-Das Jahr 1945 als Stunde Null – Zerstörung und Wiederaufbau
-Nachbarn wollen Deutschland wieder vertrauen können
-Deutschland geteilt und Beginn des Kalten Krieges zeichnete sich ab, es kam zu Hungersnöten, Energiekrisen und verbreiteter Armut
-zwischenstaatliche Kooperationen zwischen nationalen Regierungen in Europa
==> Große Frage: Wie kann Europa einen weiteren Krieg vermeiden und seine Wirtschaft wiederbeleben?
- Idee einer Gemeinschaft von zwei französischen Persönlichkeiten – Jean Monnet (franz. Wirtschafts- und Entwicklungsbeamter) und Robert Schuman (franz. Außenminister)
-Der durch Schuman vorgestellte Jean-Monnet-Plan/Schuman-Plan vom09. Mai 1950 sah vor
o Frieden in (West)Europa durch Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland
o Prinzipiell offen für weitere Mitglieder
o Supranationale statt rein zwischenstaatliche Kooperation
o Vertrauensvorschuss für Deutschland durch die Franzosen
o Will vermeiden, dass Industriezweige für Waffenproduktion verwendet werden
o Gemeinsame Kontrolle über die Industrie bringt wirtschaftliche Vorteile für beide Länder, ohne sicherheitspolitische Risiken
o Schwer zerstörte Regionen (eben die industriellen Herzkammern) werden schnell wieder aufgebaut
-Vertrag von Paris 1951 (EKGS)
o Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) / Montanunion
o Ziel: Zollfreier Zugang für alle Mitgliedsstaaten zu Kohle und Stahl
o Sechs Gründungsmitglieder: Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien, Niederlande, Luxemburg
o Schaffung der ersten supranationalen Institutionen
§ Hohe Behörde: Unabhängig von nationalen Interessen. Sie überwachte: Wettbewerbsregeln, Verbesserung der Produktion, Entwicklung gemeinsamer Exportpolitik, Verbesserung Arbeitsbedingungen in Kohle- und Stahlindustrie, d.h. keine Zölle mehr untereinander, aber auch die Frage wie man gegenüber anderen gemeinsam auftritt (spätere Europäische Kommission)
§ Ministerrat: Regierungen der Mitgliedsstaaten, Zustimmung zu Entscheidungen der Hohen Behörde (spätere Europäische Rat)
§ Gerichtshof: Rechtsprechung
§ Parlamentarische Versammlung: Mitglieder der nationalen Parlamente, Überwachung der Hohen Behörde (werden nicht direkt gewählt, sondern entsendet)
§ Rechnungshof
-Verabschiedung völkerrechtlicher Verträge, in denen die Mitgliedsstaten sich dazu verpflichten in bestimmten Politikbereichen zu kooperieren und dazu Souveränitätsrechte an die supranationale Ebene abzutreten
-Verhandlungen über EU-Verträge finden in Regierungskonferenzen statt. Die Entscheidungsregel ist Einstimmigkeit unter den nationalen Regierungen
-Notwendigkeit der Ratifikation der EU-Verträge (Parlament, Referendum)
==> Verträge greifen immer wieder ineinander über und ergänzen sich gegenseitig
==> y-Achse: mehr Supranationalität / x-Achse: Ausweitung der Politikfelder, Interessen
-Fortschritt und Rückschläge der Gründergeneration
o Zollunion durch proaktive Kommission schnell erreicht (1968)
o Etablierung der gemeinsamen Agrarpolitik
o Hohe Erwartung an zusätzliche Integrationsschritte, allerdings Rückschläge bei Schaffung des Binnenmarktes
-Streitpunkte in den 1960ern
o Wie viel Europa? (Frage der Vertiefung)
§ Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung und Frage wie Regeln in EGW beschlossen werden sollen
§ Generelle Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips im Rat vertraglich vorgesehen.
