(P) Antrag an Amtsgericht - Ermittlungsrichter auf gerichtliche Entscheidung gem §98 II 2, 3 iVM 162 I 1 StPO statthaft bei rechtswidriger Durchsuchung?
direkte Anwendung scheidet aus, da nicht die nichtrichterliche Anordnung einer Beschlagnahme zu prüfen ist
Vorschrift des §98 II 2, 3 StPO ist grds auf alle Zwangsmaßnahmen von StA und Polizei im Ermittlungsverfahren analog anzuwenden. Dies gilt nach einhelliger Ansicht auch für die Überprüung bereits erledigter Zwangsmaßnahmen
Arg: Zwangsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren sind grds dem Ermittlungsrichter am Amtsgericht vorbehalten und können an sich erst nach Überprüfung durch diesen angeordnet werden
Kommt es ausnahmsweise zur Anordnung durch StA oder Polizei aufgrund subsidärer Eilzuständigkeit, dann muss eine Möglichkeit geschaffen werden, die Überprüfung duch den nach Gesetz an sich vorgesehenen Ermittlungsrichter nachzuholen
Wann liegt das Feststellungsinteresse vor?
konkrete Wiederholungsgefahr für Anordnungen in der Zukunft
Rehabilitationsinteresse bei Maßnahmen mit diskriminierender Wirkung
Tiefgreifende Grundrechtseingriffe stattgefunden haben, die sich regelmäßig bereits vor der Möglichkeit, Rechtsbehelfe einzulegen, erledigen
Schema Feststellungsklage
A. Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs
I. Statthafter Rechtsbehelf
Feststellungsantrag nach EGGVG
Sonderrechtsbehelf nach §101 VII 2 StPO
Beschwerde gem §304 StPO
Antrag gem. §98 II 2 StPO
II. Besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen
Feststellungsinteresse
III. Form und Frist des Antrags
Form: §98 II 3 analog iVm 162 I 1 beim AG - Ermittlungsrichter, in dessen Bezirk die anordnende StA ihren Sitz hat, zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich (§306 I Hs 2 analog StPO)
Antrag unterliegt keiner Frist
B. Begründetheit eines Feststellungsantrags
Der Antrag nach §98 II 2 StPO analog ist begründet, wenn die Durchsuchungsanordnung rechtswidrig war.
I. Objekt der Durchsuchung
II. materiellen Anordnungsvoraussetzungen des §102 StPO
1. Zweck der Durchsuchung
2. Grad der Verdächtigung
3. Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung
III. Anordnungszuständigkeit (der StA)
(P) Gehören zu Räumen nach §102 StPO auch Räume, die der Beschuldigte nur vorübergehend oder nicht ausschließlich alleine benutzt?
Ja!
Wohnungen & Räume iSd §102 StPO sind Räumlichkeiten, die der Verdächtige tatsächlich innehat
Gleichgültig ist es, ob er sie befugt/ unbefugt nutzt, allein - oder Mitinhaber ist und ob ihm das Hausrecht zusteht
Dazu gehören auch Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie Räume, die nur vorübergehend benutzt oder mitbenutzt werden
Bei Mitbenutzung oder Mitgewahrsam mehrerer Personen, von denen nur ein Teil verdächtig ist, gilt daher §102 StPO
Welche Art von Tatverdacht erfordert die Durchsuchung?
Die Rechtfertigung eines Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung zum Zweck der Strafverfolgung erfordert einen Anfangsverdacht, der auf konkreten Tatsachen beruht.
Vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen reichen nicht aus.
Eine Durchsuchung, die erst noch der Ermittlung von Tatsachen zur Begründung eines Anfangsverdacht dienen soll, ist unzulässig
Was ist bei der Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung zu beachten?
Gerade bei Eingriff in den Schutzbereich des Art 13 I GG ist auf Grundsatz der VHMK zu achten
Durchsuchung muss in angemessenen Verhältnis zur Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen + erforderlich sein zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat
Wie funktioniert die Anordnungszuständigkeit einer Durchsuchung? Wer ist befugt?
Grds ist die richterliche Anordnung einer Durchsuchung gem. §105 I 1 Hs 1 StPO die Regel
Nur bei Gefahr in Verzug darf die StA oder eine ihrer Ermittlungspersonen bei der Polizei die Wohnungsdurchsuchung anordnen, §105 I 1 Hs. 2 StPO, Art. 13 II GG (Eilkompetenz)
Wann ist Gefahr in Verzug anzunehmen?
