Was sind Vorteile des Fünf-Faktoren-Modell? (FFM)
Fünf Faktoren als generelle, stabile und (vergleichsweise) universelle Eigenschaftsdimensionen die eine umfassende Beschreibung sowie Vorhersage interindividueller Unterschiede der Persönlichkeit erlauben.
Vorgehen des FFM ist datengeleitet, nicht theoriegeleitet
reliable und ökonomische Erfassung mit z.B. NEO-PI-R bzw. NEO-FFI
Die „Big Five“ auf Basis des FFM stellen die bekannteste und am häufigsten genutzte Taxonomie von Traits dar. Die Big Five des FFM sind trotz ihres überwältigenden Forschungsvolumens nicht ohne Kritik.
Was ist die Kritik von Jack Block am FFM?
Lexikalischer Ansatz
Nicht unumstritten (finden sich wirklich alle psychologisch sinnvollen Konstrukte in Alltagssprache wieder)?
Subjektivität
Problem 1: Reduktionsschritte bei Cattell nicht durchweg objektivierbar.
Problem 2: schon Cattell fügte Begriffe zur Allport-Odbert-Liste hinzu.
Datenbasis
(Fast) alle frühen Ergebnisse/Modelllösungen basieren auf Cattells Variablenset bzw. Daten; Norman erstellte zwar neue Liste, ordnete Begriffe dann aber den 5 Faktoren zu (ohne neue Faktorenanalyse).
Faktorenanalytisches Vorgehen
Angestrebte Unabhängigkeit (Orthogonalität) nicht gegeben.
Unklarheit über Anzahl der Faktoren (5±X), z.B. HEXACO-Modell (Ashton & Lee 2005/2008) 6ter Faktor: Aufrichtigkeit-Bescheidenheit (honesty-humility).
Um welchen 6 Faktor würde das HEXACO-Modell (Ashton & Lee) ergänzt?
Ehrlichkeit – Bescheidenheit
Personen mit hohen Ausprägungen sind bescheiden, fair, nicht-manipulativ, regelgetreu, wenig interessiert an Reichtum und Luxus und weisen ein eher gering ausgeprägtes Statusdenken auf.
teils in Domäne Verträglichkeit bzw. der Facette Freimütigkeit und Bescheidenheit des FFM (bzw. NEO-PI-R) repräsentiert.
Was ist die Kritik am FFM von Hans-Jürgen Eysenck?
Generalität der fünf Faktoren
Drei der fünf Faktoren (Offenheit, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit) stellen eher Primärfaktoren des generelleren Faktors Psychotizismus dar.
Anzahl der Faktoren
Meta-Analysen über faktorenanalytischen Studien zum FFM sprechen laut Eysenck eher für drei anstatt für fünf generelle Faktoren der Persönlichkeit.
Theoriemangel
Fünf-Faktoren-Modell trifft keine Aussagen zu einer theoretischen Grundlage der fünf Faktoren. Das FFM stellt laut Eysenck in der Tat eher ein „Modell“ dar.
Ermangelung einer biologischen Basis
Fünf-Faktoren-Modell trifft keine Aussagen zur biologischen Verknüpfung zwischen genetisch/biologischen und Verhaltensunterschieden sondern ist rein deskriptiv und nicht explanativ.
Was sind die Grundannahmen der Fünf-Faktoren-Theorie?
Big Five als “Basistendenzen”
Variabilität in universellen, biologisch und teils umweltbedingt determinierter Eigenschaften
-> bestimmen Verhalten mit (Proaktivität)
Wie unterscheiden sich Big Five, FFM, FFT?
Big Five: Deskriptive, via Faktorenanalysen gewonnene Faktoren aus lexikal. Studien
Five-Factor Model (FFM): Hierarchische Beschreibung v. Persönlichkeitsfaktoren
Five-Factor Theory (FFT): Theorie zum FFM
Was sind die Grundlagen der revidierten FFT?