§ Französische Haltung: Jedes Land soll EU-Gesetze blockieren können, selbst wenn der Vertrag die QM vorsieht
§ Der leere Stuhl (1965): Frankreich nimmt nicht an Sitzungen des Ministerrats teil unter de Gaulle (1965-66), da das Einstimmigkeitsprinzip gegen die Qualifizierte Mehrheit eingetauscht wurde
o Wie groß? (Frage der Erweiterung)
§ De Gaulle legt zweimal ein Veto gegen eine Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs ein
==> Luxemburger Kompromiss
o Ergebnis: Einstimmigkeitsprinzip bleibt erhalten. Veto trotz Qualifizierter Mehrheitsregel möglich, wenn ein Land „sehr wichtige Interessen” geltend macht - aber nicht klar wie diese zu definieren sind
o Auswirkung: zwei Jahrzehnte zwischenstaatlicher Verhandlungen zwischen den Regierungen, Binnenmarktziel wird nicht umgesetzt
==> Längere Phase der Stagnation
-EU-Gipfeltreffen
o Informelle Gespräche zwischen Staats- und Regierungschefs
o Formalisiert 1974 durch die Einrichtung des „Europäischen Rates” (aber noch nicht in den Verträgen, d.h. keine Institution)
o Heute: ein formales Organ der EU (trifft sich 4-mal jährlich) mit eigener Präsidentschaft
o Rolle: politische Weichenstellung, Agendasetzung, insbesondere in Krisenzeiten
==> Europäischer Rat entscheidet mit Einstimmigkeit / Rat der EU entscheidet mit Doppelter Mehrheit (außer in der Außen- und Steuerpolitik, dort gilt ebenfalls das Einstimmigkeitsprinzip)
-Vertiefung und Erweiterung in den 1970er und 1980er Jahren
o Erweiterung
§ 1973: UK, Dänemark, Irland (neg. Referendum in Norwegen)
§ 1981: Griechenland
§ 1986: Portugal und Spanien
o Keine Vertragsänderungen, wenig Vertiefung
§ Begrenzte neue Politikfelder: Europäischer Fond für Regionale Entwicklung (EFRE), Europäischer Sozialfond (ESF) – Fonds schwächeln wirtschaftliche schwache Regionen wieder auf, meist in Südeuropa, aber auch in GB
§ Europäisches Währungssystem (feste, aber flexible Wechselkurse)
o Direkte Repräsentation der Bürger ab 1979: Erste Europawahlen
==> v.a. wichtig aufgrund des Konzeptes der QM
-Gemeinsame Verteidigungspolitik, heißt eher gemeinsame Koordinierung als eine gemeinsame Armee
-Opt.-out: nicht alle Länder müssen alles umsetzen / differenzierte Integration
==> Einführung von Sanktionen bei inneren Verstößen
==> Ruhe vor der großen Eintrittswelle
-Abkehr von der üblichen Vertragsänderungsmethode
Nationale Regierungen +
o Vertreter der Nationalen Parlamente
o Europäisches Parlament
o Europäische Kommission
o Beobachter der Zivilgesellschaft
-Aufgaben:
o Mehr Transparenz, Demokratie, Effizienz? Europäische Verfassung?
