Platons Tugendethik
Politeia: vier Haupttugenden (Kardinaltugenden), entsprechen je einem Seelenteil
Besonnenheit: begehrendes Seelenteil
Tapferkeit: muthafter Seelenteil
Weisheit: Bestheit des vernünftigen Seelenteil
Gerechtigkeit: gegeben, wenn jeder Seelenteil Seines tut
Tugenden = Teilhabeweisen am Guten
Gute = letzter Zweck allen Handelns (Fortführung Sokrates “Worumwillen”)
da jeder handelt wie er es für “gut” hält, stellt sich die Frage nach dem in Wahrheit Gutem
aber Tugenden als Teilhabeweisen am Guten kein individual-ethischer Sinn
3 Seelenteile entsprechen drei Ständen im Staat
diese kann man auch als spezifische Handlungssphären für die Tugenden ansehen
ohne tugendhafte Bürger =\ tugendhafter Staat
ohne substantiell guten Staat =\ guten Bürger
Grundansatz der aristotelischen Ethik
Unterschied Platon:
Platon: Ethos auf den sich Philosophie beziehen kann im Raum des Politischen nicht vorhanden
Aufgabe demnach: diesen Ethos aus Begriff zu rekonstruieren
Aristoteles: Grundbestand sittlich-politischer Substanz vorhanden
historischer Blickwinkel:
Übergang zu hellenistisches Großreich durch Alexander den Großen (Aristoteles Schüler)
Aristoteles:
politischer Raum (und damit auch Ethos?) vorhanden, muss nicht konstruiert werden
also es gibt ein Gutes, welches den Rahmen für die Erörterung des praktischen Selbstverständnis des Individuums bildet
damit gehört Ethik in Bereich der Wissenschaft vom Staat
Drei Lebensformen:
Ziel unserer Handlungen= Glückseligkeit oder terminologisch: Eudämonie
diese nur durch konstantes Streben nach einem maßgeblichen Ziel
drei Weisen des Strebens mit unterschiedlichen Letztzielen (Rangfolge!)
Lust
Lustprinzip, der Hedonismus
knechtischer Sinn, erhebt sich nicht über animalisches Dasein
Leben für den Staat
höher als Lust, aber fragen immerzu nach dem Urteil anderer
Glückseligkeit bleibt damit von äußeren Instanzen abhängig
theroretische Erkenntnis, Philosophie
vollkommenes Ziel, weil es reiner Selbstzweck ist
gewährt Menschen damit quasi-göttlichen Selbstbesitz
kein Hetzen von Lust zu Lust
kein Dienst am Gemeinwohl
keine Mehrung von Geld und Reichtum
eigentliche Glückseligkeit findet sich nur im Ziel das gleichzeitig auch Zweck ist
Bedeutung Tugend
nach Aristoteles?
Tugend als Tätigkeit (Energeia)
zunächst bedeutet für Aristoteles Tugend = wesenhaftes Tätigsein der Seele
“Am-Weke-Sein”: griech. Energeia
Seinsvollzug der Seele in optimaler Form = Bestweise
=> jedes Lebewesen hat seine Tugend, indem es eigene Seinsweise vollzieht
bei Mensch Bestweise= Tätigsein der Seele gemäß dem rationalen Element, zumindest nicht ohne dieses
findet sich auch sonst bei Aristoteles: Vernunft unterscheiden Mensch und Tier; Rangfolge der Lebensformen
erst diese Tätigkeit des Seinsvollzug bildet unsere Identität
keine Handlungen -> keine Setzung von Zwecken -> keine Erkennung vom Guten
da Gutes Worumwillen (Zweck) von Handlungen ist
“Möglichkeitsmensch” da Spielball der Umsrände und spiegelt diese einfach wider
Tugend als Habitus
Tugend kommt aus Gewohnheit und Übung und verdichtet sich zu einem Habitus
nicht Einzelfall zählt, sonder ständige Haltung
Bsp.: Lügen: nicht nur einmal Wahrheit sagen ist tugendhaft, sondern sich für immer dazu entschlossen
= Einheit im Handeln, die jedoch nicht willkürlich sondern vernünftig qualifiziert sein muss (Bsp Mafioso)
interpersonale Seite der Tugend:
durch Rückschluss auf Lob und Tadel
nicht angeborenes wird gelobt und getadelt, sondern Verhalten
Grund: verschiedene Zweckmöglichkeiten
