-„Ausbildungsprozesse (..), die unterhalb der Hochschulebene Jugendlichen einen qualifizierenden Berufsausbildungsabschluss vermitteln, d.h. die duale Ausbildung und schulische Ausbildung auf gleichem Niveau“ (Baethge 2008)
-„Bereich des Bildungssystems, der in der Regel zwischen dem Ende der Sekundarstufe I und der Aufnahme einer Berufstätigkeit liegt und dessen primärer Zwecke die Vermittlung eines berufsbefähigenden Abschlusses ist“ (ebd.)
-Der Bereich der beruflichen Erstausbildung lässt sich in drei Sektoren mit je eigenen institutionellen Ordnungen unterteilen
o Duales System
o Das Schulberufssystem
o Der Übergangsbereich
-Neu dabei sind die Dualen Studiengänge (die das Studium mit Ausbildung kombinieren) - mit ca. 1.749 dualen Studiengängen und 120.517 Studierenden in 2022 quantitativ noch im Vergleich zu den anderen drei „Sektoren“ unbedeutend, jedoch stark wachsend
-höherqualifizierende Berufsbildung: „Aufstiegsfortbildungen“, Meister/-in, Techniker/-in, Betriebswirt/-in, Fachwirt/-in und Fachkaufmann/-frau → „Bachelor/Master Professional“
==>Berufliche Heterogenität der Ausbildung (kognitives Anforderungsniveau der Ausbildungsberufe, Berufsprestige, Ausbildungsvergütung, etc.
-Ausbildungsordnungen und wie sie entstehen
o Rechtliche Absicherung durch das Berufsbildungsgesetz (BBiG)
o An der Planung und Vorbereitung neuer oder zu modernisierender Berufe wirken mit
§ die Unternehmen und die Kammern (Arbeitgeber),
§ die Gewerkschaften (Arbeitnehmer),
§ die Länder
§ der Bund
o das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) bereitet die Ausbildungsordnungen inhaltlich vor
o laut Gesetz muss eine Ausbildungsordnung regeln:
§ die Bezeichnung des Ausbildungsberufs,
§ die Ausbildungsdauer (i.d.R. 3 Jahre),
§ das Ausbildungsberufsbild, d.h. Kernelemente des Berufs
§ den Ausbildungsrahmenplan, d.h. wie lange sollen welche Elemente im Betrieb vermittelt werden
§ die Prüfungsanforderungen
-Novellierung des BBiG 2020
o Weiterentwicklung der „höherqualifizierenden Berufsbildung“
o Mindestausbildungsvergütung für Auszubildende
o Stärkung der Teilzeitausbildung
o Verbesserte Durchlässigkeit innerhalb der beruflichen Bildung
o Weitere: Verbesserte Rahmenbedingungen für rechtsbeständige und hochwertige Prüfungen sowie für ein attraktives Ehrenamt, Gleichstellung erwachsener mit jugendlichen Auszubildenden bei der Freistellung für und Anrechnung von Berufsschul- und Prüfungszeiten
-Betrieb:
o praktischer Teil, Berufsbilder & Anforderungsprofile
o „motivationsfördernde Anschaulichkeit der Praxis“→ duales System als “Stabilisierungsfaktor für die Sozialstruktur“, d.h. berufliche Sozialisierung
-Berufsschule (i.d.R. 1-2 Tage/Woche): fachtheoretischer und allgemeinbildender Unterricht
-Überbetriebliche Ausbildungsstätten, Verbundausbildungen
-„Traditionell korporatistische“ Organisationsform in Deutschland ggüb. Marktmodell (z.B. England, USA) und Schulmodell (z.B. Frankreich) – starker Fokus auf „learning on the job“ – Ausbildung und Job sind hier weniger zusammenhängend
-Beruf als zentrale Organisationsform des Arbeitsmarkts („Berufsprinzip“) ==> Strukturelle Merkmale des Ausbildungssystems wirken als Rahmenbedingungen auf die (Aus-)bildungsentscheidungen und –chancen ein
-Verknüpfung von Ausbildung und sozialer Integration in den jeweiligen Betrieb
-Fachkräftesicherung der Betriebe, mehrjährige „Screeningphase“, enge Bindung an Ausbildungsbetrieb und Region
