenden Verteidiger befragen.
Ferner können Sie zu Ihrer Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen.
Sie haben des Weiteren die Möglichkeit sich auch zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich zu äußern.
Sie sind verpflichtet Angaben zu Ihrer Person zu machen, diese müssen der Wahrheit entsprechen ansonsten stellt es eine Ordnungswidrigkeit gem. § 111 OWiG dar.
Haben Sie diese Belehrung verstanden?
Diese Belehrung MÜSSEN Sie zu jeder Uhrzeit können!!!
Was verstehen Sie unter den Rechtsfolgen einer strafbaren Handlung?
Zeugenbelehrung
Sie sind Zeuge im Strafverfahren gegen ….(Name, Vorname, Tathergang, um aufzuzeigen, dass nicht gegen den Zeugen ermittelt wird) § 69 I StPO
Sie sind verpflichtet, wahrheitsgemäße Angaben zu machen. § 57 S.1 StPO
Sie brauchen keine Angaben zur Sache machen, wenn Sie mit dem Beschuldigten verwandt oder verschwägert sind. § 52 StPO Auskunftsverweigerungsrecht
Weiterhin müssen Sie einzelne Fragen nicht beantworten, wenn Sie damit sich selbst oder einen Verwandten oder Verschwägerten belasten. § 55 StPO Aussageverweigerungsrecht
Sie sind jedoch verpflichtet, wahrheitsgemäße Angaben zu Ihrer Person zu machen ansonsten könnte es eine Ordnungswidrigkeit gem. § 111 OWiG darstellen
TBM § 123 StGB
Absolutes Antragdelikt gem. Abs. 2
Besteht grds. aus 2 Elementen/ TBM
Objekt bezogen
Wohnung, Geschäftsräume, befriedetes Besitztum (Grundstücke), abgeschlossene Räume, welche zum öffentl. Dienst (Rahthaus, Kommunen, Gerichte, AFZ, Polizei, Schulen, Behörden) oder Verkehr (Bahn, Bus, Tram, Flugzeuge, Bahnhofshallen, Abfertigungshallen auf Flughäfen) bestimmt sind
EINES dieser Objekte muss vorliegen
Tathandlung
Eindrigen
Verweilen trotz Auffoderung des Berechtigten sich zu entfernen
Erst bei der Rechtswidrigkeit ist widerrechtlich oder unbefugt zu prüfen.
TBM § 242 StGB
Diebstahl
Sache
Das ist jeder körperlicher Gegenstand, unabhängig von seinem Aggregatzustand, i.S.d. § 90 BGB.
Beweglich
Die Sache muss tatsächlich fortgeschafft werden können.
Fremd
Die Sache ist dann fremd, wenn sie nicht im Alleineigentum des Täters steht und nicht herrenlos ist.
Wegnahme
Wegnahme ist der Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams.
Die Sache müsste sich im Gewahrsam des X. befunden haben. Gewahrsam ist die vom Herrschaftswillen getragenen tatsächliche Herrschaft über die Sache.
Gewahrsamsbruch
Gewahrsamsbruch ist die Aufhebung der bisherigen Sachherrschaft ohne Zustimmung des bisherigen Inhabers.
Begründung neuen Gewahrsams
Neuer Gewahrsam ist begründet, wenn der Täter oder ein Dritter die Sachherrschaft derart erlangt, dass er sie ungehindert ausüben kann.
Absicht der Zueignung
Zueignungsabsicht ist die Absicht des Täters, den Eigentümer einer Sache zu enteignen und sich selbst oder einem Dritten die Sache anzueignen. Hier wird zwischen dem Enteignungswillen und der Aneignungsabsicht unterschieden.
Enteignungswille bedeutet, dass der Täter es zumindest billigend in Kauf nimmt, dass der Eigentümer auf Dauer von der Sache ausgeschlossen wird.