dianoethische vs ethische Tugenden bei Aristoteles
zwei Arten der gelebten Vernunft
Tugenden der lebendigen Vernunft
dianoethische = vernunftbegabte
Erwerb Verstandestugenden
z. B. wissenschaftliches Erkennen, Kunst, Klugheit
durch Übund und Belehrung in Wissenschaft
Tugenden eines vernunftgeleiteten Lebens
ethische = vernunftgeleitete
Erwerb ethischer Tugenden (prägen Charakter)
z. B. Tapferkeit, Freigiebigkeit
durch praktische Übung und Gewöhnung
es benötigt für beide Typen:
natürliche Anlagen
Bildung griech. Paideia (Erziehung des Menschen)
führt nicht zu Fachwissen, sondern zu Tugenden
Tugenden erwerben = eigene Natur so vollkommen wie möglich auszubilden und der natürlichen Bestimmung des Menschen (Eidos) so nah wie möglich zu kommen
Möglichkeit zur Zielverfehlung besteht
Treffen des rechten Ziels, also die Erfüllung der Bestimmung des Menschen durch das Treffen des rechten Maßes
die rechte Mitte, das rechte Maß
ab II. Buch der NE
Aufgabe der rechten Vernunft soll uns zur Bestimmung der Tugenden helfen
rechte Vernunft liegt in der rechten Mitte
Tugend liegt zwischen zwei Extremen
Übermaß
Mangel
beide verfehlen das rechte Handeln
Bsp.: Tapferkeit: Tollkühnheit oder Feigheit
es gibt keine allgemeingültige Regel zum Treffen der rechten Mitte = individuelle Spielräume
rechte Mitte =\ Mittelmäßigkeit
dem Wert nach ist Tugend ein Extrem (Beste und Höchste)
etwas qualitativ anderes als Laster (Extreme)
Die Zielwahl
= Prohairesis
Tugend setzt Entscheidung, also eine Zielwahl voraus
bzw. ist sie eine dauerhafte Haltung bei der Zielwahl
Zielwahl setzt Freiheit im aristotelischen Sinne voraus
=/ Unfreiwilligkeit
spiegelt sich auch darin wider, dass Tugend Lob und Laster Tadel erhalten
Bsp: tut jemand etwas unfreiwilliges, also aus Unwissenheit so erhält er eher Nachsicht oder Verzeihung
unterscheidet Formen der Unfreiwilligkeit:
aber keine davon ist der Zwang, denn wer einem Zwang nachgibt, lässt Prioritäten durchscheinen
Was ist mit Zielwahl gemeint?
=/ einfacher Wille; z. B. kann das Unmögliche gewollt werden
da ethische Zielwahl gleichzeitig eine Wahl der Mittel (Tugendübung) getroffen wird
=/ Dinge, die nicht in unserer Macht stehen wie:
wissenschaftlich feststehende Tatsachen
das Zufällige
= freie Wahl ist beschränkt
= Taten oder Eigenschaften für die wir Urheber sind (und für die wir dann auch gelobt oder getadelt werden können)
Die Gerechtigkeit
V. Buch der NE: Tugend der Gerechtigkeit
bei Platon: Oberste der Kardinaltugenden
bei Aristoteles:
auf Grenze zw Individual- und Sozialethik
z. B.: gerechter Mensch; gerechte Steuern
unterscheidet:
iustitia legalis
Konformität mit dem geltenden Gesetz
iustitia moralis
weitergehend z. B. Normierung von Normen
Prinzip strikte Gleichheit: iustitia commutativa (kommutative Gerechtigkeit)
bspw. Tauschgerechtigkeit: Preis bestimmt sich nach objektiven Wert oder aber ist zumindest für alle Interessenten gleich
Prinzip austeilende Gerechtigkeit: iustitia distributiva (distributive Gerechtigkeit)
= proportionale Würdigung, also höhere Steuern für Gutverdienende
Die dianoetischen Tugenden
VI. Buch der NE
beziehen sich auf Vernunft
Vernunftseele hat zwei Seiten:
spekulativ-theoretische
setzt ins Verhältnis zum ewigen und unveränderlichen
richtet sich auf das Wahre und Falsche
überlegend-praktische
setzt ins Verhältnis zum vergänglichen und veränderlichen
richtet sich auf das Streben nach dem Richtigen
drei Vermögen der Seele:
Wahrnehmung
Vernunft
Streben-nach
fünf Möglichkeiten der Seele das Richtig zu erkennen:
praktische Können
wissenschaftliche Erkenntnis
Klugheit
Weiheit im Sinne der Philosophie, in der es um das erhabene Sein (z. B. Gott) geht
Vernunft, die sich auf philosophische Prinzipien richtet
Dinge, die in unserer Macht stehen daraufhin prüfen, ob sie Mittel zu sittlichen Zwecken sind
Klugheit= Verstandesgebrauch im Dienste ethischer Grundwahl
aristotelische Ethik =/ letzbegründendes ethisches Wissen, sondern Zielorientierung
im eigenen Leben kommt es dann auf die kluge Mittelwahl an
auch die Klugheit kann nur eingeübt werden
Freundschaft und Glückseligkeit
Bücher VIII und IX “Freundschaftsbücher”
Darstellung der gelebten Tugenden
drei Arten der Freundschaft:
Gründung auf Lustgewinn
Gründung im gegenseitigen Nutzen
Gründung nur aufgrund ihrer selbstwillen
hierbei müssen sich beiden vollwertige Gegenüber sein
= “vollkommenste Freundschaft”
somit auch nur zwischen Gleichen; Frau / Mann; Bürger / Sklave, …
Unterschiedung Praxis und Poiesis
wichtigstes Beispiel: Freundschaft
Poiesis= Herstellungshandeln = Handeln ist Mittel zur Erreichung eines gegenständlichen Resultats
Praxis = Handeln, das Zweck in sich selbst hat und kann Wert nicht außerhalb von sich haben
Bsp: Handwerker baut Haus um es fertigzustellen oder für Lebensunterhalt
Bauherr will in dem Haus wohnen (hat Wert nicht ausßerhalb)
Heute wird “Handeln” als Verursachung verstanden, nicht als Zur-Geltung-Bringen letzter Zwecke
Bsp.: Politik versteht sich als Problemlösung, nicht als Darstellung der vernünftigen Wesensnatur des Menschen
Glückseligkeit - Eudämonie
X. Buch
Frage nach der Lust
jede Tätigkeit des Menschen ist mit einer spezifischen Lust verbunden
auch das Leben der Tugend
also: welche ist die wahre Lust gemäß der Natur des Menschen
= die, die der sittlich erprobte und gefestigte Mensch tatsächlich lebt (er = vir probus)
auch die Eudämonie ist eine Tätigkeit, die durch Lust begleitet wird
aber wahre Glückseligkeit = betrachtende Tätigkeit
zeigt Menschen in höchster Möglichkeit
bedeutet, das Mensch etwas Göttliches in sich haben müsste, erreicht aber nur das Menschliche, weil er nur die ethischen Tugenden erreichen kann
menschliche Glückseligkeit vs. göttliche Glückseligkeit
Mensch ist auf äußere Vss angewiesen (hä?)
damit Ethik auf Leben übergehen kann, muss Leben durch Gewöhnung und Belehrung auf die rechte Spur gebracht worden sein
erfordert: Gesetzgeber der ethisches Gemeinswesen schafft
Gesetze müssen Tun des Rechten provozieren
Ethik gehört bei Aristoteles in Politik, sieht man hier gut
keine Trennung von Recht und Moral
Platon und Aristoteles
Beziehung zu Platon: Aristoteles war der bedeutendste und zugleich selbständigste Schüler Platons.
Platon und die Tugendethik: Platon zählt zu den Tugendethikern. In seinem Hauptwerk "Politeia" definiert er vier Haupttugenden, die jeweils einem Seelenteil entsprechen.
Besonnenheit (temperantia): Zuordnung zum begehrenden Seelenteil.
Tapferkeit (fortitudo): Bezieht sich auf den muthaften Seelenteil.
Weisheit (sapientia): Bestform des vernünftigen Seelenteils.
Gerechtigkeit (iustitia): Entsteht, wenn jeder Seelenteil seine optimale Funktion erfüllt und sich dem großen Ganzen der Seele unterordnet.
Platon und Aristoteles: Für beide Philosophen sind Tugenden Weisen, am Guten teilzuhaben. Das Gute ist der letzte Zweck allen Handelns.
Handeln und das Gute: Niemand handelt ohne die Überzeugung, dass sein Handeln das Beste ist. Die Frage ist, was in Wahrheit gut ist im Gegensatz zu nur scheinbar Gutem.
