Elterliches Züchtigungsrecht
Keine ausdrückliche gesetzliche Regelung
h.M.: Ableitung aus dem Sorge- und Erziehungsrecht der Eltern gem. §§ 1626, 1629 BGB
i. Konfliktlage
Züchtigungsanlass/Erziehungszweck
= Fehlverhalten des Kindes, das aus erzieherischen Gründen eine Reaktion erfordert
„generalpräventive Züchtigungen“ sind unzulässig
ii. Eingriff in die körperliche Integrität
iii. Grenzen
Erforderlichkeit
Die Züchtigung ist angemessen, wenn kein milderes Mittel den erzieherischen Zweck erreichen kann.
Berücksichtigen:
Art und Gewicht des Anlasses
Alter und Konstitution des Kindes
Sonstiges Verhalten des Kindes
Angemessenheit
Art und Maß der Züchtigung müssen in einem angemessenen Verhältnis zu der Verfehlung und dem Alter des Kindes stehen
Körperliche Verfassung und seelische Entwicklung berücksichtigen
Quälerische, gesundheitsschädliche, unnötig demütigende oder das Anstandsgefühl grob verletzende Züchtigungen sind unzulässig
P.: § 1631 II BGB (i.d.R. in der Klausur nur das thematisieren, um dann eine Rechtfertigung über das Züchtigungsrecht zu verneinen)
§ 1631 II BGB: Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung; körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig
h.M.: Wegen § 1631 II BGB sind körperliche Züchtigungen nicht mehr gerechtfertigt, wenn sie die Erheblichkeitsschwelle des § 223 I StGB überschreiten ➔ somit keine Rechtfertigung mehr über das Züchtigungsrecht möglich
a.A.: Rechtfertigung durch das Züchtigungsrecht trotz § 1631 II BGB möglich, wenn die Züchtigung nicht entwürdigend ist
Arg.: das in Art. 6 II GG garantierte Erziehungsrecht der Eltern
(-): widerspricht der gesetzgeberischen Intention, Gewalt aus der Kindererziehung zu verbannen
iv. Subjektive Rechtfertigungselemente
§ 193 StGB
§ 193 StGB: Bei Ehrverletzungen
§ 193 StGB enthält nur für Beleidigungstatbestände des 14. Abschnitts besondere Rechtfertigungsgründe
Leitet sich aus dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ab
§ 229 BGB: Selbsthilferecht
Handelndem muss ein eigener Anspruch zustehen
Entscheidend ist er Anspruchsbegriff des § 194 I BGB
Guter Glaube an das Vorliegen eines solchen Anspruchs genügt nicht
Obrigkeitliche Hilfe darf nicht rechtzeitig zu erlangen sein
Sicherung
Arrest
Einstweilige Verfügung
Polizeiliche Hilfe
Es muss die Gefahr bestehen, dass ohne sofortiges Eingreifen die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werde
Nicht erforderlich: Dass ein unwiedereinbringlicher Verlust droht
Wesentliche Erschwerung der Durchsetzung genügt
Grenzen: § 230 BGB
Selbsthilfe nur zur vorläufigen Sicherung des Anspruchs
Nicht zum Zweck der Verwertung
Endgültige Entscheidung durch ein Gericht
Bei irrtümlicher Selbsthilfe: § 231 BGB ➔ verschuldensunabhängiger SE-Anspruch
§ 81a StPO Schema
§ 81a StPO: Recht zur Blutentnahme
Strafprozessuale EGL wirken rechtfertigend
i. Formelle Voraussetzungen
Anordnungskompetenz liegt grds. beim Gericht, § 81 II StPO
Aber: Bei einem Anfangsverdacht hinsichtlich einer Verkehrstat auch Ermittlungspersonen, § 81 II StPO
P.: Vorrang staatsanwaltlicher Anordnung?
Wenn ein Polizist das Blut entnimmt
Ganz h.M.: (-)
Arg.: Gesetzgeberwille streitet dagegen
Arg.: Keine Anhaltspunkte im Wortlaut
Arg.: Sicherung etwaiger Entscheidungshoheit im Einzelfall durch Weisung gem. § 152 GVG möglich
ii. Materielle Voraussetzungen
Bei einem Fall des § 81 II 2 StPO
Anfangsverdacht hinsichtlich einer Verkehrstat
Durchführung nur durch einen Arzt, § 81 I 2 StPO
§ 127 I 1 StPO : Vorläufige Festnahme
=> Allgemein
§ 127 I 1 StPO: Wenn jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt wird, ist jedermann befugt, ihn vorläufig festzunehmen, wenn er der Flucht verdächtigt oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden kann.
