Welche Wege zur Personendeutung gibt es?
Langer Weg: Personen Individuation -> einzelne Personen, spezifische (idosyncratic) Attribute -> langsam, mühsam, gedankenvoll
Abkürzung: Personen Kategorisierung -> kategoriales Denken, allgemeines Wissen (Stereotype) -> schnell, mühelos/effizient, gedankenlos
Annahme: Menschen sind kognitive Geizhälse (schon Allport 1954)
Nenne 2 sozial-kognitive Modelle der Eindrucksbildung und die Hauptannahmen
Brewer, 1988: Dual-Process Model
Fiske & Neuberg, 1990: Kontinuum Modell
Hauptannahmen
-> Priorität der kategoriebasierten Personendeutung
-> aktiver Beobachter/Wahrnehmender
-> individuelle Personendeutung dauert länger
-> kategoriale Personendeutung ist kognitiv effizienter
-> über Linie automatisch, unter Linie kontrolliert (Erstellung vs. Anwendung)
Brewers Dual Process Model
Fiske & Neuberg: Das Kontinuum Modell
Stand der Forschung zu den Modellen
Großer empirischer Support für
kategoriale Aktivierung
Anwendungseffekte (Einspeicherung, Aufmerksamkeitszuteilung, Gedächtnisleistung, Eindrucksbildung…)
Offene Fragen
Wie und Wann kategorisieren wir?
Ist Kategoriesierung wirklich effizienter als Individuation (Kategorisierung vs. Individuation)?
Ist Kategorisierung wirklich unvermeidlich?
(Gibt es Theorien wie der Kategorisierungsprozess selbst abläuft?)
Effizienz von Kategorisierung: Studie von Clouter, Mason & Macrae (2005)
Methodik
Kategorisierung vs. Individuation in einfacher Sortierungs-Aufgabe
Geschlecht-Block -> Gesicht männlich/weiblich (unbekannt) -> Kategorisierung
Identitäts-Block -> Gesicht bekannt/unbekannt (Promis) -> Individuation
Messung der Reaktionszeit
Manipulationen
der Präsentationsdauer (20ms vs. 200 ms)
der Bildqualität (klar vs. verschwommen)
der Bildorientierung (aufrecht vs. kopfüber)
Ergebnis
Geschlecht/Kategorisierung -> jeweils kaum Unterschied in Reaktionszeit und generell schneller
Identität/Individuation -> langsamer bei kurz/verschwommen/kopfüber und generell langsamere Reaktionszeit
Schlussfolgerung
Kategorisierung: effizient und unbeeinflusst von suboptimalen Bedingungen
Individuation: zeitaufwendig und beeinträchtigt bei suboptimalen visuellen
Anhand welcher Merkmale/ Quellen kategorisieren wir? (Bottom-up)
Studie von Cloutier & Macrae (2007)
Aufgabe: Geschlechts- und Ethnien-Block (men/woman, american/african)
Rotation der Bildpräsentation um 0°, 45°, 90°, 135°, 180°
Manipulation: Haar/kein Haar & Hautfarbe/gegrünt (kein Haar generell)
Ergebnis: - generell höhere Reaktionszeit für kein Haar & gegrünt (eingeschränkte) - stärkere Steigung der RZ bei Drehung (bei mit Haar geringer und bei Hautfarbe gar nicht)
Studie von Macrae & Martin (2007)
1. Sequential Priming Task -> Primes: unbekannte Männer/frauen („passendes Haar“) -> Aufgabe: Namen oder Wörter als Männlich/Weiblich einordnen
Manipulation: Prime mit oder ohne Gesicht
Ergebnis: mismatching längere RZ (logisch) + kaum Unterschied ob mit Gesicht (für Namen und Wörter) -> eher Haar als Gesicht für Kategorisierung
2. Sequential Priming Task -> Primes: unbekannte Männer/Frauen (jew. Lang/kurz also 4x)
Aufgabe: Namen als Männlich/Weiblich einordnen
Manipulation: Präsentationszeit 25ms vs. 200ms
Ergebnis 25ms: bei „passendem“ Haar höhere RZ bei mismachtching, bei „unpassendem“ aber umgedreht -> nur Haar wird verarbeitet
Ergebnis 200ms: immer höhere RZ bei mismatching (auch wenn „unpassendes“ Haar) -> gesamtes Gesicht/ Passung wird verarbeitet
Extraktion von kategorialen Informationen -> Featural prosessing / Merkmalsbezogene Verarbeitung (einzelne Eigenschaften)
Extraktion von individuellen Informationen -> Configural processing / konfigurale Verarbeitung (Konfiguration/Ordnung/Passung einzelner Features)
Anhand welcher Merkmale/ Quellen kategorisieren wir? (Top-down):
Studie von Hugenberg & Bodenhausen (2004)
Aufgabe: Gesichter als schwarz/wie? Einordnen (Bilder uneindeutig)
Individuelle Einstellung gemessen: Stärke impliziter Vorurteile
Manipulation Ausdruck: wütendes/glückliches Gesicht
Haupt- und Interaktionseffekt: mehr Vorurteile -> generell mehr Gesichter als schwarz + besonders bei wütendem Gesicht (vs. kein Unterschied Ausdruck)
Kategoriale Aktivierung & Anwendung wird beeinflusst durch Beobachter Charakteristiken (perceiver characteristics)
Limitation: Studie nicht unintentional -> 3/4 automatisch (übertragbar?)
Bei Individuation sowieso noch mehr relevant (aber schon in Kategorisierung)
Ist Kategorisierung unvermeidbar?
Überlegung: Bekanntheit mit Ziel/Target sollte Einfluss haben
Kategorisierung funktional, um Unbekannte zu deuten, aber weniger funktional bei Bekannten (Verfügbarkeit individuelle Infos)
Quinn, Mason, & Macrae (2009) - Replikation und Erweiterung
Sequential Priming Task -> Primes: bekannte und unbekannte Gesichter (150ms) -> Aufgabe: unbekannte Gesichter als männlich/weiblich einordnen
Ergebnis: nur Unterschied in RZ bei unbekannten Primes (mis-/matching) -> bekannte Primes als Personen und nicht mehr als Kategorie behalten
Erweiterung 2011: Präsentationszeit Primes 100 vs. 150ms -> bei 100ms wieder bei Beiden Unterschied in RZ -> zu kurz für Individuation -> Kategorie wird schon verarbeitet, aber bei „Erkennen“ fallengelassen
Kategorisierung ist nicht unausweichlich
Individuation dominiert für bekannte oder selbstrelevante Ziele (automatized exemplar-based processing/ automatisierte Musterbasierte Verabeitung)
Was ist Kategorisierung?
effizient und unbeeinflusst von suboptimalen Bedingungen
Ist nicht unvermeidbar
Was ist Individuation?
zeitaufwendig und beeinträchtigt bei suboptimalen visuellen Bedingungen
Ausgewählte Kritik an klassischen Theorien und Forschung
Theorien enthalten kein Prozess Ansatz für die Kategorisierung
Starker Fokus auf bottom-up Theorien, wenig top-down
Fokus der Forschung auf Effekten der Kategorisierung (+ downstream processes?)
Nutzt meist hoch prototypische Ziele und meistens Männer
Benutzt meistens kategoriale Bezeichnungen (schwarz/weiß) anstatt individueller Zielstimuli
Zuletzt geändertvor 10 Monaten