Definition Politik
• Wortherkunft: polis (Stadtstaat in der gr. Antike)
• Politik ist Gegenstand
• Politikwissenschaft = Wissenschaft von Politik
Politik kann vieles bedeuten
Krieg
Wahlen
Koalitionsverhandlungen
Migrationsgipfel
Klimaproteste
Breite (allgemeine) Definition Politik
• Soziales Handeln (nicht nur individuelles Handeln)
• Ausgerichtet auf Entscheidungen und Steuerungsmechanismen
• Allg. verbindliche Regeln für eine Gesellschaft (oder zw. mehreren Gesellschaften)
3 Dimensionen des Politischen
Policy:
• Politische Inhalte
• Politikfeld
Politics:
• Politische Prozesse
→ Willensbildungsprozesse
→ Entscheidungsprozesse
→ Implementierungsprozesse (=Umsetzung)
Polity:
• Politischen Strukturen (Institutionen, Organisationen, …)
Merkmale des Politischen + Folgen für
Politikwissenschaft
a) Komplexität politischer Prozesse, Strukturen und Inhalte
- Interdependenzen (= Abhängigkeit) (z.B. mit Wirtschaft / Kultur / etc…)
- Vielschichtige politische Systeme
- Transnationale Prozesse, … (= übernational, mehrere Nationen)
b) Historische Dimension des Politischen
- Pfadabhängigkeiten von Entscheidungen
- Historisch gewachsene Normen (gesellschaftliche Werte)
c) Politische Inhalte sind zumeist „normativ aufgeladen“
- Politik = Ringen um „gut/richtig“
- Politikwissenschaftliche Objektivität damit prekär (=heikel, knifflig)
→ Problem: Werturteilsfreiheit (vgl. Weber)
Politikwissenschaft Definition
Beschreibt, interpretiert und erklärt Ausschnitte der Politik
Etablierung der Wissenschaft
• Jüngste Disziplin → Soziologie, Wirtschaftswissenschaften, Psychologie, …
• Etablierung 1950er → starker Fokus auf „Demokratiewissenschaft“ + politische Praxis
• Seit 1960er → Orientierung in Richtung empirischer Analyse
• 68er Bewegung und Aufstieg normativ – kritischer Perspektive
Empirisch analytisch
• möglichst Werturteilsfrei
• Beschreibung und Erklärung Politik
• sammeln von Daten zu Ereignissen
• Testen von Hypothesen zu Ursache-Wirkungsverhältnissen
• Quantitativ und qualitativ
• naturwissenschaftliche Denktradition
Hermeneutisch
• möglichst objektiv
• Interpretation und verstehen von Politik
• Interpretation & Kontextualisierung von Infos (Bild, Ton, Text)
• tieferes Verständnis von Ereignissen und deren Triebkräfte
• zumeist qualitativ
• Geistes und Kulturwissenschaftliche Perspektive
Normativ-ontologisch
• Orientierung an übergeordneten Idealen
• Bewertung von Politik
• logische Argumentation, historischer Vergleich, Institutionenkunde
• Entwicklung & Rechtfertigung von bestimmten Ordnungsformen
• politische Philosophie
3 Subdisziplinen
Vergleichende Politikwissenschaft:
= Vergleich von:
- Regierungssystemen
- Policyforschung
- Wahlen und Parteien
- Interessengruppen
- Soziale Bewegungen
Internationale Beziehungen:
• Internationale Organisationen
• Sicherheit + Freiheit
• Außenpolitik
• Globalisierung
• Internationales System
Politische Theorie:
• Demokratietheorie
• Gerechtigkeit
• Ideologien
• Ordnungsvorstellungen
• Normen + Werte
Infos:
• Wechselseitige Beeinflussung der Teildisziplinen
• Methodische Vielfalt
Weiter subdiszplinen Politikwissenschaft + Einflüsse angrenzender Disziplinen
Weitere Subdisziplinen:
• Politische Soziologie
• Methoden der Politikwissenschaft
• Politische Ökonomie
• Didaktik der Politikwissenschaft
Einflüsse angrenzender Disziplinen:
• Soziologie
• Wirtschaftswissenschaften
• Psychologie
• Kommunikationswissenschaften
Politikwissenschaft Spielregeln
Nachvollziehbarkeit
• Verständlichkeit
• Transparent und Möglichkeit zur Kritik
• Reproduzierbarkeit und Dokumentation des Forschungsprozesses
Ehrlichkeit:
• keine Manipulation von Ergebnissen /Daten/…
• keine Übernahme ohne Quellenangabe
• aktueller Forschungsstand wird berücksichtigt
Bestmögliche Theorie und Methode:
• harte Testfälle sind zu bevorzugen
• Methofenpluralismus sinnvoll
• geeignete Theorien & Methoden einsetzen
Puzzle = ungelöste Forschungspobleme
• „9/11 Effekt“:
→ Neue Ereignisse stellen bisherige Ansätze in Frage
• „Krach in der Wissenschaft“:
→ Streit zw. verschiedenen Forschungsperspektiven
• „What’s going on?! – Effekt“:
→ Fehlende Erklärung für relevante politische Phänomene (oft hinsichtlich von Veränderungen / Wandel)
Quantitative vs. Qualitative Methode
Quantitativ:
• variablen und Konzepte mittels Zahlen
• statistische Verfahren
• höhere Fallzahlen
• Fokus auf durchschnittlichen Effekt
• generalisierbarkeit, Reproduzierbarkeit, Schätzung von Fehlern und Signifikanz
• aber: Prozesse schwieriger abbildbar, Zahlengläubigkeit, Vereinfachung
Qualitativ:
• Variablen und Konzepte in nicht-numerischer Form
• Fallvergleiche, interpretative Verfahren
• geringere Fallzahlen
• Fokus auf Ursachen(bündel)
• mehr Infos pro Fall, Exploration unbekannter Fälle, Analyse von Kausalmechanismen
• aber: Generalisierbarkeit schwieriger, Überdeterminiertheit von Phänomenen, fehlende Replizierbarkeit
Fazit Politikwissenschaft
• Politikwissenschaftliches Forschen → transparente, nachvollziehbare mit angemessener Methode durchgeführte Analyse von relevanten Fragestellungen
• Kausale Beziehungen aufdecken ist herausfordernd → da Experimente häufig nicht möglich
→ Zentral: Berücksichtigung von alternativen Erklärungen
Idealtypischer Vergleich der Regierungssysteme nach Steffani
Fraktionsdisziplin = Ausmaß bezeichnet, in dem die Mitglieder einer parlamentarischen Fraktion ein einheitliches Abstimmungsverhalten zeigen
Folgen Abberufbarkeit
• Parlament und Regierung eng verbunden
• Institutionelle Verschränkung zw. Mehrheit im Parlament und Regierung
→ Kontrolle durch Minderheit (Opposition)
• Vertrauen Parlament in Regierung entscheidend
• Auflösungsrecht ermöglicht Disziplinierung
• Wahlfunktion des Parlaments häufig zentral
Folgen fehlender Abberufbarkeit
• Parlament und Regierung unabhängig voneinander
• Organschaftliche Gewaltenteilung erfordert Kooperation zwischen Legislative + Exekutive
• Fehlendes Auflösungsrecht verhindert Disziplinierung
• Gesetzgebungsfunktion zentral
Kritik an Steffanies Unterscheidung (vgl. Croissants)
• Was bedeutet Abberufbarkeit aus politischen Gründen?