Tugend liegt da vor, wo sich das in Wahrheit Gute um Habdeln verwirklicht.
Tugend und Gesellschaft: Für Platon hat Tugend nicht nur einen individualethischen Sinn. Den Seelenteilen und Tugenden entsprechen drei Stände im Staat.
Wechselwirkung: Ein guter Staat braucht tugendhafte Bürger, und ohne einen guten Staat gibt es keine guten Menschen.
Enttäuschung in Athen: Platon musste feststellen, dass Athen kein guter Staat mehr war. Diese Erkenntnis wurde durch die Hinrichtung von Sokrates, dem einzigen gerechten Bürger Athens, unterstrichen.
VII. Brief: In diesem Brief beschreibt Platon, wie seine politischen Erfahrungen ihn zur Philosophie führten:
Jugendliche Ambitionen: Platon wollte sich politisch engagieren, aber politische Umwälzungen und die Herrschaft der Dreißig Tyrannen führten zu einer Desillusionierung.
Ekel vor der Politik: Platon war von der unmoralischen Politik abgestoßen, insbesondere von der Verurteilung Sokrates' durch die restaurierte Demokratie.
Rückzug aus der Politik: Platon erkannte, dass die gegenwärtigen Staaten schlecht regiert sind und dass nur die wahre Philosophie den Staat und das Privatleben retten kann.
Philosophischer Staat: Platon glaubt, dass das Heil des Staates und des Privatlebens nur durch wahre Philosophie erreicht werden kann. Die Menschheit wird erst erlöst, wenn entweder Philosophen regieren oder die Regierenden Philosophen werden.
Der Grundansatz der aristotelischen Ethik
Platon: Beschreibt eine dramatische Situation, in der es im politischen Raum kein Ethos mehr gibt, auf das sich die Philosophie stützen könnte. Die Philosophie muss das Ethos aus Begriffen und Gedanken rekonstruieren.
Aristoteles: Geht davon aus, dass es noch eine gewisse sittlich-politische Substanz gibt, an die die Ethik anknüpfen kann. Er lebt in einer Zeit des Übergangs zu den hellenistischen Großreichen, hält aber dennoch an einem Kernbestand politisch-sittlicher Grunderfahrung fest. Von diesem erst können erst weitergehende ethische Fragen gestellt werden.
Politischer Raum: Für Aristoteles ist die Ethik einem bereits existierenden politischen Raum zugeordnet. Die Aufgabe der Philosophie ist nicht, diesen Raum erst zu konstituieren.
Öffentliches Gutes: Aristoteles betont, dass ein „öffentliches“ Gutes „schöner und erhabener“ ist als ein individuelles Gutes. Deshalb gehört die Ethik zur „Wissenschaft vom Staat“.
Ziel des Handelns: Glückseligkeit
Definition von Glückseligkeit: Aristoteles versteht darunter nicht Augenblicksglück oder äußere Glücksgüter (wie Gesundheit oder Freundschaft). Diese sind zwar wichtig, aber Glückseligkeit entsteht nur durch ein konstantes Streben nach einem als maßgeblich angesetzten Ziel.
Drei Weisen des Strebens nach Glückseligkeit:
Lust (Hedonismus): Wird als „knechtischer Sinn“ betrachtet, der kaum über ein animalisches Dasein hinausgeht.
Leben für den Staat: Edle und aktive Naturen, die jedoch von der Meinung anderer abhängig sind.
Theoretische Erkenntnis (Philosophie): Der Philosoph strebt nach einem vollkommenen Ziel, das reiner Selbstzweck ist und führt zu einem quasi-göttlichen Selbstbesitz.
Ziel der Philosophie: Die vernünftige Betrachtung der Vernunftgegenstände (theoría) ist ein Selbstzweck, der dem Menschen eine reine und quasi-göttliche Glückseligkeit gewährt.
Unabhängigkeit: Diese Form der Glückseligkeit ist unabhängig von äußeren Instanzen, Luststreben oder materiellen Reichtümern.
Philosophie als innerer Kompass: Die Philosophie lehrt uns, was das wahre Ziel des Glücksstrebens ist und wird dadurch zum inneren Kompass für das Streben nach Glückseligkeit in all ihren Formen.
