Definiere Delir
Definition Delir (lat. “de lira ire – aus der Spur geraten”)
= ist ein „ätiologisch unspezifisches, polymorphes, hirnorganisches Syndrom, welches nicht allein durch Intoxikation mit Alkohol oder psychotropen Substanzen verursacht wird“ (ICD-10–F05.0)
—>organisch bedingte psychische Störung (OPS).
Mit welchen Assessmentinstrumenten kann man ein Delir einschätzen?
Delir - Assessmentinstrumente🔴
NuDESC = Nursing Delirium Screening Checklist
CAM = Confusion Assessment Method
CAM-ICU = Confusion Assessment Method für IMC/ Intensivstation
DDS = Delirium Detection Score
4AT = Alertness, AMT4, Attention, Acute change
Wodurch wird ein Delir charakterisiert?
Delir
Es wird charakterisiert durch eine bestehende Störung des Bewusstseins & mindestens 2 der nachfolgend genannten Störungen:
Störung:
der Aufmerksamkeit
der Wahrnehmung
des Denkens
des Gedächtnisses
der Psychomotorik
der Emotionalität
des Schlaf-Wach-Rhythmus
Delir - Durch welche Hauptsymptome wird es beschrieben?
Hauptsymptome
a) Akuter Beginn & fluktuierender Verlauf
(Anm.: nächtliche Verschlechterung typisch)
b) Aufmerksamkeitsstörung
c) Bewusstseinsstörung und/ oder kognitiv-emotionale Störungen
Achtung: Das Alkoholentzugsdelir (Delirium tremens) ist von den hier genannten Definitionen abzugrenzen.
vegetative Symptome (Schwitzen, erhöhter Puls, etc.) möglich
Delir - Epidemiologie
bis zu 25% der älteren Personen (>65 Jahre) weisen zum Zeitpunkt der KH-Aufnahme ein Delir auf & weitere 30-40% entwickeln im Verlauf ein Delir
in Palliativsituationen weisen 85 % der Patienten am Ende ihres Lebens ein Delir auf
5-38% aller Patienten entwickeln ein postoperatives Delir, eine hohe Dunkelziffer wird vermutet
15-90 % aller intensivmedizinisch betreuten Patienten entwickeln ein Delir, das Risiko steigt bei maschinell beatmeten Patienten
hohe 1-Jahres Mortalität (30%)
hohes Risiko für langfristige kognitive & funktionale Schäden (Doppeltes des Risiko an Demenz zu erkranken)
Delir kann Ausdruck einer schwerwiegenden zugrunde liegenden Erkrankung sein (z.B. Sepsis, akutes Koronarsyndrom)
längere Verweildauer in KH, vermehrt Entlassung in Pflegeheime
Ökonomische Belastung für das Gesundheitssystem, psychische Belastung für Patienten, Angehörige &Pflegepersonal
Was sind Formen des Delirs?
Wie unterscheiden sich diese?
Delir - Klassifikation
Unterscheidung in:
Hyperaktives Delir = gesteigerte motorische Unruhe & Rastlosigkeit; ungeduldiges, eventuell aggressives Verhalten
Hypoaktives Delir = motorische & kognitive Verlangsamung, reduzierte Aktivität, Antriebslosigkeit bis hin zur Apathie
Mischformen
Sonderform: Post-Operatives Delir „Durchgangssyndrom“
Delir - Dauer
Dauer: bis zu 6 Monate (mind. 24h Symptomfreiheit notwendig)
Demenz - Epidemiologie
Prävalenz steigt im Alter
Frauen häufiger betroffen als Männer
32% der über 90-Jährigen betroffen
CAM-ICU - Delir🔴
Wie entsteht ein Delir?
Das Delir entsteht in der komplexen Interaktion zwischen prädisponierenden und auslösenden Faktoren.
Nennen Sie pflegerische Interventionen bei einem Delir.