• Semi-präsidentielle Systeme:
→ Direktwahl Präsident
→ Weitreichende Kompetenzen Präsident
→ Regierung mit eigenen Kompetenzen, die von Vertrauen des Präsidenten und des Parlaments abhängig ist
• Mischformen z.B. Frankreich oder Schweiz
Unterscheidung Mehrheits vs. Konsensdemokratie (Definition)
Mehrheitsdemokratie:
• Machkonzentration ermöglicht zügige Umsetzung von Regierungsprogramm
Konsensdemokratie:
• Machtteilung und -kontrolle setzt „durchregieren“ enge Grenzen
Konsensdemokratie vs Mehrheitsdemokratie
Judical Review = gerichtliche Überprüfung
Einordnung USA/Deutschland
Folgen Regierungschef- und Demokratietypen
(Konsens und Mehrheitsdemokratien)
• Problem der Operationalisierung exekutiver Macht
• Kritik an „kinder &gentler“ These: andere Faktoren relevant
Konsensdemokratien:
• als „kinder and gentler „Demokratien (Lijphart)
• Egalitärer, partizipativer, Repräsentation von Minderheiten
• Bessere Performanz in Sozial- und Umweltpolitik
Mehrheitsdemokratien:
• Neigen zur Exkursion von Minderheiten
• Beispiel USA: auf erster Dimension majoritär (größerer Teil einer bestimmten Menge)
→ Hier: deutliche Tendenzen in jüngerer Vergangenheit von verschärfender Polarisierung trotz Checks & Balances
Fazit Mehrheits- und Konsensdemokratie
• Vergleich von Regierungssystemen klassischer Bereich der Vergleichenden Politikwissenschaft („Vergleichende Regierungslehre“)
• Reiner Fokus auf Hauptinstitutionen → verdeckt wichtige Dimensionen (z.B. Föderalismus, Parteien, Wahlsysteme)
• Politikfolgen durch institutionelle Struktur = Polity wirkt auf Policy
Beispiele für Policyunterschiede
- Sozialpolitik
- Wirtschaftspolitik
- Umweltpolitik
- Steuerpolitik
→ Allerding: Unterschiede auch durch andere Faktoren hervorgerufen!
Wahlen Bedeutung
• Wahlen als zentrales Selektionsverfahren für moderne politische Systeme (insbesondere für
Demokratien)
• Besetzung von Ämtern und Bestimmung der politischen Richtung (Repräsentation /
Responsivität), Partizipation, Legitimation, friedliche Konfliktlösung, …
• Kernelement von demokratischen Systemen
→ Wahlgrundsätze: allgemein, gleich, frei, direkt, geheim
Merkmale Wahlsystem
Wahlkreiseinteilung:
• Anzahl der Wahlkreise
• Anzahl der Mandate pro Wahlkreis → Proportionalität des Wahlergebnisses (Stimmen vs. Mandate)
• Anzahl der repräsentierten Wähler pro Wahlkreis
Wahlbewerbung und Stimmabgabe:
• Listen vs. Einzelkandidaturen
→ Starre, lose gebundene, frei Liste
• Stimmabgabe:
→ Anzahl der abgebbaren Stimmen (kumulieren, panaschieren)
Stimmenverrechnung:
• Majorz - (Mehrheitswahlsystem)
→ Relativ oder absolut
• Proporzregel (Verhältniswahlrecht)
→ Verschiedene Verrechnungsverfahren möglich; Grundprinzip: Proportionalität von Stimme und Mandat
→ Sperrklauseln möglich
Melde- und Wahlpflichten:
• Möglichkeit zur Wahlpflicht auch in Demokratien
• Meldeverfahren zur Wahl
Wahlsystem in Deutschland
• personalisierte Verhältniswahl
• Erststimme vergibt Direktmandat mit einfacher Mehrheit für Wahlkreis
• Zweitstimme bestimmt Sitzverteilung
• Sperrklausel: 5%-Hürde / 3 Direktmandate (Disproportionalitätseffekt)
• Ausgleichsmandate führen zu Proportionalität (seit 2013)
• Zweite Kammer, Bundesrat: keine Direktwahl
Wahlsystem USA
• Mehrheitswahl in Einerwahlkreisen
• Getrennte Wahlen für Präsident (über Wahlmännergremium), Repräsentantenhaus; Senat
• Unterschiedliche Wahlzyklen: Präsident alle 4 Jahre, House alle 2 Jahre, Senat alle 2 Jahre für 1/3
Wahlsystem Deutschland vs USA
Gerrymandering = Manipulation von Wahlkreisgrenzen
Divided Government = geteilte Regierung
Definition und Funktion von Parteien in Demokratien
• Parteien als gruppe gleichgesinnter Personen, die sich organisiert am politischen
Willensbildungsprozess beteiligen, in dem sie…:
→ Um Stimmen in Wahlen werben (vote seeking)
→ Politische Ämter besetzen (office seeking)
→ Und damit Politik zu beeinflussen (policy seeking)
Zentrale Funktion:
1) Bindeglied- und Netzwerkfunktion
2) Interessenvertretung
3) Legitimationsfunktion
4) Personalrekrutierung
5) Kontrollfunktion
Parteien und Gesellschaft
Parteien repräsentieren Individuen und Gruppen
Spiegeln gesellschaftliche Konfliktlinien wieder
→ Kirche vs. Staat
→ Stadt vs. Land
→ Kapital vs. Arbeit
→ Materialismus vs. Postmaterialismus
→ Globalisierungsgewinner vs. -verlierer
Merkmale von Parteiensystemen
Typologie nach Sartori (1976): Anzahl + ideologische Distanz
o Einparteiensysteme
o Zweiparteiensysteme
o Vielparteiensysteme (moderat: geringe ideologische Distanz; polarisiert: große ideologische Distanz)
→ Begrenzt pluralistisch (3-5)
→ Extrem pluralistisch (mehr als 5)
Merkmale Parteiensysteme
• Wo positionieren sich Parteien im politischen Spektrum?