Der Begriff der Tugend
Tugend als „wesenhaftes Tätigsein“ der Seele: Aristoteles beschreibt Tugend als ein „Am-Werke-Sein“ (griech. enérgeia), bei dem die Seele ihr Sein „optimal“ zum Ausdruck bringt.
Tugend als paradigmatische Seinsweise: Jedes Lebewesen hat seine spezifische Tugend, die seine Bestform darstellt – z.B. das „Prachtpferd“, der starke Stier, das unerschrockene Raubtier.
Tugend des Menschen: Das oberste Gut des Menschen zeigt sich im „Tätigsein der Seele“ gemäß dem rationalen Element, da Vernunft (Logos) die spezifische Differenz des Menschen zu anderen Lebewesen bildet.
Vernunftvollzüge: Maximales Selbstsein des Menschen zeigt sich in Handlungen, die durch Vernunft geprägt sind.
Tugend und Identität: Tugend formt unsere Identität und unseren „Charakter“ durch gezielte Handlungen.
Gute = Worumwillen von Handlungen; wer also nicht handelt, setzt keine Zwecke und erkennt somit auch kein Gutes
Gefahr des „Möglichkeitsmenschen“: Wer nicht handelt oder ohne klare Ziele agiert, bleibt auf der Ebene des „Möglichkeitsmenschen“ und wird Spielball der Umstände.
Aretē: Tugend als konstante Ausrichtung auf ein wesentliches Ziel bildet einen stabilen Charakter.
Übung und Gewohnheit: Tugend entwickelt sich durch Gewohnheit und Übung zu einer stabilen Haltung, einem festen Habitus (griech. hexis).
Automatisierte Entscheidung: Ein Tugendhafter muss nicht jedes Mal überlegen, wie er handeln soll; er hat sich im Sinne der Tugend bereits „ein für allemal“ entschieden.
Verlässlichkeit und Einheit im Handeln: Der Tugendhafte ist für andere berechenbar und verlässlich, da er mit sich selbst eins ist. Diese Einheit im Handeln ist vernunftgeleitet, nicht willkürlich.
Bezug zu Lob und Tadel: Tugendhaftes Handeln kann im sozialen Kontext gelobt oder getadelt werden, was seine interpersonale Bedeutung unterstreicht.
bspw. kann Genie kann nicht gelobt werden oder getadelt wenn kein Genie
jedoch möglich bei Habdlungen, da diesen Motivationen zu grunde liegen, für welche auch andere gewählt sein konnten
Öffentliche Empfehlung und Verurteilung: Weitergabe von Tugenden durch öffentliches Lob, während Laster durch Tadel öffentlich verurteilt werden.
Dianoetische Tugenden:
Beziehen sich auf die Vernunftbegabung des Menschen.
Beispiele: Wissenschaftliches Erkennen (epistēmē), Kunst (technē), Klugheit (phronēsis).
Ethische Tugenden:
Betreffen die vernunftgeleitete Lebensführung.
Beispiele: Tapferkeit, Freigiebigkeit.
Es gibt zwei Arten des vernunftgeleiteten Lebens:
Tugenden der lebendigen Vernunft: Beziehen sich direkt auf die kognitive Seite des Menschen.
Tugenden eines vernunftgeleiteten Lebens: Beziehen sich auf das praktische, tugendhafte Handeln.
Bildung (Paideia):
Zwar natürliche Anlagen, aber erst durch Bildung entfalten sich sowohl die dianoetischen als auch die ethischen Tugenden.
Ziel der Bildung ist nicht nur Fachwissen, sondern die Ausprägung einer den Menschen vollendenden Tugend.
Verstandestugenden:
Erworben durch Übung in Wissenschaften und Belehrung.
Ziel: Erkennen und Weisheit.
Entwickeln sich durch stete praktische Übung und Gewöhnung.
Ziel: Prägung des Charakters und Sichtbarkeit für andere (z.B. Besonnenheit, Gerechtigkeit, Großzügigkeit, Tapferkeit).
Die Mitte zwischen Extremen:
Tugend liegt zwischen zwei Extremen: Übermaß (hyperbolē) und Mangel (elleipsis).
Beispiele:
Mut liegt zwischen Tollkühnheit (Übermaß) und Feigheit (Mangel).
Freigiebigkeit liegt zwischen Verschwendung (Übermaß) und Geiz (Mangel).
Rechte Vernunft (orthos logos):
Erkennt die „rechte Mitte“ in jeder konkreten Situation.