Delir - Pflegerische Interventionen
somatische Ursachen beheben (Flüssigkeitshaushalt, Elyte, BZ)
Kontrolle der Vitalparameter
regelmäßige standardisierte Symptomerfassung
Schmerz & Wundassessment
Fixierung vermeiden —>Sitzwache
Einhaltung des Schlaf-Wachrhythmus
Schlafprotokolle
nächtliche Reduktion von Licht & Lärm
Mobilisation
Strategien zur (Früh)mobilisation
Mobilisationsprotokolle
Kommunikation
Identifizierung von Kommunikationsbeeinträchtigung
Kommunikationshilfsmittel zur Verfügung stellen
Förderung der Kommunikation von beatmeten Patienten
Re-Orientierung
Uhr/Kalender
Orientierungsfragen stellen
situative und kognitive Stimulation
Förderung der Anwesenheit von Angehörigen
Bereitstellung von Hör- und Sehhilfen
Lärmvermeidung
Reduktion insb. der nächtlichen Lärmbelastung
Lärmwarnsystem für Intensivstation
Mögliche Pflegediagnosen
PD1: Akute Verwirrtheit
E: Demenz, Delir, Alter > 65 J., Medikamente
S: Veränderung des Bewusstseinszustand, Schwankungen der psychomotorischen Funktionen, Halluzinationen, Vegetative Symptome, Äußerungen von Angst
PD2: Gefahr einer akuten Verwirrtheit
E: Sensorische Deprivation ,Dehydratation, Infektionen, Medikamente, Schmerzen, Immobilität
S: /
PD3: Sensorische Deprivation
E: Isolation, Nicht kompensierte Sehschwäche oder Schwerhörigkeit, Immobilität/ Bettruhe
S: Delir, Halluzinationen, Desorientiertheit/ Verwirrtheit, Angst, Apathie, Reduziertes Ausmaß sensorischer Stimuli
NuDESC - Delir🔴
Unterschied zwischen Demenz & Delir?
Demenz ist keine Bewusstseinsstörung im Gegensatz zum Delir.
AT (<2min, hohe Validität) - Delir
Risk reduction and management of delirium
Nenne mögliche prädisponierende Faktoren für ein Delir.
Delir - Mögliche prädisponierende Faktoren:
Demenz oder andere neurodegenerative Erkrankungen, Z.n. Delir
psychische Vorerkrankungen wie Depression oder Substanzmissbrauch
höheres Lebensalter (>65)
somatische Komorbiditäten (z.B. art. Hypertonie, Diabetes Mellitus)
Malnutrition
Vorbestehende Demenz ist die von epidemiologischen Studien am konsistentesten erfasste Vorbelastung.
Welche Demenzformen gibt es?
Demenzformen & ihre Prävalenz
Alzheimer Demenz (AD) – häufig
Vaskuläre Demenz (VaD) – häufig
Gemischte Demenz
Lewy-Körperchen- Demenz (LBD)
Frontotemporale Demenz (FTD)
Demenz bei Morbus Parkinson
Demenz
Psychologische & verhaltensbezogene Symptome🔴
Faktoren, die Symptome auslösen
Neurogene Faktoren: Veränderung der Person mit Anderen oder Situationen zu interagieren
Personenfaktoren: psychiatrische Erkrankung, akute medizinische Probleme (Harnwegsinfektion, Pneumonie, Dehydratation)
Faktoren der Pflege: Stress, Depression, eingeschränktes Wissen über Demenz, Kommunikationseinschränkungen,
Faktoren der Einrichtung: Über-/ Unterstimulation, Sicherheitsaspekte, Routinen/ Strukturen vorhanden?
Delir - Pflegediagnosen
Zusammenhang zwischen Delir & Demenz🔴
Nichtpharmakologische Maßnahmen - Demenz🔴
Nichtpharmakologische Maßnahmen🔴
Lichttherapie
Bewegung
Soziale Aktivitäten
Reduktion von Schlafzeiten am Tag
Skills Training für Angehörige ->Geringe Qualität der Studien, jedoch zeigen sich einzelne Effekte (Wilfling et al., 2023)
Musiktherapie kann kognitive Funktion von MmD verbessern (Ito et al., 2022)
Mini-Mental State Examination (MMSE) - Demenz
= Mini Mental Status Test (MMST)
Demenzscreeningtest
Einstufung des Schweregrades (bedingt für Anfangsstadium) & Verlaufsbeobachtung
Dauer: 5-10 Minuten
=> Interpretation: Je höher die Gesamtpunktzahl, desto besser der kognitive Status.
=> im Anfangsstadium Einschätzung durch Test schwierig!
(1) Orientierung
(2) Merkfähigkeit & (3) Aufmerksamkeit & Rechenfähigkeit
(4) Erinnerungsfähigkeit
(5) Sprache
=> Test kann von Personen durchgeführt, die gewisse Grundvoraussetzungen (Wissen über Demenz) haben & mit dem Test vertraut sind
Schweregradeinteilung Gesamtpunktzahl:
27 bis 30 Punkte: keine Demenz
20 bis 26 Punkte: leichte Demenz
10 bis 19 Punkte: moderate/ mittelschwere Demenz
weniger als 10 Punkte: schwere Demenz
Nenne mögliche auslösende Faktoren für ein Delir.