→ Typische Unterscheidung zwischen links und rechts (andere Konfliktlinien möglich)
→ Abhängig von jeweiliger Position zu bestimmten politischen Fragen
→ Politikwissenschaft untersucht u.a. Parteiprogramme und Expertenbefragung um Partei auf dem ideologischen Spektrum zu verorten
• Positionierung gibt Aufschluss über ideologische Polarisierung
Parteiensystem Deutschland / USA im Vergleich
Fazit Wahlen / Parteien
• Wahlen / Parteien sind zentrale Themengebiete der Politics-Dimension
• Unterschiede können tiefgreifende Auswirkungen auf Politikgestaltung – u. inhalte besitzen
• Gegenwärtige Entwicklungen des Parteiensystems problematisch für Demokraten
• Auch in etablierten Demokratien können Basisprozesse (Wahlen) ausgehöhlt / delegiert werden
Definition Wohlfahrtsstaaten
• Soziale Sicherheit als eines drei zentralen Element von Staatsbürgerschaft (Citizenship) neben zivilen Freiheitsrechten und politischen Partizipationsrechten (Marshall 1950)
• Absicherung gegen soziale Risiken durch staatliche Leistungen
• Staat ist nicht die einzige Institution im Kontext wohlfahrtstaatlicher Politik
• Erweiterter Fokus: Welfare Regime (Wohlfachtsregime) Esping-Andersen 1990
→ Komplexes System, das soziale Risiken eindämmt
→ Interaktion zwischen Staat, Markt und Familie
→ Mehr als klassische Sozialpolitik (z.B. Renten- / Arbeitslosenversicherung)
Sondern auch: Kündigungsschutz, Bildungspolitik, Kinderbetreuung, Steuerpolitik, Gesundheit, …
Historische Entwicklung Wohlfahrtsstaat
• Wohlfahrtsstaat = Antwort auf funktionale Anforderung moderner Industriegesellschaften
• Neue Risiken der Marktwirtschaft
• Wegbrechen traditioneller sozialer Netze (Familie, Standesorganisation)
• Staat interveniert, um Wirtschaftsmodell aufrechtzuerhalten
• Bsp.: Einführung erster Sozialpolitik in Deutschland unter Bismarck
• Funktionalistische Erklärung deutet auf Konvergenz zwischen verschiedenen Staaten hin
• Aber: Soziale und politische Mobilisierung der Arbeiterschaft beeinflusst Herausbildung
verschiedener Wohlfahrtstaaten
• Wohlfahrtsstaaten formen sich aus bestehenden staatlichen Strukturen
• Grundperspektiven zur Entstehung von Wohlfahrtsstaaten
a) Funktionalistisch
b) Klassen-basiert
c) Institutionalistisch
• Weiterer Ausbau von Wohlfahrtsstaaten nach Ende des zweiten Weltkriegs
• Rolle sozialdemokratischer Parteien + Bewegungen bei der Einführung egalitärer
Wohlfahrtspolitiken: starke linke Parteien, Spaltung rechter Parteien, starke Gewerkschaften
→ Stärkere Dekommodifizierung
• Schwächen des sozialdemokratischen Erklärungsmodell:
→ Einfluss des internationalen Systems
→ Starke Wohlfahrtsstaaten auch unter christdemokratischer Führung
→ Andere Faktoren: Wandel der Arbeitswelt, Demographie, Pfadabhängigkeit
Drei Regime von Wohlfahrtsstaaten
Liberales Regime (USA)
→ Wohlfahrtspolitik als letzter Schutz bei Marktversagen
(residual / Anglo-Saxon welfare model)
Sozialdemokratisches Regime (Schweden)
→ Universelle Bereitstellung von Wohlfahrt an alle Bürger
(social-democratic / scandinavian model)
Konservatives Regime (Deutschland)
→ Wohlfahrt verknüpft mit Leistungen im Arbeitsmarkt
(conservative model)
Wohlfahrtsstaat bsp Deutschland
• Verankerung des sozialen Bundesstaats im GG (Art. 20)
• Mehr Ausgaben für Sozialpolitik als für alle anderen Politikfelder
• Sozialversicherungssysteme zentral: finanziert aus Beiträgen der Arbeitnehmer und -geber
• Ergänzt durch steuerfinanzierte Programme (z.B. Sozialhilfe)
• Starke gesetzliche Regulierung des Arbeitsmarkts
• Ausgleichsmechanismen im Bundesstaat
• Tendenz in Richtung sozialdemokratischer Wohlfahrtsstaat seit 1970er (Bsp. Familienpolitik)
Wohlfahrtsstaat bsp USA
• USA als klassisches Beispiel für liberales Modell des Welfare State
• Im Vergleich geringere staatliche Sozialausgaben, aber steigend, und „versteckt“ („hidden welfare State “)
• Private Leistungen zentral, ergänzt durch große staatliche Programme für Alte (u.a. Medicare + Social Security) und Einkommensschwache (u.a. Medicaid), Steuervergünstigungen (z.B. Child Tax Credit)
• Geringere gesetzliche Regulierung des Arbeitsmarkts
• Große föderale Unterschiede hinsichtlich des Leistungsniveaus
• Krise der Gesundheitspolitik (Nicht- und Unterversicherung; Opiod-Crisis)
• Schwäche sozialdemokratischer Bewegungen in den USA
Wohlfahrtsstaaten in der Krise?