Vorschrift überträgt dem Bürger eine öffentliche Aufgabe
§ 127 II StPO: Bei Gefahr im Verzug sind die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes zur vorläufigen Festnahme befugt, wenn die Voraussetzungen eines Haft- oder Unterbringungsbefehls vorliegen.
§ 127 I 1 StPO ist ein Rechtfertigungsgrund für die Freiheit beschränkenden Delikte
z.B. §§ 239, 240 StGB
§ 127 I StPO Schema
Konfliktlage
Jedermann
Auf frischer Tat betroffen oder verfolgt
Fluchtverdacht oder Identität nicht sofort feststellbar
Festnahmehandlung
Grenzen
Subjektives Rechtfertigungselement
§ 127 I StPO
= Privatpersonen, Beamten der Staatsanwaltschaft, Polizei (auch außerhalb des Amtsbezirkes (gilt aber nicht für § 127 II StGB!))
Nicht nur durch die Straftat Verletzte
Volljährigkeit ist nicht erforderlich
Aber: Keine Polizeibeamten dürfen zugegen sein
Die Züchtigung ist angemessen, wenn kein milderes Mittel de erzieherischen Zweck erreichen kann.
Auf frischer Tat betroffen ist, wer bei der Begehung einer rechtswidrigen Tat oder unmittelbar danach am Tatort oder in dessen unmittelbarer Nähe gestellt wird.
Verfolgung auf frischer Tat liegt vor, wenn sich der Täter bereits vom Tatort entfernt hat, aber sichere Anhaltspunkte auf ihn als Täter hinweisen, und seine Verfolgung zum Zwecke seiner Ergreifung aufgenommen wird.
Verfolgender braucht nicht Entdecker der Tat zu sein.
Dauer der Verfolgung ist nicht begrenzt.
=> Str.: Muss eine tatsächlich begangene Tat vorliegen oder reicht wie bei § 127 II StPO ein dringender Tatverdacht aus?
Ein dringender Tatverdacht liegt vor, wenn die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass der Beschuldigte Täter oder Teilnehmer einer Straftat ist.
Materiell-rechtliche Theorien: Festnahme ist nur zulässig, wenn tatsächlich eine Straftat i.S.d. § 11 I Nr. 5 StGB begangen worden ist
Dringender Tatverdacht reicht nicht aus
Arg.: Dem Unschuldigen würde die Notwehr gegen die Festnahme versagt werden, wenn die Festnahme dann schon gerechtfertigt ist
Arg.: In § 127 II StPO wird explizit gefordert, dass die Vss. eines Haftbefehls vorliegen müssen (= Vorliegen eines dringenden Tatverdachts)
Arg.: Wortlaut des § 127 I 1 StPO ➔ spricht vom Betroffensein auf frischer Tat und nicht vom Vorliegen des Verdachts einer Tat
(+).: Wegen Eingriffscharakter in die Rechtssphäre des Dritten ist ein restriktive Interpretation erforderlich
Dieser Ansicht folgen
Prozessuale Theorien: Vorliegen eines dringenden Tatverdachts genügt
Tat i.S.d. § 127 I 1 StPO liegt bereits dann vor, wenn sich aus der Zusammenschau aller erkennbaren äußeren Umstände im Tatzeitpunkt nach der Lebenserfahrung im Urteil des Festnehmenden ohne vernünftige Zweifel der Schluss auf eine rechtswidrige Tat als zulässig erweist.