Delir - Mögliche auslösende Faktoren
hirnorganische Prozesse (Epileptische Anfälle, Raumforderung, SHT, Ischämie, Inflammatorische Prozesse)
systemische Prozesse:
Infektionen (z.B. Pneumonie, Sepsis)
Herzinfarkt/Schock
Hypo- und Hyperglykämien
Exsikkose
Elektrolytverschiebung
Endokrine Störungen
weitere auslösende Faktoren
Medikamente mit delirogenem Potential (z.B. Opiate, Sedativa, etc.), insb. Polypharmazie
sensorische Deprivation (Isolation, Immobilität, eingeschränkte Seh- oder Hörfähigkeit)
Schmerzen
Schlafstörungen
häufiger Ortswechsel, Wechsel von Bezugspersonen
11 Tipps zur besseren Verständigung mit Menschen mit Demenz
Uhrentest - Demenz
Visuell-räumliche Fähigkeiten, abstraktes Denken und Konzeptbildung werden erfasst
Viele verschiedene Versionen existieren
In Kombination mit anderen Testverfahren einzusetzen
=> Eher Einschätzung, ob 2-dimensionale Denken schon beeinträchtigt ist
Demenz - Definition
Syndrom als Folge einer chronischen (mind. 6 Monate) oder fortschreitenden Krankheit des Gehirns
Abbau und Verlust kognitiver Funktionen und Alltagskompetenzen
Störung höherer kortikaler Funktionen (z.B. Gedächtnis, Orientierung)
Bewusstsein ist nicht getrübt
6-Item-Screener - Demenz
Erfasst Verständnis, Konzentration, zeitliche Orientierung und Fähigkeit zum verzögerten Aufruf von drei Objekten
Dauer: 1 Minute ohne Material
Unabhängig von Sehstörungen und feinmotorischen Defiziten einsetzbar
Interpretation: Je höher die Gesamtpunktzahl, desto besser der kognitive Status.
5-6 Punkte: keine kognitive Störung
<4 Punkte: Kognitive Störung ist wahrscheinlich
=> Für kurzzeitige Einschätzung in Ordnung, aber nicht für Diagnosestellung!
Mit welchen Assessmentinstrumenten kann man eine Demenz erfassen?
Assessmentinstrumente zum kognitiven Status
Mini-Mental State Examination (MMSE)
DemTect
Clinical Dementia Rating (CDR)
Alzheimer‘s Disease Assessment Scale (ADAS)
CERAD-NP-Testbatterie (Consortium to Establish a Registry for Alzheimer‘s Disease)
6-Item-Screener
Uhrentest —>nur in Kombination mit anderen Testverfahren
Demenz - welche Symptome?
Demenz - Symptome
Beeinträchtigung...
der Gedächtnisfunktion
des Verstehens & in der Durchführung komplexer Aufgaben
der Urteilsfähigkeit
der räumlich-visuellen Funktionen
der Sprachfunktionen
der Veränderungen im Verhalten
Weitere
Hinlauftendenz (haben Ziel, wo sie hinlaufen)
Verbale Aggressivität (Beleidigungen, Rufen um Hilfe, ohne hilfebedürftige Situation)
Ruhelos, Unruhe
Orientierungseinschränkungen
Verstehen der Situation beeinträchtigt (akustische Signale)
Welche Bereiche adressiert der MMST? - Demenz
Welche Bereiche adressiert der MMST?
Teil 1: Orientierung zu Zeit & Ort, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit & Rechenfähigkeit, Erinnerungsfähigkeit
sowie Teil 2: Sprache
Pflegerische Interventionen - Demenz
Demenz - nichtpharmakologische Maßnahmen?
