Was ist ein DBA?
völkerrechtlicher Vertrag, der zwischen 2 Staaten abgeschlossen wird, um Vermeidung von Doppel- (und Minderbesteuerungen) auf dem Gebiet der Ertragsteuern zwischen den Vertragsstaaten zu erreichen
Wie groß ist die Regelungsweite von DBA und wie ist das Verhältnis zum nationalen Recht?
DBA sind als völkerrechtliche Verträge nicht unmittelbar geltendes Recht, sondern sie bedürfen der Ratifizierung durch den nationalen Gesetzgeber (Art. 59 (2) GG)
DBA begründen keine Besteuerungsansprüche, sondern schränken bestehende innerstaatliche Besteuerungsrechte ein, indem bestimmt wird, welche von mehreren kollidierenden Besteuerungskompetenzen zurückzutreten hat -> sie erfüllen Funktion einer rechtlichen Schranke
-> DBA begründen Steuerkompetenz, nicht Steuerpflicht!
-> DBA können bestehende Besteuerungsrechte beschränken!
Normen des durch Zustimmungsgesetz überführten DBA nehmen einfachen Gesetzesrang ein -> sie stehen auf der gleichen Stufe wie nationale Steuergesetze
§ 2 AO räumt bei wörtlicher Auslegung völkerrechtlichen Verträgen i.S.d. Art. 59 Abs. GG einen Vorrang ein -> DBA gingen aus dieser Sicht den nationalen Steuergesetzen vor
Aber AO ist nur ein einfaches Bundesgesetz, das keinen allgemeinen Vorrang völkerrechtlicher Verträge begründen kann
-> Völkervertragsrecht kann entsprechend der “lex posterior”- Regel durch spöteres innerstaatliches Recht geändert werden, aber nur ein spezielleres nachfolgendes Gesetz kann die DBA-Regelungen beeinträchtigen
Diese Vertragsbrüche werden als “treaty override” bezeichnet
Wie ist ein DBA aufgebaut?
Sofern sich das DBA am OECD-Musterabkommen orientiert:
Persönlicher und sachlicher Geltungsbereich (Art. 1, 2)
Definitionen (besonders wichtig: Ansässigkeit) (Art. 3-5)
Verteilungsnormen (Art. 6-21)
Vermeidungsnormen (Art. 23A, 23B)
Besondere Bestimmungen/Schlussbestimmungen (Art. 24-31)
Wie erfolgt die Bestimmung der Ansässigkeit?
Prüfung der unbeschränkten Steuerpflicht nach nationalem Recht
Ständige Wohnstätte
Mittelpunkt der Lebensinteressen
Gewöhnlicher Aufenthalt
Staatsangehörigkeit
Verständigungsverfahren
-> Es kann nur einen geben!
Wie ist das bei Personengesellschaften geregelt?
PersGes sind nach dt. Steuerrecht weder ESt- noch KSt-pflichtig
daher können sie keine “ansässigen Personen” im Sinne eines DBA sein -> Art. 4 (1) OECD-MA
d.h. die PersGes ist abkommensrechtlich transparent und es ist auf ihre Gesellschafter abzustellen, diese sind abkommensberechtigte Personen
Also betreibt jeder Gesellschafter einer PersGes ein Unternehmen -> es bestehen so viele Unternehmen, wie Gesellschafter vorhanden sind
Wenn also ein dt. Steuerpfl. an einer gewerblichen PersGes in einem DBA-Staat beteiligt ist, hat er eine anteilige gewerbliche Betriebsstätte im anderen DBA-Staat
Welche sind die Verteilungsprinzipien bzgl. Verteilungsnormen?
Ansässigkeitsprinzip: Ansässigkeitsstaat hat Besteuerungsrecht
Quellen-/Ursprungsprinzip: Staat, aus dem die zu besteuernden Einkünfte fließen, bzw. in dem sich das zu besteuernde Vermögen befindet, hat Besteuerungsrecht
Gemischtes Prinzip: beide Staaten haben ein Besteuerungsrecht
Was gilt für Unbewegliches Vermögen (Art. 6 OECD-MA)?
Für unbewegliches Vermögen und die daraus erzielten Einkünfte erhält der Staat das Besteuerungsrecht, in dem das Vermögen belegen ist -> Belegenheitsprinzip (als Ausprägung des Quellen- bzw- Ursprungsprinzips)
Was gilt für gewerbliches Betriebsvermögen (Art. 7 OECD-MA)?
