Hier: Integration in alltägliche Handlungen
Was sind 5 Merkmale komplexer Handlungen?
im Voraus geplant
Ausführung vom Handlungsplan wird kontrolliert
können relativ unabhängig von Rückmeldungen ausgeführt werden
Ausführung von Handlungselementen spiegelt manchmal bereits spätere Elemente wider (Stab Studie)
die notwendige Vorbereitungszeit zu Beginn nimmt mit der Komplexität der Handlung zu
Was sind die drei Ebenen der verbalen Repräsentation?
konzeptuelle Ebene: Konzept ist hier kodiert (man muss Wort kennen)
Ebene der Reizrepräsentation:, auf der die dem Konzept zugeordneten Reizrepräsentationen W, O, R und T kodiert sind
motorische Ebene: mit entsprechenden phonologischen Lautmuster bzw. die für ihre Produktion verantwortlichen motorischen Aktivierungsmuster kodiert sind
Wie wird sichergestellt, dass die richtigen Handlungselemente auch in der richtigen Reihenfolge ausgesprochen werden?
(Sequenzierung von Handlungselementen)
5 Optionen + 3 Gegenargumente
Verkettung von Handlungselementen
Option 1: Kettenmodelle (James, 1890): (Aktivierungsweitergabe)
Aussprache »Wort«:
Weitergabe der Aktivierung an assoziierte Reizrepräsentation (O)
Aktivierung dieser Reizrepräsentation aktiviert ihrerseits motorisches Programm des assoziierten Lautmusters (»o«)
-> je geübter, desto weniger schrittweise Kontrolle notw.: automatische Zündung von Handlungselementen
—>Entstehung eines sequenziellen Handlungsplans
Gegenargumente für Kettenmodelle
- Assoziationen zwischen Reizen sind notwendigerweise bidirektional: Assoziation Reiz X mit Reiz Y und andersrum
-> eindeutige Sequenz über Kettenmodellvorstellung nicht möglich
- Handlungssequenzen auch ohne sensorisches Feedback möglich (im Kopf lesen möglich)
- Verarbeitung des Feedbacks des jeweils vorangegangenen Handlungselementes zu langsam um folgendes Handlungselement zu aktivieren
Option 2: Münsterbergs Modell (1889) (gerichtete Assoziationen)
Annahme: Sequenzbildung durch (gerichtete) Assoziationen zwischen motorischen Mustern
direkter Verkettung der Handlungselemente: Ausführung eines Elements aktiviert Folgeelement
sensorischem Feedback nicht notwendig: schnelle Reaktion
modernere Modelle zum Erwerb von Handlungssequenzen belegen Grundannahmen (Neu: Man muss nicht immer auf Reizreaktionsebene, sondern kann auf motorischer ebne bleiben)
Allerdings: Warum sollte das auf Handlungsebene möglich sein, auf Ebene der Reizrepräsentation nicht?
Option 3: Greenwalds Modell (1970) (Assoziationsketten zwischen Repräsentationen von Handlungseffekten)
Annahme: Planung eines Handlungselementes geht mit Antizipation seiner sensorischen Effekte einher
Reizrepräsentationen beziehen sich auf die erwarteten Handlungseffekte
Aktivierung der Repräsentation des erwarteten Feedbacks (W)
Weiterleitung der Aktivierung an das entsprechende, für die Produktion dieses Lautmuster verantwortliche motorische Muster
Antizipation des Feedbacks (Aktivierung von W) aktiviert Repräsentation des zum folgenden Handlungselement gehörigen Feedbacks (O), usw. …
Assoziationsketten zwischen Repräsentationen von Handlungseffekten
Gegenargumente für Kettenmodelle:
- keine Aussagen über die Repräsentation des eigentlichen Handlungsziels
- Kettenmodelle für Routinehandlungen ok, aber sonst zu unflexibel, fehlende Variabilität
- Idee: Endzweck der Handlung muss im Fokus stehen
Option 4: Hulls Modell (1931) (Kontrolle durch Zielrepräsentation)
zwei Annahmen:
1. motivationale Zustände (drives) begleiten Sequenz und sind assoziiert -> Motivation färbt Sequenz und repräsentiert ihren Zweck