Basistendenzen
biologisch verankerte Traits, die zu dispositionalen Mustern des Denkens, Fühlens und Verhaltens beitragen
entwickeln sich u.a. durch genetische Variabilität inter- individuell unterschiedlich.
Gene werden an-/ausgesch- altet und tragen so über die Lebensspanne zum Reif- ungs-/Alterungsprozess bei.
Genetische Ausstattung ist zu >99.9% identisch, weshalb sich die gleichen BT u. ähn- liche normative Trends über verschiedene Kulturen zeigen sollten.
Biologische Reifung
Entwicklung von B durch biol. Entwicklung.
Veränderung in biol. Prozessen geht mit Veränderungen in BT einher
Umwelteinflüsse
bilden historische, kulturelle, soziale/situative Bedingun- gen, in denen sich BT entfalten.
kulturelle Normen, soziopoli- tische Einflüsse
erzieherische/soziale Entwicklungskontexte (Familie, Lehrer, Peers..,)
individ. Lebensereignisse...
Charakter. Anpassungen:
von BT und extern. Einflüssen geformt. Ermöglichen Anpassung an Situationen u. Lebenslagen. Sie sind indiv. Reaktionen auf historische, kulturelle, soziale u. situative Umwelteinflüsse.
CA umfassen:
Motive/Bedürfnisse, Ziele, Interessen
Werte, Überzeugungen, Einstellungen
Selbstkonzept (Selbstwert, Selbstkontrolle, Fähigkeits- selbstkonzept)
Fertigkeiten, Kompetenzen
Jede Messung der BT zu einem gegebenen Zeitpunkt mit einer bestimmten Methodik (z.B. NEO-PI-R) ist zunächst erst einmal eine Messung der CA.
Erst eine Messung über ver- schiedene Zeitpunkte und Messmethoden (z.B. Selbst- bericht, Beobachtung, biol. Messungen) hinweg können BT adäquat abbilden.
Objektive Biografie
Konkretes Erleben/Verhalten
Wie ist die Empirische Evidenz der FFT?
Universalität de basistendenzen
McCrae (2000): Hohe Replizierbarkeit der Fünf- Faktoren-Lösung über Sprachen, Länder und Kulturen
Kulturelle Universalität der Persönlichkeitsstruktur
Erblichkeit der Basistendenzen
Höhere Messgenauigkeit steigert die Erblichkeitsschätzung für die Big Five von 47% auf 63%.
Intrinsische Reifung von Basistendenzen
Abnehmender Trend für Extraversion bzw. Zunahme an Introvertiertheit mit steigendem Alter
Was sind Grundlegende Annahmen der (deskriptive) Persönlichkeitstheorie von Hans-Jürgen Eysenck (PEN-Theorie)
Einsatz der Faktorenanalyse zur Identifikation grundlegender Persönlichkeitseigenschaften (wie Cattell, FFM-Vertreter)
Persönlichkeit ist maßgeblich durch Genetik bzw. biologische Faktoren determiniert
Hierarchisches Persönlichkeitsmodell: 3 Dimensionen auf hohem Abstraktionsniveau
Kontinuierlicher Übergang zwischen normalem Verhalten und psychischen Auffälligkeiten
Welche zwei grundleenden Aufgaben hat die Wissenschaft der Persönlichkeit nach Eysenck?
Beschreibung: Identifikation von grundlegenden Persönlichkeitsdimensionen, in denen sich Personen unterscheiden (PEN Modell)
Erklärung: Identifikation der kausalen Faktoren, die Persönlichkeitsmerkmalen und Unterschieden zugrunde liegen (Psychophysiologische Aktivierungstheorie)
Was ist das PEN-Modell?