Grds. werden Unternehmensgewinne nur im Ansässigkeitsstaat d. Unternehmens besteuert (Ansässigkeitsprinzip) -> z.B. Direktgeschäfte im Ausland
Quellenstaat hat nur insoweit Besteuerungsrecht, als Gewinne auf eine in seinem Hoheitsgebiert belegene Betriebsstätte entfallen (Betriebsstättenprinzip) (Art. 7 (1) OECD-MA
Definition der Betriebsstätte in Art. 5 OECD-MA
Was gilt für Arbeitseinkünfte (Art. 15 OECD-MA)?
Arbeiseinkünfte aus unselbstständiger Arbeit werden grds. im Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers besteuert (Ansässigkeitsprinzip)
Dies gilt nicht, wenn die Tätigkeit im anderen Staat ausgeübt oder verwertet wird -> dann hat Tätigkeitsstaat Bestuerungsrecht (Tätigkeits- oder Arbeitsortprinzip)
Das Besteuerungsrecht verbleibt jedoch beim Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers (Ansässigkeitsprinzip), wenn folgende 3 Voraussetzungen gleichzeitig vorliegen (Art. 15 (2) OECD-MA):
Der Arbeitnehmer hält sich im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten, der während des betreffenden Steuerjahrs beginnt oder endet, auf und
Die Vergütungen werden von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt, der nicht im anderen Staat (=Tätigkeitsstaat) ansässig ist, und
Die Vergütungen werden nicht von einer Betriebsstätte getragen, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat
Was gilt für Dividenden (Art. 10 OECD-MA)?
Besteuerungsrecht für Einkünfte aus Dividenden liegt grundsätzlich beim Ansässigkeitsstaat des Empfängers (Ansässigkeitsprinzip), Art. 10 (1) OECD-MA
A er der Quellenstaat (Sitzstaat des Schuldners der Dividende) hat ein eingeschrämktes Besteuerungsrecht (Quellensteuerabzugsrecht), Art. 10 (2) OECD-MA:
Maximal 15% des Bruttobetrags der Dividende (Buchst. b)
Ist der Empfänger der Dividende eine KapGes, die an der Dividende zahlenden Gesellschaft unmittelbar zu mind. 25 % beteiligt ist, so beträgt die maximal zulässige Quellensteuer 5% der Bruttodividende (Buchst. a) -> Schachtelprivileg
(innerhalb der EU wird Besteuerung von Schachteldividenden zusätzlich über die Mutter-Tochter-Richtlinie beeinflusst, siehe unten)
-> gemischtes Prinzip
Von großer Bedeutung ist hier der Betriebsstättenvorbehalt:
Der Quellenstaat ist nicht in der Besteuerung beschränkt, wenn die Dividendenzahlung tatsächlich zu einer im Quellenstaat belegenen Betriebsstätte gehört
In diesem Fall gehen die Regeln über die Betriebsstättenbesteuerung denen der Dividendenbesteuerung vor (Art. 10 (4) OECD-MA)
Das MA setzt dabei einen funktionalen Zusammenhang der Dividendenzahlung mit der Betriebsstätte voraus
Was gilt für Zinsen (Art. 11 OECD-MA)?
Besteuerungsrecht für Einkünfte aus Zinsen liegt grundsätzlich beim Ansässigkeitsstaat des Empfängers (Ansässigkeitsprinzip), Art. 11 (1) OECD-MA
Aber der Quellenstaat (Sitzstaat des Schuldners der Zinsen) hat ein eingeschränktes. Besteuerungsrecht in Höhe von 10% (Quellensteuerabzugsrecht), Art. 11 (2) OECD-MA
Auch hier gilt der Betriebsstättenvorbehahlt, Art. 11 (4) OECD-MA
Was gilt für Lizenzgebühren (Art.12 OECD-MA)?
Lizenzgebühren: Vergütung jeder Art für die Nutzung oder das Recht zur Nutzung von Urheberrechten aus literarischen, künstlerischen und wissenschaftlichen Werken
Besteuerungsrecht für Einkünfte aus Lizenzgebühren liegt nur beim Ansässigkeitsstaat des Empfängers der Lizenzgebühr, also des Inhabers des Urheberrechts (Ansässigkeitsprinzip), Art. 12 (1) OECD-MA
Auch hier gilt der Betriebsstättenvorbehalt, falls das Urheberrecht zum Betriebsvermögen einer Betriebsstätte gehört, Art. 12 (3) OECD-MA
Welche Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung gibt es?