• Globalisierungsdruck kann zu Rückbau von Sozialpolitik führen
(Bsp.: Großbritannien unter Thatcher)
• Aber: Genereller Trend nicht zu identifizieren
(Kompensations- These, Bs.: USA in 60er vs. 80er) → parties matter
• Relativ stabile Welfare Regimes in Skandinavien
• Bsp.: Hartz-Reformen: Wettbewerbsdruck und Einführung restriktiverer Sozialpolitik in
Deutschland unter SPD-Führung
• Zunehmende Ungleichheit als Ausdruck inneffektiver Sozialpolitik
• Trumps Wahlsieg 2016: Gefühlte oder tatsächliche Verlierer der Globalisierung?
Fazit Wohlfahrtsstaat
• Wohlfahrtsstaatsregime: Staat, Familie, Markt
• Entwicklung: funktionalistisch, klassenbasiert, institutionalistisch
• Drei Welten der Welfare Regimes: liberal, konservativ, sozialdemokratisch
• Bedeutung politischer Parteien für die Entwicklung unterschiedlicher Regime
• Wohlfahrtsstaat gerät unter Druck: Globalisierung, Finanzierung, Demographie
Internationale Politik:
= Gesamtheit von Interaktionen, die auf verbindliche Verteilung von Werten (materiell & nicht – materiell) und die Regelung von Konflikten jenseits staatlicher Grenzen gerichtet ist (vgl. Schimmelfennig 2008)
Außenpolitik Definition
= Staatliches Handeln, das sich auf Regelung internationaler Interaktionen richtet
Themenfelder internationale Beziehungen
• Kriege, Konflikte, Frieden auf internationaler Ebene
• Internationale Zusammenarbeit + internationale Organisationen (zu verschiedenen Gegenständen: Klima, Rüstung, Handel, …)
• Traditioneller Fokus auf zwischenstaatliche Interaktion (Staat A kooperiert mit / bekämpft Staat B)
• Zusammenspiel zwischen internationaler und domestischer Ebene
• Aber auch nicht-staatliche Akteure und Institutionen sind wichtig
Die großen „Schulen“ der internationalen Beziehungen
• Hauptdenktraditionen der IB „Großtheorien“
• Historische Entwicklung
• Schulen werden immer stärker aufgebrochen
• Erster Ansatzpunkt zum besseren Verständnis der internationalen Politik
• Zunächst stark normative Orientierung
• Heute: starker empirisch-analytischer Fokus
Erklärung / Ursachensuche für internationale Phänomene
Großtheorie Liberlismus / Institutionalismus
Liberalismus / Institutionalismus:
o nach WK1 entstanden, Wurzeln reichen zurück zum politischen Liberalismus(Kant 1795)
o Möglichkeit internationaler Kooperation und Institutionenbildung
o Zunächst stark normative Prägung: Idealismus
Neoliberaler Institutionalismus (Keohane / Nye 1977):
o Fokus auf Staaten und Kooperation in Regimen
Liberale Theorie (Moravcsik 1997):
o Fokus auf gesellschaftliche Akteure und deren Wirkung auf zwischenstaatliches Handeln
Großtheorie Realismus
Realismus
o Aus Kritik am „Idealismus“ entstanden
o Streben nach Macht zentral
o Skepsis ggü. internationaler Kooperation und Institutionenbildung
o Klassischer Realismus: Zunächst stark Fokus auf Machtstreben als Ausdruck der Natur desMenschen (Morgenthau 1948)
Neuere empirisch-analytische Varianten:
o Neorealismus (Waltz 1979): Streben nach Sicherheit
o Internationales System determiniert Staatenverhalten (Verteilung von Machtressourcen, Polarität des Systems)
Großtheorie Marxismus
Marxismus:
o Ökonomische Bedingungen entscheidend für internationale Politik
o Aus marxistischer Gesellschaftskritik entstanden (Marx / Engels 1848)
o Kapitalistische Gesellschaftsordnung und Klassenkampf zentral
Neue empirisch-analytische Varianten:
o Weltsystemtheorie (Wallerstein 1979): Internationales System als integriertes kapitalistisches System dominiert von politisch-ökonomischen Eliten
Großtheorie Konstruktivismus
Konstruktivismus
o Politische Wirklichkeit ist sozial konstruiert
o Wirkungsmacht von Ideen und Normen
o Analyse von kommunikativen und performativen Prozessen
o Kritik an rational-choice basierten Theorien
o Staatszentrierter Konstruktivismus: Anarchie des internationalen Systems ist „konstruiert“ – d.h. auch revidierbar („anarchy is what states make of it“, Wendt 1999)
o Sozialer Konstruktivismus: Rolle gesellschaftliche Normprozesse für internationale Politik (Risse 2000)
Internationale Beziehungen Fazit
• Theorien sind das „Netz“ zum Einfangen der empirischen Wirklichkeit
• Zentrale Funktion (für unsere Zwecke): Erklärung von Ursache-Wirkungszusammenhängen
→ Kausalgenetisch
• Großtheorien liefern konkurrierende, aber auch ergänzende Erklärungsansätze
• Kleine, aber feine Unterschiede: welche Akteure, welche Handlungslogik, welche Analyseebene?