Kein allgemeines Gesetz für die „Mitte“: Die Tugendethik lässt individuelle Spielräume.
Tugend als Extrem:
Aristoteles betont, dass Tugend ihrem Wesen nach in der Mitte, ihrem Wert nach aber ein Extrem, nämlich das „Beste und Höchste“ ist.
Tugend ist qualitativ anders als die sie umgebenden Laster.
Treffen der rechten Mitte:
Schwierigkeit der Entscheidung, wie die Mitte in jedem Einzelfall zu treffen ist.
Tugend bedeutet nicht Mittelmäßigkeit, sondern das Ziel zu treffen, wie ein guter Schütze den „Zweck“ oder „ins Schwarze“.
Die Zielwahl (Prohairesis)
Prohairesis (Zielwahl):
Tugend setzt eine bewusste Entscheidung oder Zielwahl voraus.
Diese Zielwahl führt zu einer „dauerhaften Haltung bei der Zielwahl“ (echein proairetikē).
Tugendhafte Menschen sind auf die richtige Zielwahl eingestellt, was ihnen im Laufe der Zeit leichter fällt.
Freiwilligkeit (Ekousion):
Tugendvolles Handeln ist freiwillig und daher lobenswert.
Unfreiwilliges Handeln (z.B. durch Unwissenheit oder Zwang) führt eher zu Nachsicht oder Verzeihung.
Aristoteles unterscheidet Formen des unfreien Handelns:
Handeln unter Zwang: Auch hier gibt es eine gewisse Entscheidungsfreiheit, da Prioritäten gesetzt werden.
Unkenntnis: Handeln in Unkenntnis kann das Verständnis für das Handeln beeinflussen.
Unterschied zwischen Prohairesis und Boulēsis:
Boulēsis: Kann viele Dinge wollen, auch Unmögliches (z.B. das Schlaraffenland), hat aber nichts mit ethischer Zielwahl zu tun.
Prohairesis: Bezieht sich auf ethische Zielwahl und die Wahl der Mittel zur Erreichung dieses Ziels durch Tugendübung.
Einschränkungen der freien Wahl:
Nicht alles kann Gegenstand ethischer Überlegungen sein (z.B. wissenschaftliche Tatsachen, Zufälliges).
Freie Wahl ist beschränkt und richtet sich nicht auf Beliebiges.
Zurechenbarkeit des Handelns:
Tugend und Laster sowie das Leben, das durch sie bestimmt wird, stehen in unserer Macht.
Wir sind verantwortlich für unsere Handlungen und Eigenschaften.
Diese Verantwortung ermöglicht Lob und Tadel und zeigt, wer wir sind.
Detailerörterung in den Büchern III und IV der Nikomachischen Ethik:
Untersuchung der ethischen Tugenden, die sich auf die unvernünftigen Seelenteile beziehen.
Beispiel: Tapferkeit wurde bereits thematisiert und wird weiter ausgeführt.
Die Gerechtigkeit und die dianoetischen Tugenden
Gerechtigkeit als Kardinaltugend: Bei Aristoteles steht die Gerechtigkeit an der Grenze zwischen Individual- und Sozialethik.
Zwei Bedeutungen von Gerechtigkeit:
Gerechter Mensch: Eine Person, die verlässlich das Wohl des Ganzen im Blick hat und nicht nur den eigenen Vorteil sucht.
Gerechte Steuern: Eine Forderung, die je nach Perspektive entweder gleiche Behandlung (Kopfsteuern) oder Besteuerung nach Vermögen (Progression) meint.
Gerechtigkeit nach dem Gesetz (iustitia legalis): Gerechtigkeit als Konformität mit geltendem Recht.
Moralische Gerechtigkeit (iustitia moralis): Reicht über das Gesetz hinaus und erlaubt die Normierung von Normen.
Tauschgerechtigkeit (iustitia commutativa): Orientierung am Prinzip der strikten Gleichheit, wie z.B. beim Warentausch, wo gleiche Waren zu gleichen Preisen angeboten werden sollten.
Austeilende Gerechtigkeit (iustitia distributiva): Orientierung am Prinzip der proportionalen Würdigung, wie z.B. bei der Besteuerung höherer Einkommen stärker als niedrigerer.
Vernunft als Unterscheidungsmerkmal: Die Vernunftseele hat zwei Seiten:
Spekulativ-theoretische Seite: Bezieht sich auf ewige und unveränderliche Dinge.