2. Repräsentation des Gesamtergebnisses der Handlung bereits während Ausführung der Sequenz partiell aktiviert (fractional anticipatory goal response) ->angestrebte sensorische Effekte begleiten Ausführung der gesamten Sequenz und werden mit ihr assoziiert
—>Abarbeitung von Handlungsassoziationen kontrolliert durch Zielrepräsentation:
Immer 2 Repräsentationen aktiv: handlungselement + Handlungsziel
- Antizipationseffekte: auch noch Repräsentationen anderer Handlungselemente möglich:
—> Reaktionszeit für ein Element abhängig von der Anzahl folgender Elemente
—>bereits zu Handlungsbeginn mehrere / alle Sequenzelemente aktiv
Option 5: Estes’ Modell (1972) (Vorwärts-Inhibitionsstruktur)
1. Voraktivierung aller Elemente bei Vorbereitung einer Handlungssequenz
2. Vorwärts-Inhibitionsstruktur: jedes Element hemmt alle ihm nachfolgenden Elemente
Handlungsbeginn: wird letztes Element der Sequenz am meisten inhibiert, erstes Element überhaupt nicht
Ausführung erstes Element - danach: Deaktivierung des Elements + hemmender Einfluss auf zweites Element entfällt
Ausführung zweites Element, …
—> liefert Erklärung für Antizipationseffekte & Vertauschungsfehler
offen: Wie wird Inhibitionsstruktur erworben und implementiert?
Fazit zu Verkettung von Handlungselementen
negativ:
Verkettungsmodelle nicht hinreichend flexibel, um alle Aspekte der Sequenzplanung hinreichend abzubilden
Sequenzplanungen teilweise komplizierter als von Verkettungsmodellen postuliert andererseits
positiv:
gute Erklärung für bestimmte Phänomene durch Verkettungsmodelle
—> Verkettungsmodelle zwar nicht generell gültig, aber gute Abbildung der Planung relativ langer und hoch geübter Handlungssequenzen
Wie funktioniert die Integration von Handlungselementen laut allen Modellen?
sequenzielle Handlungspläne durch Assoziationen zwischen Repräsentationen von Teilhandlungen definiert
Assoziationen zwischen Repräsentationen nicht fest, sondern abhängig vom momentanen Kontext und Handlungsziel
Betonung der Kontextsensitivität über Motivation & Ziel (Bsp. Hulls Modell)
kontextabhängige Repräsentation von Sequenzelementen (Wicklegreen, 1969): Repräsentationen eines Elementes enthält immer auch Information über das jeweils vorauslaufende und nachfolgende Element
Warum Hierarchische Kontrolle?
Was ist die Idee der Hierarchischen Kontrolle?
weil reine Verkettung von Handlungssequenzen nicht zur Komplexität von Handlungen passt
Idee:
Handlungen (und Handlungspläne) sind kognitiv hierarchisch strukturiert und bilden funktionale Einheiten und Untereinheiten (TOTE-Einheiten)
BSP:
Wie funktioniert Hierarchische Kontrolle?
Kognitive Grundlage der Handlungsregulation stellen intern repräsentierte Ziele und Wissensgefüge dar
Ziele und Teilziele als Vorwegnahmen des Handlungsergebnisses (Sollwerte)
Wissen über Ausführungsbedingungen
Wissen über mögliche Transformationen (Handlungspläne, „Aktionsprogramme“)
—> Unterschiedlich je nach Regulationsebene
Operatives Abbildsystem (Hacker, 1973); Image (Miller, Galanter & Pribram, 1960, 1973)
3-Ebenen Modell der Handlungsregulation nach Hacker (1986)
Was passiert bei der Sensumotorische Regulation?
Was ist dabei das Operative Abbildsystem?
Bewegungsausführung und –kontrolle bei regelmäßig wiederkehrenden Handlungen mit stereotyper Abfolge von Operationen
„automatisierte“ Handlungen
Bedingt bewusstseinsfähig, nicht bewusstseinspflichtig
Operatives Abbildsystem:
Bewegungsprogramme und –schemata
Innere Repräsentation der Bewegung und ihrer sensorischen (propriozeptiven, visuellen) Konsequenzen
Was passiert bei der Wissensbasierten (perzeptiv-begriffliche) Regulation?