Gefahr in Verzug ist dann anzunehmen, wenn die an sich erforderliche richterliche Anordnung nicht eingeholt werden kann, ohne dass der Zweck der Maßnahme (zB Auffinden von Beweismitteln) infolge zeitlicher Verzögerung gefährdet würde
Wann müssen Strafverfolgungsbehörden den Antrag auf Eilkompetenz für Durchsuchung stellen?
Bei der Prüfung des Vorliegens der Vss für eine Eilkompetenz steht es nicht im Belieben der Strafverfolgungsbehörden, wann sie eine Antragstellung an den primär zuständigen Richter in Erwägung ziehen
MERKE: Die Strafverfolgungsbehörden dürfen nicht solange mit dem Antrag an den Ermittlungsrichter zuwarten, bis etwa die Gefahr eines Beweismittelverlustes tatsächlich eingetreten ist und damit die von Verfassungswegen vorgesehene Rechtszuständigkeit des Richters unterlaufen
Um Aushöhlung des Richtervorbehalts gem Art 13 II GG durch vorschnelle Bejahung der Eilkompetenz zu verhindern, hat BVerfG die Anforderungen an “Gefahr in Verzug” in §105 I StPO verschärft
Begriff “Gefahr in Verzug” in Art 13 II GG ist eng auszulegen + mit Tatsachen begründet werden, die auf den Einzelfall bezogen sind
Spekulationen, hypothetische Erwägungen oder lediglich auf kriminalistische Alltagserfahrung gestützte, fallunabhängige Vermutungen reichen nicht aus
Richterliche Durchsuchungsanordnung sollte grds schriftlich erfolgen, in Eilfällen mündlich erlaubt
Es muss grds von Ermittlungsbehörden immer versucht werden, den zuständigen Ermittlungsrichter telefonisch zu erreichen
(P) Eilkompetenz der StA, wenn Richter sich weigert mündlich zu entscheiden
Dafür: (+)
Rechtmäßige Inanspruchnahme der Eilkompetenz der StA setzt voraus, dass die richterliche Anordnung nicht eingeholt werden kann, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet wird.
Solches liegt auch vor, wen der Emittlungsrichter meint, ohne Aktenkenntnis nicht, auch nicht mündlich entscheiden zu können, und der Verlust der Betäubungsmittel als Beweismittel zeitnah droht…
Bei dieser Sachlage fehlt es an einer eigenverantwortlichen Prüfung und Entscheidung durch Ermittlungsrichter, was es der StA verwehren würde, anstelle des Gerichts die Durchsuchung anzuordnen
Dagegen: (-)
Eilkompetenz endet mit der Befassung des Gerichts. Dies ist der Fall, wenn die StA den zuständigen Richter den Antrag tatsächlich unterbreitet hat, so dass dieser in eine erste Sachprüfung eintreten kann.
Nicht entscheidend für den Zeitpunkt des Entfallens der Eilkompetenz der StA ist dagegen der tatsächliche Beginn der sachlichen Prüfung durch das Gericht oder gar die endgültige gerichtliche Entscheidung…
Auch soweit während des durch den Richter in Anspruch genommenen Entscheidungszeitraums nach dessen Befassung die Gefahr des Beweismittelverlusts eintritt, etwa weil dieser auf ein mündlich gestelltes Durchsuchungsbegehren hin die Vorlage schriftlicher Antragsunterlagen oder einer Ermittlungsakte fordert, lebt die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden nicht wieder auf
Soweit der nicht erreichte Richter mit dem Richter gleichgesetzt wird - der berechtigt/unberechtigt (noch) nicht entschieden hat, wird verkannt, dass im Fall des Nichterreichens die Möglichkeit der Gewährung präventiven Grundrechtsschutzes durch den Richter überhaupt nicht besteht, während im Falle des Erreichens der präventive Richtervorbehalt wirksam wird
Stellungnahme: letzte Ansicht vorzugswürdig, denn Richter hat auch darüber zu befinden, wie lange er den Antrag prüft, ob es vor seiner Entscheidung weiterer Sachaufklärung bedarf und in welcher Form ihm die Entscheidungsgrundlagen vermittelt werden
Was ist ein unselbstständiges Beweisverwertungsverbot?
Von einem unselbstständigen Beweisverwertungsverbot spricht man, wenn dieses aus einer rechtswidrigen Beweisgewinnung resultiert. War hingegen die Beweisgewinnung rechtmäßig und ist dennoch die Verwertung unzulässig, spricht man von selbstständigen Beweisverwertungsverbot
(P) Ob und wann die rechtswidrige Inanspruchnahme der Eilkompetenz durch StA oder Polizei und die damit einhergehende Missachtung des Richtervorbehalts de §105 I 1 StPO ein Beweisverwertungsverbot nach sich zieht, ist gesetztlich nicht geregelt - was passiert also?