Aneignungsabsicht bedeutet, dass es dem Täter darauf ankommt, sich oder einem Dritten zumindest vorübergehend an die Position des Eigentümers zu setzen, um die Sache beliebig wirtschaftlich nutzen zu können.
Rechtswidrigkeit der Zueignung
Die Zueignung ist rechtswidrig, wenn diese der materiellen Eigentumsordnung widerspricht und der Täter somit kein Recht zur Zueignung hat.
Insgesamt erfolgte die Wegnahme in der Absicht der rechtswidrigen Zueignung.
TBM § 113 I StGB
Absatz 1
Amtsträger
Amtsträger ist, wer nach deutschem Recht Beamter, Richter oder eine Person ist, die in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht (siehe hierzu § 11 (1) Nr.2 StGB).
zur Vollstreckung von Gesetzen berufen
Der Amtsträger ist berechtigt, Maßnahmen gegen Personen oder Sachen zu treffen, die notfalls mit Zwang durchgesetzt werden können.
Vornahme einer solchen Diensthandlung
Die Vollstreckungshandlung besteht in einer polizeirechtlichen oder strafprozessualen Maßnahme, die unmittelbar bevorsteht, schon begonnen hat und noch nicht beendet ist. (Keine Vollstreckungshandlungen sind z.B. Streifenfahrten, Vernehmungen, Befragungen, andere bloße Ermittlungs-tätigkeiten.)
Widerstand
ist jedes aktive Verhalten gegenüber dem Vollstreckungsbeamten, das bezweckt, die Vollstreckungsmaßnahme zu verhindern oder zu erschweren. Widerstand kann durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt geleistet werden. Ein passives Verhalten, z.B. das bloße Nichtöffnen der verschlossenen Tür, reicht nicht aus.
Gewalt
ist jede mittelbare oder unmittelbare Einwirkung auf den Beamten mit dem Ziel Widerstand zu leisten. Gewalt gegen / mittels Sachen reicht dann aus, wenn sie sich mittelbar auf den Körper des Beamten auswirkt, z.B. Bewerfen des Dienst-Kfz. mit Steinen, um die PVB am Aussteigen und somit an ihren Maßnahmen zu hindern / wenn ein Kraftfahrer auf einen Polizeibeamten zufährt, um ihn zum Ausweichen zu zwingen. Gleiches gilt, wenn sich jemand aus dem Griff des PVB los reißt.
Drohung mit Gewalt
bedeutet, dass die Anwendung der o.a. Gewaltmaßnahmen angekündigt wird.
Unter Widerstand versteht man jede aktive Tätigkeit gegenüber dem Vollstreckungsbeamten, die die Durchführung einer Maßnahme verhindern oder erschweren soll.
Erfasst wird auch ein erfolgloses Widerstandleisten. Passiver Widerstand oder psychischer Zwang reichen nicht aus.
Tatmittel sind Gewalt oder Drohung. Eine Verwerflichkeitsprüfung erfolgt zwar nicht. Dafür gelten aber besondere Irrtumsregeln.
Das Tatmittel der Gewalt muss für den Amtsträger unmittelbar oder mittelbar über Sachen körperlich spürbar sein.
Es reicht aus, wenn sich ein durch die Polizei Festzunehmender an Gegenständen festhält oder mit den Füßen gegen den Boden stemmt.
Dagegen genügt es nicht, wenn sich der Festzunehmende vor dem Zugriff zu Boden wirft oder aus einem nur lockeren Festhaltegriff zu entziehen versucht.
Im Vergleich zur Nötigung gemäß § 240 StGB reicht es beim beim Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte betreffend das Tatmittel der Drohung nicht aus, wenn mit einem empfindlichen Übel gedroht wird. Der Tatbestand ist nur erfüllt, wenn mit Gewalt gedroht wird.
Wenn das Tatmittel der Drohung nicht erfüllt ist, weil beispielsweise nur eine Strafanzeige oder Dienstaufsichtsbeschwerde angedroht werden, kann auch nicht auf § 240 Abs. 1 StGB zurückgegriffen werden.