-Mögliche Vorzüge: schnellere Anpassungsfähigkeit an technische Entwicklungen, vergleichsweise geringe Anteile an Ausbildungslosen, geringe Jugendarbeitslosigkeit
-Mögliche Nachteile: hohe Spezialisierung, höhere Selektivität beim Zugang zum Ausbildungsberuf, geringere Berufsmobilität – erschwert den beruflichen Wandel
-Ausländische Beobachter: Deutsches Ausbildungssystem ist eines „rigidly crendentialist system“, das „class-closure and low occupational mobility“ hervorruft – stark geschlossenes System mit geringer beruflicher Mobilität
==> Übergangssystem ist dann stark, wenn wenig Ausbildungsplätze verfügbar sind
==> 2021 gehen erstmals mehr Schulabgänger auf die Hochschule/Universität, anstatt in die Ausbildung – quantitativ wird das Studium damit relevanter
==> Rückgang des Ausbildungsangebots für Arbeitskräfte und des -interesses – berufliche Bildung wird insgesamt unattraktiver
==> Wandel des Arbeitsmarktes von den primären und sekundären hin zu den tertiären Sektoren
-Ziel: Verbesserung der individuellen Kompetenzen von Jugendlichen zur Aufnahme einer Ausbildung oder Beschäftigung (…) und zum Teil das Nachholen eines allgemeinbildenden Schulabschlusses ermöglichen"
-Zeitliche Entwicklung: Starke absolute Ausweitung zwischen 1995 und 2003, danach Rückgang bis 2016, danach wieder leichte Zunahme
-Größter „Teilbereich“: Bildungsgänge im Bereich teilqualifizierende Berufsfachschulen (BFS)
-Kritik: Übergangsbereich ist nicht „inklusiv“, sondern selbst wiederum (leistungsmäßig und sozial) segregierend organisiert
-„Erfolg“: Übergang in Ausbildung gelingt ca. einem Drittel bis der Hälfte der Teilnehmenden erhöhte Unsicherheit und Risiko des Scheiterns beim Start ins Berufsleben!
· ANR – Angebot-Nachfrage
· 100% = jeder Auszubildende hätte einen Platz
zu beachten: regionale Passungsprobleme, die aufgrund einer schwierigen Mobilitätslage verursacht werden – Jugendlicher wohnt nicht da, wo er benötigt wird
-Berufsfachliche Passungsprobleme: Betrieb passt nicht zu Jugendlichem
-Eigenschafts- bzw. verhaltensbezogene Passungsprobleme: Jugendlicher passt nicht zum Betrieb
-Betriebliche Gatekeeper: wesentlicher Einfluss auf Ausbildungszugang, unterschiedliche Ausbildungsmodelle: Investitions- (Azubi soll gehalten werden) vs. produktionsorientierte (evtl. gar kein Übernahmeinteresse, man braucht lediglich die Arbeitskraft) Ausbildung
-Auswahl von Bewerber/-innen gemäß ihrer potentiellen Eignung für → Übergang an “erster Schwelle“ kommt Schlüsselrolle für die Zuweisung von Lebenschancen zu
-Selektionsmechanismen an der „ersten Schwelle“: Prozesse der Herausbildung von Berufswünschen und deren Anpassung an Gelegenheitsstrukturen lokaler/regionaler Arbeitsmärkte
-Theorien zur Berufs- und Ausbildungswahl: Wahl für Ausbildung (etwa vs. Studium); innerhalb des Ausbildungsbereichs: Wahl eines zu erlernenden Berufs
-Ungleiche Chancen beim Zugang zu Ausbildung werden in der soziologischen Bildungsforschung hinsichtlich sozialer Herkunft, der Geschlechterzugehörigkeit, des Migrationshintergrunds und der schulischen Vorbildung betrachtet
-Knappheit der Ausbildungsangebote am Ausbildungsmarkt sichert eine Monopolstellung derjenigen, die es auf einen Ausbildungsplatz geschafft haben (die Insider), bzw. bedeutet einen langfristigen Ausschluss jener, denen dies nicht gelungen ist (der Outsider)
==> Anteil der Ausbildungslosen unter den 20-34 Jährigen liegt seit mehr als zwei Jahrzehnten bei mehr als 14% (jeder 7. junge Mensch)