Entstehung des theoretischen Arguments:
(Theorie des demokratischen Friedens)
• Ursprüngliches Argument: Immanuel Kant (1796)
→ „Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf“
• Zur liberalen Friedenstheorie weiterentwickelt:
→ Michael Doyle (1983)
→ Ernst-Otto Czempiel (1996)
Zentrale Bausteine der Theorie:
a) Argument des Kosten-Nutzen-Kalküls
b) Institutionelles Argument
c) Argument gesellschaftlicher Normen
Argument des Kosten-Nutzen-Kalküls:
Bürger wissen um „Drangsale des Krieges“: (Kant)
• Selbst zu fechten
• Kosten des Krieges aus ihrer eigenen Habe herzugeben
• Verwüstung, die er hinter sich lässt, kümmerlich zu verbessern
• verbitternde, nie zu tilgende Schuldenlast selbst zu übernehmen
Rationale Erwägung (Risikoversion der Bürger in Demokratien)
Sowohl materielle Opfer (Wohlstandverlust durch Kriege) als auch menschliche Opfer (höhere Opfersensibilität in Demokratien)
Institutionen:
Kant:
• Beistimmung der Staatsbürger dazu erfordert wird, um zu beschließen, ob Krieg sein soll oder nicht
• alle Drangsale des Krieges über sich selbst beschließen müssten
• sie sich sehr bedenken werden, ein so schlimmes Spiel anzufangen
Mitwirkung von Parlamenten (Repräsentationsinstanz von risikoaversen Präferenzen aus Argument a) bei Entscheidung über Krieg und Frieden
Dazu zählt auch: Wiederwahlinteresse der Politiker stellt sicher, dass keine Kriege gegen Interessen der Mehrheit geführt werden
Normen:
• Innergesellschaftliche Normen: „moralische Anlage im Menschen“ und „gesittete Völker“ (Kant)
• Demokratien üben gewaltfreie Konfliktlösung bei innergesellschaftlichen Fragen ein
• Normatives Muster entsteht → überträgt sich auf Verhalten nach außen
• Friedensbund gleichgesinnter Demokratien: Muss es einen Bund von besonderer Art geben, den man den Friedensbund (foedus pacificum) nennen kann (um) alle Kriege auf immer zu endigen (Kant)
Demokratien führen keine Kriege gegeneinander, weil sie sich als gleichgesinnt wahrnehmen(ähnliche Normen & Werte teilen)
Anpassung der Theorie des demokratischen Friedens
Demokratischer Frieden vs. Demokratischer Krieg
a) Kosten-Nutzen Kalkül:
o Demokratien führen begrenzte Kriege gegen schwache Gegner
o Risiko für Wählerschaft wird gesenkt (RMA; Berufsarmeen, …)
b) Institutionen:
o Mitbestimmungsdefizite und schwache Parlamente (Czempiel 1996)
o Wirkung von inter-demokratischen Institutionen (z.B. Nato)
c) Normen:
o Ambivalenzen demokratischer Normen (können Gewalteinsatz legitimieren)
o Bsp.: Humanitäre Interventionen (Kosovo 1999, Libyen 2011)
Regime Change mit Ziel Demokratieförderung (Irak 2003)
Doppelbefund
• Dyadischer Befund: keine Kriege zwischen Demokratien
• Aber: Kriege von Demokratien gegen Nicht-Demokratien
Fazit (Theorie des demokratischen Friedens)
• Dyadischer Befund: Frieden zwischen Demokratien, Gewalt gegen Autokratien
• Monadischer Befund nicht bestätigt!
• Ursache für demokratische Kriege: Kosten-Nutzen, Institutionen, Normen
• Demokratien unterscheiden sich untereinander stark und verhalten sich sehr unterschiedlich
• Alternative Erklärungsansätze (vgl. Hasenclever 2010)
→ Frieden zwischen Demokratien als Allianzfrieden?
→ Ausbeutungsfrieden westlicher Industriestaaten?
EU Status quo
• 27 Mitgliedsstaaten
• 450 Mio. Bürger
• Neben China und USA größter Wirtschaftsraum
• Ausdifferenziertes Entscheidungssystem mit eigenen Institutionen (supranationale Ebene) und Mitwirkung der Staaten (intergouvernemental)
• Gemeinsames Rechtssystem sichert gleiche Rechte (trotz bestehender nationaler Systeme)
Supranational vs intergouvernemental
supranationale Ebene
Ausdifferenziertes Entscheidungssystem mit eigenen Institutionen
intergouvernemental
Mitwirkung der Staaten
Historische Entwicklung EU
• Mitgliedsentwicklung:
→ BRD, Fra, It, Be, Ne, Lux
+ DK, GB, Irl (EWG 1973)
+ Grie (1981)
+ Port, Spa (1986)
+ Fin, Öst, Swe (1995)
+ Est, Let, Lit, Malt, Pol, Cz, Slowenien,
Slowakei, Ung, Zyp (2004)
+ Bul, Rum (2007)
+ Cro (2013)
- UK (2020 Brexit)
• Sektorale und territorial Ausweitung der EU
• Vertiefung und institutionelle Ausdifferenzierung
• Rückschritte: Scheitern EVG 1954, Scheitern der Europäischen Verfassung 2005
• Nicht nur große Vertragsschritte, auch inkrementelle Reformen und Weiterentwicklung des EU-Rechts
Wichtige Vertragsschritte EU
Tiefkräfte europäische Integration:
Theoretische Modelle identifizieren unterschiedliche Ursachen für die Entwicklung der EU
• Von außen oktroyierte Integration nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs?
• Gelenkte Integration durch Europas Staatsmänner?
• Fortschreitende Integration aus funktionaler Notwendigkeit?
• Fortentwicklung durch supranationale Akteure?
• Integration entlang kompatibler gesellschaftlicher Interessen?
Integrationstheorien EU (vgl. Bieling / Lerch)
Was ist die EU?
• Akteursqualität
• Policy-Reichweite
• Binde- und Rückwirkung ggü. Nationalstaaten
• Entscheidungssystem
= EU nicht allein Völkerrechtssubjekt, sondern Staat?
