Bilanzierung dem Grunde nach (Ansatz)
1.1 Ansatz von Vermögensgegenständen und Schulden
1. GRUNDFRAGEN DER BILANZIERUNG
ist zu klären, ob ein Vermögensgegenstand bzw. eine Schuld vorliegt und ob ein Bilanzierungswahlrecht bzw. -verbot besteht.
Bilanzierung dem Grunde nach (Ansatz) —> Das klärt die Frage nach dem Bilanzinhalt
Def Vermögensgegenstand
Vermögensgegenstände
Vermögensgegenstände —> Das sind nützliche und knappe Güter, die selbstständig bewertbar sind.
wirtschaftlicher Wert (Nutzen/Wert für ein Unternehmen),
selbstständig bewertbar,
selbstständig verkehrsfähig (als eigene Einheit veräußerbar)
Wirtschaftliches Eigentum
Maßgeblich für die Erfassung in der Bilanz ist das wirtschaftliche Eigentum.
§ 246 Abs. 1 S. 2 HGB:
„Vermögensgegenstände sind in der Bilanz des Eigentümers aufzunehmen; ist ein Vermögensgegenstand nicht dem Eigentümer, sondern einem anderen wirtschaftlich zuzurechnen, hat dieser ihn in seiner Bilanz auszuweisen.“
Sofern also wirtschaftliches Eigentum und juristisches Eigentum auseinanderfallen (z. B. bei Leasing, Sicherungsübereignung oder Eigentumsvorbehalt), ist das wirtschaftliche Eigentum für die Bilanzierung des Vermögensgegenstandes das entscheidende Kriterium.
Der wirtschaftliche Eigentümer übt die tatsächliche Herrschaft über einen Vermögensgegenstand aus und trägt Chancen und Risiken sowie Nutzen und Lasten des Vermögensgegenstandes.
Abgrenzung — Mehrung des Vermögensbestands (Erfasssung als Vermögensgegenstand) und Erhaltungsaufwand
In der Praxis ist häufig die Abgrenzung der Mehrung des Vermögensbestands (Erfassung als Vermögensgegenstand) von Erhaltungsmaßnahmen (Erfassung als Aufwand) schwierig.
Beispielsweise lässt sich bei Baumaßnahmen teilweise schwer differenzieren, ob Erhaltungsaufwand (Reparaturmaßnahmen) vorliegt oder Herstellungskosten, die zur Aktivierung führen
DEF
Schulden
Schulden = Das sind hinreichend sichere Verpflichtungen.
bestehende/hinreichend sichere Belastung des Vermögens,
rechtliche oder wirtschaftliche Leistungsverpflichtung (z. B. rechtlich: Vertrag, wirtschaftlich: Kulanz),
selbstständige Bewertbarkeit (Höhe der Verpflichtung)
Arten von Schulden
Verbindlichkeiten und Rückstellungen werden in die Passivseite der Bilanz aufgenommen; Eventualschulden (Haftungsverhältnisse) werden nicht passiviert, aber unter der Bilanz vermerkt bzw. im Anhang erläutert.
Bilanzierungsverbote und -wahlrechte
Liegt kein Bilanzierungsverbot oder -wahlrecht vor, muss der Vermögensgegenstand bzw. die Schuld bilanziert werden (Vollständigkeitsgebot, § 246 Abs. 1 HGB).
(Gliederung der Bilanz/Bilanzposten von Kapitalgesellschaften)
1.2 Ausweis von Vermögensgegenständen und Schulden
Die Bilanz enthält die in § 247 Abs. 1 HGB aufgeführten Bestandteile (Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten).
Diese müssen „an der richtigen Stelle“ in der Bilanz erfasst werden. Die Bilanzgliederung ist für Kapitalgesellschaften in § 266 HGB geregelt.
