Merkmale von Institutionen (diesfalls: Schule)
Schule = inszenierte Form[1] von Sozialisation
Schule als Organisation = Schule als Zusammenspiel von Personen, Ressourcen, …
Schule als Institution = Schule hat eine gesellschaftliche und soziale Bedeutung
=>„Institutionen zielen auf die dauerhafte Bewältigung von Kernaufgaben einer Gesellschaft.
—> Um dies leisten zu können müssen Institutionen Gestalt haben“
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[1] Trotz kultureller Differenzen generell kongruente, wiederkehrende Strukturen und Eigenschaften (Klassen, Klassenzimmer, …)
Kernelemente dieser Gestalt nach Parson:
Technologien[1] (Weitergabe von Wissen, Fertigkeiten, …)
Selbsterhaltung[2] (Verwaltung, Finanzierung, …)
Integration (gemeinsame Werte und Deutungsmuster, Leitperspektiven im Bildungsplan, …)
Adaption (Mechanismen, die Institution mit der Außenwelt zu verbinden; Verortung Schule in Gemeinde, Zusammenarbeit mit Eltern[3], …)
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[1] goal attainment subsystems
[2] pattern maintenance
[3] Z.B. Mitgestaltung der Schule durch u.a. Eltern
Was ist das Spezifische von Bildungsinstitutionen im Vergleich zu anderen Institutionen im Bereich Politik, Kirche oder Rechtswesen?
Gemeinsamkeit aller Institutionen: „produzieren“ in Gut/Dienstleistungen—> stützen sich dabei auf ihr je spezifisches Know-how Erfüllung ihrer Aufgaben und Funktionen
Gemeinsamkeit aller Institutionen
: „
Besonderheit einer sozialen Institution ergibt sich v.a. aus der in ihr entwickelten „Technologie“[1] der Aufgabenbewältigung („eigentümlich“; weiche Technologien)
sozialen Institution
Schule
Schule produziert seelische Strukturen von Kindern und Jugendlichen & erzeugt Wertorientierung und Fähigkeiten
Arbeit an der psychischen Formgebung des Menschen/Menschenbildung
Kulturübertragung; Bewahrung kultureller Tradition und Erhaltung kultureller Identität
=> Besonderheit ergibt sich aus der rationalen Organisation von Lernprozessen, bei vielen Inhalten & im Hinblick auf hochkomplexe Fähigkeiten
==> „people processing organizations“[2]
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[1] spezifischen Methoden, Verfahren und Herangehensweisen hinzuweisen, die in einer Institution entwickelt und angewendet werden, um ihre Aufgaben zu bewältigen
[2] Hauptfunktion der Schule darin besteht, Menschen zu bilden, ihre Fähigkeiten zu entwickeln
Zentraler Fokus
Bildungsinstitutionen sind „Orte der Methodisierung von Lehren und Lernen”
Zentraler Fokus: Inhalte und Methoden des Lehrens sind in Bildungsinstitutionen im Auftrag externer Instanzen gestaltet und arrangiert
Zentraler Fokus:
Makro-Organisation
Meso-Organisation
Mikro-Organisation
= u.a. gesetzliche Vorgaben, Entwicklung von Programmen, Bereitstellung von Ressourcen, Personalförderung („Teaching Know-how“), Rahmenlehrplan, Prüfungen
= u.a. Schulprogramm, Bereitstellung von Ressourcen, Fächerkanon/Fachübergreifender Unterricht, schulinterner Lehrplan, Aufgabenkultur (lehrerübergreifend), Stundenpläne
= konkrete U-Planung
systematische Analyse der Lernziele: Richtziel, Grobziel(e), Feinziel(e)
Berücksichtigung der individuellen Lernvoraussetzungen
Konstruktion einer (kognitiv) anregenden Lernumgebung
Evaluationssystem zur Überprüfung des Lernfortschritts
Einrichtung korrektiver Lernarrangements
=> In Schule wird Sozialisation ‚vergesellschaftet‘ und „spontane und unstete Formen der Erziehung und des Lehrens und Lernens in geplante und stabile transformiert
Sozialisation
= mit einer Gesellschaft verbinden
=> Der Prozess der Entstehung und Bildung der Persönlichkeit in wechselseitiger Abhängigkeit von der gesellschaftlich vermittelten sozialen und materiellen Umwelt.
