-In allen realen Zahlen ist aber immer nur eine Unterschätzung enthalten – Dunkelziffer enorm hoch
-Trotzdem sind z. B. in den vergangenen 25 Jahren die Aufenthalte von Menschen in der Psychiatrie (Statistisches Bundesamt, 2015b) sowie auf psychische Störungen zurückgehende Arbeitsunfähigkeiten von Arbeitnehmern deutlich gestiegen – die Zahl der Suizide jedoch gesunken
-Subjektives Leiden und/oder Beeinträchtigung in sozialen und kognitiven Funktionen der Betroffenen – jedoch werden manche Störungen nicht als solche empfunden
o Oft fehlt auch eine Einsicht für die Notwendigkeit einer Behandlung
o Eventuelle werden die Probleme auch extern attributiert
o Kategorial: Vorliegen einer Störung (gesund vs. krank)
o Kontinuierlich: Störung ab einem bestimmten Grenzwert
-Weltweite Klassifizierung psychiatrischer Störungen nach DSM (Diagnostical and Statistical Manual)
o Zuordnung orientiert sich am Auftreten, dem Verlauf und der Häufigkeit bestimmter Symptome
o Diagnose wird frei von Annahmen über Ursachen oder mögliche Therapien gestellt
-Zwanghaftes Verlangen nach Konsum einer bestimmten Substanz oder Durchführung eines bestimmten Verhaltens
o Zwanghaft: Die Person ist nicht in der Lage das verlangen zu unterdrücken, obwohl sie dies will und sich der schädlichen Wirkung ihres süchtigen Verhaltens bewusst ist
-Bei fortschreitender Abhängigkeit: Entzugssymptome, soziale Konflikte und Isolation, Sucht wird zentraler Lebensmittelpunkt
-Körperliche Beeinträchtigung durch substanzgebundene Abhängigkeiten
-Fortwährendes Erhöhen der Dosis
-Abhängigkeitsstörung als Selbstkontrollproblem
-Betroffene sind nur noch eingeschränkt in der Lage ihre Gefühle und Stimmungen zu regulieren
o Häufigste Form ist die Depression: Traurigkeit, Niedergeschlagenheit, Antriebsschwäche und Hoffnungslosigkeit, oftmals auch Gefühle von Minderwertigkeit und Schuld
o Einfluss auf Appetit, Schlaf und Sexualverhalten
-Bipolare (manisch depressive) Störung
o Wechsel zwischen manischen und depressiven Phasen
o Manische Phase: übersteigertes Selbstwertgefühlt, vermindertes Schlafbedürfnis, übertriebenes Mitteilungsbedürfnis, leichtsinniges und verantwortungsloses Verhalten, Ruhelosigkeit, übertriebene Euphorie
-Hohes Maß an Ängstlichkeit, dass durch die objektive Situation entweder vollkommen unbegründet ist oder sehr übertrieben erscheint
o Phobien
/ Auslöser können die unterschiedlichsten Stimuli sein: Angst vor Orten, an denen eine Flucht schwierig wäre / Agoraphobie: Angst vor Menschenansammlungen / Soziale Phobien: Angst vor spezifischen sozialen Situationen / Auf Tiere bezogene Phobien: Angst vor Hunden oder Spinnen
/ Phobien können Lebensmöglichkeiten dramatisch eischränken – müssen aber nicht
/ Soziale Phobien: Angst vor sozialen Situationen, die eine negative Bewertung durch andere mit sich bringen könnten
o Generalisierte Angststörungen
/ Angstauslösender Stimulus ist nicht leicht zu benennen – Angst vor allem
/ Anhaltendes Gefühl von Anspannung und Sorge, körperliche Symptome wie schmerzhafte Muskelverspannungen oder vegetative Übererregbarkeit (Schwindelgefühle oder Kurzatmigkeit)
o Zwangsstörungen
/ Spezifische Ängste werden durch ritualisierte Handlungen gedämpft – Beispiel: Vermeidung von Körperkontakt und Händewaschen im Minutentakt, weil eine Angst vor Viren anderer Menschen besteht
/ Unangemessenheit der Verhaltensweisen wird häufig erkannt, dennoch führt Unterdrückung der Zwangsstörung zu massiver Unruhe und Panik
-Körperliche Krankheitssymptome, die nicht durch einen medizinischen Krankheitsfaktor, die Wirkung einer Substanz oder durch eine andere psychische Störung erklärt werden können
o Psychogen verursachte Beschwerden wie Übelkeit, Völlegefühl, Schluckbeschwerden, Kopf-, Gelenk- und Rückenschmerzen
o Hypochondrie: übertriebene Furcht vor schweren Krankheiten, häufige unnötige Arztbesuche
.Anorexie (Anorexia nervosa = Magersucht)
o Betroffene weigern sich ein minimal notwendiges Körpergewicht zu halten, bzw. zu erzielen
o Trotz objektiv z.T. lebensbedrohlichem Untergewichts Empfindung als zu dick, panische Angst vorm Zunehmen, Weigerung zu essen
-Bulimie
o Unkontrollierte Fressanfälle, anschließend mutwillig herbeigeführtes Erbrechen, Laxantienabusus (Abführmittelmissbrauch) oder extreme Diät / Ausdauersport
-Binge Eating
==> Gesellschaftliche Zuschreibung?