Arg.: Festnahmerecht dient nicht dem Eigeninteresse des Privaten, sondern dem öffentlichen Interesse an einer wirksamen Strafverfolgung
Es wäre unbillig der Privatperson das Risiko eines Irrtums aufzubürden
(-): Privater ist ausreichend über das Institut des Erlaubnistatbestandsirrtums geschützt
Arg.: In der konkreten Tatsituation kann eigentlich nicht das Vorliegen einer Straftat i.S.d. § 11 I Nr. 5 StGB hinreichend geprüft werden
Somit: tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Tat erforderlich
Versuch genügt
Aber: straflose Vorbereitungshandlungen sind nicht ausreichend
Begehung einer Ordnungswidrigkeit (§ 47 III 1 OWiG) ist nicht ausreichend
Ein Fluchtverdacht liegt vor, wenn nach den erkennbaren Umständen des Falles unter Berücksichtigung allgemeiner Erfahrungen vernünftigerweise die Annahme gerechtfertigt ist, der Betroffene werde sich der Verantwortung durch Flucht entziehen, wenn er nicht alsbald festgenommen wird.
Strengere Vss. des § 112 II Nr. 2 StPO müssen nicht vorliegen
Zur Feststellung der Identität ist die Festnahme zulässig, wenn die Feststellung an Ort und Stelle nicht möglich ist, weil der Betroffene Angaben zur Person verweigert oder sich nicht ausweisen kann und somit nicht ohne Vernehmung oder Nachforschungen identifiziert werden kann.
Zusätzlich Fluchtverdacht i.S.v. oben erforderlich
Festnahme ist i.d.R. bereits dann unzulässig, wenn der Name des Betroffenen bekannt ist
Feststellung durch Polizeibeamte gem. §§ 163b, 163c StPO
=> P.: Wenn KfZ-Kennzeichen bekannt ist?
Bei Privatfahrzeugen reicht das i.d.R. nicht aus
Arg.: Autokennzeichen allein lässt keinen sicheren Schluss auf den Führer des Wagens zu
Etwas anderes gilt i.d.R. bei Fahrzeugen öfftl. Verkehrsbetriebe
Eingriff in die Fortbewegungs-/ Willensfreiheit
Auch erfasst: z.B. Wegnahme des Personalausweises oder des Zündschlüssels
Nach dem Grundsatz des schonendsten Eingriffs können auch andere Maßnahmen auf niedrigerer Eingriffsstufe, die den Zweck genauso gut erfüllen können, dem § 127 I 1 StPO unterfallen
Zur Durchsetzung der Festnahme darf Gewalt angewandt werden
P.: Wenn sich der Betroffene selbst mit Gewalt gegen die berechtige Festnahme wehrt?
= gegenwärtiger rechtswidriger Angriff
Evtl. § 32 StGB
Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Festnahmehandlung
Festnahmehandlung muss im Verhältnis zur Bedeutung der Tat des Festzunehmenden stehen
Erhebliche Verletzungen von Leib oder Leben des Festzunehmenden sind durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgeschlossen
=> P.: Schusswaffengebrauch
P.: Schusswaffengebrauch
Drohen mit Schusswaffe und Abgabe von Warnschüssen kann gerechtfertigt sein
Gezieltes Schießen auf den Flüchtenden kann nicht gerechtfertigt sein
=> Bsp.: Fahrradfahrer (F1) fährt Fußgänger (F2) an und verletzt ihn am Bein. F1 möchte Namen nicht preisgeben und F2 auch nicht zur Polizeistation begleiten. Daraufhin entreißt F2 dem F1 sein teures Fahrrad mit der Ankündigung, dass dieser es sich bei der Polizeistation gegen Angaben seiner Personalien abholen könne. Dann fährt er damit wie angekündigt zur Polizeistation.
Strafbarkeit von F2 gem. § 248b StGB?
TB des § 248b StGB (+)
Rechtfertigung?