==> Arbeitslosenquote bei Ausbildungslosen drei- bis viermal so hoch wie die allgemeine Arbeitslosenquote (2020: 20,9%, allgemein: 5,9%; Datenreport 2022)
-In Abhängigkeit vom schulischen Vorbildungsniveau zeigen sich unterschiedliche Ausbildungschancen
o V.a. Hauptschüler: Anpassung beruflicher Wunschvorstellung an begrenzte Chancenstruktur
-Ursachen für Disparitäten
o Unterschiedliche Ausstattung der Jugendlichen mit sozialen und kulturellen Ressourcen
o Upskilling- und Upgradingprozess
-Hohes Ausmaß an Geschlechtersegregation im Bereich der beruflichen Bildung; im Zeitverlauf relativ stabil
-Konzentration von Frauen im dualen System stärker als Männer aufvermeintlich »einfache« primäre Dienstleistungsberufe – Berufe mit durchschnittlich schlechteren Verdienst- und Beschäftigungsperspektiven als andere duale Ausbildungsberufe
-Schlechtere Übergangschancen in die betriebliche Ausbildung von Frauen u.a. durch stärkere Konkurrenz unter weiblichen Jugendlichen für frauentypische Berufe im Vergleich zur männerseitigen Konkurrenz
-Konzentration von Frauen in vollzeitschulischen Ausbildungsgängen, v. a. in Berufen des Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialwesens, darunter Ausbildungen ohne Ausbildungsvergütung / mit Schulgebühren
-Verschlechterung der Ausbildungschance von Männern, überproportionaler Anstieg, Jugendarbeitslosigkeitsquote bei Männern, außerdem überproportionaler Anstieg der Jugendarbeitslosigkeitsquote bei Männern
o Im Durchschnitt geringerer Schulerfolg von Jungen im Vergleich zu Mädchen
o Größerer Anteil an Berufswünschen bei Jungen, die nur im dualen System und damit „marktabhängig“ angeboten werden
o Verschiebungen in der Beschäftigungsstruktur hin zu Dienstleistungen
o Rückgang männerintensiver Ausbildungsfelder der gewerblich technischen Berufe in Industrie und Handel durch Technisierung und Rationalisierung
o Zunahme „frauenintensiver“ Berufe der sozialen und kaufmännischen DL-Berufe
-Geringere Chancen auf vollqualifizierende Ausbildung bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund
-Auch bei gleichen Voraussetzungen in Bezug auf Schulabschluss, Schulnoten, soziale Herkunft und soziale Einbindung
-Unterschiede in Abhängigkeit vom Herkunftsland
-Gründe
o Höhere Konzentration auf ein begrenztes Spektrum von Ausbildungsberufen (Männer: handwerkliche Berufe, Frauen: Dienstleistungsberufe)
o Unzureichende soziale Netzwerke
o Gruppenspezifische Bewerbungsverhalten
o Gruppenspezifische Selektion
-Geringe Ausbildungschance bei Jugendlichen aus sozial benachteiligten Familien (mit Eltern ohne Ausbildung oder Studium)
-Persönliche Ausbildungserfahrungen der Eltern geht mit besseren Kenntnissen des Ausbildungsmarktes und vermehrten Kontakt zu Ausbildungsbetrieben einher
-Bildungshintergrund der Eltern auch bei der betrieblichen Einschätzung der Ausbildungseignung relevant
-Vorzeitige Vertragslösungen
o Anteil vorzeitig gelöster Ausbildungsverträge an allen begonnenen Ausbildungsverträgen in der dualen Berufsausbildung in den letzten 20 Jahren bei ca. 25 %; 2023: 29,5%
-nicht unbedingt endgültige Abbrüche, sondern auch Betriebs- oder Berufswechsel innerhalb des dualen Systems (2013: Abbrüche ca. 17%, im Vergleich Studium: 28%)
-sowohl seitens der Azubis, also auch der Betriebe – oder in beiderseitigem Einvernehmen möglich
-Werden meist als Scheitern der Auszubildenden betrachtet; aber auch Einflüsse der betrieblich-beruflichen Kontexte (betriebliche Ausbildungsbedingungen, Qualität der Ausbildung, Ausmaß an betrieblichen Ausbildungsinvestitionen, Attraktivität des Ausbildungsberufs