Sozialisation geschieht unter aktiver Beteiligung des Subjekts durch Interaktion, Kommunikation, Erleben und Tätigkeiten.
Sozialisationsprozesse sind abhängig von historischen, kulturellen, materiellen und gesellschaftlichen Bedingungen der Umgebung
Der Begriff „Sozialisation“ umfasst das Gesamt von …
Entwicklung: die Entwicklung angeborener Persönlichkeitsmerkmale oder der individuelle Reifungsprozess in Auseinandersetzung mit einer Umwelt
Lehre und Erziehung: beide sind intentional (absichtlich)
und mitgängigem Lernen (nicht-intentionale Internalisierung von Kultur)
=> Erziehung und Unterrichtung wird als Teil der Sozialisation angesehen.
Definition Lehren
Definition Didaktik
Definition Erziehung
Lehren: altgermanisch leren: jemanden wissend machen − intentionaler, d.h. beabsichtigter Prozess − geprägt durch Subjekt, Objekt, Ziel, Inhalt, Medium
Didaktik = Lehre von der Lehre (griechisch didaksein: lehren)
Erziehung
= die planmäßige Tätigkeit, durch welche Erwachsene das Seelenleben von Heranwachsenden bilden“. (Dilthey 1924; zit. nach Lenzen 1999)
= „soziale Handlungen, durch die Menschen versuchen, das Gefüge der psychischen Disposition anderer Menschen in irgendeiner Hinsicht dauerhaft zu verbessern oder ihre als wertvoll beurteilten Komponenten zu erhalten.“
Schnittmengen und Abgrenzung Sozialisation mit Erziehung/Unterricht
Erziehung bewusst intendiert und Sozialisation ist etwas Beiläufiges
Emanzipation, aber auch Teilhabe an der Gesellschaft
=> Erziehung und Unterricht = Teil der Sozialisation
Sind Bildungsprozesse planbar?
Unterschied vergesellschafteten Form und mitgängiges Lernen
Nur planbar, aber ob gelernt wird ist nicht beeinflussbar
Mitgängiges Lernen durch Zeigen und Abschauen
Funktion von Schule
Differenzierung Funktion und Aufgabe
Funktion
Aufgabe
= „Leistungen, die die Schule in Anhängigkeit von der Gesellschaft und für diese erbringt“
„Leistungsverhältnis zwischen Schule und ihren Adressaten“
Schule als „Instrument des Staates“
Fokus: gesellschaftliche Anforderungen
Was leistet die Schule für die staatliche Gemeinschaft, die sie organisiert?
Welchen Nutzen zieht die Gesellschaft aus den Schulen?
Staatliche Regelungen (Verfassung, Schulgesetz, Verordnungen)
Variation der Aufgaben von Schule in Abhängigkeit zu gesellschaftlichem Wandel
Fokus: Konkretes Handeln der Lehrperson im Schulkontext
Beispiele: Unterricht (Erziehung, Bildung), Förderung, interkulturelles/globales Lernen, Betreuung
Arten von Funktionen
Qualifikationsfunktion
Personalisationsfunktion
Sozialisationsfunktion
Enkulturationsfunktion
Selektionsfunktion (Allokation)
Funktion d. Schule:
Kindern und Jugendlichen die Kenntnisse, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Einstellungen zu vermitteln, die sie für weitere Lernprozesse, für den späteren Eintritt in den Arbeitsprozess und für die allgemeine Lebensbewältigung benötigen.
=> Ausdifferenzierung von Schule in Fächer/Lernbereiche, Jahrgänge, Schularten, Regelungen für Abschlussprüfungen etc.
dem einzelnen Kind und Jugendlichen zur höchstmöglichen Entfaltung seiner persönlichen Anlagen und Befähigungen zu verhelfen, systematisch die geistigen und seelischen Kräfte zu entfalten und ihm dabei Erziehung und Bildung zukommen zu lassen
Erschließen und Fördern von Lern- und Leistungsdispositionen
ganzheitliches, multidimensionales Lernen
Differenzierung, Umgang mit Heterogenität
Förderangebote, positive Verstärkung
Schule als „Lebensraum“
Kindern und Jugendlichen die soziokulturellen Ordnungen und Maßstäbe (Normen) der Gesellschaft, der sie angehören, zu vermitteln, damit das von der Sozietät gewünschte oder erlaubte Verhalten möglichst gewährleistet ist
Mensch als Gemeinschaftswesen und Vergesellschaftung des Menschen (normative Setzungen!)