§ 113 II StGB
Bei § 113 Absatz 2 StGB handelt es sich um eine Strafzumessungsregelung für besonders schwere Fälle, so dass die Anwendung des erhöhten Strafrahmens im Einzelfall auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen eines der Regelbeispiele möglich ist, wenn sich die Tat bei Berücksichtigung aller Umstände nach dem Gewicht von Unrecht und Schuld vom Durchschnitt der Fälle gravierend abhebt.
Gemäß § 113 Abs. 3 S. 1 StGB ist Widerstand nur gegen rechtmäßige Diensthandlungen strafbar. Eine Diensthandlung ist rechtmäßig, wenn der Amtsträger sachlich und örtlich zuständig ist, die wesentlichen Förmlichkeiten des Ob und Wie der fraglichen Maßnahme beachet und ein etwa bestehendes Ermessen pflichtgemäß ausgeübt hat.
Bei der Vollstreckung einer Durchsuchung oder Haftbefehls ist die Diensthandlung schon durch deren Tatbestandswirkung gedeckt, auf die inhaltliche Richtigkeit kommt es für die materielle Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung nicht an.
Die sachliche Zuständigkeit von Polizeibeamten ist nicht an Dienstzeiten gebunden, die sachliche Zuständigkeit wird durch die Landesgrenzen definiert.
Zu den wesentlichen Förmlichkeiten gehört es, dass sich ein ziviler Polizeibeamter als solcher zu erkennen gibt.
Bei der Überprüfung einer etwaigen Ermessenausübung ist ein objektiver Maßstab anzulegen.
Beim Handeln auf Anordnung der Staatsanwaltschaft ist der Vollzugsakt trotz rechtswidriger Weisung rechtmäßig, es sein denn, der Befehl ist offensichtlich rechtswidrig.
Diese sog. objektive Bedingung der Strafbarkeit ist als Tatbestandsannex nach der Tatbestandsmäßigkeit und vor der Rechtswidrigkeit zu prüfen.
In einer rechtswidrigen Diensthandlung liegt zugleich ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff i.S.d. § 32 StGB, der den von der Diensthandlung Betroffenen an sich zur Notwehr berechtigt. Jedoch entfällt hier die Strafbarkeit des Widerstandsleistenden nach § 113 StGB bereits aufgrund von § 113 (3) StGB. Es bedarf daher nicht mehr des Nachweises, ob die Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes vorlagen. Hat der Beamte beispielsweise bei der vorläufigen Festnahme den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet, ist die Maßnahme rechtlich fehlerhaft und damit rechtswidrig.
Abgrenzung Tathandlungen § 113 StGB (Widerstand leisten mit Gewalt) zu § 114 StGB (tätlicher Angriff)
Der § 114 StGB ist spezieller gegenüber § 113 StGB, das heißt:
Wird bei einer beliebigen Diensthandlung direkt feindselig auf den Körper des Amtsträgers eingewirkt (Tritte, Schläge, Bewerfen mit Gegenständen, etc.) stellt dies einen tätlichen Angriff dar und § 114 StGB ist zu prüfen.
Bei Gewalt, die sich bei Vornahme einer Vollstreckungshandlung nicht direkt gegen den Körper des Amtsträgers richtet (z.B. Festhalten an Gegenständen und Personen, Entwinden aus dem Festhaltegriff, etc.), liegt Widerstand leisten mit Gewalt vor und § 113 StGB ist zu prüfen.
TBM § 114 I StGB
Amtsträger sowie zur Vollstreckung berufen wie bei § 113 I StGB
Tätlicher Angriff
ist jede feindselige Aktion, die sich unmittelbar gegen den Körper des Amtsträgers richtet, ohne Rücksicht auf den Erfolg. (Dem Täter kommt es hierbei nicht darauf an, das Handeln des Amtsträgers zu verhindern oder zu erschweren.)
bei einer Diensthandlung
ist jedes hoheitliche und schlicht hoheitliche Tätigwerden des Amtsträgers. (Neben Vollstreckungshandlungen fallen unter den Begriff der Diensthandlungen hier auch schlichte Streifentätigkeiten, Beobachtungen oder Befragungen, etc.)