Traditionelle Merkmale eines Staates nach Jellinek (1914)
1) Staatsgebiet
2) Staatsvolk
3) Staatsgewalt
Merkmale eines politischen Systems: vgl. Hix & Easton
• Stabiler institutioneller Rahmen für Verfahren kollektiver Entscheidungen
• Einflussstreben der Individuen innerhalb des Systems (Inputdimension)
• „authorative allocation of value“ – Easton 1957 (= maßgebliche Wertzuweisung)
• Interaktion zwischen Anforderungen und Output (Feedback)
Europäisches Parlament (Art. 14 EUV)
• Volksvertretung der EU
• Direktwahl von derzeit 705 Mitgliedern für eine Periode von 5 Jahren
• Mitentscheidungsrecht ggü. Rat und Kommission in fast allen Politikfeldern im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens
• Kontrollfunktion durch Einsetzung von Untersuchungsausschüssen
• Misstrauensantrag ggü. Amtsführung der Kommission
Europäischer Rat (Art. 15 EUV)
• Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten, ständiger Ratspräsident, sowie Präsidentin der Kommission
• Tritt mindestens zweimal jährlich zusammen und gibt der Union „die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt die allgemeinen politischen Zielvorstellungen für diese Entwicklung fest“
• Berichtspflicht ggü. dem Europäischen Parlament
• Ständiger Vorsitz durch vom Rat gewählten Präsidenten (Charles Michel)
Rat der Europäischen Union (Ministerrat) (Art. 16)
• Legislativorgan zusammen mit Parlament (Gesetzesvorlagen durch Kommission)
• Besitzt Ernennungsrechte für Mitglieder von EU-Institutionen
• Je ein Minister pro EU-Land (wechselnde Zusammensetzung, je nach Themengebiet)
• Abstimmungsregel „doppelte Mehrheit“: Zustimmung durch 55% der Ratsmitglieder, die mind. 65% der EU-Bevölkerung repräsentieren (Art. 16 EUV 4-5)
• Konsensprinzip im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik
• Wechselnder Vorsitz (Ratspräsidentschaft)
Europäische Kommission (Art. 17 EUV)
• Legislativ-, Exekutiv-, Kontroll- und Repräsentationsfunktionen
• Supranationales Organ zur Wahrung der Verträge und Weiterentwicklung der Integration
• 27 Mitglieder, Kollegialorgan unter Vorsitz der Präsidentin (Ursula von der Leyen)
• Wahl der Präsidentin alle 5 Jahre durch EP auf Vorschlag des ER
Kommissare ausgewählt durch Präsidentin und Rat (Vorschlagsliste mit QME)
EP bestätigt Kollegium; ER setzt Kommission ein mit QME
• Abrufbar durch EP
• Exekutivfunktion: Umsetzung + Überwachung von Ratsbeschlüssen / Gemeinschaftsrecht; Insbesondere: Wahrung des freien Wettbewerbs
• Legislativfunktion: Initiativrecht bei Rechtsakten der EU (agenda-setting)
• Repräsentativfunktion: Vertretung der Gemeinschaft in Beitritts- und
Assoziierungsverhandlungen mit Drittstaaten und in internationalen Organisationen
• Hoher Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik (Art. 18 EUV)
Gerichtshof (Art. 19 EUV)
• Judikative des EU-Systems: Rechtssprechung, Einhaltung des EU-Rechts, „Schiedsrichterfunktion“
• Supranationale Institution mit 27 Richtern durch Regierungen der Mitglieder ernannt
• Hauptsächliche Verfahrensarten:
1) Vertragsverletzungsverfahren (Kommission / Mitglieder od. Mitglied / Mitglied od. EU-Organe untereinander)
2) Vorabentscheidungsverfahren
3) Untätigkeitsklagen (gegen EU-Organe)
4) Nichtigkeitsklagen (gegen EU-Rechtsakte)
Fazit EU:
• Europäische Integration weiter fortschreitend, stärkere Integration als je zuvor
• Nationalstaatliche Interessen bestehen fort: führt zu Konflikten (siehe Brexit, Klimapolitik,Ukrainehilfe)
• Demokratische Defizite schränken Legitimität ein (z.B. zu lange Legitimationsketten, geringe Wahlbeteiligung EP)
→ Aber: Einige alte Argumente gelten so nicht mehr (bspw. „schwaches Parlament“)
→ Neue Herausforderung; Demokratiequalität in Mitgliedsstaaten
Wichtigste Institutionen + welche supranational
• Europäisches Parlament - s
• Europäischer Rat
• Rat der Europäischen Union (Ministerrat)
• Europäische Kommission - s
• Europäischer Gerichtshof - s
Warum ist das Thema Nato gerade heute relevant?
• Russischer Angriffskrieg in Ukraine gefährdet europäische Sicherheit
• Nato als IB Thema:
Macht und militärische Allianzen (Neorealismus)
Internationale Organisation (Institutionalismus )
Interessen der Mitgliedsstaaten (liberale Theorie)
Aber auch: Werte, Identitäten, Wahrnehmungen (Konstrukvismus)
Konzept der Sicherheitsgemeinschaft Nato:
• Ausgangspunkt: Puzzle der Überlebensfähigkeit der Nato / transatlantische Beziehungen
• Sicherheitsgemeinschaften erklären Stabilität von Kooperation über Zeit
• Zuerst entwickelt von Karl W. Deutsch und Kollegen; später konstruktivstisch interpreert
• Mehr als macht- und interessenbasierte Gruppierungen
• Unterscheidung zwischen pluralistischer und amalgierter Sicherheitsgemeinscha
Architektur der Sicherheitsgemeinschaft
(NATO)
Vertrauen als zentrale Ressource der Sicherheitsgemeinscha:
NATO
• Akteur davon überzeugt, dass Kooperationspartner gleiche Werte und Interessen teilt -> Werte der Sicherheitsgemeinschaft
• Transparenz und Erwartungssicherheit -> bedeutsame Kommunikation
• Akteure stabilisieren gegenseitige Rollenerwartung und überzeugen Partner von eigener Rolle -> gemeinsames Handeln