Balance zwischen Rollenerwartungen von außen (vgl. hier auch unterschiedliche Sozialisationsinstanzen) und eigenen Selbst-Konzepten
Generierung gesellschaftlicher Handlungsfähigkeit (incl. der Möglichkeit mündiger Partizipation im Sinne gesellschaftlicher Transformation)
Entkulturationsfunktion
Kinder und Jugendliche kulturelle Traditionen, die dem Überleben und dem „guten Leben“ der Menschen im europäischen, christlich-humanistisch geprägten Raum dienen, aneignen zu lassen, um so einerseits kulturelle Rückschritte zu vermeiden und andererseits die Kulturvermittlung voranzubringen.
Mensch als Kulturwesen
„Erlernen der tradierten Kultur bzw. der regional und temporär vorhandenen kulturellen Lebensformen und deren produktive Weiterführung“
Herausforderung: zunehmende „kulturelle“ Ausdifferenzierung der Gesellschaft („Leitkultur“?)
in Anlehnung an das Leistungsprinzip der Gesellschaft durch ihr Benotungs-, Zeugnis- und Berechtigungssystem Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene für die Platzierung im Gesellschaftssystem auszulesen
heutige Gesellschaft = funktional ausdifferenziert
Steuerung der Positionierung in der Berufs- und Sozialstruktur über Zeugnisse und Zertifikate
Leistungsprinzip als Verteilungsprinzip (strittige Grundannahmen!)
Verhältnis von Segregation und Integration?
Funktion des Schulsystems …
Qualifikation (Lehre und Unterricht):
Für das Berufs- und Beschäftigungssystem
berufsrelevante Kenntnisse & Fertigkeiten
Für das politische System
Vermittlung v. Wissen, & Denkfähigkeit und politischer Bildung
informierte Entscheidungen zu treffen
Rechte zu kennen
aktiv am demokratischen Prozess teilzunehmen.
Für die Sozialstruktur
Vermittlung v. Wissen, Fähigkeiten und Bildung
um später im soz. Gefüge erfolgreich agieren zu können.
Selektion (Prüfungen, Berechtigungen):
Identifikation v. individuellen Fähigkeiten, Interessen & Potenzialen
Beratung = Selektionsinstrumente
Identifikation v. indiv. Fähigkeiten, Interessen & Potenzialen
auf unterschiedliche Wege innerhalb der Sozialstruktur gelenkt.
Effiziente Verteilung von Ressourcen
Positionen entsprechend den indiv. Fähigkeiten und Qualifikationen.
Sozialisation „Schulleben“ Rollenerwartungen
Definition: Integration v. SuS in die soz. Normen, Werte & Verhaltensweisen des Arbeitslebens & der Gesellschaft.
berufliche Identität
verstehen soziale Strukturen im Arbeitsumfeld
auf die Anforderungen des Berufslebens vorbereitet.
Integration von SuS in die Werte, Normen und Prinzipien einer demokratischen Gesellschaft
=> Entwicklung von politischem Bewusstsein
Verantwortungsbewusstsein
Förderung von Bürgerschaft, die sich aktiv für das Gemeinwohl einsetzt.
Integration v. SuS in die Werte, Normen und Verhaltensweisen
Aufgaben der Schule
konkrete Umsetzung der Funktionen im Unterrichtsalltag zum Gegenstand
Bewältigung von jeweils aktuellen, wechselnden Anforderungen aus den Lebenslagen der SuS + aus schulrelevanten gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen
Die Aufgaben der Schule im Allgemeinen
Auftrag der Schule:
Bildung (Allgemeinbildung[1])
Erziehung[2]
Materialiter: Handlungs-, Kommunikations- und Verhaltensweisen zwischen LP und SuS +angst- und repressionsfreies Lehren & Lernen
=> durch Unterricht (=Interaktionsgeschehen LP <-> SuS) und Schulleben
Lehr-Lern-Prozess = dialogische Entfaltung von Sache und Selbst; Synthese: Lehrinhalts (These) " Lernenden (Antithese) + indiv. Strukturen (Denken, Wollen, Fühlen)
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[1] Umfasst Wissensvermittlung, Persönlichkeitsentwicklung, Erweiterung von Fähigkeiten und Werthaltung und soz. Kompetenzen
[2] Ziel: Dispositionen individual-sozial entfalten; Mündigkeit fördern (Selbstständigkeit, Selbstbestimmung, Eigenverantwortlichkeit)
Die Aufgaben der Schule im Besonderen
Schule als Interventionsort für aller möglichen Probleme und Negativtrends (Prävention, Abbau e.g. rechtsradikaler Orientierungen)
Aufgaben: Integrieren[1], Vermittlung interkultureller Kompetenz[2], Kompensieren[3], Fördern[4] und Beraten
Förderung: remedial[5], kompensatorisch[6]und spezielle Förderprogramme
Beraten: Information[7], Prävention[8], Intervention[9], Rehabilition[10], Kooperation[11], Konsultation/Supervision[12]
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[1] Integration ALLER Gesellschaftsmitglieder
[2] wirtschaftliche, sprachlich-kommunikative und kulturelle Globalisierung
[3] allgemeingesellschaftliche Defizite, die zu Bildungsbenachteiligungen führen und für die der Zusammenhang zwischen Schulerfolg und sozialer Herkunft Beleg ist.