Anmerkung:
- § 113 Absatz 2 gilt entsprechend
- Die Privilegierungs- sowie die Irrtumsregelungen des § 113 Absatz 3 und 4 StGB gelten entsprechend, wenn die Diensthandlung eine Vollstreckungshandlung im Sinne des § 113 Absatz 1 StGB ist.
TBM § 267 StGB
Urkundenfälschung
Urkunde
Verkörperte Gedankenerklärung (Bestandsfunktion), die ihrem gedanklichen Inhalt nach geeignet und bestimmt ist, für ein Rechtsverhältnis Beweis zu erbringen (Beweisfunktion) und die ihren Aussteller erkennen lässt (Garantifunktion).
Die Urkunde in diese drei Funktionen aufteilen. Dabei muss es sich nicht unbedingt um Schriftstücke (Geburtsurkunde, Pass, Visum, Vertrag, Zeugnis, Schuldschein, Vernehmungsprotokoll usw.) handeln, auch Stempel auf Auto-kennzeichen, die Fahrgestellnummer, Zifferblatt einer Kontrolluhr, Fahrscheine, Striche der Kellnerin auf dem Bierdeckel usw. können eine Urkunde darstellen.
Jetzt kommen wir zu den drei Varianten:
Var. Eine unechte Urkunde herstellen
Täuschung über den Aussteller der Urkunde, d.h. jemand erscheint als Aussteller, von dem die Urkunde nicht stammt. Beispiel: die Unterzeichnung eines Schecks mit einem anderen Namen oder auch eine Totalfälschung
Var. Eine echte Urkunde verfälschen
Jede unbefugte nachträgliche Änderung der Beweisrichtung und des Inhalts der Urkunde, so dass diese etwas anderes aussagt als vorher. Beispiele: - Änderung des Geburtsdatums im Pass durch Radierung
- nachträgliche Ergänzung im Vernehmungsprotokoll ohne dies zu protokollieren
- Überkleben oder Rasieren von Text
Var. Eine unechte oder verfälschte Urkunde gebrauchen
Wenn die unechte oder verfälschte Urkunde dem zu Täuschenden zugänglich gemacht wird. Beispiel: Vorzeigen eines von einem Fälscher hergestellten falschen Ausweises bei der Einreisekontrolle
Eine der Varianten muss vorliegen. Für den dienstlichen Gebrauch werden die Varianten 2. und 3. zusammenhängend vorliegen.
Zur Täuschung im Rechtsverkehr
Der Täter handelt mit dem direkten Vorsatz, bei einem anderen einen Irrtum über die Echtheit der Urkunde zu erregen und den Getäuschten dadurch zu einem rechtserheblichen Verhalten zu veranlassen. Beispiel: Der Täter will durch Vorlage eines gefälschten Reisepasses erwirken, dass ihm die Einreise gestattet wird.
Wichtig: Urkunde (die drei Funktionen), eine der Varianten und die Täuschung im Rechtsverkehr.
TBM § 281 StGB
Missbrauch von Ausweispapieren
Ausweispapier
Ausweispapiere sind Urkunden, die von einer Behörde oder einer Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, ausgestellt wurden, um die Identität einer Person oder ihre persönlichen Verhältnisse zu beweisen. (z.B. Pass, Personalausweis, Führerschein, Dienstausweis Studentenausweis, Waffenschein usw.)
Auf einen anderen ausgestellt
Das Ausweispapier wurde auf eine andere Person ausgestellt.
Gebrauchen
Wenn das Ausweispapier dem zu Täuschenden zugänglich gemacht wird.