Anlage- vs Umlaufvermögen
Anlagevermögen
Vermögensgegenstände, die dazu bestimmt sind, dauerhaft dem Geschäftsbetrieb zu dienen (§ 247 Abs. 2 HGB)
Umlaufvermögen (UV)
Vermögensgegenstände, die im Rahmen des Betriebsprozesses weiterverarbeitet und umgesetzt werden sollen
Zuordnung richtet sich nach der Zweckbestimmung
ein Vermögensgegenstand, der innerhalb des Geschäftsjahres das Vermögen verlässt, zum UV zählen.
Definition „Bewertung“
1.3 Bewertung von Vermögensgegenständen und Schulden
Unter Bewertung ist die Frage der Bilanzierung der Höhe nach zu verstehen, d. h., mit welchem Wert ein Gut bzw. eine Schuld bilanziert wird.
Nach § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB gilt der Grundsatz der Einzelbewertung, d. h., die Vermögensgegenstände und Schulden sind einzeln zu bewerten.
Im § 253 HGB wird zwischen der Zugangsbewertung und der Folgebewertung unterschieden.
Zugangsbewertung
Die Zugangsbewertung ist mit der Frage verbunden, welcher Wert einem Gut bzw. einer Schuld zum Zeitpunkt des erstmaligen Bilanzansatzes zuzumessen ist.
Die Zugangswerte nach § 253 Abs. 1 und 2 HGB sind:
• Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten (AHK) bei Vermögensgegenständen,
• Erfüllungsbetrag bei Verbindlichkeiten,
• Erfüllungsbetrag nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung bei Rückstellungen (ggf. Abzinsung).
Anschaffungskosten nach § 255 Abs. 1 HGB
Die Höhe der Anschaffungskosten (AK) wird durch § 255 Abs. 1 HGB festgelegt.
Anschaffungskosten „sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können.
Zu den Anschaffungskosten gehören auch Anschaffungsnebenkosten (z. B. Transportkosten, Transportversicherung, Montage, Fundament, Beurkundung, Provisionen, Vermittlergebühren, Zölle, Steuern – mit Ausnahme der abziehbaren Vorsteuer –, Probelauf) und nachträgliche Anschaffungskosten.
Anschaffungsnebenkosten
wenn einzeln zurechenbar
deshalb Verwaltungsgemeinkosten nicht
Fremdkapitalzinsen —> nicht
Nachträgliche Anschaffungskosten
wenn der Aufwand zur Erweiterung,
zur wesentlichen Gebrauchsverbesserung oder
zur nicht unwesentlichen Verlängerung der Lebensdauer führt.
Keine nachträglichen Anschaffungskosten
wenn der Aufwand nur der Erhaltung (z. B. Ausbesserung) dient.
Anschaffungspreisminderungen (Skonti, Rabatte) sind abzuziehen.
Zusammensetzung
Herstellungskosten § 255 Abs. 2 HGB
Herstellungskosten beinhalten Einzelkosten und Gemeinkosten.
Einzelkosten können dem Vermögensgegenstand direkt zugerechnet werden (z. B. eine Tischplatte dem Tisch),
Gemeinkosten können nicht direkt zugerechnet werden (z. B. die Gehälter in der Verwaltung).
Aktivierungspflicht
Einzelkosten
angemessene Teile der fertigungsbezogenen Gemeinkosten
Aktivierungswahlrecht
verwaltungsbezogenen Gemeinkosten
Wertuntergrenze vs Wertobergrenze
Die Wertuntergrenze (WUG) ergibt sich aus den Pflichtbestandteilen der Herstellungskosten nach § 255 HGB.
In die Wertuntergrenze gehen also nur die Einzelkosten (Fertigungsmaterial, Fertigungslöhne, Sondereinzelkosten der Fertigung) und die angemessenen fertigungsnahen Gemeinkosten (Materialgemeinkosten, Fertigungsgemeinkosten) sowie die Abschreibungen (wenn sie durch die Fertigung bedingt sind) ein.
Sondereinzelkosten der Fertigung sind z. B. Kosten für Spezialwerkzeuge, Konstruktionspläne, Modelle und Schablonen.