-Agendasetzung durch Vorsitz (Giscard d’Estaing)
o Öffentliche Verhandlung, aber keine Abstimmung im Konvent (Konsens « erklärt » durch Giscard)
-Konsolidierung aller Verträge in ein neues Vertragswerk und wichtige institutionelle Neuerungen
==> Verfassung scheitert in der Ratifikationsphase
-2005: Frankreich “Non”, Niederlande “Nee” – komplexe Ursachen: Unwissen, Ablehnung der Integration, Abrechnung mit der nationalen Regierung
-Verfassungskrise: “Period of reflection” (2005-2007)
==> Deutsche Ratspräsidentschaft schlägt 2007 eine „normale“ Vertragsänderung vor
Vertrag von Lissabon (2007)
-Keine substantiellen Änderungen gegenüber Verfassungsvertrag
-Allerdings: keine “Verfassungsterminologie”, Symbole
-Kein Referendum (bis auf Irland)
o Erstes Referendum 2008: Ablehnung (53% vs 47%)
o Zweites Referendum 2009: Zustimmung (67% vs 33%)
§ Einige Garantien für Irland ("keine Beeinträchtigung der irischen Politik in Bezug auf Steuern, Abtreibung und militärische Neutralität") ==> schafft einen problematischen Präzedenzfall
-Konvent nun für Vertragsänderungen nötig, aber seit dem Vertrag von Lissabon noch nicht einberufen/benutzt worden
-Regelungen für einen Austritt werden festgelegt (Art. 50)
Die Institutionen der EU heute – nach Artikel 13 EUV des Vertrages von Lissabon
-Die Organe der EU sind:
· das Europäische Parlament
· der Europäische Rat
· der Rat
· die Europäische Kommission
· der Gerichtshof der Europäischen Union
· die Europäische Zentralbank
· der Rechnungshof
EU-Erweiterungen
Integration ohne Vertrag: Staatsschuldenkrise
-Wirtschafts- und Währungsunion, Einführung des Euro 1999
o Gemeinsame Geldpolitik/Währung (EZB) + Koordinierte Wirtschaftspolitik der Mitgliedsstaaten (Stabilitäts- und Wachstumspakt)
-Beginn im Oktober 2009: Griechische Staatsschuldenkrise
o Wird schnell zum Problem aller
o Weitere mögliche Brandherde in Südeuropa
-Finanz- und Schuldenkrise: mehr nationale Haushaltsdisziplin?
o Vertragsveto durch Großbritannien und Tschechische Republik im Europäischen Rat
-Alternative Lösung: neuer völkerrechtlicher Vertrag außerhalb der EU-Verträge
o Fiskalpakt / Schuldenbremse, leichtere Sanktionierung
o Europäischer Stabilitätsmechanismus (Hilfen für Griechenland, Zypern, Spanien) – separater Vertrag außerhalb der EU
o Problem: keine Anwendung der Gemeinschaftsmethode; intergouvernementale Lösung, keine Einbindung des Europäischen Parlaments
-Sog. Dublin-Verordnung regelt, dass der Staat, in dem Geflüchtete_r Europa erreicht, Registrierung und Asylverfahren durchführt
o Griechenland und Italien (Mittelmeerroute) als häufiges Erstaufnahmeland
-Schengensystem: offene Binnengrenzen in EU, viele Geflüchtete reisen in andere Länder weiter.
-Solidarität unter Mitgliedsstaaten und Aufnahme/Allokation von Flüchtlingen?
o Vorschlag der EU Kommission eines Quotenmechanisms
o Im Rat mit Qual. Mehrheit beschlossen
o Von einigen Mitgliedsländern nicht implementiert
-EU-Türkei Abkommen
-Herausforderungen:
o Sind Mehrheitsentscheidung überhaupt möglich? Solidaritätsfrage ungeklärt
o Migration als Wahlkampfthema rechtspopulistischer Parteien
o Länder, die 2015/16 Solidarität ablehnen sind 2022 aufgrund von Grenzen zur Ukraine Erstaufnahmeländer (zB Polen, Slowakei).
-Formale Ausstiegsklausel möglich seit Vertrag von Lissabon - festgehalten in Artikel 50 des Vertrags über die EU
-Entscheidende Faktoren bei der Wahl
o Wahlkampf/Information hat große Bedeutung: Komplexe Sachverhalte. Meinungen bilden sich oft erst kurz vor Wahl
o Parteien setzen oftmals Hinweisreize für Wähler: aber Parteien sind oft zerstritten (z.B. Konservative in UK)
o Definition des „Umkehrpunkts“ ist entscheidend: Konsequenzen eines „Neins“ so bedeutsam wie die eines „Jas“, Bedeutung eines Brexits unklar
o EU Referenden als Gelegenheit zur Protestwahl: Unzufriedenheit mit Regierung
o Remain: Wirtschaft - Negative wirtschaftliche Konsequenzen nach Brexit
o Leave: Einwanderung Angst vor ansteigender Einwanderung bei Verbleib
o Andere Themen unwichtig in den Medien (Souveränität, Sicherheit, Demokratie, Föderalismus)
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