3 Superfaktoren (Typen) der Persönlichkeit?
P: Psychotizismus vs. psychische Gesundheit und soziale Angepasstheit
Kern des Psychotozismus
Einzelgänger
Unruguhig, unanpassungsfähig
kein Einfühlsvermögen
Sadistisch
E: Extraversion vs. Introversion
Kern der Extraversion
Soziabilität
Positive Emotionalität
Aktivität
N: Neurotizismus vs. Emotionale Stabilität
kern des Neurotizismus:
Tendenz zum negativen Affekt
Emotionale Labilität
Wie unterscheiden sich Extra- und introvertierte?
Extravetierte:
risikobereiter
Aufregung erhöht Leistung
Berufe mit sozialen Interaktion
Suche nach Abwechslung
sexuell aktiver, häufiger Partnerwechsel
sexueller/aggressiver Humor
leicht beeinflussbar
Introvertierte:
risikovermeidend
vorsichtig
Aufregung stört Leistung
Berufe mit wenig sozialer Interaktion
wenig Bedürfnis nach Neuem
intellektuelle Witze bevorzugt
sexuell weniger aktiv
weniger beeinflussbar
Was ist der Unterschied zwischen Deskriptiven und Explanativen Theorien?
Deskriptive Theorien
Explanative Theorien
korrelative Traittheorien
multimodal-kausale Traittheorien
Vertreter: Cattell, FFM etc.
vertreter: Eysenck, Zuckerman etc.
erfordert zunächst Ordnung und Systematik in die Vielzahl von Eigen- schaftsbegriffen, Situations- und Verhaltensbereiche zu bringen
darauf aufbauend können Erklärungsversuche für das Zustandekommen dieser Systematik unternommen werden
Was sind die Grundlegenden Annahmen der Biopsychologischen Theorien der Persönlichkeit?
Unterschiede in zentralen Persönlichkeitseigenschaften sind auf Unterschiede in neurobiologischen Systemen zurückzuführen (hirnphysiologische Systeme, Neurotransmitter, Hormone)
Individuelle Unterschiede in neurobiologischen Systemen sind teilweise genetisch bedingt, können aber durch Erfahrungen verändert werden
Die Persönlichkeitstheorie von Hans-Jürgen Eysenck: Das PEN Modell? Psychophysiologische Aktivierungstheorie? Was ist deskriptive Theorie? Was ist explanative Theorie?
Pen Modell
Deskriptive Theorie
Identifikation von grundlegenden Persönlichkeits- dimensionen, in denen sich Personen unterscheiden
Psychophysiologische Aktivierungstheorie
Explanative Theorie
Identifikation der kausalen Faktoren, die Persönlichkeitsmerkmalen und Unterschieden zugrunde liegen
Was erklärt die Psychophysiologische Aktivierungstheorie?
2 Aktivierungssysteme
Ansprechbarkeit und Tonus des aufsteigenden retikulären Aktivierungssystems (ARAS) als neuroanatomische Basis der Extraversion
Ansprechbarkeit und Tonus des visceral brain systems (VBS) als neuroanatomische Basis des Neurotizismus
Neurobiologische Grundlage der Dimension Extraversion (PAT)
Genetisch bedingte Unterschiede in der Ansprechbarkeit und Tonus des aufsteigenden retikulären Aktivierungssystems (ARAS) im Hirnstamm als Basis der Extraversion (ARAS: Projektionen aus der formatio reticularis u.a. zum Thalamus, Hypothalamus und Cortex)
ARAS reguliert die Erregung (Arousal) des Gehirns, bzw. den Grad der Wachheit vom Tiefschlaf bis hin zur höchsten kortikalen Erregung
ARAS wird erregt durch sensorische Reize, kognitive Aktivität (& das VBS)
Was sind Kernthesen des PAT?
1. Zentrales Postulat:
Introvertierte weisen ein höheres habituelles Arousal im ARAS als Extravertierte auf und sind daher bereits bei niedriger bis mittlerer Stimulation überdurchschnittlich aktiviert!