Für Kosten für die allgemeine Verwaltung, soziale Einrichtungen, freiwillige soziale Leistungen und betriebliche Altersversorgung besteht ein Wahlrecht, soweit sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen
Auswirkungen auf GuV
hoher Gewinn,
sind sämtliche Gemeinkosten, für die ein Aktivierungswahlrecht besteht, zu aktivieren (Wertobergrenze).
geringen Gewinnausweis
werden sie nicht mit eingerechnet (Wertuntergrenze).
Die Aktivierung der HK führt dazu, dass die entstandenen Aufwendungen durch die Erfassung in der Bilanz neutralisiert werden.
Denn durch die Aufwendungen wurden neue Vermögensgegenstände erstellt, die in der Bilanz an die Stelle des ausgegebenen Geldes treten.
Werden nun die verwaltungsbezogenen Gemeinkosten nicht aktiviert (Wertuntergrenze), so werden nicht alle entstandenen Aufwendungen neutralisiert und
es verbleibt ein gewinnmindernder Rest an Aufwand
Keine bzw bedingte HK sind……
Fremdkapitalkosten (Zinsen) gehören i. d. R. nicht zu den Herstellungskosten.
falls Fremdkapital zur Finanzierung der Herstellung eines Vermögensgegenstandes verwendet wird, dürfen die Zinsen aber angesetzt werden, sofern sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen (§ 255 Abs. 3 HGB).
Vertriebskosten und Forschungskosten dürfen nicht in die HK einbezogen werden.
Erfüllungsbetrag
Verbindlichkeiten sind mit dem Wert anzusetzen, den sie im Zeitpunkt der Erfüllung haben werden (Erfüllungsbetrag)
Verbindlichkeiten sind mit ihrem Erfüllungsbetrag zu bewerten (§ 253 Abs. 1 S. 2 HGB).
Rückstellungen wird der Erfüllungsbetrag nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geschätzt und ggf. um künftige Preis- und Kostensteigerungen korrigiert.
Folgebewertung
Als Folgebewertung bezeichnet man die Bewertung nach dem erstmaligen Bilanzansatz, also am Bilanzstichtag bzw. in den nachfolgenden Jahren.
Aus dem Vorsichts- und dem Imparitätsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) lassen sich grundsätzliche Aussagen zur Bewertung der Vermögensgegenstände und Schulden herleiten:
• Für die Folgebewertung der Aktiva gilt das Niederstwertprinzip (NWP),
• für Passiva das Höchstwertprinzip (HWP).
planmäßige Abschreibung
Gegenstände des Anlagevermögens
Anschaffungs- und Herstellungskosten (AHK) werden jedes Jahr auf der Grundlage eines Abschreibungsplans vermindert.
Im Rahmen der Folgebewertung
außerplanmäßige Abschreibung
abnutzbare und nichtabnutzbare Vermögensgegenstände
außerplanmäßig abzuschreiben, wenn ihr Wert unter den Bilanzwert fällt.
aufgrund einer außerordentlichen Abnutzung z. B. durch Beschädigung der Fall sein.
Anlagevermögen (Ausnahme: Finanzanlagen) wird nur dann außerplanmäßig abgeschrieben, wenn die Wertminderung dauerhaft ist (gemildertes NWP).
Im Umlaufvermögen ist die Dauerhaftigkeit der Wertminderung ohne Belang (strenges NWP).
Zuschreibungspflicht
Wenn der Grund für eine außerplanmäßige Abschreibung (§ 253 Abs. 5 HGB, Ausnahme Geschäftswert) wegfällt, muss die außerplanmäßige Abschreibung rückgängig gemacht werden
Das HWP auf der Passivseite erfolgt also in Analogie zum strengen NWP auf der Aktivseite beim Umlaufvermögen.
Höchstwertprinzip
sofern der Erfüllungsbetrag am Bilanzstichtag höher ist als der bilanzierte Wert, ist der höhere Betrag anzusetzen.
Ist der Betrag am Bilanzstichtag geringer, so ist grundsätzlich der höhere Wert beizubehalten (vgl. aber die Sonderregelung des § 256a HGB).
Zuletzt geändertvor einem Jahr