Überlassen
Einem anderen die Verfügungsgewalt über das Ausweispapier übertragen. Hierbei kann das Ausweispapier auch auf einen Dritten ausgestellt sein. Beispiel: A überlässt den Führerschein seines Vaters dem B, der diesen bei einer Kontrolle den PVB vorlegt.
Es soll ein Irrtum über die Identität des Ausweisenden hervorgerufen werden, der nicht mit der Person im Ausweis übereinstimmt. In diesem Zusammenhang muss ein rechtserhebliches Verhalten beabsichtigt werden. (Beispiel: Gestattung des Zugbegleiters zur Benutzung des Zuges mit dem Studentenausweis ohne die Entrichtung eines Beförderungsentgeltes.)
Unterscheiden Sie den § 267 StGB von dem § 281 StGB
§ 281 StGB dient dem Identitätsschutz im Rechtsverkehr. Wer ein für einen anderen ausgestelltes echtes Ausweispapier im Rechtsverkehr zur Täuschung über seine Identität nutzt, macht sich die besondere Beweiswirkung zunutze.
Die Urkundenfälschung ist spezieller und wirkt sich direkt auf die Urkunde aus und die Möglichkeit der Veränderung dieser.
Des Weiteren ist die Rechtsfolge beider Straftaten zu beachten.
TBM § 240 StGB
Nötigung
Gewalt ist jede, wenn auch geringfügige, körperliche Kraftentfaltung, durch die ein physischer oder psychischer Zwang ausgeübt wird, der sich körperlich auswirkt. Dabei muss sich die Gewalt nicht unbedingt gegen den Betroffenen selbst richten, sie kann auch gegen Dritte oder Sachen erfolgen.
Beispiele: - Der Sohn des Kassierers wird geschlagen, um den Vater zur Herausgabe des Tresorschlüssels zu bewegen. - Abstellen von Wasser, Licht oder Heizung, um beim Mieter den Auszug zu erzwingen. - Dichtes Auffahren, um ein Überholen zu erzwingen. - Blockieren einer Ausfahrt oder eines geparkten Fahrzeuges - Scharfes Zufahren auf einen Fußgängerüberweg, um Durchfahrt zu erzwingen. - Ausbremsen eines nachfolgenden Kfz aus verkehrsfremden Gründen. - Errichtung einer Straßensperre zur Blockade des Verkehrs anlässlich einer Demonstration. - Vorhalten einer Pistole.
Durch Drohung mit einem empfindlichen Übel
Drohung mit einem empfindlichen Übel ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt.
Die Drohung ist an keine bestimmte Form gebunden. Sie kann mündlich, schriftlich oder durch geeignete Gesten erfolgen. Beim Täter muss kein Realisierungswille vorherrschen. Es reicht aus, wenn das Opfer an die Durchführbarkeit und Ernsthaftigkeit der Drohung glaubt. Empfindlich ist das Übel, wenn es geeignet ist, dass bezweckte Verhalten zu erreichen.
Beispiel: - Drohung mit Entlassung, Strafanzeige o. ä.
Zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigen
Einen Menschen zwingen etwas zu tun, zu dulden oder nicht zu tun.
Ziel des Täters ist es, mittels der o. g. Tathandlungen geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden.
Problembereiche: Rechtswidrigkeit der Nötigung
Bei der Nötigung ist die Tat nicht schon dann als rechtswidrig anzusehen, wenn keine Rechtfertigungsgründe vorliegen. Die Anwendung von Gewalt oder der Drohung mit einem empfindlichen Übel muss zum angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen sein. Der Begriff „Verwerflichkeit“ beschreibt ein „sozial unerträgliches Verhalten“ (= sittlich zu missbilligen).
Beispiele:
- Mann drängelt sich unter dem Protest Wartender in einer vor einer Kinokasse stehende Schlange vor = Bagatelldelikt, nicht verwerflich.
- „Verkehrserziehung“ auf der Autobahn durch unnötiges Linksfahren bei
vorgeschriebener Geschwindigkeit = verwerflich
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