Institutionelle Merkmale Nato:
• Internationale Organisation mit Sitz in Brüssel
• Polikfeldspezifisch und intergouvernemental
• Einstimmigkeitsprinzip bei Entscheidungen in Nato-Rat
• Generalsekretär als Leiter der Organisation (mit eigenständiger Rolle und Vermittler)
• NATO-Saceur (Oberbefehlshaber der NATO), militärische Führungsfunktion (Hauptquarer SHAPE)
• Gemeinsames Budget, ansonsten „costs lie where they fall“
• Ca. 10.000 Mitarbeiter
• System kollektiver Verteidigung
• Kein Automatismus: Vertrauensproblem
• Kernnorm in Arkel 5, Washingtoner Vertrag
Kernnorm in Artikel 5, Washingtoner Vertrag:
• Bewaffneter Angriff gegen eine/mehrere Mitglieder wird als Angriff gegen alle angesehen
• Beistandsleistung: Maßnahmen treffen, einschließlich der Anwendung von Waffengewalt, die sie für erforderlich erachten
• Um die Sicherheit des nordatlantischen Gebiets wiederherzustellen und zu erhalten
Wichtige historische Wegmarken (1949-1990)
Bewältigung der Vertrauenskrise in den 1960er NATO
• Mauerbau 1961 und „schwache Reaktion“ der USA steigern Misstrauen ggü Beistandgarane USA in Europa
• Annäherung D-Frau irriert USA -> erste Krise der Nato
• Kennedy versucht Vertrauen wiederherzustellen (vgl. Daum 2008)
• Europa-Reise 1963
• Rückversicherung der USA-costly signal:
„will risk ist cies to defend yours“
“Ich bin ein Berliner”
Trump und Misstrauen in der Sicherheitsgemeinschaft:
• Trump greift Sicherheitsgemeinschaft auf allen drei Säulen an (Werte, Handel, Kommunikaon)
o Nähe an Autokraten, Artikel 5
o Burden-sharing, Afghanistan
o Offene Attacken gegen Partner
• Massives Misstrauen entsteht
• Gegenbewegungen
o Kongress versucht Vertrauen zu sichern
o Materielle Bausteine bleiben bestehen (Truppen in Europa)
• Konflikt wird erst mit neuem Präsidenten überwunden
Fazit NATO
• Nato / transatlantische Beziehungen wandlungsfähig und stabil, da mehr als nur Interessengemeinschaft
• Wandel der NATO von Verteidigungsbündnis, über Intervenonsgemeinschaft - zurück zur Territorialverteidigung nach 2022
• Attraktivität des Bündnis zeigt auch geplante NATO-Norderweiterung (Fin, Swe)
• Allianzinterne Konflikte können durch Vertrauensinterakon überwunden werden
• Aber: Allianz nach wie vor von USA stark abhängig, US-Wahlen von 2024 könnten dramatische Folgen haben
John Rawls Theorie der Gerechtigkeit:
Ausgangspunkt und grundlegende Fragestellungen:
John Rawls (1921-2002) Hauptwerke: „A Theory of Justice” (1971), “Political Liberalism” (1993)
Wiederbelebung einer normativen politischen Theorie
Zwei zentrale Fragestellungen:
(1) Wie können die Regeln einer modernen, freien Gesellschaft so gestaltet werden, dass diese möglichst gerecht ist?
(2) Wie kann eine gerechte und stabile Gesellschaft funktionieren, wenn darin Menschen mit unterschiedlichen religiösen, philosophischen und moralischen Vorstellungen zusammenleben?
Grundbausteine der Gerechtigkeit als Fairness:
• Fokus: Grundstruktur Gesellschaft (nicht individuelle Verhaltensnormen)
• Grundprinzipien müssen für Gerechtigkeit sorgen, sonst bleibt Gesellschaft instabil
• Moderne Form des Gesellschaftsvertrags: alle Mitglieder sollten Grundprinzipien der Gesellschaft anerkennen
• Aber: rationale Entscheidung der Individuen (homo oeconomicus), keine moralische oder
metaphysische Entscheidung
Urzustand (John Rawls Theorie der Gerechtigkeit)
• Hypothetischer „Urzustand“ als zentrales Gedankenexperiment
• Keine Kenntnis über eigene Position in künftiger Gesellschaft
Vom Schleier des Nicht-Wissens zum Maximin-Prinzip:
• Ermöglicht von eigenen partikularen Interessen gereinigten Standpunkt
• These: Unter diesen Bedingungen wählen vernünftige Bürger/innen das Maximin-Prinzip
• Rawls: „alle sozialen Werte – Freiheit, Chancen, Einkommen, Vermögen und die sozialen Grundlagen der Selbstachtung – sind gleichmäßig zu verteilen, soweit nicht eine ungleiche Verteilung jedermann zum Vorteil gereicht)
• So gleich wie möglich, so ungleich wie nötig (Möglichst großer Anteil an Grundgütern, möglichst kleines Risiko)
• Risikoscheue Individuen; Ziel ist die Maximierung des Minimums
Gerechtigkeits-Grundsätze (Rawls):
1. Grundsatz: „Jedermann soll gleiches Recht auf das umfangreichste System gleicher
Grundfreiheiten haben, das mit dem gleichen System für alle anderen verträglich ist“
2. Grundsatz (=Differenzierungsprinzip): „Soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten sind so zu gestalten, dass
a) Vernünftigerweise zu erwarten ist, dass sie zu jedermanns Vorteil dienen und
b) Sie mit Positionen und Ämtern verbunden sind, die jedem offen stehen“
➔ Gerechtigkeit als Fairness
➔ Erster Grundsatz vorrangig, da wenig problematisch
➔ Zweiter Grundsatz mit Sprengstoff: hohe Hürden an gesellschaftliche Ungleichheit
➔ „Niemand hat sich seine besseren natürlichen Fähigkeiten oder einen besseren Startplatz in der Gesellschaft verdient“ (Rawls)
➔ Geht nicht nur um gleiche Grundrechte, sondern auch um faire materielle Verteilung
Kritik am Maximin-Prinzip:
(Theorie der Gerechtigkeit)
• Risikoscheu als einzige denkbare Option?
• Sind materielle Ungleichheiten immer „unverdient“?