Überlegend-praktische Seite: Bezieht sich auf vergängliche und veränderbare Dinge.
Drei Vermögen der Seele:
Wahrnehmung (aisthesis)
Vernunft (nous)
Streben-nach (orexis)
Fünf Möglichkeiten der Erkenntnis:
Technē: Praktisches Können.
Epistēmē: Strenge wissenschaftliche Erkenntnis.
Phronēsis (Klugheit): Relevante für die Ethik, sie hilft bei der klugen Wahl der Mittel zu sittlichen Zwecken.
Sophia: Weisheit im Sinne der Philosophie, bezieht sich auf das erhabene Sein (z.B. Gott).
Nous: Vernunft, die sich auf philosophische Prinzipien richtet.
Klugheit in der Ethik: Klugheit ist der Verstandesgebrauch, der die Mittelwahl für sittliche Zwecke unterstützt.
Intellektualität im praktischen Leben: Aristoteles betont, dass es in der Ethik nicht um letztbegründetes Wissen geht, sondern um die praktische Anwendung kluger Entscheidungen im eigenen Leben.
Einübung der Klugheit: Klugheit wird nicht durch Belehrung, sondern durch Übung und Erfahrung im Leben erworben.
Freundschaft und gelebte Tugenden: Aristoteles beschreibt die Freundschaft als eine gelebte Tugend und verknüpft sie mit dem Eudämonie-Ideal (Glückseligkeit).
Drei Arten von Freundschaft (philía):
Freundschaft aus Lust: Geringster Wert und Haltbarkeit, basiert auf der Suche nach Lustgewinn.
Freundschaft aus Nutzen: Beruht auf gegenseitigem Nutzen, der nur von äußeren Anlässen abhängt.
Vollkommene Freundschaft: Freunde lieben sich um ihrer selbst willen, basierend auf Gleichheit; kann laut Aristoteles nur zwischen Gleichen existieren (z.B. nicht zwischen Vollbürger und Sklave oder Mann und Frau).
Praxis vs. Poiesis:
Praxis: Handeln mit einem Zweck in sich selbst (z.B. Freundschaft).
Poiesis: Herstellendes Handeln, bei dem das Handeln Mittel zum Zweck eines Ergebnisses ist.
Praxis (Handeln): Zielt auf die Verwirklichung von Zwecken im Handeln selbst, hat seinen Wert in sich (z.B. Wohnen im Haus).
Poiesis (Herstellungshandeln): Handeln, das auf die Erzeugung eines äußeren Ergebnisses abzielt (z.B. Hausbau).
Relevanz für die Gegenwart: Heutige Tendenz zur Priorisierung von technischem Handeln (Poiesis) über menschliche Praxis wird kritisch gesehen. Politik wird oft als Problemlösung verstanden, anstatt als Verwirklichung der menschlichen Natur.
Lust (hēdonē): Aristoteles diskutiert die Rolle der Lust im menschlichen Handeln. Hedonismus sieht Lust als das letzte Ziel allen Handelns.
Lust und Tugend: Jede menschliche Tätigkeit ist mit einer spezifischen Lust verbunden. Die wahre Lust ist die, die ein sittlich gefestigter Mensch lebt.
Glückseligkeit (Eudämonie): Glückseligkeit wird als eine Tätigkeit verstanden, die mit Lust einhergeht. Höchste Form der Glückseligkeit ist die betrachtende Tätigkeit (Theoria), wie sie in der Philosophie gepflegt wird.
Menschliche vs. Göttliche Glückseligkeit: Vollkommene Glückseligkeit erfordert eine göttliche Komponente, die für Menschen nur begrenzt erreichbar ist. Praktische Verwirklichung der ethischen Tugenden führt zu einer „menschlichen“ Glückseligkeit.
Rolle der Gesetzgebung: Ethik muss ins Leben übergehen, was durch Gewöhnung und Belehrung unterstützt wird. Gesetze sollen ein ethisches Gemeinwesen fördern, das das richtige Handeln provoziert.
Verbindung von Ethik und Politik: Die Ethik bei Aristoteles geht in die Politik über, da beide Bereiche untrennbar miteinander verbunden sind. Gesetze sollen moralisches Handeln fördern, was in der neuzeitlichen Trennung von Recht und Moral oft verloren geht.
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