Gegenstände aus rechtswidriger Durchsuchung - §105 I 1 StPO Beweisverwertungsverbot ?
Obwohl Art 13 II GG zum Ausdruck bringt, dass es sich bei der Unveretzlichkeit der Wohnung um ein gewichtiges Grundrecht handelt und deshalb grds strenger Richtervorbehalt besteht, schied nach früher hM ein Verwertungsverbot regelmäßig aus, wenn eine Durchsuchung zwar ohne die richterliche Anordnung aber wegen des Vorliegens der materiellen Durchsuchungsvss gem §§102 bzw 103 (höchst)wahrscheinlich hätte erlangt werden können (=Aspekt der Beachtung hypothetischer Ermittlungsverläufe)
Gegen Beweisverwertungsverbot wurde häufig auch angeführt, dass dem StA eine Durchsuchungsansordnung nicht schlechthin verboten, sondern immerhin in Eilfällen gestattet sei. In diesem Fall soll die Verletzung des Richtervorbehalts aber obj ein geringeres Gewicht haben, als wenn die Anordnung der betreffenden Maßnahme völlig untersagt ist
Neue Rspr bejaht ausnahmsweise Beweisverwertungsverbot für den Fall, dass die Annahme der Eilkompetenz durch StA/ Polizei nach dem Maßstab objektiver Willkür nicht mehr vertretbar ist bzw eine bewusste Missachtung oder gleichwertig grobe Verkennung der Voraussetzungen des für Wohnungsdurchsuchungen bestehenden Richtervorbehalts vorliegt
Arg: Dem für andere Fallgestaltungen zur Einschränkung der Annahme von Beweisverwertungsverboten entwickelten Aspekt eines möglichen (wahrscheinlichen) hypothetisch rechtmäßigen Ermittlungsverlauf könne bei solcher Verkennung des Richtervorbehalts keine Bedeutung zukommen. Die Einhaltung der durch Art 13 II GG und §105 I 1 StPO festgelegten Kompetenzregelung könnte bei Anerkennung des hypothetischen rechtmäßigen Ersatzeingriffs in diesen Fällen stets unterlaufen und der Richtervorbehalt sogar letztlich sinnlos werden
Allerdings kommt es bei unselbstständigen Beweisverwertungsverboten nach bisher hM aufgrund der sog Widerspruchslösung grds zur Präklusion des (unselbstständigen) Beweisverwertungsverbots, wenn der Angeklagte oder sein Verteidier einer Verwertung in der Hauptverhandlung nicht spätestens bis zum Zeitpunkt des §257 I StPO widerspricht
Neuerdings bezweifelt 2. Senat BGH allerdings, dass die Widerspruchslösung auch für ein Beweisverwertungsverbot wegen Fehlern bei der Durchsuchung zur Sicherstellung von Beweismitteln überhaupt gilt - jedenfalls könne nicht mehr Zeitpunkt des §257 I StPO maßgeblich sein, es genüge, wenn der Angeklagte in der Hauptverhandlung so rechtzeitig auf die mögliche Unverwertbarkeit von Erkenntnisen hinweise, dass das Tatgericht dies in der Beweisaufnahme noch prüfen könne.
Mit welchen allgemeinen Rechtsbehelfen kann gegen noch andauernde Zwangsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren vorgegangen werden?
• Gegen die Anordnungen des Richters mit der Beschwerde gem. § 304 StPO.
• Gegen die Anordnungen der StA oder der Polizei bzw. gegen die Art und Weise des Vollzugs mit der Anrufung des Richters gem. § 98 II 2 StPO (Beschlagnahme) oder analog § 98 II 2 StPO (andere Zwangsmittel).
Mit welchen allgemeinen Rechtsbehelfen kann gegen bereits erledigte Zwangsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren vorgegangen werden?
Nach heute hM gelten dieselben Rechtsbehelfe wie bei Frage 1.
§§23 ff. EGGVG kommen auch in Erledigungsfällen nicht mehr zur Anwendung. Voraussetzung ist aber in allen Fällen ein besonderes Feststellungsinteresse, also entweder konkrete Wiederholungsgefahr oder Rehabilitationsinteresse oder tiefgreifender Grundrechtseingriff. Nicht ausreichend ist hingegen das Interesse, im Hinblick auf einen späteren Amtshaftungsprozess ein Präjudiz zu schaffen.