Befreiungsmethode (mit Progressionsvorbehalt), Art. 23A
Ansässigkeitsstaat stellt die im Quellenstaat besteuerten Einkünfte frei
Die Einkünfte werden nur im Quellenstaat besteuert und im Ansässigkeitsstaat nicht in die Besteuerungsgrundlagen einbezogen
Allerdings werden die Einkünfte im Ansässigkeitsstaat bei der Bemessung des Steuersatzes berücksichtigt (Progressionsvorbehalt)
Anrechnungsmethode, Art. 23B
Ansässigkeitsstaat besteuert, rechnet aber die im Quellenstaat gezahlte Steuer auf die inländische Steuer an
Einkünfte werden sowohl im Ansässigkeitsstaat als auch im Quellenstaat besteuert
Wie funktioniert die Befreieungsmethode mit Progressionsvorbehalt (Art. 23A)?
Der Progressionsvorbehalt (Art. 23A (3)) ergibt sich nach dt. Recht aus § 32b (1) S. 1 Nr. 3 i.V.m. (2) Nr. 2 EStG
Bei bestimmten - innerhalb des EU/EWR-Raums verwirklichten Tatbeständen, in denen die Einkünfte nach einem DBA freigestellt sind, wird der positive und negative Progressionsvorbehalt ausgeschlossen, §32b (1) S. 1 Nr. 3 i.V.m. Sätze 2 und 3 EStG
Bei bestimmten Drittstaatenverlusten wird der negative Progressionsvorbehalt nach §2a EStG ausgeschlossen (H 2a (Allgemeines) EStH)
Wie funktioniert die Anrechnungsmethode?
Ordent das DBA die Anrechnung an, erfolgt diese in Deutschland
gem. §34c (6) S. 2ff. EStG nach den “allgemeinen Grundsätzen”
des §34c (1) S.2ff. EStG: Anrechnung der ausländischen Steuer auf die dt. Steuer
oder
auf Antrag: Abzug der ausl. Steuer bei der Ermittlung des Einkommens, §34c (2) EStG
gem. §32d (5) S. 2 EStG bei privaten Kapitaleinkünften, die dem besonderen Steuertarif (Abgeltungsteuer) unterliegen
Wann werden die jeweiligen Methoden in den von Deutschland abgeschlossenen DBA angewendet?
Der Befreiungsmethode unterliegen in deutschen DBA in der Regel z.B.:
laufende Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen (Art. 6 (1)) (Ausnahme z.B. DBA-Spanien -> dort Anrechnungsmethode)
Einkünfte aus Unternehmensgewinnen einer ausl. Betriebsstätte (Art. 7 (1))
Einkünfte aus Schachteldividenden (Art. 10 (1) und (2) a))
Einkünfte aus unselbständiger Arbeit (Art. 15 (1))
Die Anrechnungsmethode wird regelmäßig vereinbart für z.B.:
Streubesitzdividenden (Art. 10 (1) und (2) b))
Zinsen (Art. 11 (1) MA)
Lizensgebühren (Art. 12 (1))
Welche abkommensrechtlichen Sonderregelungen gibt es bei Freistellung?
subject-to-tax-Klauseln (=Rückfallklauseln)
zur Vermeidung von “weißen Einkünften” sind in einigen DBS subject-to-tax Klauseln vereinbart
Danach fällt das Besteuerungsrecht (ggf. nur bestimmte Einkünfte) an den Ansässigkeitsstaat zurück, wenn der Quellenstaat von seinem Besteuerungsrecht aus tatsächlichen/rechtlichen Gründen keinen Gebrauch macht
z.B. Art. 23 (2) s) DBA-Irland, Art. 22 (1) a) DBA-Luxemburg, DBA-Italien (Zusatzprotokoll zu Art. 24)
Switch-over-Klauseln
Auf Grund der Switch-Over-Klauseln darf Deutschland (in manchen Fällen auch der andere Vertragsstaat) in Fällen, in denen ein Qualifikations- oder Zurechnungskonflikt zu einer Doppelfreistellung führt oder in denen die Einkünfte im Quellenstaat lediglich einer niedrigen Besteuerung unterliegen, von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode übergehen
Grds. setzt ein solcher Übergang die erfolglose Durchführung eines Verständigungsverfahrens voraus, bei dem sich die Finanzverwaltung nicht auf eine einheitliche Vorgehensweise einigen konnten
Zahlreiche Switch-Over-Klauseln in deutschen DBA, z.B. DBS-Kanada Protokoll Nr. 9, Art. 22 (1) e) DBA-Luxemburg
Was ist der Treaty Override?