§ 127 I 1 StPO rechtfertigt nicht nur Festnahmehandlungen
Vorübergehende Wegnahme einer Sache sowie deren vorübergehende Benutzung können gerechtfertigt sein
Kenntnis der rechtfertigenden Umstände
Handeln in Festnahmeabsicht
Festnahmeabsicht liegt vor, wenn der Zweck der Festnahme nur darin besteht, den Täter der Strafverfolgung zuzuführen
Wer diese Absicht nicht hat: § 127 I 1 StPO (-)
Aber ggfs. noch § 229 BGB
Art. 4 GG
Art. 4 GG: Glaubens- und Gewissensfreiheit (mM)
(-): Individuelle Glaubensrichtung kann nicht über Recht oder Unrecht einer Tat, die ggfs. auch in Rechte Dritter eingreift, entscheiden
(-): Wäre ein völlig unbestimmtes Instrument, das nur von der Einstellung des Einzelnen abhängt ➔ würde zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen
Erlaubtes Risiko
Str.: Erlaubtes Risiko
h.M.: Erlaubtes Risiko ist keine eigenständige Rechtsfigur
Sondern: Sammelbegriff
Bsp.: Wahrnehmung berechtiger Interessen i.S.d. § 193 StGB, mutmaßliche Einwilligung
Widerstandsrecht aus Art. 20 IV GG
= allgemein anerkannter Rechtfertigungsgrund
Vss.:
(1) Widerstandsfall
= Staatsstreich von „oben“ (Staatsorgane) oder von „unten“ (Bürger), der die grundgesetzliche Ordnung beseitigen will
Es braucht Anhaltspunkte dafür, dass die staatlichen Akteure die in Art. 20 I, II GG statuierten Grundsätze außer Kraft setzen wollen
Bei unzureichenden Klimaschutzmaßnahmen (-)
Aber bei Klimaaktivistenfall an den Rechtfertigungsgrund denken!
(2) Deutschen
(3) Andere Abhilfe nicht möglich
P.: Unmittelbare Rechtfertigung durch Grundrechte
Insb. bei Straftaten von Aktivisten daran denken!
Str.: Kommt Rechtfertigung unter direktem Rückgriff auf die Grundrechte überhaupt in Betracht?
Straftatbestandsmäßiges Verhalten ist nicht bereits schon deshalb rechtmäßig, weil es in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt
Arg.: Sonst würden die Schranken ignoriert
e.A.: Unmittelbare Rechtfertigung durch Grundrechte ist dann zulässig, wenn die mit dem Straftatbestand verfolgten Interessen die Grundrechtsbeeinträchtigung beim Täter nicht überwiegen
Mit dem Straftatbestand verfolgtes Interesse z.B. Eigentum bei § 303 StGB
(-): Die speziellen Vss. des einfachgesetzlichen Rechtfertigungstatbestands dürfen nicht durch Rückgriff auf die Grundrechte unterlaufen werden => sonst würde der Anwendungsvorrang des einfachen Rechts missachtet
a.A.: Rechtfertigung durch Grundrechte grds. (-)
Arg.: Strafnormen schränken die Grundrechte zwangsläufig so ein, dass sie tatbestandsmäßiges Verhalten nicht rechtfertigen
h.M.: Rechtfertigung durch Grundrechte kommt erst in Betracht, wenn im konkreten Fall das einfache Recht den mittelbaren Einfluss der Grundrechte nicht zulässt
z.B. bei §§ 904, 34 StGB etc. Können die Grundrechte i.R.d. Interessensabwägung einfließen => unmittelbare Rechtfertigung aus Grundrechten (-)
Die Rechtfertigungsnormen sind als speziellere Normen vorrangig anzuwenden
Ziviler Ungehorsam
Insb. bei Klimaaktivisten daran denken
h.M.: Ein Widerstehen des Bürgers ggü. einzelnen gewichtigen staatlichen Entscheidungen, um einer für verhängnisvoll und ethisch illegitim gehaltenen Entscheidung durch demonstrativen, zeichenhaften Protest bis zu aufsehenerregende Regelverletzungen zu begegnen
P.: Rechtfertigende Wirkung?
e.A.: (+), wenn sich eine verhältnismäßige Tat gegen schwerwiegendes Unrecht richtet
Arg.: Täter will sich nicht grds. auf die Seite des Unrechts stellen, sondern nur auf besondere Krisenlage aufmerksam machen
h.M.: Rechtfertigende Wirkung (-)
Arg.: Täter wendet sich mit seinem Verhalten gegen die Ergebnisse ordnungsgemäß zustande gekommener Mehrheitsentscheidungen
Setzt sich über fundamentale Entscheidungen des Verfassungsgebers hinweg
Arg.: Sonst würde es zur Aufgabe der Richter politisch „richtige“ Ansicht zu bestimmen
Arg.: Privilegierung eines Täters aufgrund seiner politischen Motive stünde im Widerspruch zu Art. 3 III GG
Daran denken, den zivilen Ungehorsam auch bei der Schuld anzusprechen
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