-Schwere psychische Störungen, zeichnen sich durch extrem verzerrte Wahrnehmung der Realität aus – bspw. Schizophrenie
-Halluzinationen: Sinneswahrnehmungen, die sich auf sensorische Stimuli beziehen, die objektiv nicht da sind (Hören von Stimmen, Sehen von Geistern)
-Wahn: Menschen gelangen zu sehr in extreme Theorien über sich selbst und ihre Umwelt, die mit der objektiven Realität nicht übereinstimmen
-Außerdem: sozialer Rückzug, Sprachverarmung, reduziertes Sprechtempo und allgemeine Antriebsarmut
-Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) liegen tatsächliche und oftmals gravierende Schädigungen zugrunde (sexuelle Gewalt, Krieg, Vertreibung, etc.)
-Symptome: Intrusionen (plötzlich auftretende, sehr schmerzhafte Erinnerungen – manchmal in Form von Flashbacks), umfangreiches Vermeidungsverhalten, Schlafstörungen, Wutausbrüche, Hypervigilanz (übertriebene Wachsamkeit)
o Über die Hälfte aller Menschen mit einer psychischen Störung leiden querschnittlich an noch mindestens einer weiteren Störung
o Längsschnittlich sind die Komorbiditätsraten deutlich höher
==>Unterschiedlichen Störungen liegen oft dieselben Ursachen zugrunde
o Ca. ¾ aller psychischen Störungen treten erstmalig in jungem Alter auf
o Positive Korrelation der meisten Störungsbilder mit dem Persönlichkeitsmerkmal Neurotizismus (Emotionalität)
o Negative Korrelation einiger Störungsbilder mit Gewissenhaftigkeit
-Selbststeuerungsfähigkeit fehlt, die konstruktiven Umgang mit Problemen ermöglichen würde
-Einsamkeit durch psychische Störungen – da man seine Umwelt anders wahrnimmt, als es seine Mitmenschen tun
-Häufige Konsequenzen psychischer Störungen
o Arbeitslosigkeit
o Finanzielle Probleme und Überschuldung
o Verlust von Partnern und Freunden – diese führen das Verhalten der Person oft nicht auf das Störungsbild zurück, sondern auf ihre Persönlichkeit
-Häufig mangelnde Einsicht in Auswirkung des Störungsbildes und Überschätzung der Häufigkeit ihrer eigenen Störung
-Belastung für die Betroffenen selbst aber auch für das soziale Umfeld
o Unverständnis und Ablehnung
o Der fundamentale Attributionsfehler
o Falsche Vorstellungen über das Wesen einer Störung
o Rückzug aufgrund von Furcht vor einer Ansteckung – was gar nicht so selten vorkommt
-Nutzen psychischer Störungen für Betroffenen: „sekundäre Krankheitsgewinne“ (Suske, 2011) Hierzu gehören Rücksichtnahme, emotionale Zuwendung oder auch akzeptiertes Nichtarbeiten. Vorteile, die von Angehörigen teilweise freiwillig gewährt, teilweise aber auch erpresst werden (z. B. durch Drohungen mit Suizid).
