Was sind die Merkmale von Interessengruppen und welche Rolle spielen Policy Communities?
„Interessengruppe“ = Zusammenschluss von natürlichen Personen (der einzelne Mensch) oder juristischen Personen (rechtlich geregelte Organisationen), die gemeinsame Interessen teilen und sich organisieren, um diese zu fördern
In der Regel meinen wir formelle Organisationen, also organisierte Gruppen, wenn wir von Interessengruppen sprechen
Sie basieren auf freiwilliger Mitgliedschaft, sind nicht primär gewinnorientiert, sind nicht-staatlich verfasst, aber sind als dauerhafte Organisationen angelegt
Die Organisationsstruktur ist mehrstufig und arbeitsteilig – häufig wirken diese über einen lokalen Radius hinaus, was dadurch gewährleistet ist, dass Organisationsstrukturen auf verschiedenen Ebenen vorhanden sind (z.B. Spitzen- und Dachverbände, Landes-, Kreis- und Ortsverbände)
-> Diese Gruppen sind auch häufig mit Parteien assoziiert, weshalb auch von Policy Communities gesprochen wird:
Was sind soziale Bewegungen und welche Kennzeichen machen sie aus? Welche vier Stufen sozialer Bewegungen können unterschieden werden?
Soziale Bewegungen = ein „auf gewisse Dauer gestelltes und durch kollektive Identität abgestütztes Handlungssystem mobilisierter Netzwerke von Gruppen und Organisationen, welche sozialen Wandel mit Mitteln des Protests – notfalls bis hin zur Gewaltanwendung – herbeiführen, verhindern oder rückgängig machen wollen“
Kennzeichen sozialer Bewegungen:
Soziale Bewegungen sind Interessengruppen und Parteien insoweit ähnlich, als dass die Mitgliedschaft freiwillig ist und dem Zweck dient, ein gemeinsames Ziel zu fördern
Allerdings weisen soziale Bewegungen mindestens zwei wichtige Unterschiede im Vergleich zu Parteien und Interessengruppen auf:
Sie bestehen aus verschiedenen Gruppen und Organisationen, die lose zusammenarbeiten und sich nicht zu einer gemeinsamen Organisation zusammengeschlossen haben
Breiteres Interessenspektrum als Interessengruppen, aber enger als politische Parteien
Vier Stufen sozialer Bewegungen:
Wie unterscheiden sich dabei neue Soziale Bewegungen?
Diese sind in der Regel gegen etwas (z.B. gegen den Staat)
Weisen ein noch größeres Themenspektrum als normale soziale Bewegungen auf, aber sind immer noch nicht so breit, wie die Programmatik von politischen Parteien
Es herrscht eine größere Heterogenität unter ihrer Anhängerschaft
Ihr Aufbau ist dezentraler („Netzwerk von Netzwerken“)
Sie nutzen innovative und unkonventionelle Methoden, um Aufmerksamkeit für ihre Sache zu erlangen (vgl. Extinction Rebellion)
Welche gesellschaftlichen Funktionen haben Interessengruppen?
Interessenaggregation: sie bündeln Vorstellungen und Wünsche und fassen diese in übergeordnete Forderungen
Interessenartikulation: sie kommunizieren Vorstellungen und Wünsche hinsichtlich bestimmter Politiken
Wie unterscheiden sich Korporatismus und Pluralismus hinsichtlich des politischen Kontexts von Interessensgruppen?
Korporatismus
Wird auch gelegentlich als Neo-Korporatismus bezeichnet
Zeichnet sich dadurch aus, dass die Regierung Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen privilegierten Zugang zum politischen System gewährt und diese bei politischen Entscheidungsprozessen mit eingebunden sind
Damit ein solches System funktionieren kann, müssen einige Bedingungen erfüllt sein:
Existenz einer beschränkten Anzahl von Dach- und Spitzenverbänden
Zugangsmöglichkeiten zu Konsultations- und Entscheidungsprozessen
Die politischen Entscheidungen müssen von allen akzeptiert und umgesetzt werden
Pluralismus
Es gibt keine privilegierten Gruppen; das System ist schwach strukturiert und dezentral und damit durchlässig für eine Vielzahl von Interessengruppen
In solchen Systemen gibt es Politiknetzwerke, die in der englischsprachigen Literatur auch als Policy Communities bezeichnet werden
Pluralistische Systeme gibt es in Großbritannien und den USA, aber auch in Chile oder Mexiko
Trotz des pluralistischen Systems der Interessenvermittlung werden die USA oft mit dem „eisernen Dreieck“ aus der Regierung bzw. der Ministerialbürokratie, Interessengruppen und einzelnen Politikerinnen assoziiert
Welche Auswirkungen haben Interessengruppen und soziale Bewegungen auf die Demokratie?
Aspekte, die die Demokratie stärken:
Interessenaggregation und -artikulation
Einbindung von Minderheitenanliegen
Verbindungsglied zwischen Politik und Gesellschaft
Identitätsstiftung und Vertrauen in die Demokratie
Bessere Gesetzgebung durch technische Expertise
Aspekte, die die Demokratie schwächen:
Regieren gegen den Willen der Bevölkerung
„Regulatory capture“ („Übernahme“ von Politikgestaltung)
Verantwortung nur gegenüber der Mitgliedschaft
„Hyper-Pluralismus“ kann dazu führen, dass Regierungshandeln nicht mehr möglich ist
Zuletzt geändertvor 10 Monaten