2. Transmarginale Hemmung:
bei stark erregenden Situationen greift ein Schutzmechanismus, der das Arousal wieder sinken lässt (Schutz vor Übererregung bei starker Stimulation)
->Die transmarginale Hemmung setzt bei Introvertierten früher als bei Extravertierten ein
Generell existiert ein umgekehrt U-förmiger Zusammenhang zwischen Arousal und Wohlbefinden sowie der Leistung: Menschen fühlen sich am wohlsten und zeigen die beste Leistung bei einem positiven Hedonischem Tonus (Punkt/Bereich optimaler Stimulation).
3. Das optimale Arousal („keine Langeweile, aber auch keine Überstimulation“)
…ist bei Introvertierten bei einem geringeren Aktivierungsgrad als bei Extravertierten erreicht
->Folge: Introvertierte bevorzugen ein geringes Ausmaß an Stimulation!
-> In reizarmen Situationen zeigen Introvertierte höheres Arousal und damit bessere Leistungen als Extravertierte (=TAV).
Was ist das Drogenpostulat von Hans-Jürgen Eysenck? Was war Eysencks Hypothese dabei?
Idee zur kausalen Überprüfung der Arousal Theorie:
experimentelle Manipulation der kortikalen Erregung durch pharmakologische Substanzen: Auswirkung auf extra- und introvertierte Verhaltensweisen?
Eysencks Hypothese:
Stimulantien (Koffein, Nikotin)
erhöhen kortikales Arousal
und sollten von E besser „toleriert“ werden
Sedativa (Alkohol, Benzodiazepine)
vermindern kortikales Arousal Experimente
und sollten von I besser „toleriert“ werden
Fazit
-> Eysenck‘s Drogenpostulat konnte in der experimentellen pharmakologischen Forschung bisher nicht konsistent bestätigt werden.
Jedoch: Extravertierte konsumieren im Alltag tendenziell mehr Nikotin und Koffein (aber auch Alkohol).
Neurobiologische Grundlage der Dimension Neurotizismus
neurotische Personen zeigen bereits bei niedriger Reizintensität eine Aktivierung des visceral brain systems (= limbisches System)
->niedrige Aktivierungsschwelle, starke Reagibilität (z.B. der Amygdala)
Amygdala reguliert autonome Reaktionen (z.B. Aktivierung des Sympathikus),
Emotionsverarbeitung-/bewertung und emotionale Zustände
limbisches Systems wird u.a. erregt durch emotional belastende, bedrohliche Reize
Lässt sich Eysenck‘s Theorie zum Neurotizismus empirisch bestätigen?
Fazit aus aktueller Meta-Analyse (Servaas et al., 2013)
Zusammenhang zwischen erhöhter Amygdalareaktivität auf negative Reize & N nicht konsistent bestätigt
Persönlichkeitsmerkmale vermutlich besser durch Funktionalität neuronaler Netze als via Aktivität einzelner Hirnregionen erklärbar
Beispiel: verminderte Konnektivität zwischen anteriorem cingulären Cortex (ACC) mit Amygdala bei hohen N Werten
->verminderte Top-down Regulation neg. Emotionen durch präfrontale Areale
Bewertung der Aktivierungstheorie
Befundlage zu biopsychologischen Korrelaten von Extraversion stützt trotz einiger Inkonsistenzen Eysencks Annahmen (s. Stemmler et al., 2011, S. 285ff)
Präzise beschriebene Theorie (gute Überprüfbarkeit der Extraversionstheorie)
Annahmen zu biopsychologischen Korrelaten von Neurotizismus konnten eher nicht bestätigt werden (s. Stemmler et al., 2011, S. 292ff, v.a. Problem der Annahme eines einheitlichen Activation-Mechanismus - Komplexität des Limbischen Systems!)
Theorie dennoch sehr fruchtbar für weitere explanative Theorieentwicklung (u.a. Zuckerman, Gray etc.) und auch heute noch von sehr hohem exemplarischem Wert
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