• Unrealistische Prinzipien? Enorme Anforderung an Umverteilung in einer marktwirtschaftlich organisierten Gesellschaft
• Vorrang des „Rechten vor dem Guten“ (vgl. Schwaabe)
• „Nach der Gerechtigkeit als Fairness dagegen akzeptieren die Menschen von Anfang an einen Grundsatz der gleichen Freiheit für alle, ohne im einzelnen ihre Ziele zu kennen. Damit verstehen sie sich faktisch dazu, ihre Vorstellungen vom Guten den Grundsätzen der Gerechtigkeit anzupassen oder wenigstens keine Ansprüche zu stellen, die ihnen unmittelbar entgegenstehen“ (Rawls 1975)
Debatte zwischen Kommunitarismus und Liberalismus:
• Kommunitarismus kritisiert Vorrang des „Rechten vor dem Guten“ bei Rawls
• Jede Vorstellung von Gerechtigkeit ergibt sich aus Vorstellungen vom Guten
Kritik (z.B. Michael Sandel)
(Theorie der Gerechtigkeit Rawls)
• Vorstellungen des Guten, werden in spezifischen Gemeinschaften gebildet, und nicht aus
individuellen, rationalen Entscheidungen heraus (wie bei Rawls Liberalismus)
• Falsche Grundvorstellung: Menschen sind immer in Gemeinschaften eingebettet (z.B. Familie, …)
• Woher soll Bereitschaft zum Teilen kommt, wenn nicht aus Gefühle zur Verbundenheit (z.B. Solidaritätsgemeinschaft)
• Laut Kommunitaristen vergisst Rawls Theorie eine Grundvoraussetzung fürs Funktionieren von Gesellschaften (Loyalität und Überzeugungen)
• Menschen orientieren sich in ihrem Handeln an Regeln der Gemeinschaften, an sozialen Normen
• Kommunitaristen betonen Bedeutung von Rechten und Pflichten der Bürger: Engagement, Gemeinsinn, Patriotismus als Ethos
Fazit Theorie der Gerechtigkeit
Fazit:
• Rawls zweites Buch geht auf Kritiker ein: Gerechte Gesellschaft trotz Interessenvielfalt
(Pluralismus)
• Moderne Gesellschaften basieren auf friedliche Koexistenz und müssen unterschiedliche Vorstellung vom „Guten“ akzeptieren: „es geht darum, dass in einem demokratischen Verfassungsstaat das öffentliche Verständnis von Gerechtigkeit so weit wie möglich von kontroversen philosophischen und religiösen Lehren unabhängig sein sollte“ (Rawls 1992)
• Kommunitaristische Gemeinschaften können aus ausgrenzend wirken
• Rawls Gerechtigkeit als Fairness ist schwer umsetzbar, aber lenkt Fokus auf problematische Ungleichheit in Gesellschaft
Demokratie
= Schlüsselbegriff der Politikwissenschaft
• Zentral für politikwissenschaftliche Debatten
• Hohe gesellschaftliche Relevanz
Ideengeschichtliche Wurzeln Demokratie:
• Herkunft des Wortes der griechischen Antike Volk (demos) + politische Macht (kratein)
• Attische Demokratie als Form der direkten Demokratie (5-4 Jhrd v. Chr.)
→ Volksversammlung = zentraler Ort politischer Entscheidungen für den Stadtstaat
→ Nur männliche, freie Bürger (Ausschluss u.a. von Frauen, Sklaven)
• Wiederentdeckung der Volksherrschaft ab dem 18. Jahrhundert:
→ Direkte Demokratien in großen Flächenstaaten nicht einfach umsetzbar
→ Komplexität moderner Gesellschaften verlangt Spezialisierung
→ Wie kann Herrschaft durch Volk hier gelingen?
Veränderungen des Demokratiebegriffs:
• Vom negativen Begriff (Herrschaft des Pöbels) zum positiven besetzten Konzept (erst relativ spät ab 19 Jh)
• Anreicherung des Begriffs
→ Von reiner Partizipation der Bürger hin zu ausdifferenzierter Institution und politischer
Repräsentation
→ Volkssouveränität bei Jean-Jacques Rousseau; Gewaltenteilung bei Locke und Montesquieu
• Schlüsselrolle der USA
→ „Erfindung“ politischer Repräsentation in großem Flächenstaat
→ Verbindung von Volkssouveränität + Gewaltenteilung
→ Ausweitung des Wahlprinzips im Laufe des 19. Jhd
• Ausdehnung des Verständnisses von politischer Teilhabe
Enge und breite Demokratiedefinition:
• Enge Definition: Besetzung politischer Ämter auf Zeit durch freie und faire Wahlen
• Robert Dahl: Demokratien = schwer erreichbare Idealvorstellung, aber nicht beschränkt auf Wahlen, sondern auch Wettbewerb
• Genauere Definition für „polyarchie“ anhand von Kriterien (Dahl)
1. Freedom to form and join organizations
2. Freedom of expression
3. Right to vote
4. Eligibility for public office
5. Right of political leaders to compete for support and for votes
6. Alternative sources of information
7. Free and fair elections
8. Institutions for making government policies depend on votes and Expressions of preference
Varianten der Demokratiemessung:
• Vom theoretischen Konzept zur Bestimmung von Demokratien
• Auch Messung von Demokratien kann breiter oder enger Definition folgen
• Bekannte Ansätze (vgl. Schmidt)
→ Polity IV/V
→ Freedomhouse
→ Varieties of Democracy (V-Dem)
Ansätze Demokratiemessung
Stärken und Schwächen von Demokratien
Demokratien vs. autokratien:
• Elektorat in Demokratien größer -> tendenziell größere Gemeinwohlorientierung (z.B. mehr Ausgaben für Militär in Autokratien)
• Geringeres Ausmaß an Gewalt gegen Opposition; Demokratien untereinander friedlich
• Output in vielen Politikfeldern tendenziell überlegen
• Einfluss von Drittvariablen nicht einzuschätzen
→ Demokratie vs. Rechtsstaat
→ Wirtschaftlicher Wohlstand teilweise wichtiger als Demokratiequalität, z.B. für Sozialausgabenquote
• Trotzdem: Democracies matter (Bsp: Umweltpolitik, Bildungspolitik, Gesundheitspolitik)
Fazit Demokratieheorien und Messung
• Unterschiedliche Definitionen und Messmethoden
• Ausbreitung Demokratie im Zeitverlauf
• Neue Gefahren
→ Aushöhlung der Demokratien durch „global governance?“
→ Globalisierung schränkt demokratischen Gestaltungsspielraum ein
→ Gefährdung individueller Freiheit durch neue Technologien
• Output von Demokratien ist Autokratien tendenziell überlegen
Dekommodifizierung
Abkopplung Sozialer Sicherheit vom Arbeitsmarkt
Zuletzt geändertvor 10 Monaten