-Betroffene übernehmen keine Verantwortung mehr für sich und ihr Handeln
-Regression: Rückfälle in frühere, eigentlich schon überwundene kindliche Entwicklungsstufen
-Psychische Störungen als dysfunktionale Konstruktionen von Wirklichkeit
-Die negative Triade als selbsterfüllende Prophezeiung
-Viele Störungen bestehen aus Umgangsweisen mit belastenden Situationen, die in früheren Lebensphasen adaptiv waren
-Wahrnehmung der Störung als etwas Fremdes
==> Ihr Ausleben führt kurzfristig zu einer Verminderung, langfristig jedoch zu einer Verstärkung des subjektiven Leids. Dies gilt für süchtiges Verhalten (z. B. wenn ein Alkoholiker trinkt, um nicht in den Entzug zu geraten), aber auch für viele andere Störungsbilder. So kann z. B. in vielen Fällen der berühmte Nebel, mit dem Depressive ihre Umwelt wahrnehmen, auch als Schleier vor unangenehmen Wahrheiten interpretiert werden, denen die Betroffenen nicht ins Auge zu blicken wagen.
o Folge unbewusster Wünsche und Triebe, die ihre Ursache häufig in verdrängten (d. h. ungelösten) Konflikten aus der Kindheit eines Patienten haben.
o Beispiel: So erklärt die Psychoanalyse z. B. magersüchtiges Verhalten junger Mädchen als das Produkt einer symbiotischen (d. h. zu engen) Beziehung zur eigenen Mutter. Um mit der Mutter nicht in sexuelle Konkurrenz treten zu müssen, wird versucht, in den Zustand des vorgeschlechtlichen kleinen Mädchens zu regredieren
o Produkt dysfunktionaler Lernprozesse – so können z. B. Phobien (Angststörungen) verstanden werden als eine Abfolge von Prozessen zunächst klassischer und anschließend operanter Konditionierung
o Beispiel: Ein Kind erschreckt sich vor dem Bellen eines großen Hundes und verbindet fortan den Anblick eines Hundes mit Gefahr (klassische Konditionierung). In der Folge hat das Kind panische Angst vor Hunden. Die daraus entstehenden Verhaltensweisen beim Anblick von Hunden (z. B. Zittern, Weglaufen, Schutz suchen bei den Eltern) werden fortan im Sinne des instrumentellen Konditionierens verstärkt. Das Kind lernt somit (unbewusst), dass eine Angstreaktion (scheinbar) dazu führt, den Biss eines Hundes zu vermeiden
o Betonen die Rolle von kognitiven Faktoren bei der Entstehung von psychischen Störungen
o Sie betonen, dass emotionale Probleme, wie sie z. B. für Depressionen oder Phobien konstituierend sind, immer auch das Produkt vorgelagerter Interpretationen bestimmter Ereignisse sind Hierzu gehören die bereits erwähnte kognitive Triade aus einer negativen Sicht der Welt, der eigenen Person und der Zukunft, aber auch ungünstige Attributionen bestimmter Ereignisse
o Beispiel: Positive Ereignisse werden als Zufälle und Ausnahmen interpretiert, negative Ereignisse hingegen als Bestätigung einer durchgehend negativen Weltsicht.
o Produkt physischer, neurologischer und hormoneller Defizite, die zumindest teilweise genetisch bedingt sind
o verhaltensgenetische Studien zeigen in der Tat hohe Heritabilitäten (Erblichkeitsanteile) vieler psychischer Störungen
o Das subjektive Erleben der Patienten ist gemäß einer solchen Perspektive nicht die Ursache ihrer Probleme, sondern nur ein Symptom bzw. ein Epiphänomen
o Beispiel: Die Ursache von Depressionen und Angststörungen wird in einer gestörten Produktion des Neurotransmitters Serotonin gesehen.
==> Aus evolutionärer Perspektive sind viele psychische Störungen als Reaktion auf neuartige und moderne Umwelten zu sehen, die mit der „natürlichen“ Umwelt des Menschen eigentlich nichts mehr zu tun haben
o Beispiel: es kann (noch) keine evolutionär entwickelte Stoppregel bei der Nutzung von SocialMedia existieren
-Menschen unterscheiden sich in ihrer Vulnerabilität für psychische Krankheiten
o Einflussreiche Dispositionen können hierbei genetische Faktoren, aber auch Lern- und Lebenserfahrungen sein
o Beides beeinflusst Ressourcen zur konstruktiven Krisenbewältigung
o Zu Störungen kommt es aber selbst bei einer sehr ungünstigen Disposition nur bei belastenden biographischen Erlebnissen
==> Ist eine Störung zum ersten Mal aufgetreten sinkt auch nach Abklingen der Symptome zumeist die Schwelle für ein erneutes Auftreten, so dass die Gefahr einer Chronifizierung besteht.
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