[4] Lern- und Entwicklungsprozesse unterstützen (Entfaltung); u.a. bei Vorleigen von genetischen o. erlernten Besonderheiten
[5] durch zusätzliche unterstützende Hilfen wie durch Übungen und Hausaufgabenhilfe
[6] z. B. durch Verhaltenstrainings
[7] Z.B. Berufsberatung
[8] Z.B. Behandlung des Themas Drogen
[9] Verhaltensproblemen eines S.
[10] Lernproblemen und Lernrückständen
[11] Organisationsberatung oder bei der Erziehungsberatung durch Hinzuziehen von Experten
[12] Kollegialer Fallberatung
Schulen als institutionelle Akteure der Menschenbildung
nicht Linearität, sondern eine Rekontextualisierung bestimmt die Umsetzung
akteurszentrierter Institutionalismus: alle Akteure auf allen Ebenen (Makro- und Mikrostruktur) arbeiten zwar im Auftrag, aber nach eigenen Ressourcen, Interessen, Wissen und Umstände etc.
=> soziale Realität des Handelns = Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels von
Gestaltungsbedingungen[1]
Selbstreferenzen[2]
eingespielte pädagogische Praxis
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[1] institutionellen Ordnungsvorgaben
[2] pädagogischen Visionen
Beispiele für geplante, stabile Formen der Erziehung/des Lehrens und Lernens in der Schule
geplanter Unterricht, Klassen- und Schulregeln und Rituale, Belohnungs- und Strafsysteme, Regeln Arbeitsformen (Gruppenarbeit, …) Demokratiebildung (Klassensprecherwahl), Rollenspiele (Multiperspektivität). Verantwortung etc.
Fächerstruktur = planmäßig strukturiert/aufgebaut
Schule sollte Lernangebote machen, in denen die SuS auf ihre Fähigkeiten und Kompetenzen abgestimmt lernen können
Aufgaben aus der Lebenswirklichkeit ableiten —> fehlt ein Bezug auf alltägliche Situationen oder sind die Aufgaben komplett lebensfern, fällt das Lernen durchaus schwerer (Kritikpunkt PISA)
Worin liegt das Potenzial einer geplanten, stabilen Vergesellschaftung von Sozialisation ggü. mitgängigen
bewusste Lenkbarkeit in Bezug auf das Lehren und Erziehen von gesellschaftlichen Werten und Normen sowie Kompetenzen und Qualifikationen —> wichtig für die Sozialisation, Mündigkeit und gesellschaftliche Teilhabe
Möglichkeit, eine breite Allgemeinbildung zu erhalten (gewisser Standard)
Fokussierung auf bestimmtes, als essenziell erachtetes Wissen
Welche Konsequenzen kann es haben, wenn von dieser Vergesellschaftung v. Sozialisation ausgeschlossen wird?
Kein Zugang zu gesellschaftlichen Werten und Normen, Kompetenzen und Qualifikationen; Abhängigkeit von Umfeld entsteht, ggf. negative Beeinflussung o. keine Möglichkeit, mit anderen Menschen zu kooperieren
Nicht die Möglichkeit, eine breite Allgemeinbildung zu erhalten
Ausgeschlossen von sozialen Interaktionen (Schule als sozialer Raum, in dem man soziale Kompetenzen erlernt
Zuletzt geändertvor 3 Monaten