Was ist unter einem einem „tiefgreifenden Grundrechtseingriff" zu verstehen?
Darunter ist ein Eingriff in eine besonders schutzwürdige Grundrechtsposition zu verstehen - Indiz hierfür ist, dass schon in der Verfassung ein Richtervorbehalt vorgesehen ist, wie etwa bei des Art. 13 Abs. 2 GG -, der sich mit seiner direkten Belastung typischerweise auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann.
Wann ist der spezielle Rechtsbehelf des § 101 VII 2 StPO statthaft?
Dieser zum 1.1.2008 neu eingeführte befristete Sonderrechtsbehelf ist nur gegen die in § 101 I StPO und - neu seit 18.12.2015 - § 101a I (vgl. § 101a VI 2) StPO abschließend aufgezählten (verdeckten) Maßnahmen statthaft. Zumindest in Erledigungsfällen werden hier die o.a. allgemeinen Rechtsbehelfe verdrängt.
Wann ist in der StPO grundsätzlich die die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden begründende „Gefahr in Verzug" anzunehmen?
Gefahr in Verzug ist dann anzunehmen, wenn die an sich erforderliche richterliche Anordnung nicht eingeholt werden kann, ohne dass der Zweck der Maßnahme infolge zeitlicher Verzögerung gefährdet würde; vgl. auch Definition in § 81a II 1 StPO.
In welchem Umfang unterliegt der Begriff „Gefahr im Verzug" - speziell iSd
§ 105 I 1 HS. 2 StPO - der gerichtlichen Überprüfung?
Das BVerfG betont, dass „Gefahr im Verzug" bei § 105 I 1 HS. 2 StPO der uneingeschränkten Überprüfung durch die Gerichte unterliege, somit jeglicher Ermessens- oder Beurteilungsspielraum der Behörden ausscheidet. Den Behörden dürfe keine Letztentscheidungsbefugnis über die Zuständigkeit des Richters eingeräumt werden.
Der Begriff sei hierbei eng auszulegen.
Die richterliche Anordnung müsse die Regel bleiben.
Was ist der maßgebliche Prüfungszeitpunkt für die Eilkompetenz von StA und Ermittlungspersonen iSd § 105 I 1 HS. 2 StPO?
Für die Prüfung der Frage, ob die Ermittlungsbehörden eine richterliche Entscheidung noch rechtzeitig beantragen oder (wegen Gefahr in Verzug) von ihrer Eilkompetenz Gebrauch machen können, kommt es auf den Zeitpunkt an, in dem für die Ermittlungsbehörden bei pflichtgemäßer Prüfung absehbar ist, dass eine Durchsuchungsanordnung erforderlich sein wird.
Die Ermittlungsbehörden dürfen jedenfalls nicht solange mit dem Antrag an den Ermittlungsrichter zuwarten, bis etwa die Gefahr eines Beweismittelverlusts tatsächlich eingetreten ist, und damit die von Verfassungswegen vorgesehene Rechtszuständigkeit des Richters unterlaufen.
Lebt die Eilkompetenz der StA iSd § 105 I 1 HS. 2 StPO wieder auf, wenn nach telefonischer Antragsstellung durch die StA der Richter sich weigert, mündlich zu entscheiden?
Nach der aktuellen Rspr. des BVerfG endet die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden mit der Befassung des Richters.
Dies ist der Fall, wenn die StA dem zuständigen Richter den Antrag tatsächlich unterbreitet hat, so dass dieser in eine erste Sachprüfung eintreten kann. Die Prüfungs- und Entscheidungszuständigkeit des Richters beschränkt sich dann nicht auf die Anordnung oder Ablehnung der beantragten Durchsuchung. Er hat auch darüber zu befinden, wie lange er den Antrag prüft, ob es vor seiner Entscheidung weiterer Sachaufklärung bedarf und in welcher Form ihm die Entscheidungsgrundlagen vermittelt werden. Daran sind die StA und Ermittlungspersonen grundsätzlich ebenso gebunden wie an eine abschließende Entscheidung.
Zieht die Missachtung des Richtervorbehalts des § 105 I 1 StPO bei Durchsuchungen ein Beweisverwertungsverbot (BVV) nach sich?
Ein BVV wird hier in der neueren Rspr. nur ausnahmsweise für den Fall bejaht, dass die Annahme der Eilkompetenz durch die StA oder ihre Ermittlungspersonen nach dem Maßstab objektiver Willkür nicht mehr vertretbar ist bzw. ein bewusste Missachtung oder gleichwertig grobe Verkennung der Voraussetzungen des für Durchsuchungen bestehenden Richtervorbehalts vorliegt. In diesen Fällen muss dann auch der Aspekt eines wahrscheinlichen hypothetisch rechtmäßigen Ermittlungsverlaufs zurücktreten.