Nichtpharmakologische Maßnahmen
Nicht medikamentöse Therapien
Verhaltenstherapie: Frühstadium, unterstützt Umgang mit Erkrankung
Kognitives Training: frühes-mittleres Stadium, Schulung von Wahrnehmung, Lernfähigkeit und Denkvermögen
Autobiografische Arbeit: frühes-mittleres Stadium, in Gesprächen werden mit Fotos, Büchern, persönlichen Dingen positive Erinnerungen an frühere Lebensabschnitte wach gerufen
Realitätsorientierung: Alle Stadien, mithilfe von Uhren, Kalendern, Bildern kann z. B. zeitliche Orientierung geübt werden
Musiktherapie: Alle Stadien, im Frühstadium Musik machen, später durch vertraute Melodien beruhigen, Schmerzen lindern
Milieutherapie: Alle Stadien, Ziel Wohnräume, Lebensräume behaglich gestalten, angenehme Materialien/Düfte können positive Erinnerungen wecken und Verhaltensstörungen lindern
Ergotherapie: Frühes-mittleres Stadium, gemeinsames Durchführen und Üben von Alltagskompetenzen, Körperliche Aktivierung hilft Beweglichkeit, Balance zu erhalten, Tanzen/Massagen/etc. können noch bei mittlerer-schwerer Demenz Freude und Aktivität auslösen
Delir- präventive Maßnahmen?
Präventive Maßnahmen zur Vermeidung eines Delirs
Genügend Flüssigkeitszufuhr
Keine Mangelernährung
Ausreichende Mobilisierung, Krankengymnastik
Hinreichende Medikation (bspw. bei Schmerzen), Medikamentenkombinationen und Dosierungen überprüfen
Entzug von Substanzen mit Abhängigkeitspotenzial vermeiden
Strenge Überwachung der perioperativen Phasen
Sensorische Überstimulation vermeiden
Achtung:
Kontrolle von Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr, ggf. Hilfen
Erkennung und korrekte Einordnung von Schmerzen
Entzug von Suchterzeugenden Substanzen manchmal nötig
Delir- nichtpharmakologische Maßnahmen?
Ruhige und sichere Umgebung schaffen
Angehörige und Patient zusammenbringen
Optimales Simulationsniveau mit festem Tag- und Nachtrhythmus
Förderung der Mobilität
Entspannende Musik und Gerüche (Aromatherapie)
Berührungen durch vertraute Personen
Delir bei Demenz - Maßnahmen
Delir bei Demenz
Reorientierungshilfen (Uhr, Kalender, Foto)
Reizabschirmung (Zimmer, Personalwechsel, Lärm)
Sensorische Hilfen (Brille, Hörgerät)
Persönliche Zuwendung, vertraute Bezugsperson
Validierender Umgang
Vorbeugung selbstverletzenden Verhaltens
Fixierung als letzte Option
Hochpotente Neuroleptika in vorsichtiger Dosierung, Bsp. Risperidon 0,25-2 mg/Tag
Benzodiazepine möglichst mit kurzer Halbwertzeit
Clomethiazol (Distraneurin®)
Niederpotente Neuroleptika
Aufmerksamkeit
Gestört
Relativ ungestört
Desorientiertheit
Fast immer
Häufig
Sprache
Inkohärent, Redefluss gesteigert/reduziert
Verarmt, Wortfindungsstörungen, Perseverationen
Halluzinationen, Verkennungen
Gewöhnlich visuell oder
visuell + auditorisch
Selten
Psychomotorik
Ruhelos/ hypoaktiv
Meist unauffällig
Schlaf-Wach-Rhythmus
Tagesschläfrigkeit, Einschlafschwierigkeiten Albträume
Gelegentlich nächtliche Unruhe
Affekt
Labil, schreckhaft, ängstlich, apathisch
In Frühphasen oft depressiv
Körperliche Symptome
Vegetative Symptome
Meist keine
Beginn
Akut, oft nachts
Schleichend
Symptome im Tagesverlauf
Fluktuierend, luzide Intervalle, nachts schlechter
Stabil
Alltagsfragen
Patientenverfügung: Enthält Bestimmungen zu medizinischen Maßnahmen am Lebensende
Vorsorgevollmacht: Adressiert die Notwendigkeit rechtlicher Betreuung
Rechtliche Betreuung: Unterscheidet Bereiche, wie Ämter, Finanzen, Aufenthalt, Gesundheit. Betreuer für „Aufenthalt“ oder „Gesundheit“ kann z. B. eine Unterbringung wegen Eigengefährdung veranlassen
Einwilligungsfähigkeit: Betrachtet wird ob jmd. Eine konkrete Situation einschätzen und eine Entscheidung treffen kann.
Unterbringung: Jmd. Wird gegen den eigenen Willen z. B. in einer psychiatrischen Klinik oder einem Heim untergebracht (geschlossen).
Zwangsmaßnahmen: Z. B. Fixierung, nur für kurze Dauer und unter hohen Auflagen erlaubt. Z. B. Zwangsmedikation auch bei Unterbringung nur mit extra Beantragung
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