-Abschluss einer Berufsausbildung ist oft nicht das Ende der Bildungslaufbahn
-Möglichkeiten einer Mehrfach- oder Höherqualifikation mit abgeschlossener Berufsausbildung
o Erwerb der HBZ durch Ausbildung
o Übergang an Hochschule mit vorheriger HZB
o Aufstiegsfortbildung zum Meister, Techniker, etc. (auch Betriebs-, Fachwirt, Fachkaufmann)
-Zunahme der Neigung zur Höherqualifizierung, Muster eher Kumulation von Qualifikationsvorteilen als Kompensation sozialer Ungleichheiten
-Akademisierung der Berufsausbildung: duale Studiengänge
-Übernahme von selbst ausgebildeten Fachkräften in ein Beschäftigungsverhältnis als wichtiger Teil des Übergangs vom Ausbildungs- in den Arbeitsmarkt
-Übernahmequote: Anteil mit Aufnahme von Ausbildungsabsolventen/-absolventinnen in ein Beschäftigungsverhältnis im Ausbildungsbetrieb
-im Bundesdurchschnitt (2020): 72%, höher in Großbetrieben (88%)
-Aus betrieblicher Perspektive von hoher Relevanz; Ausbildungskosten amortisieren sich oftmals erst bei einer weiterführenden Beschäftigung der Ausbildungsabsolventen/-absolventinnen
-In bestimmten Berufen können Beschäftigte mit einer Berufsausbildung oder einem Fortbildungsabschluss Lebensentgelte erzielen, die vergleichbar sind mit denen von Akademikern in anderen Berufen.
-Renditen unterscheiden sich auch zwischen dualen und schulischen Ausbildungsberufen
-Ein Fachkräfteengpass beschreibt eine Situation, in der die Arbeitsnachfrage das Angebot unter Berücksichtigung der benötigten Qualifikationen übersteigt.
-In 9 von 20 Berufshauptfeldern werden voraussichtlich bis 2035 Fachkräfteengpässe bestehen: v.a. bei fachlichen Tätigkeiten; Engpässe in Gesundheitsberufen; Bauberufe, Holz- Kunststoffbe- und verarbeitungsberufe; Verkehrs-, Lager-, Transportberufe; Verkaufsberufe; Gastronomieberufe
-starke Verschiebungen im Zeitverlauf: duale Berufsausbildung verliert Anteile nach „oben“ zum Hochschulsystem, zum Schulberufssystem und zwischenzeitlich nach „unten“ zum Übergangsbereich
-V.a. Rückgang weibliche Azubis, besonders in den primären Dienstleistungsberufen
-Seit 2013: mehr Schulabgänger/ innen gegen in die Hochschule als ins duale System
-Berufsausbildung insgesamt, d.h. Schulberufssystem und duales System zusammengenommen immer noch größter Sektor der Ausbildung in Deutschland
-Gleichzeitigkeit von Versorgungs- und Besetzungsproblemen am auf dem Ausbildungsmarkt für duale Ausbildungen → Passungsprobleme
-Zunahme von Passungsproblemen im Zeitverlauf
-Starke berufliche, regionale und eigenschafts- bzw. verhaltensbezogene Disparitäten in Angebot und Nachfrage nach Ausbildungsplätzen
-Ursachen
o Rückgang der Ausbildungsbereitschaft von Betrieben und verändertes Einstellungsverhalten der Betriebe
o Veränderung der Bildungsorientierung bei Jugendlichen und vglsw. geringe regionale Mobilität von Jugendlichen
-Häufig reibungsloser Übergang in den Arbeitsmarkt nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung (Übernahme durch den Ausbildungsbetrieb oder Wechsel in anderen Betrieb)
-Geringeres Arbeitslosigkeitsrisiko der Beschäftigten mit einem Berufsabschluss als für unqualifizierte Beschäftigte
-Berufsausbildung ermöglicht den Zugang zu qualifizierten Tätigkeiten
-Verdienste von Fachkräften in der Regel höher als von Personen ohne Berufsausbildung, über Fort- und Weiterbildungen oder anschließendes Studium Aufstiege in Positionen für Spezialisten bzw. Experten möglich
Zuletzt geändertvor 10 Monaten