Wie ist hier die Rechtslage, wenn StA oder ihre Ermittlungspersonen die Entnahme von Blutproben anordnen, ohne den Richter einzuschalten?
Auch hier wurde bisher ein BVV ausnahmsweise bejaht, wenn eine bewusste und gezielte Missachtung oder gleichwertig grobe Verkennung des Richtervorbehalts gegeben war. Die Problematik hat sich mit Einführung des § 81a II 2 nF jetzt aber weitgehend erledigt.
Welche Funktion hat der Haftbefehl?
Mit dem Haftbefehl ordnet der Richter zur Sicherung der Durchführung eines Strafverfahrens gegen einen Beschuldigten schriftlich die Untersuchungshaft an.
Wer ist für den Erlass des Haftbefehls zuständig?
Gem. Art. 104 II 1 GG darf nur der Richter einen Haftbefehl erlassen. Vor Anklageerhebung gilt § 125 I StPO bzw. § 162 I 2 StPO, bei Vorführung des festgenommenen Beschuldigten alternativ zu § 128 1 1 StPO.
Nach Anklageerhebung gilt § 125 II StPO.
Wer ist für die Aufhebung des Haftbefehls zuständig?
Die Zuständigkeit für die weiteren Entscheidungen, die sich auf die U-Haft beziehen, und damit auch für die Aufhebung des Haftbefehls, richtet sich nach § 126 StPO.
Unter welchen Voraussetzungen kann die Untersuchungshaft angeordnet werden?
Die AOVss. sind:
• dringender Tatverdacht, d.h. nach dem Stand der Ermittlungen muss die hohe Wahrscheinlichkeit der Beteiligung an einer Straftat bestehen +
• Haftgrund (Flucht oder Fluchtgefahr iSd § 112 II Nr. 1, 2 StPO oder Verdunkelungsgefahr iSd § 112 II Nr. 3 StPO oder Verdacht eines Kapitaldelikts iSd § 112 III StPO oder Wiederholungsgefahr iSd § 112a StPO oder Hauptver-handlungshaft, § 127b II StPO) +
• Anordnung nicht unverhältnismäßig (Konkretisierung in § 113 StPO).
Wann liegt der Haftgrund der Fluchtgefahr iSd § 112 II Nr. 2 StPO vor?
Fluchtgefahr ist gegeben, wenn es wahrscheinlicher ist, dass sich der Beschuldigte dem Verfahren entziehen, als dass er sich ihm zur Verfügung halten wird.
Wie ist § 112 III StPO verfassungskonform auszulegen?
Da § 112 III StPO wörtlich auf eine „Verdachtsstrafe" hinauslaufen würde, ist er verfassungskonform dahin auszulegen, dass auch er zumindest die nicht auszuschließende Möglichkeit einer Flucht- oder Verdunkelungsgefahr voraussetzt.
Wie ist der Rechtsschutz im Haftrecht ausgestaltet?
• auf Betreiben des Beschuldigten:
- Antrag auf Haftprüfung gem. § 117 I StPO (jederzeit, beliebig oft) oder Haftbeschwerde gem. § 304 StPO (beachte § 117 II StPO);
• von Amts wegen:
- Antrag der StA gem. § 120 III StPO;
- Prüfung durch Gericht,§ 120 I StPO;
- Haftprüfung durch OLG/BGH nach 6 Monaten gem. § 121 StPO.
Worin unterscheidet sich § 81g StPO grundlegend von § 81e StPO?
Während § 81e StPO die DNA-Analytik als Erkenntnisquelle nur zu Feststellungen in anhängigen Strafverfahren zulässt, eröffnet § 81g StPO - unter engeren Voraussetzungen - die Möglichkeit, zum Zwecke der Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren DNA-Identifizierungsmuster aus Genmaterial des Beschuldigten (Abs. 1) oder eines rechtskräftig Verurteilten (Abs. 4) zu erstellen und beim BKA zu speichern (vgl. Abs. 5).
Abgrenzung unselbstständiges Beweiverwertungsverbot - selbstständiges Beweisverwertungsverbot
unselbstständiges BVV= resultiert aus rechtswidriger Beweisgewinnung
selbstständiges BVV= Beweisgewinnung rechtmäßig (und trotzdem Verwertung unzulässig)
(P) Beschlagnahme - Durchsuchung
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