Ungeachtet des Status eines DBA hält sich der nationale Steuergesetzgeber nicht vorbehaltlos an das im Rahmen eines DBA Vereinbarte (“treaty override”)
der dt. Steuergesetzgeber versagt in bestimmten Fällen die Vorteile aus DBA, insb. wenn missbräuchliche Gestaltungen zur Erlangung vermeintlich ungerechtfertigter Steuervorteile vorliegen
Bsp. für nachträgliche Einschränkungen v. Rechtspositionen aufgrund v. DBA sind:
§ 50d (1) EStG: Erstattungsverfahren bei bestimmten Abzugssteuern anstatt Freistellung
§50d (3) EStG: vollständige Versagung einer Steuerentlastung bei einer ausl. Scheinholding
§50d (8) EStG: Besondere Nachweisvorschriften bei grenzüberschreitender Arbeitnehmertätigkeit
§50d (9) EStG: Unterschiedliche Auslegung der DBA-Regeln durch die beteiligten Staaten
§50d (10) EStG: Vermeidung von “double dip” Gestaltungen
§20 (1) AStG: Vorrang der Hinzurechnungsbesteuerung gem. §§ 7-18 AStG und §20 (2) AStG vor DBA
Wie funktioniert die Rückfallklausel bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 50d (8) EStG?
Bei unbeschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern wird der im Ausland erzielte Arbeitslohn nur dann freigestellt, wenn der Arbeitnehmer die folgenden Nachweise erbringt:
Für die Einkünfte wurden im Ausland Steuern entrichtet oder
der ausl. Staat hat ausdrücklich auf sein Besteuerungsrecht verzichtet
-> Ziel: Verhindern, dass Einkünfte. i.E. überhaupt nicht besteuert werden, weil der Stpfl. seine Einkünfte im Tätigkeitsstaat pflichtwidrig nicht erklärt hat
Wir funktioniert die Rückfallklausel des § 50d (9) Satz 1 EStG?
Nr. 1 : Die Freistellung der Einkünfte nach einem DBA wird nicht gewährt, soweit der andere Staat die DBA-Bestimmungen so anwendet, dass die Einkünfte bei ihm von der Besteuerung auszunehmen sind oder nur zu einem begrenzten Steuersatz besteuert werden (Qualifikationskonflikt)
Nr. 2 : Die Freistellung der Einkünfte nach einem DBA wird nicht gewährt, soweit der andere Staat die Einkünfte deswegen nicht besteuert, weil sie unter speziell für beschränkt Steuerpflichtige fallen
Um Doppelbesteuerungen durch Quellensteuern (insbes. bei Nr. 1) zu vermeiden, hat der Gesetzgeber mit § 34c (6) Satz 5 EStG eine ergänzende Regelung zur Anrechnung bzw. zum Abzug der ausl. Steuer von der dt. Steuer getroffen
Wie funktioniert der § 50d (10) EStG?
Fiktion, die bestimmte Sondervergütungen zu Unternehmensgewinnen für DBA-Zwecke umqualifiziert
National zählen Sondervergütungender Gesellschafter einer PersGes zu ihren Einkünften aus Gewerbebetrieb nach § 15 (1) S. 1 Nr. 2 S. 1 HS 2 EStG
Nur sehr wenige DBA übertragen diesen Regelungsinhalt zu Sondervergütungen in den Abkommenstext (z.B. Art. 7 (7) DBA-Österreich)
Sofern das jew. DBA keine entspr. Regelungen enthält, bestimmt § 50d (10) EStG als Auslegungshilfe, wie Sondervergütungen zu behandeln sind:
Sondervergütungen sind für Zwecke der Anwendung des DBA ausschließlich als Teil des Unternehmensgewinns des vergütungsberechtigten Gesellschafters anzusehen (gilt auch für die durch das SBV veranlassten Erträge und Aufwendungen) -> gesetzliche Auslegungsnorm
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