Regelgeleitete Handlungen mit einfachen Diagnoseerfordernissen
Handlungen nach klar definierten „wenn-dann“ Regeln
Bewusstseinsfähig, aber nicht notwendigerweise bewusstseinspflichtig
Gelernte Reiz („Signal“)-Reaktions-Verknüpfungen
Handlungsalgorithmen für bestimmte Situationen
Was passiert bei der Intellektuellen Regulation?
Komplexe Handlungen mit diagnostischen und prognostischen Denkanforderungen sowie Planungs- und Entscheidungserfordernissen
Komplexe Situationsanalyse
Selbstständige Entscheidungen über Ziele und Mittel und Wege der Zielerreichung
Notwendigerweise bewusstseinspflichtig
Mentale Modelle (deklaratives Wissen)
Allgemeine Handlungsschemata (prozedurales Wissen)
Was sind die Umstände bei Planung langer und geübter Handlungssequenzen?
Vor- und Nachteile der Handlungsplanung?
nicht jede Handlung ist vollständig im Voraus geplant
je komplexer, desto unwahrscheinlicher
Bsp: Weihnachtsgeschenke kaufen
Vor- und Nachteile der Handlungsplanung:
zu verschiedenen Zeitpunkten:
Planung kostet Zeit
—>spart Zeit bei Ausführung, kostet aber kognitive Ressourcen zur Aufrechterhaltung
Planung spart Zeit
->kostet Zeit bei Ausführung, gut wenn nicht zeitkritisch
-je länger die Handlungssequenz, desto verteilter sollte man planen
-je kürzer die Handlungssequenz, desto mehr Planung im Voraus
Wovon hängt ab, ob eine Handlung im Voraus geplant wird?
3 Faktoren
Faktor 1: Sequenzlänge
-Studien mit kurzen Sequenzlängen (Tastendruck- / Sprechsequenzen):
—> linearer Zusammenhang zwischen Initiierungszeit und Anzahl der Elemente
-Studien mit längeren Sequenzen:
- bei geübten, langsamen Bewegungen nur ein bis zwei Elemente vorbereitet
- selbst bei schnellen Bewegungen kaum mehr als sechs
- bei längeren Sequenzen: Abnahme Zusammenhang zwischen Initiierungszeit und Anzahl der Elemente
Gründe:
Strategie zur Schonung kognitiver Ressourcen (Arbeitsgedächtnis) und Fehlervermeidung, Effizienzsteigerung
längere Sequenzen bieten bessere Möglichkeiten zur Organisation der Elemente
Integration verschiedener Elemente: chunking
hierarchische Handlungsplanung
Umfang von Handlungsplänen steigt nicht notwendigerweise mit Anzahl von Elementen, z.B. die Planung 3x Chunk ausführen dauert nicht länger als 2x ausführen (Kornbrot, 1989)
Faktor 2: Bewegungsdauer
-Studien mit kurzen Handlungen (Produktion von Tastenfolgen / Silbenfolgen):
—> Elemente beanspruchen nur wenig Zeit, werden sehr schnell ausgeführt : reduziert Zeit für zeitlich verteilte Planung
-Studien mit langsameren Handlungssequenzen:
—>Abnahme des Zusammenhangs zwischen Initiierungszeit und Sequenzlänge (z.B. Handschreiben): selbst bei Bewegungsfolgen, die schnell ausgeführt werden können, kaum Sequenzlängeneffekte, wenn kein Zeitdruck vorhanden
Faktor 3: Übung
-Sequenzplanung verändert sich mit Übung
—>Erwerbsphase: Versuch der kompletten Vorausplanung
—> mit zunehmender Expertise: zeitlich verteilter / hierarchischer Planungsmodus
emp. Evidenz: Sequenzlängeneffekt vorhanden bei manuellem Schreiben sinnloser Zeichen, aber nicht beim Schreiben bekannter Buchstaben (Teulings et al., 1986)
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